Länderauswahl

Jede Planung einer Weltreise startet mit einer mehr oder weniger diffusen Vorstellung davon, welche Länder besucht werden sollen. Eine gute Auswahl zu treffen ist gar nicht so leicht, weil sich längst nicht jede Kombination, die man sich ausdenkt, in der Praxis auch umsetzen lässt.

Oft scheitern die schönsten Pläne daran, dass die ausgewählten Länder sich nicht in eine gute Reihenfolge bringen lassen, bei der sowohl der Ticketpreis im Rahmen bleibt als auch in jedem Land eine (zumindest halbwegs) günstige Reisezeit erwischt wird. Der Prozess ist also alles andere als geradlinig. Fast alle angehenden Weltreisenden müssen in der konkreten Vorbereitungsphase noch etwas an der Länderauswahl ändern; wenn es ganz blöd läuft, sogar noch in letzter Minute bei der Ticketbuchung.

Eine Strategie

Gut, irgendwo muss man anfangen. Du wirst sicher ein paar Länder oder Regionen haben, die Du auf jeden Fall sehen willst, weil sie schon immer einen unwiderstehlichen Reiz auf Dich ausgeübt haben. Diese "Must-Sees" sind für den Anfang erst mal die Pflöcke, die Du einrammen kannst. Achte aber darauf, dass es nicht zu viele werden, denn sonst engst Du Deine Möglichkeiten für die Routenplanung erheblich ein. Wenn Du mit zwei bis vier Ländern startest, bist Du erst mal ganz gut im Rennen. Schon jetzt kannst Du darauf achten, dass Du besser nicht auf jedem Kontinent ein Must-see-Ziel hast, sonst sind viele lange Flüge und hohe Ticketpreise nicht zu umgehen. Behalte außerdem im Hinterkopf: "Must-See" heißt nicht "Must-See-Right-Now". Wenn Du für ein einzelnes gesetztes Reiseland einen unverhälnismäßig hohen Preis zahlen musst, um es in die Weltreise einzubauen, dann solltest Du es vielleicht lieber später mal auf einer separaten Reise besuchen.

Nach der Pflicht kommt die Kür. Jetzt solltest Du so viele Informationen wie möglich über so viele Länder wie möglich zusammentragen. Es gibt viele interessante Ziele, die über die Grenzen ihrer jeweiligen Region hinaus relativ unbekannt sind. Kennst Du schon die Iguazú-Fälle? Die Bestattungs-Saison auf Sulawesi? Die Ruinen von Tikal? Den Ngorongoro-Krater? Oder das Raketenfest in Laos und die Henley-on-Todd-Regatta?

Neben den Sehenswürdigkeiten gibt es noch eine Reihe von anderen Faktoren, die darauf Einfluss haben, ob ein Land für Dich in Frage kommt. Dazu gehört z.B., ob individuelles Reisen dort einfach oder schwierig ist. Wenn Du noch wenig Backpacking-Erfahrung hast, solltest Du vielleicht nicht gleich mit einem schwierigen Land anfangen (Kairo oder Mumbai/Bombay als erster Stopp auf einer Weltreise nennt man wohl "ins kalte Wasser springen"). Auch die Sicherheitslage und die Lebenshaltungskosten musst Du frühzeitig berücksichtigen. Last not least ist es von großer Bedeutung, dass Du auch zu vernünftigen Kosten hin und wieder weg kommst. Das wird beim Thema Routing wichtig, aber Du solltest es schon bei der Länderauswahl berücksichtigen. Die wenigsten Probleme wirst Du bekommen, wenn Du Nachbarländer Deiner "Must-Sees" auswählst, oder Dich auf Länder konzentrierst, die quasi "am Weg liegen" (z.B. weil dort das Flug-Drehkreuz einer Airline liegt, die Du mit Deinem RTW-Ticket benutzen kannst).

Je früher Du Dich von der Vorstellung verabschiedest, dass Du alles sehen kannst, desto besser. Dafür wird weder die Zeit noch das Geld reichen. Versuche, die Länderauswahl an Dein Reisetempo anzupassen, nicht umgekehrt.

Einfache und schwierige Länder

Nicht alle Länder sind gleich einfach zu bereisen. Es gibt eine Reihe von Dingen, die dem unabhängigen Backpacker das Leben schwer machen können:

  • Eine unterentwickelte touristische Infrastruktur führt dazu, dass man täglich um die einfachsten Dinge kämpfen muss. Besonders wenn auch die Einheimischen nicht viel reisen, ist es oft nicht einfach, eine Unterkunft oder ein hygienisch einwandfreies Essen zu bekommen. Transportmittel können in solchen Ländern sehr abenteuerlich sein. Außerdem kommt man nur schwer an Informationen heran, und oft ist auf der "letzten Meile" zu bestimmten Sehenswürdigkeiten kein öffentlicher Transport mehr zu bekommen.
  • Sprachprobleme reduzieren die Kommunikation mit der Bevölkerung auf das Niveau eines Zweijährigen. Wer einmal an einem chinesischen Provinzbahnhof eine Fahrkarte kaufen wollte, der weiß ungefähr, wie sich ein taubstummer Analphabet fühlen muss.
  • Dort, wo genereller Mangel herrscht, konkurriert man mit der einheimischen Bevölkerung um die knappen Ressourcen. Aber die einheimische Bevölkerung ist viel leidensfähiger und kennt alle Tricks.
  • In manchen Ländern ist der Belästigungsfaktor bemerkenswert hoch. überall da, wo schon viele Touristen waren, hat man sich darauf eingestellt, sie nach Strich und Faden auszunehmen. Während das in zivilisierten Ländern eher über die Preise geregelt wird, ist anderswo Betrug oder aggressives Verkaufen von Waren und Dienstleistungen angesagt.

