So, nun also meine Rückmeldung nach zwei Monaten Aufenthalt in Äthiopien.
In Addis lässt es sich mit dem nötigen Kleingeld ganz gut leben, es gibt diverse nette Bars, internationale Restaurants, Live-Musik, Clubs etc. Sehenswürdigkeiten gibt es allerdings kaum. Das chaotische Strassenleben inkl. aller Facetten ist klar die Hauptattraktion und dürfte auch für erfahrene Reisende noch die eine oder andere Überraschung bieten. Das wenige, was es sonst so gibt, kostet für das Gebotene deutlich zu viel Eintritt.
Ich habe während meinem Aufenthalt insgesamt vier 2-3 tägige Wochenendausflüge gemacht:
1) Hawassa und umliegende Seen auf dem Weg (Privatauto): Eine für Äthiopien angenehme Stadt. Landschaftlich tolle Umgebung nahe Hawassa mit viel Grün. Tolle Bootstour mit vielen Nilpferden. Ein paar kleine Naturparks, wo man diverse Tiere und schöne Vögel sehen kann.
2) Arba Minch und Nechisar-Nationalpark, Dorse-Village (Inlandflug und 4x4): Toller Nationalpark mit vielen Zebras und ein paar anderen Tieren. Bootstour mit Nilpferden und vielen, grossen Krokodilen. Landschaftlich schön. Super Panorama vom Dorse-Village (Seenlandschaft). Abenteuerliche Fahrten und viel Landleben. In dieser Gegend könnte man kulturell viel sehen und zahlreiche Stämme besuchen, dazu fehlte mir aber die Zeit.
3) Wenchi-Crater-Lake (Anfahrt mit eigenem Auto, Reststück mit ÖV): Ein paar Stunden von Addis mit dem Auto. Abenteuerliche Anfahrt auf sehr schlechter Strasse inkl. Schlammschlacht und Co. Ein hübscher Kratersee, wie man ihn auch in anderen Ländern z.B. in Südamerika findet (wandern, Panorama). Tolle Landschaften, viel ursprüngliches Landleben inkl. zahllose Strohhütten etc.
4) Lalibela (Inlandflug): Die weltberühmten Felsenkirchen sind besonders darum interessant, weil sie noch rege benutzt werden. Eine ganz besondere Atmosphäre in schöner Landschaft. Die Kirchen selbst hat man in ein paar Stunden gesehen, ein ganzer Tag vor Ort reicht eigentlich. Der Eintritt ist mit 50 USD massiv überzogen, auch wenn man das mit anderen Sehenswürdigkeiten weltweit vergleicht, die noch imposanter und dennoch klar günstiger sind. Es sieht nicht danach aus, als ob das Geld in die Erhaltung und Pflege investiert wird.
Dazu kamen noch diverse eher unspektakuläre Ausflüge und private Einladungen, die natürlich trotzdem sehr spannend waren. Überall waren zu dieser Zeit kaum Touristen anzutreffen (von gar keine bis max. eine Hand voll).
Inlandflüge kosten vergünstigt (mit Ethiopian-Anreise) ca. 120 USD (Round-Trip). Dafür sind die Preise recht stabil und die Bedingungen sehr kulant. Private Fahrzeuge mit Fahrer kosten rasch gegen 80-100 USD pro Tag + Benzin, 4x4-Fahrzeuge nochmals 30-50% mehr. Taxifahrten in Addis gibt's kaum unter umgerechnet 5 USD, längere Strecken innerhalb der Stadt meist ca. 8-10 USD. Minibusse sind spotbillig, brauchen halt einfach viel mehr Zeit und fahren nur bis ca. 21.30 Uhr.
Äthiopien ist ein sehr interessantes und spannendes Land, dass im Tourismus aber auch sehr mühsam sein kann. Die Infrastruktur ist oft schlecht, Hotels ihr Geld kaum wert, auch wenn sie billig sind. Privatfahrten sind empfindlich teuer aber gerade bei eher knappem Zeitbudget in gewissen Gebieten unumgänglich, Eintrittspreise meist zu hoch für das Gebotene. Überall will man noch zusätzliche Guides aufreden, die viel zu oft gar obligatorisch sind. Preisverhandlungen und organisatorische Abklärungen nerven, da oft erst günstigere Preise versprochen werden, kurz vor dem Einschlagen dann aber doch wieder mehr verlangt wird oder plötzlich irgend eine doofe Ausrede kommt. All das nimmt viel zu viel Zeit in Anspruch. Überall, wo schon einmal mehr als ein paar Touristen waren, herrscht eine ausgeprägte "Gib-Mir-Geld"-Mentaliät auf allen Stufen, was die sonst tolle Atmosphäre schon zu trüben vermag.
Insgesamt kann gesagt werden: Viel Licht, aber auch viel Schatten. Der Tourismus in Äthiopien muss noch sehr, sehr viel lernen. Wer sich für das Land und dessen Kultur begeistern kann, soll unbedingt hingehen. Wer wert auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis legt und seine Nerven schonen will, ist andernorts aber besser aufgehoben.
Ich fliege voraussichtlich 2018 nochmals hin und werde dann noch etwas Reisezeit am Schluss einplanen sowie wieder ein paar Wochenendausflüge machen. Die Simien Mountains und vor allem Danakil sind schon noch Pflicht. Gonder, Axum und Bahir Dar wären nette Ergänzungen.