Wenn Du erst mal eine Zeitlang unterwegs bist, könnte sich leicht das Gefühl einstellen, dass Du von den Menschen in Deinen Reiseländern in erster Linie als Goldesel gesehen wirst. Die meisten Deiner Kontakte werden Leute sein, die in irgendeiner Weise vom Tourismus leben, und es ist nur legitim, dass sie versuchen, an Dein Geld zu kommen. Blöd ist allerdings, wenn sie den Bogen dabei überspannen. Auf dieser Seite werden einige der gängigsten Abzocke-Methoden vorgestellt.
Obwohl es besonders für Langzeitreisende wichtig ist, das Geld möglichst gut beisammen zu halten, solltest Du Dir im Klaren sein, dass Du gegen diese Profis nicht in 100% der Fälle gewinnen kannst. Sieh es also lieber sportlich; jedes Mal, wenn Du abgezockt wurdest, hast Du wieder etwas gelernt. Es hat gar keinen Sinn, sich darüber zu ärgern, fast immer ist Humor die beste Reaktion.
Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum. -Marcus Aurelius
Der klassischste Fall der Abzocke, der fast überall vorkommt, sind erhöhte Preise für Touristen. Sei es auf dem Markt, im Taxi, Restaurant, in Geschäften oder öffentlichen Verkehrsmitteln: wenn man davon ausgeht, dass die Touristen die landesüblichen Preise nicht kennen, wird man versuchen, sie nach Strich und Faden über den Tisch zu ziehen. Langzeitreisende mit engem Budget (und hier besonders die Israelis) wehren sich dagegen mit Klauen und Zähnen, während Pauschal- und Gruppenreisende (und hier besonders die Amerikaner) oft erstaunlich schmerzfrei sind und sich sogar freuen, wenn sie ein Restaurantessen für $10 kriegen – auch wenn es eigentlich nur $2 kosten dürfte. Das ist ein Problem, denn auf diese Weise wird der Wucher über kurz oder lang auch in den abgelegensten Gebieten von der Ausnahme zur Regel.
Wenn bei Einkäufen kein Preis ausgeschrieben ist, ist konsequentes Verhandeln Pflicht. Eine übliche Empfehlung ist, für ein erstes Angebot den Preis erst einmal durch 3 zu teilen. Dann kann man oft die Ware für etwa die Hälfte bekommen. Diese Strategie beruht auf der Annahme, dass von Touristen ursprünglich der doppelte Preis verlangt wird. Leider gilt diese Annahme nicht unbedingt, denn es hat sich auch bei den Händlern inzwischen rumgesprochen. Dann wird eben der 5-fache Preis verlangt, und anschließend lässt man sich auf die Hälfte runterhandeln. Damit wäre auch erklärt, warum die Händler dabei trotzdem lächeln.
Manchmal gibt es auch ganz offiziell unterschiedliche Preise für Einheimische und Ausländer. Zum Beispiel kostet der Eintritt in den Nationalpark Galápagos für Ecuadorianer $6, für alle anderen $100. Dies ist zwar ein krasser Fall, aber grundsätzlich ist ein duales Preissystem für Museen oder Nationalparks nicht das allerschlechteste: so bleiben die Sehenswürdigkeiten des Landes für die eigene Bevölkerung erschwinglich, während von den Touristen etwas Geld reinkommt. Blöd finde ich aber, wenn sich das System auch auf andere Lebensbereiche erstreckt, z.B. wenn Touristen nicht den Zug für Einheimische benutzen dürfen, sondern mit teuren Touristenzügen fahren müssen (wie auf der Strecke nach Macchu Picchu). Auf diese Weise wird nämlich eine Parallelwelt für Touristen geschaffen, die es fast unmöglich macht, Land und Leute kennen zu lernen.
Je mehr Du über die richtigen Preise weißt, desto leichter wirst Du Touristenfallen erkennen und umgehen können.
Kaufe nicht gleich im ersten Laden. Am besten gehst Du vorher mal auf den Markt/Basar und schaust Dich um. Wenn Du nicht weißt, ob der Preis korrekt oder zu hoch ist, dann ist er wahrscheinlich zu hoch.
