Wie lange?

Die Frage nach der Reisedauer ist oft eine der ersten, die bei der Planung beantwortet werden. Die meisten Menschen betrachten eine Langzeitreise als Auszeit, die sie sich von ihrem normalen Leben nehmen. Und in vielen Fällen steht die Länge der Auszeit vorher fest, z.B. bei einem Urlaubssemester oder Sabbatical, beim Zusammenlegen von zwei Jahresurlauben oder beim Überbrücken von Wartezeiten, bevor eine neue Lebensphase beginnt.

Die Frage ist, ob die zur Verfügung stehende Zeit ausreicht, um den lange gehegten Traum wahr zu machen. Unter Umständen musst Du Dich von allzu ambitionierten Plänen verabschieden. Auf dieser Seite werde ich der Frage nachgehen, wie lange eine Weltreise normalerweise dauert, und welche Alternativen Du hast, wenn Du aus verschiedenen Gründen nur eine kürzere Reise machen kannst.

Die Dauer einer Weltreise

Grundsätzlich kannst Du die Sache in wenigen Wochen durchziehen. Empfehlen kann ich das aber nicht. In der Praxis dauern fast alle Weltreisen zwischen einem halben Jahr und eineinhalb Jahren, die meisten davon knapp ein Jahr. Dafür gibt es gute Gründe.

Aus organisatorischer Sicht wird die zeitliche Obergrenze für die meisten Leute durch die finanziellen Mittel bzw. durch die Gültigkeitsdauer ihres Flugtickets gesetzt sein. Wer länger als ein Jahr unterwegs ist, wird ohne Rückflugticket losfahren müssen; eine Vorstellung, die für manche Leute offenbar gewöhnungsbedürftig ist. Aber es geht natürlich auch.

Andere Argumente, nicht zu lange zu reisen, haben eher einen psychologischen Hintergrund. Zum einen ist die Aufnahmefähigkeit für neue Eindrücke begrenzt. Und zum anderen gibt es eine Grenze, ab der man sich nicht mehr so einfach in ein normales Arbeitsleben mit festen Abläufen integrieren lässt. Diese Grenze scheint nach Beobachtungen etwa bei 2 Jahren zu liegen, wobei der Prozess natürlich schleichend ist.

Manche Leute machen ihre Weltreise bewusst etwas länger als ein Jahr. Der Hauptgrund ist, dass viele der interessantesten Zielregionen ihre beste Reisezeit im Nordwinter haben, und wer z.B. 15 Monate unterwegs ist, der kann sowohl Indien als auch Südostasien und Südamerika einbauen, was bei einer einjährigen Reise schwierig wäre.

Die zeitliche Untergrenze für eine sinnvolle Weltreise ist da erreicht, wo man durch Länder nur noch durchrauscht, ohne sie wirklich in sich aufnehmen zu können, oder wo man vielleicht sogar nur noch punktuell einzelne Großstädte und ihre Umgebung zu sehen bekommt. Technisch gesehen ist natürlich Frankfurt-Singapur-New York-Frankfurt auch eine Weltreise, aber der Reiz liegt für die meisten Leute nicht in der eigentlichen Umrundung des Planeten, sondern im Erkunden fremder Kulturen. Durchschnittlich einen Monat pro Land sollte man sich schon gönnen.

Alternativen

Wenn für eine einjährige Weltreise der Mut, das Geld oder die Zeit nicht reicht, darf es vielleicht eine oder zwei Nummern kleiner sein? Es gibt ja durchaus Alternativen, die gar nicht mal so unattraktiv sind.

Eine individuelle Rucksackreise kannst Du auch schon im Rahmen eines ganz normalen Jahresurlaubs machen. Dann sparst Du Dir den größten Teil der Organisation, die mit einer Langzeitreise verbunden ist, bekommst aber schon mal einen Eindruck von der Sache. Natürlich kannst Du in wenigen Wochen nicht so viel sehen. Dafür eignen sich mehrmonatige Reisen besser, die Du auch noch mit überschaubarem Aufwand machen kannst. Drei Monate in Südostasien sind z.B. auch mit einem relativ kleinem Budget finanzierbar. Sehen wir uns doch einmal verschiedene Reiseprofile an und betrachten die Konsequenzen, die sich aus der Reisedauer ergeben.

