Wenn man den Verkäufern der Reiseausrüsterläden glauben darf, dann bist Du ohne einen Super-Hightech-Schlafsack innerhalb von 24 Stunden tot. Und wahrscheinlich haben die sogar Recht, wenn Du in 7000 Meter Höhe am Nanga Parbat eingeschneit wirst. Aber wolltest Du nicht eigentlich irgendwo hin wo es etwas wärmer ist?
Immer wieder machen Backpacker die gleichen Erfahrungen: vor der Reise ist der Schlafsack ein Riesen-Thema. Es ist nicht leicht, einen guten Kompromiss zu finden zwischen kleinem Packmaß/Gewicht, guter Wärmeleistung und einem guten Preis. Schließlich ringt man sich dazu durch, etwas mehr auszugeben, denn es soll ja was vernünftiges sein. Und später ist man dann monatelang in der Welt unterwegs und benutzt den Schlafsack so gut wie gar nicht. Bei den wenigen Gelegenheiten, wo er mal zum Einsatz kommt, ist es eher weil man ihn sowieso dabei hat, nicht weil man ihn wirklich gebraucht hätte. Den Rest der Zeit verflucht man das blöde Ding nur, kann es aber auch nicht so einfach loswerden — zum Wegschmeißen ist er zu wertvoll, zum Heimschicken zu groß und schwer.
Ein Schlafsack ist nicht nur ein relativ teures Ausrüstungsteil, er ist auch in vielen Situationen "a pain in the neck", as the Brits so nicely put it. Für einen guten Schlafsack, der für Minusgrade geeignet ist, musst Du von einem Gewicht von 1600 bis 2000 Gramm ausgehen, und das ist bevor er sich über Nacht mit ausgedünstetem Körperschweiß vollgesogen hat. Da kommen schnell noch mal 1-2 Kilo drauf. Und da Du einen Schlafsack nicht monatelang zusammenpressen darfst, ohne dass er Schaden nimmt, belegt er auch etwa 5-10 Liter in Deinem Rucksack. Grund genug, darüber nachzudenken, wofür Du überhaupt einen brauchst.
Angenommen, Du willst einen relativ großen Teil Deiner Reise mit Expeditionen in unerschlossenes Terrain verbringen. Dann wirst Du gezwungenermaßen campen müssen und brauchst neben dem Schlafsack auch ein Zelt, Kochgeschirr, Essen und so weiter. Das ist eine Menge Ausrüstung, die Du nur dann mitnehmen wirst, wenn Du sie nicht vorher und nachher wochenlang nutzlos durch die Welt schleppst. Vermutlich wirst Du insgesamt eine ganz andere Reise machen als es der Fokus dieser Website ist. In diesem Fall ist natürlich ein Schlafsack Pflicht, allerdings solltest Du Dich dann in Sachen Ausrüstung auch mal auf einer speziellen Outdoor-Seite schlau machen.
Du willst gelegentlich mehrtägige Ausflüge in die Natur unternehmen, vermutlich bevorzugt in Nationalparks oder auf klassischen Trekking-Routen wie dem Annapurna Circuit in Nepal oder dem Inca Trail in Peru. Ansonsten willst Du Dich aber überwiegend in der Zivilisation aufhalten, sprich da wo auch Menschen in festen Häusern leben.
Grundsätzlich besteht am Startpunkt der klassischen Treks fast immer die Möglichkeit, Ausrüstung zu leihen. Die Qualität mag nicht immer die beste sein, ist aber in der Regel für den Einsatzzweck ausreichend. Im Fall des Schlafsacks werden manche Leute Bedenken wegen der Hygiene haben, und vermutlich zu Recht: kaum ein Verleiher wird seine Schlafsäcke nach jeder Vermietung waschen. Dem Problem kann man aber begegnen, indem man eine Einlage in den Schlafsack legt, die den direkten Kontakt mit der Innenseite verhindert. Klingt immer noch unhygienisch für Dich? Zum Vergleich: wie viele Hotelbesitzer werden z.B. täglich Ihre Matratzen reinigen? Da reicht doch ein sauberes Bettlaken auch, oder?