Es ist wichtig zu wissen, dass in vielen Fällen nicht nur Ladenbesitzer oder Hoteliers an Dir verdienen, sondern auch derjenige, der Dich als Kunde bzw. Gast vermittelt hat. Provisionen sind ein gängiges Mittel, um Leute in Etablissements zu kriegen, die anders nicht konkurrenzfähig wären. Im günstigsten Fall liegt das daran, dass ein Hotel neu ist und noch in keinem Reiseführer erwähnt wird, aber oft sind diejenigen, die Provisionen zahlen (müssen) diejenigen, die schlechte Leistungen oder überhöhte Preise haben. Schließlich müssen die Provisionen auch bezahlt werden, und zwar letztlich von Dir.
Das Provisionssystem hat zum Entstehen einer ganzen Berufsgruppe geführt, der Schlepper (auf Englisch: Touts). Die können manchmal ziemlich aufdringlich sein. Es kann so weit gehen, dass ein Schlepper ungefragt mit Dir ins Taxi einsteigt, wenn Du zu einem Hotel fahren willst.
Nebenberufliche Schlepper erscheinen meistens in Form von Tour Guides oder Taxifahrern. Es ist z.B. üblich, dass Reisegruppen zum Mittagessen in ein Restaurant irgendwo an der Straße gebracht werden, wo es ein überteuertes All-You-Can-Eat-Buffet gibt. Der Guide verabschiedet sich so lange und geht auf der anderen Straßenseite in ein Restaurant für Einheimische, das einen Bruchteil kostet und mindestens genauso gut ist, dafür aber nicht so schick.
Der erste Versuch sollte immer höflich, aber bestimmt sein. Viele Hotel-Schlepper geben sofort auf, wenn man sagt, dass man eine Zimmerreservierung hat. Wenn es nicht reicht, kannst Du ruhig auch deutlicher werden. Wenn Dir ein Schlepper bis zum Hotel folgt, mache beim Einchecken klar, dass Du alleine gekommen bist. In Geschäften funktioniert das meistens nicht, weil die Schlepper in der Regel Verwandte oder Freunde des Ladenbesitzers sind.
Unter keinen Umständen sollte man sich auf geführten Touren in Souvenir Shops abschleppen lassen. Die liegen oft isoliert am Stadtrand oder gleich ganz in der Pampa, so dass ein Preisvergleich mit der Konkurrenz ausgeschlossen ist. Die Tatsache, dass diese Shops gerne 'Factory' genannt werden, bedeutet nicht, dass die Waren dort auch hergestellt werden. Der Name soll lediglich suggerieren, dass die Preise niedrig sind (was meistens nicht stimmt). Außerdem klingt es besser, wenn der letzte Programmpunkt der Tour "Visit Silk Factory" heißt und nicht "Visit Souvenir Shop".
Du kannst fast zu 100% sicher sein, einen Schlepper vor Dir zu haben, wenn Dir jemand eine kostenlose Stadtführung oder Taxifahrt anbietet. Tuk-Tuk-Farer in Bangkok sind notorisch für so etwas. Du solltest Dich nur darauf einlassen, wenn Du sehr viel Zeit hast und entspannt genug bist, den "Hard Sell" auszuhalten. Selbsternannte Fremdenführer beginnen oft mit dem Spruch: "I just want to practice my English." Yeah, sure.
In vielen Ländern wird man Dir bei der Ein- oder Ausreise eine Gebühr abknöpfen. Während die in vielen Fällen sogar legal ist, gibt es auch schwarze Schafe. Besonders an kleineren Grenzübergängen können die Beamten schon mal recht kreativ werden, was das Erfinden von neuen Gebühren betrifft. In Afrika ist das ein großes Problem, aber auch bei der Einreise nach Guatemala und Kambodscha wird oft abkassiert.
