Thema: ALG1 auf Weltreise bei nebenberuflicher Selbstständigkeit  (Gelesen 5357 mal)

Leeson

Weiß jemand von euch wie es sich mit dem ALG1-Anpruch in Deutschland verhält wenn man eine nebenberufliche Selbstständigkeit ausübt?
 
Ich werde meinen Job für eine längere Reise kündigen. Nach den drei Monaten Sperrzeit wegen Eigenkündigung würde ich gerne ALG1 beziehen. Um dies auch während der Reise zu ermöglichen möchte ich ein altes Hobby diesmal etwas professioneller ausüben.

Ich habe wieder vor ausgewählte Reisefotos bei Microstock-Bildagenturen anzubieten. Nach meiner letzten Weltreise habe ich damit bereits ein paar Erfahrungen gesammelt. In der Vergangenheit habe ich mich dazu nicht gewerblich angemeldet. Meine Einnahmen waren selbst zu den Hochzeiten maximal 120 Euro im Monat.

Ich habe mir überlegt diese Tätigkeit während meiner nächsten Weltreise als 
nebenberuflicher Selbstständigkeit anzumelden. Ich gehe davon aus, dass bei Selbstständigkeit die Ortsanwesenheitspflicht entfällt. Bei ALG1-Bezug ist der Freibetrag 165€ im Monat. Zusätzlich könnte ich wohl auch einen Teil der Reisekosten als Betriebskosten gelten machen. Selbst wenn es Super läuft sollte ich dadurch so wenig verdienen, dass ich keine Abzüge vom ALG1 bekomme.

Kann jemand bestätigen, dass ich durch meine beschriebene nebenberuflicher Selbstständigkeit während der Reise ALG1 beziehen könnte? Gibt es Voraussetzungen die erfüllte werden müssen? Gibt es ein minimales Einkommen oder eine bestimmte Zeit im Jahr die ich in Deutschland verbringen muss? Oder sonstige Fallstricke?

Ich freue mich auf eure Erfahrungen und Kommentare.
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Vombatus

« Antwort #1 am: 12. Dezember 2017, 08:46 »
Wenn das so einfach wäre, könnte jeder losziehen und sagen, er arbeitet nur 15 Std. die Woche und bekommt nur 165€ im Monat. Und dazu dann natürlich noch Arbeitslosengeld. Und du wärst nicht der erste mit dieser Idee.

Du kannst nicht Reisen und gleichzeitig Sozialleistungen bekommen, also arbeitslos gemeldet sein.

Wenn du Arbeitslosengeld, Sozialleistungen in Anspruch nehmen möchtest, bzw. musst, dann musst du auch bestimmte Vorraussetzungen erfüllen. Z.B: Dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, es besteht dazu eine Mitwirkungspflicht d.h. du musst ort- und zeitnah an Eingliederungsmaßnahmen teilnehmen können, dazu zählen auch Eigenbemühungen zur Jobsuche und du müsstest über alles mögliche Selbstauskunft geben und müsstest selbst Urlaub beantragen.

Du kannst maximal 15 Stunden die Woche einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen und 165€ dazuverdienen, wenn dadurch die Eingliederungsmaßnahmen nicht beeinträchtigt werden.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__138.html
https://weltreise-info.de/organisation/alg1_anspruch.html

Wenn du Leistungen einstreichst, ohne die Vorraussetzungen zu erfüllen machst du dich strafbar. Das ist einfach Betrug.


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karoshi

« Antwort #2 am: 12. Dezember 2017, 11:09 »
Kann ich so nur unterstreichen, [Klugscheißermodus]auch wenn streng genommen ALG1 keine Sozialleistung ist, sondern eine Versicherungsleistung[/Klugscheißermodus]. Während der Reise hast Du keinen Anspruch darauf, unabhängig von der selbständigen Tätigkeit. Du könntest jetzt auf die Idee kommen, der Arbeitsagentur von der Reise nichts zu erzählen. Dann wäre noch folgender Link interessant für Dich: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__263.html Die Bedeutung wird sich spätestens bei der Rückkehr in Deutschland erschließen, wenn bei der Passkontrolle am Flughafen festgestellt wird, dass ein Haftbefehl gegen Dich vorliegt.
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Leeson

« Antwort #3 am: 13. Dezember 2017, 00:39 »
Schon mal vielen Dank für eure Kommentare.  So eindeutig wie hier geschildert scheint es aber nicht zu sein. So findet sich in einem ausführlichen Kommentar zur Erreichbarkeit in SGB II und III folgender Hinweis:

§ 1 Abs. 3 EAO erlaubt ohne Zustimmung der Arbeitsagentur und dementsprechend des SGB II-Leistungsträgers die Abwesenheit wegen eines Vorstellungs-, Beratungs- oder sonstigen Termins zum Zwecke der Arbeitsuche. Diese Vorschrift ist entsprechend heranzuziehen. Wenn der Arbeitslose seinen Wohnort zur Arbeitssuche verlassen darf, steht ihm diese Freiheit der Lebensgestaltung auch für die Beschäftigung selbst zu, ohne dass es der Zustimmung Dritter bedarf.