Kurzreise (bis 6 Wochen)

In dieser Zeit kannst Du keine großen Sprünge machen, aber ein einzelnes Land kannst Du schon in wenigen Wochen relativ umfassend bereisen, und vielleicht ist sogar ein Ausflug zu einem speziellen Ziel in einem Nachbarland drin. (Beispiel: Thailand, mit Abstecher nach Angkor.)

  • Rahmenbedingungen: Kann in einem laufenden Arbeitsverhältnis oder in den Ferien durchgeführt werden.
  • Ticket: Simples Return-Ticket (Hin- und Rückflug zum/vom selben Ort), bei großen Ländern evtl. ein Gabelflug.
  • Versicherungen: Oft besteht schon relativ guter Schutz durch laufende Versicherungen (Hausrat-, Kranken- und Haftpflichtversicherung). Darüber hinaus gibt es sehr günstige Zusatz-Auslandskrankenversicherungen (ein einstelliger Euro-Betrag für bis zu 6 Wochen pro Jahr).
  • Größter Kostenfaktor ist der Flug. Lebenshaltungskosten fallen wegen der begrenzten Dauer nicht so stark ins Gewicht, es sei denn man sucht sich ein sehr teures Land aus.
  • Hohes Reisetempo, um in relativ kurzer Zeit möglichst viel zu sehen.
  • Alles, was vor Ort benötigt wird, kann von zu Hause mitgebracht werden.
  • Der Kauf spezieller Ausrüstung ist nur begrenzt sinnvoll, solange man nicht mehrere solche Reisen vor hat.
  • Kaum Freiheit bei der Reisegestaltung durch den engen Zeitrahmen. Vorausplanung und vielleicht sogar Vorausbuchung von bestimmten Unterkünften/Aktivitäten ist sinnvoll.

Kompaktreise (bis 3 Monate)

In 3 Monaten schaffst Du schon eine ganze Menge, vielleicht ein größeres Land (z.B. USA, Australien) oder eine überschaubare Region (z.B. die Mekong-Region oder Zentralamerika). In diese Kategorie fallen auch viele Überland-Reisen, die entlang einer (normalerweise gut erschlossenen) klassischen Route verlaufen. Beispiele: Bangkok-Bali, Kapstadt-Nairobi, Quito-Buenos Aires.

  • Rahmenbedingungen: Normalerweise ist das Zusammenlegen von zwei Jahresurlauben oder unbezahlter Urlaub erforderlich. Studenten können die Semesterferien nutzen, wenn keine Praktika oder Klausuren anstehen. Funktioniert auch gut zwischen zwei Jobs.
  • Ticket: In dieser Kategorie ist fast immer ein Gabelflug sinnvoll, weil Du in 3 Monaten doch sehr weit kommst und nicht den ganzen Weg wieder zurück willst. Die preiswertesten Tickets gelten meistens bis zu 90 Tage, also Glück gehabt!
  • Versicherungen: Alleine mit den Versicherungen von zu Hause wird es nicht gehen. Es gibt eine Reihe von günstigen Paketen, die auf eine Dauer von maximal 3 Monaten zugeschnitten sind.
  • Größter Kostenfaktor sind die Lebenshaltungskosten (d.h. Du musst Dich auf einfachere Unterkünfte und Restaurants einstellen) und die laufenden Kosten zu Hause (z.B. Wohnung). Allerdings ist der Flug auch nicht zu vernachlässigen. Transportkosten vor Ort werden relevant, da Du oft große Strecken zurücklegst.
  • Unterwegs zieht der Alltag ein, d.h. Du musst Wäsche waschen, ab und zu Sachen nachkaufen (z.B. Drogerieartikel) oder zum Friseur.
  • Mittleres Reisetempo. Immer wieder Ruhetage um den Alltag zu stemmen und die nächsten Schritte zu organisieren.
  • Die Aufgabe der Wohnung lohnt sich in der Regel nicht. Untervermietung ist eventuell ein Thema.
  • Deutlich mehr Freiheit bei der Reisegestaltung, außer gegen Ende, wenn Du zu einem festen Termin an einem festen Ort sein musst. Eine detaillierte Vorausplanung ist nur begrenzt sinnvoll.

Langzeitreise (4 Monate bis 1 Jahr)

Wenn Du etwa ein halbes Jahr Zeit hast, kannst Du einen oder zwei (Sub-)Kontinente bereisen (Beispiele: Mittel+Südamerika, Südostasien+Australien). Noch keine Weltreise, aber vom Gefühl her dicht dran. Je näher Du an die Ein-Jahres-Grenze heran kommst, desto eher lohnt sich eine Weltreise.