Es kann helfen, freundlich aber bestimmt eine offizielle Quittung für die Gebühr zu verlangen. Korrupte Grenzbeamte haben in der Regel große Angst um ihren lukrativen Job und scheuen sich, schriftliche Beweise für ihr illegales Verhalten zu produzieren.
Unterwegs wirst Du immer mal wieder bezahlte Touren machen oder sonstige Dienstleistungen einkaufen. Dabei kommt es oft vor, dass Deine Erwartungen weit übertroffen werden, aber mindestens genauso häufig ist das genaue Gegenteil der Fall. Das ist ärgerlich, besonders wenn nur die Preise professionell sind.
Erkundige Dich im Vorfeld genau, was die angebotene Leistung ist. Wenn möglich, lass Dir bei Touren den Ablauf (engl. 'itinerary') schriftlich und detailliert beschreiben. (Manchmal gibt es auch eine Broschüre, nimm die mit auf die Tour.) Es ist nicht nur wichtig, was gemacht wird, sondern auch wie lange. "Elephant Riding" kann eine 5-minütige Runde um das Elefantencamp sein oder ein 4-Stunden-Trek durch den Dschungel. Außerdem: welche Kosten sind enthalten, und vor allem: welche nicht? (Eintrittsgelder, Getränke...) Ein seriöser Veranstalter wird vorher darauf hinweisen.
Wenn Du das Gefühl hast, dass eine vereinbarte Leistung ausgelassen wird, solltest Du ruhig proaktiv mal nachfragen, ob und wann das noch kommt. Gerade bei individuell geplanten Touren weiß der Guide manchmal gar nicht, was Du im Detail mit dem Veranstalter vereinbart hast. Wenn Du mit einer Reklamation wartest, bis Du wieder zurück bist, hast Du eigentlich nur eins erreicht: dass das Problem während der Tour nicht gelöst wird.
Auch wenn sich Veranstalter und Guide noch so sehr bemühen: nicht immer klappt alles zuverlässig, und oft entziehen sich die Probleme auch dem Einfluss des Veranstalters. Deshalb bringt es nichts, bis aufs i-Tüpfelchen auf der Erfüllung des Vertrages zu bestehen, damit machst Du nur Dir und anderen das Leben schwer. Natürlich sollte der Veranstalter nicht zuerst abkassieren und dann wegen "höherer Gewalt" einfach das Minimalprogramm abspulen. Aber wenn er selbst schon erhebliche Mühen und Kosten hatte, ist das auch irgendwie zu honorieren.
In vielen Ländern ist der Tourismus durch Verbände oder Regierungsstellen reglementiert. Das Ziel ist, gewisse Mindest-Standards zu garantieren und dadurch das Land für Touristen attraktiver zu machen. Zu den üblichen Maßnahmen gehört ein Beschwerdesystem, entweder per Brief/Mail direkt an die Behörde oder ein obligatorisches "Complaint Book" in jedem Tourismusunternehmen. Beides ist ein nicht zu unterschätzendes Druckmittel, denn bei häufigen Beschwerden drohen den Firmen ernste Konsequenzen bis hin zum Entzug der Lizenz oder Aufnahme in eine schwarze Liste.
Das sogenannte "Shortchanging" ist eine fast risikolose Form des Betrugs, denn wenn man erwischt wird, entschuldigt man sich mit einem dümmlichen Grinsen für seinen Fehler und rückt doch die korrekte Summe als Wechselgeld raus. Man kann ja immer noch ein paar Blüten drunter mischen, besonders wenn es dunkel ist. Das gilt übrigens nicht nur beim Bezahlen, sondern auch beim Geldwechseln.
Eine Variante des Shortchanging ist, zu behaupten, Du hättest mit einem kleinen Schein bezahlt, obwohl es ein großer war. Besonders einfach ist das, wenn die Scheine eine ähnliche Farbe haben.
Außerdem kannst Du das Geld ruhig auch auf Echtheit prüfen. Natürlich vor allem dann, wenn Du auch Einheimische siehst, die das tun.