Viele Weltreisende mieten oder kaufen sich für einen begrenzten Zeitraum einen Campervan, z.B. in Nordamerika oder Neuseeland. In diesen Ländern kann es schon mal sehr kühl werden, und dann ist entweder eine Standheizung angesagt, oder man greift eben doch auf einen Schlafsack zurück. Der Vorteil bei einem eigenen Fahrzeug ist, dass man dort eine Menge Ausrüstung lagern kann, ohne sie schleppen zu müssen. Aber spätestens wenn man ohne Fahrzeug weiter reisen will, wird der Schlafsack zum überflüssigen Ballast. In diesem Fall kann er mit der Post nach Hause geschickt werden, bzw. man kann ihn auch zusammen mit dem Fahrzeug dem nächsten Reisenden verkaufen. Gerade in Neuseeland oder Australien wird eine erstaunlich große Zahl an Campervans schon mit einer Camping-Grundausstattung verkauft.
Vielleicht hast Du gelesen, dass im Himalaya und in den Anden die Häuser keine Heizung haben und machst Dir Sorgen, dass Du nachts frieren könntest. Das mit den Heizungen stimmt, aber was wäre von einem Hostel zu halten, in dem die Gäste jede Nacht frieren? In Wirklichkeit friert natürlich keiner. Tatsache ist, dass man sich in kalten Gegenden anders behilft, nämlich mit Decken.
Keine Regel ohne Ausnahme: in sehr abgelegenen Gebiete, wo nicht mehr viele "normale" Reisende hinkommen, sondern nur noch Bergwanderer, geht man in vielen Fällen davon aus, dass sie einen Schlafsack dabei haben. Dort können die Unterkünfte extrem einfach sein, und oft genug gibt es auch keine Ausweichmöglichkeit.
Manche der nicht so vornehmen Unterkünfte sehen nicht nur so aus, als würde man sich dort Bettflöhe holen, sondern das passiert wirklich. In so einem Fall ist es immer angenehm, wenn man seinen eigenen Kokon um sich herum hat, in dem sich wenigstens nur die körpereigene Fauna tummelt. (Wobei die bessere Alternative immer noch ist, einfach ein Guesthouse weiter zu ziehen.) Hierfür wird aber kein dicker Schlafsack benötigt, da geht es wirklich nur um die Hülle.
Ok, ein richtiger Schlafsack ist also nur für ernsthafte Trekker erforderlich, oder für Leute, die sich wirklich viel in kalten Gegenden aufhalten. Aber was soll man statt dessen nehmen? Zum Glück gibt es die eierlegende Wollmilchsau, und zwar das Schlafsack-Inlett. Inletts sind Einlagen für den Schlafsack, die man aber auch einzeln verwenden kann. Das muss man sich wie eine weiterentwickelte Version des guten alten Jugendherbergsschlafsacks vorstellen. Inletts können aus verschiedenen Materialien sein, z.B. Baumwolle, Fleece oder Seide. Seide ist die absolute Krönung auf der Haut, sowohl in kaltem als auch in warmem Klima, leider auch recht teuer (ca. 80 Euro, einfachere Ausführungen ab ca. 30 Euro). Die Anschaffung lohnt sich aber! Ein Mischgewebe aus Seide/Baumwolle hat fast genauso gute Eigenschaften und ist etwas robuster.
Ein Inlett ersetzt für die meisten Reiseprofile den Schlafsack vollkommen und hat darüber hinaus noch weitere Vorteile.
Also, ganz klare Empfehlung, falls Du nicht schwerpunktmäßig campen willst: keinen Schlafsack mitnehmen, dafür ein Seiden-Inlett (oder Mischgewebe)! Und für kalte Gegenden ein Fleece-Inlett, eventuell sogar zusätzlich.
Du wirst, wenn überhaupt, nur ganz selten bei Minusgraden draußen übernachten. Meistens ist man ja doch eher in moderatem Klima unterwegs oder schläft in Häusern oder Berghütten, so dass es nicht so sehr auf die Wärmeleistung des Schlafsacks ankommt, sondern auf Packmaß und Gewicht. Wie viel Wärmeleistung Du brauchst, wird je nach Land, Reisezeit und Aktivität verschieden sein, aber ein Komfortbereich bis unter Null Grad ist in den allermeisten Fällen übertrieben.
Den größten Teil der Reise wird der Schlafsack im Rucksack sein, wo der Platz eh schon knapp ist. Dadurch wird er oft über längere Zeit stark komprimiert. Ein Daunenschlafsack überlebt so etwas nicht lange, deshalb ist für eine Langzeitreise unbedingt zum Kunstfaserschlafsack zu raten. Der leidet dabei zwar auch, aber nicht ganz so stark.
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