In schwierigen Ländern sind die Möglichkeiten relativ begrenzt, etwas komplett auf eigene Faust zu tun. Entweder man lernt die Sprache (und die ungeschriebenen Gesetze) des Landes, oder man muss sich auf fremde Hilfe verlassen, sprich: organisierte Touren buchen bzw. einen Führer/Dolmetscher engagieren.

Andererseits warten genau hier die Herausforderungen, die für viele Leute einfach zu einer Individualreise dazu gehören. Schwierige Länder sind heutzutage auch eine der wenigen Möglichkeiten, dem Massentourismus zu entgehen. Tipp: Auch in weniger schwierigen Ländern gibt es meistens nur einen recht schmalen ausgetretenen touristischen Pfad. Wer sich hiervon entfernt, kann die Intensität der Herausforderungen relativ gut dosieren und notfalls schnell wieder in die Sicherheit und Bequemlichkeit der Masse zurück flüchten.

Beispiele:

Einfache Länder eher einfach eher schwierig schwierige Länder
USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Singapur, Malaysia Thailand, Vietnam, Philippinen, Südafrika, Argentinien, Brasilien, Chile, Mexico, Costa Rica, Panama Japan, Indien, China (Städte), Kuba, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Peru, Bolivien, Kambodscha, Laos, Myanmar, Indonesien China (ländliche Gegenden), Rußland (außer St. Petersburg, Moskau), Ägypten, Bangladesh

Teure und preiswerte Länder

Die Lebenshaltungskosten in verschiedenen Ländern unterscheiden sich dramatisch. Eine Woche auf Tahiti ist z.B. doppelt so teuer wie ein Monat in Thailand. (Und Tailand ist schöner, ehrlich!) Wer mit knappem Budget unterwegs ist, wird deshalb einen signifikanten Teil der Reise in günstigen Gegenden verbringen müssen.

Auch innerhalb eines Landes gibt es teilweise ein großes Gefälle:

  • Großstädte sind (meistens) teurer als ländliche Gegenden.
  • Inseln sind teurer als das Festland.
  • Touristische Brennpunkte (mit Pauschaltouristen) sind teurer als Orte, wo nur Einheimische und arme Backpacker sind. In Jordanien gab es z.B. zwischen einem einfachen, sättigenden Mahl auf der Straße und einem All-you-can-eat-Buffet direkt an einer Touristenattraktion einen Preisunterschied von Faktor 80.

Beispiele:

sehr teuer teuer mittel günstig spottbillig
Japan, Französisch Polynesien (besonders Bora Bora, Tahiti), Bhutan USA (Großstädte), Australien, Südafrika, Brasilien, Chile USA (ländliche Gegenden), Mexico, Costa Rica, Panama, Neuseeland, Naher Osten, Ostafrika, Fidschi Nepal, Thailand, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Peru, Bolivien, Kambodscha, Myanmar, Indonesien Indien, Laos

Sichere und unsichere Länder

Als Rucksackreisender ist man oft ziemlich exponiert. Reisende gelten in vielen Ländern automatisch als reich und ziehen die Aufmerksamkeit von unangenehmen Zeitgenossen an. Gleichzeitig sind Backpacker relativ ungeschützt, weil das Prinzip "Safety in Numbers" hier nicht zieht, und sie oft nicht in der Lage sind, für zusätzliche Sicherheit (bessere Hotels, Taxis, einheimische Führer) zu bezahlen.

Auch hier gibt es wieder große Unterschiede. Während in manchen Gegenden die Leute ihr Auto nicht abschließen und ganze Dörfer existieren, in denen es nicht eine einzige Haustür gibt, verschanzt sich anderswo bereits die Mittelschicht hinter Stacheldraht, Schlagbäumen und privaten Wachdiensten. Meistens kann man auch nicht generell sagen, dass ein ganzes Land besonders sicher oder unsicher ist. Dort, wo die Sozialstruktur relativ intakt ist (oft auf dem Land bzw. bei Naturvölkern), lebt es sich fast immer wesentlich sicherer als dort, wo jeder für sich ums tägliche Überleben kämpft (Städte mit Zuwanderung).

Die Angst, Opfer eines Verbrechens zu werden, wird aber in der Regel nicht durch die Fakten gestützt. Bis auf wenige Ausnahmen droht in den meisten Gegenden der Welt die größere Gefahr von einer ganz anderen Seite: Verkehrsunfälle (inklusive Schiffsunglücke), Krankheiten oder Naturkatastrophen. Es gibt nur sehr wenige Länder, in denen die Sicherheitslage so schlecht ist, dass man einen großen Bogen um sie machen sollte.

Trotzdem ist es eine gute Idee, sich nicht unnötig in Risikogebiete zu begeben. Besonders wenn alleine gereist wird (bzw. wenn nur Frauen zusammen reisen) oder wenn Sprachbarrieren bestehen, ist eine gewisse Vorsicht geboten.

Beispiele:

Sehr sicher ziemlich sicher relativ sicher aufpassen gefährlich
Japan, Singapur, Vatikan, Neuseeland, Nordeuropa, Dubai, Jordanien, Iran USA (ländliche Gegenden), Mitteleuropa, Australien, Südostasien, China, Chile USA (Städte, bis auf Brennpunkte), Südeuropa, Mexico, Costa Rica, Panama, Nicaragua, Argentinien, Indien Südafrika, Pakistan, Guatemala, Honduras, El Salvador, Peru, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Osteuropa Irak, Somalia, Nigeria, Afghanistan, Haiti, Jemen, DR Kongo, generell alle Kriegs- und Bürgerkriegs-gebiete
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