Oft genug habe ich erlebt, wie dem stark angeheiterten Backpacker am Ende einer Zechtour mal eben ein paar Bier zusätzlich abgerechnet wurden. Auch die Rechnungen im Restaurant reflektieren nicht immer die Preise, die eigentlich auf der Karte standen. Auf Hotelrechnungen lassen sich leicht mal ein paar Posten aus dem Restaurant unterbringen, die Du gar nicht hattest.
Am besten rechnest Du vor dem Bezahlen selbst aus, wie hoch die Rechnung wird. Wenn Du ein Essen bestellst, merke Dir den Preis. Lass Dir im Restaurant notfalls noch mal die Speisekarte bringen. Das muss nicht unbedingt so aussehen, als wärst Du ein Kontrollfreak: Du kannst auch so tun, als wolltest Du noch etwas bestellen, und es Dir dann anders überlegen und statt dessen zahlen.
Wenn Du irgendwo länger bist, solltest Du selbst Buch führen und die Rechnung am Ende mit Deinen Aufzeichnungen abgleichen.
Das ist ein beliebter Trick bei Taxifahrern, aber auch sonst wird oft versucht, das Wechselgeld einfach zu behalten, besonders bei Kleinbeträgen. Der reiche Tourist wird schon irgendwann die Geduld verlieren und mit einem müden Abwinken weiterziehen.
Gib nicht all Dein Kleingeld aus! In manchen Ländern solltest Du kleine Scheine geradezu horten, im Gegensatz zu Europa, wo man ja meistens versucht, die Geldbörse nicht zu dick werden zu lassen. Besonders wenn Du eine Taxifahrt vor hast, behalte möglichst flexible Stückelungen.
Immer wieder versuchen es besonders die selbsternannten Fremdenführer mit diesem Trick: sie bieten sich für irgendwelche Stadtführungen oder Besichtigungstouren an, und auf die Frage nach dem Preis sagen sie, den sollst Du hinterher nach Deinem Ermessen selbst festlegen. Du kannst absolut sicher sein: der Preis, den Du zahlst, ist ihnen nie hoch genug. So etwas führt hinterher grundsätzlich zu Diskussionen, bei denen es auch schon mal laut werden kann.
In Ländern, wo das durchschnittliche Jahresgehalt ein paar hundert Euro ist, muss man keinen Monatslohn für eine Dienstleistung zahlen, die nur eine oder zwei Stunden gedauert hat.
Selbst wenn es keine Touristenpreise gibt, versuchen manchmal Leute, sich als Zwischenhändler ins Spiel zu bringen. Fast immer mit dem Ziel, gegenüber Dir als Tourist den wahren Preis einer Ware oder Dienstleistung zu verschleiern, damit sie einen Aufschlag für sich selbst abzweigen können. Es kann aber auch sein, dass sie Dir damit wirklich einen weiten Weg oder langes Schlangestehen ersparen. In diesem Fall ist die Dienstleistung sogar etwas wert (ca. 10-20% Aufschlag ist ok).
Wenn es vom Aufwand her vertretbar ist, lieber selbst zum Schalter oder ins Geschäft gehen.
Immer wieder stößt man auf Menschen (meistens sind es Kinder), die erst fragen "where are you from?", um sich dann als Münzsammler zu outen. Ihren Wunsch nach ein paar Münzen aus Deinem Heimatland kannst Du ihnen kaum abschlagen, zumal sie Dir ganz stolz ihre kleine Sammlung zeigen. Diese Sammlungen enthalten teils Münzen aus ganz exotischen Ländern, aber erstaunlich oft fehlen ihnen ausgerechnet noch Euro, Dollar oder Schweizer Franken. Klar, da kannst Du aushelfen.
An anderen Orten triffst Du dann auf Kinder, die Dich erst fragen "where are you from?", um Dir dann Münzen aus Deinem Heimatland zu zeigen, die sie angeblich für irgendetwas als Bezahlung angenommen haben. Ob Du sie nicht in lokale Währung wechseln könntest?
Es ist zwar ein ganz sympathischer Trick, aber es ist ein Trick.