Ich konnte keine Urteile finden die diese Auffassung Untermauern oder Wiederlegen. Es wäre klasse wenn jemand Urteile kennen würde oder sogar selber Erfahrungen dazu gemacht hat und diese mit mir teilen würde.
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karoshi

« Antwort #4 am: 13. Dezember 2017, 06:54 »
Es geht nicht um die Erreichbarkeit, sondern darum, dem (deutschen) Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Das tust Du auf einer längeren Auslandsreise nicht.
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Sulawesi

« Antwort #5 am: 13. Dezember 2017, 10:52 »
§ 1 Abs. 3 EAO erlaubt ohne Zustimmung der Arbeitsagentur und dementsprechend des SGB II-Leistungsträgers die Abwesenheit wegen eines Vorstellungs-, Beratungs- oder sonstigen Termins zum Zwecke der Arbeitsuche. Diese Vorschrift ist entsprechend heranzuziehen. Wenn der Arbeitslose seinen Wohnort zur Arbeitssuche verlassen darf, steht ihm diese Freiheit der Lebensgestaltung auch für die Beschäftigung selbst zu, ohne dass es der Zustimmung Dritter bedarf.

Keine Chance - vergiss es. Wir haben Vollbeschäftigung und über eine Million offener Stellen. Du darfst jeden Tag eine Bewerbung schreiben und musst den ARGE Sachbearbeiter in CC setzen. Vorstellungsgespräche sind Pflicht, genauso wie erscheinen auf dem Amt. Das geht 1x im Jahr gut aber max für drei Wochen und vorheriger Genehmigung.

Zitat
Wird eine dreiwöchige Ortsabwesenheit genehmigt, ist auch der übliche Krankenversicherungsschutz gewährleistet. Anders liegt der Fall, wenn die Ortsabwesenheit 21 Kalendertage übersteigt, denn ab dem 22. Kalendertag fällt mit dem Arbeitslosengeld unter Umständen auch der Krankenversicherungsschutz weg. Dies sollte rechtzeitig mit der Krankenkasse geklärt werden
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ALG1 kassieren auf Weltreise geht nie im Leben. Das ist völlig illusorisch.
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Vombatus

« Antwort #6 am: 13. Dezember 2017, 11:23 »
Jetzt mal ernsthaft. Abgesehen von den gesetzlichen Vorschriften muss einem doch klar sein, dass sowas nicht funktioniert. Hatest du nicht von Anfang an einen Denkfehler? Selbstständig machen um Ortsunabhängig zu sein ??? und dann aber ganz wenig mit deinem Hobby zu verdienen um möglichst keine Abzüge im ALG l zu haben???? Das war doch von Anfang an eine unrecherchierte Schnapsidee ohne realistische Grundlagen.

Du hattest im November einen Thread gestartet „Refinanzierung durch geschickte Geschäfte“ https://weltreise-info.de/forum/index.php?topic=5392.msg30802#msg30802
Hättest du die letzten 6 Jahre seit dem Post genutzt um zu arbeiten, sparen oder nebenbei zu jobben ... dann müsstest du dir jetzt gar keine Gedanken machen, um möglichst ohne Geld eine Langzeitreise zu starten.

Hier nochmal von einem Anwalt erklärt, bei längeren Auslandaufenthalt in Ländern ausserhalb der EU: „Mit dem Anspruch auf Arbeitslosengeld wird ein soziales Recht im Sinne des § 2 Abs.1 SGB I geltend gemacht. Die Geltendmachung unterliegt dem Territorialitätsprinzip (§§ 30 SGB I), d.h. der Arbeitslose muss bei der Arbeitslosmeldung und der Antragstellung grundsätzlich seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB III haben.
https://www.frag-einen-anwalt.de/Bezug-von-Arbeitslosengeld-I-auch-bei-temporaerem-Aufenthalt-im-Ausland--f23976.html

Solltest du innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten auf Arbeitssuche gehen, kannst du unter bestimmten Umständen den ALG l Anspruch mitnehmen. Das hat aber nichts mit Reisen oder Urlaub zu tun.
https://www3.arbeitsagentur.de/web/qcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mdkw/~edisp/l6019022dstbai389387.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI389390
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