Thema: Angst unseren Kindern zu viel zuzumuten  (Gelesen 6037 mal)

sgropper

« Antwort #15 am: 27. April 2012, 03:08 »
Hallo,

wir haben eine Schweizer Familie getroffen die mit 2 kleinen Kindern 7 Monate gereist sind. Das ging super gut. Die Kinder waren unglaublich gut. Hier findet ihr ihren Blog. Lest mal die Zusammenfassung :-)

www.petit.ch
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missdumbledore

« Antwort #16 am: 30. Mai 2012, 01:20 »
Hallo zusammen!

Jetzt habe ich mich extra registriert, damit ich zu diesem Thema mal was schreiben kann. Obwohl der letzte Beitrag ja auch schon ein bißchen her ist, brennt es mir doch ein bißchen auf der Seele. Und zwar:

Ich bin als Kind recht abenteuerlustiger Etlern groß geworden. Die haben zwar keine größeren Weltreisen gemacht, aber wir sind diverse Male in meiner Kindheit umgezogen, und das war nicht nur in die nächstgrößere Stadt, sondern durchaus in "exotische" Länder. Zweimal sind wir auch während der Schulzeit für 2-3 Monate "beurlaubt" worden, um Freunde im Ausland zu besuchen und auf Reisen zu gehen.

Was mir von der Zeit vor allem in Erinnerung geblieben ist, sind das Barfußlaufen über ein Schneefeld bei einer Vulkanbesteigung, Weihnachten am Strand mit einem muschelbehangenen Weihnachtsbaum, die knusprigen Delikatessen: Raupen, das Spielen in riesigen Wasserpfützen - mit Kinderaugen waren das sogar kleine Seen! - mit den Nachbarskindern in der Regenzeit und Tiere, die andere Kinder nur aus dem Zoo kennen. Das ist jetzt nur ein Auszug.

Woran ich mich hingegen gar nicht erinnern kann, sind ewig lange, langweilige Flugreisen, Durchfall, weil wir mal ein Essen oder das Wasser nicht vertragen haben oder zu heiße Temperaturen. Ich sage jetzt nicht, dass das nicht vorgekommen ist, nur, dass mir das nicht in Erinnerung geblieben ist. Kann also so schlimm nicht gewesen sein! ;-)

Natürlich gab es auch kritische Situationen: Ich musste mal mit fast 41°C Fieber über eine Stunde in ein Krankenhaus gefahren werden, wo ich dann mangels medizinischer Versorgung in ein nasses Handtuch eingewickelt vor einen Ventilator gesetzt wurde. Oder als wir in ein Malariagebiet gefahren sind, meine Schwester aber keine Impfung bekommen hat, weil sie die Tabletten partout nicht schlucken konnte und dann innerhalb von zwei Tagen über 50 (!) Mückenstiche hatte. Aber kein Malaria. (Aber so etwas wollt ihr eh meiden, wenn ich das richtig verstanden habe.)
Aber auch das haben wir überlebt.
Genauso wie knapp vier Jahren am Stück "aus der gewohnten Umgebung" gerissen worden zu sein. Denn einen Tag später habe ich wieder mit meiner besten Freundin gespielt, als wäre ich mal übers Wochenende bei Oma und Opa gewesen. Sicherlich ist das von Kind zu Kind anders, aber auch meine drei Geschwister hatten danach wieder die gleichen besten Freunde wie vorher.

Um ehrlich zu sein: In meiner späten Jugend hatte ich dann tatsächlich Schwierigkeiten, weil ich das Gefühl hatte, komplett entwurzelt zu sein. Heute aber denke ich, hätte ich nicht das Problem gehabt, wäre es ein anderes gewesen. Für mich überwiegen - auch in der Retrospektive - ganz klar die Vorteile, mal erlebt zu haben, wie es ist als Minderheit mit anderer Hautfarbe ist, früh einen Blick dafür zu bekommen, dass es wirklich unterschiedliche Welten gibt auf unserer wunderlichen Erde und zu merken, dass es nicht selbstverständlich ist, dass einem drei Mahlzeiten am Tag vorgesetzt werden. Man bekommt ein viel "gelebteres" Verständnis für Toleranz und wunderbare Andersartigkeit.

Die Argumentation, dass kleinere (die sind ja auch immerhin schon vier und fünf Jahre alt) Kinder nicht so viel aus der Reise mitnehmen wie Erwachsene, finde ich ein wenig kurzsichtig. Kinder sind schließlich auch schon vollwertige Menschen und sie werden sicherlich andere Prioritäten haben, was sie wichtig spannend finden an einer Reise, aber das ist nicht "weniger". Sonst würde man ja auch nur hochintelligenten Erwachsenen empfehlen können, eine Weltreise anzutreten, schließlich können sie viel mehr und tiefgründiger darüber reflektieren als der Normalbegabte. Aber sie werden ihrem Alter angemessen die neuen Eindrücke aufsaugen. Und das ist nicht "weniger", nur anders.
Die wichtigsten Menschen für sie - nämlich ihr, die Eltern - seid ja sowieso dabei und genauso vertraut wie zu Hause.

Noch kurz einen Kommentar zu dem Busbeispiel. (Sorry, dann höre ich auch schon auf.) Das finde ich schon wirklich extrem, aber das ist doch kein seelisches Trauma für ein Kind. Und leider gehören solche Erfahrungen ja auch dazu zum Großwerden. Schwierige Situationen können auch in der Heimat eintreten, wenn zum Beipiel ein Kind in einen Kindergarten gehen muss, in dem es sich nicht wohlfühlt, um mal ein häufiger verbreitetes Problem zu nennen. Und so ein Kindergartenbesuch kann unter Umständen auch acht Stunden dauern. Und das jeden Tag...

Gute Nacht.
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