  • Rahmenbedingungen: Geht nur im Rahmen eines unbezahlten Urlaubs (neudeutsch: Sabbatical), als Freisemester (bei Studenten) oder zwischen Jobs. Im letzteren Fall liegt typischerweise noch kein Anschlussvertrag vor, es muss also nach der Reise ein neuer Job gesucht werden. (Zeit und Geld für den Wiedereinstieg einplanen!)
  • Ticket: Gabelflug oder Around-The-World-Ticket. Viele buchen auch nur einen Hinflug zum ersten Stopp und schauen dann mal.
  • Versicherungen: Man muss auf echte Langzeit-Auslandstarife umsteigen, die in der Regel teurer sind als die klassischen Reise-Versicherungspakete. Eventuell ist neben der Auslandskrankenversicherung noch ein Anwartschafts-Tarif für zu Hause nötig. Der Abschluss einer Gepäckversicherung wird wegen der langen Reisedauer unverhätnismäßig teuer.
  • Lebenshaltungskosten sind der größte Kostenblock. Viele Leute sparen sich hier deshalb die Reise kaputt. Die Transportkosten sind eher von der Strecke abhängig als von der Zeit. Laufende Kosten zu Hause (Beispiel: Wohnung, Mitgliedschaften, laufende Verträge) müssen reduziert werden. Je nach Region hauen die Kosten für Visa ziemlich rein.
  • Mittleres bis niedriges Reisetempo. Immer wieder Ruhetage um den Alltag zu stemmen und die nächsten Schritte zu organisieren. Du hast Zeit, an schönen Orten auch ungeplant länger zu bleiben.
  • Höhere Anforderungen an die Qualität und Robustheit der Ausrüstung, allerdings lohnt sich wegen der langen Reisedauer die eine oder andere größere Investition in gute Sachen.
  • Ab etwa einem halben Jahr lohnt sich die Aufgabe der Wohnung, Möbel werden eingelagert, das Auto verliehen oder abgemeldet. Untervermietung der Wohnung ist eine echte Alternative.
  • Volle Freiheit, es sei denn man hat sich selbst eingeengt durch nicht umbuchbare Tickets oder feste Verabredungen mit Reisepartnern, die ein Stück mitfahren wollen. Möglichst wenig planen, aber vorher gut informieren!

Ultra-Langzeitreise (über 1 Jahr)

Wenn Du keine Zeitbeschränkung hast, ist natürlich alles möglich. Falls Du mit dem Gedanken spielst, wirklich die ganze Welt (d.h. alle interessanten Regionen und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten) zu sehen, lass Dir gesagt sein: ich habe lange recherchiert, und wegen der Jahreszeiten und der geografischen Lage der Kontinente ist das unter ca. 3 Jahren nicht sinnvoll zu machen.

  • Rahmenbedingungen: Oft eine Lebensentscheidung. Der Weg zurück in das alte Leben dürfte in den meisten Fällen schwierig sein und wirkt vielleicht sowieso gar nicht mehr so erstrebenswert.
  • Ticket: Es gibt kein Flugticket, das länger als ein Jahr gültig ist. Around-The-World-Tickets scheiden also aus (es sei denn, Du nimmst es in Kauf, einen Teil verfallen zu lassen, was manchmal sinnvoll sein kann). Du musst unterwegs nachkaufen oder nach alternativen Fortbewegungsmöglichkeiten (z.B. Mitsegeln) suchen.
  • Versicherungen: Wegen der Kosten wirst Du wahrscheinlich Deinen Versicherungsschutz auf das Minimum reduzieren. Ohne Krankenversicherung geht es aber nicht. Wichtig ist hier, dass die Versicherung auch von unterwegs verlängert werden kann. Reisegepäckversicherungen sind bei dieser Reisedauer sinnlos.
  • Hauptkostenfaktor sind die Lebenshaltungskosten. Flugtickets fallen kaum ins Gewicht. Wer nicht reich ist, wird unterwegs arbeiten müssen.
  • Das Reisetempo ist mittel bis niedrig, immer wieder unterbrochen durch lange Aufenthalte an einer Stelle.
  • Ausrüstung wird unterwegs kaputt gehen und ersetzt werden müssen.
  • Die Wohnung wird in der Regel aufgegeben, Möbel und Auto verkauft. Wohneigentum kann vermietet werden und zur Finanzierung der Reise erheblich beitragen.
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