Thema: Kulturschock und Ängste  (Gelesen 3389 mal)

Alessandrita

« am: 23. August 2013, 07:18 »
Hallo

Zurzeit habe ich eine ganz komische Stimmung, die ich vielleicht nicht ganz erklären kann. Ich war jetzt fünf Monate in den USA, zwei Monate davon bin ich in West USA & Hawaii gereist. Bevor ich die USA verliess, hatte ich schon lange Zeit nach zuhause. Nun bin ich seit 12 Tagen in Panama angekommen und ich glaube, ich habe einen Kulturschock, von dem ich mich irgendwie nicht erhole.

Ich war 5 Tage in Panama City, da ich mich vom langen Flug und Jet Lag erholen musste. Seit einer Woche bin ich in Bocas del Toro, wo eine Woche lang in eine Sprachschule gehe, damit ich endlich ins Spanisch komme. Ich kann schon Spanisch, nur ist es eingerostet auch aufgrund des langen Aufenthalt in den USA. Ich habe diese Woche auch bewusst so geplant, dass ich mich an einem Ort wieder zuhause fühlen kann, um Kräfte und Energie zu sammeln und dann weiterreisen zu können.

Nun neigt sich meinen Aufenthalt dem Ende zu und ich möchte ich meine Weiterreise planen, bin aber irgendwie blockiert. Ich weiss nicht so recht, welches das nächste Ziel sein soll und irgendwie habe ich auch Angst. Es ist natürlich schwieriger in Panama zu reisen, verglichen mit den USA, aber andersrum auch nicht zu allzu kompliziert. Obwohl ich mich über die Länder in Zentralamerika gut informiert habe und weiss, wo die Gefahren sind und wie ich mich verhalten soll, bin ich doch irgendwie von meinen Ängsten wie paralysiert und ich getraue mich nicht. Ich bin schon in einigen Ländern auf der ganzen Welt gereist, zum Teil auch alleine und dieses Gefühl kenne ich gar nicht. Es waren natürlich im Vergleich nur Kurzreisen von 6 bis 8 Wochen. Natürlich weiss ich, dass diese Ängste und negative Gefühle schlecht sind für meine Weiterreise, da ich Unsicherheit ausstrahle.

Als Lösung zu meiner Problematik habe ich habe mir auch bereits gedacht, Zentralamerika in einer Gruppenreise zu bereisen, z. B. Gadventures oder andere Anbieter. Das würde mir irgendwie die Sicherheit geben. Andererseits bin ich aber auch gebunden an die Sehenswürdigkeiten und Plätze und kann nicht frei entscheiden länger an einem Ort zu verweilen. Zudem ist auch der Preis relativ teuer und würde viel mehr ausgeben als budgetiert.

Vor zwei Tagen habe ich ernsthaft versucht mich mit dem Problem auseinanderzusetzen, was ich will. Und die Antwort ist, ich will weiterreisen und neue Länder und Ort sehen. Es war auch ein, zwei Tag gut, aber jetzt kommen die Ängste und die Unsicherheit wieder. Ich habe mir auch überlegt für zwei Wochen nach Hause zu fliegen und dann weiterzureisen. Ich weiss aber nicht, ob dies die Lösung ist. Irgendwie komme ich aus diesem Teufelskreis nicht raus, auch wenn ich es mit aller Kraft versuche…

Liebe Grüsse Alessandrita
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Radlerin

« Antwort #1 am: 23. August 2013, 08:36 »
Hallo Alessandrita,

ich drück dir die Daumen, dass diese Stimmung bald vorbei geht und du die Reise wieder richtig geniessen kannst!

Was genau ängstigt dich denn?
Konkrete Situationen oder die Angst vor dem Ungewissen?

Wie wäre es denn, wenn du jetzt in Panama eine kleinere gebuchte Tour machst, ein paar Tage, in denen du in der Sicherheit der Gruppe das Land und nette Leute kennenlernst?
Von Bocas del Toro bist du ja auch schnell in Costa Rica, da hatte ich persönlich jetzt keine Angst (du musst ja nicht nachts alleine durch dunkle Gassen gehen....aber sonst fand ich es easy). Cahuita zum Beispiel an der Karibikküste ist nicht weit und ein guter Platz zum chillen, du triffst dort viele Traveller.
Also ich würde jetzt nicht ganz Zentralamerika in einer Gruppenreise bereisen, eher zwischendurch ein paar Tage eine Tour buchen.
Oder fehlt dir einfach Familie und Freunde? Oder ein Reisepartner?

Liebe Grüsse

Claudia
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farmerjohn1

« Antwort #2 am: 23. August 2013, 11:02 »
Das klingt mir nach einer Situation in der man am besten sagen kann: kommt Zeit - kommt Rat. Irgendein Schriftsteller hat angesichts eines Kulturschocks einmal formuliert: 'Ich hatte eine Form abgestreift ohne eine andere anzunehmen...'
Dieser Prozess faengt so langsam nach 5, 6 Monaten Abwesenheit von Zuhause ernsthaft an und ist dann zwar hinsichtlich seines Ausmasses noch flexibel, aber prinzipiell unumkehrbar.  Das verunsichert. Dann kommt noch hinzu, dass (je nachdem wo) USA immer  noch vergleichsweise stark mitteleuropaeische Zuege hat, Lateinamerika nur aeusserlich mit hispanisch-scholastischem Katholizismus und romanischen Sprachen; darunter aber sind Natur und archaisches Asien, vermengt mit Modernisierungsfolgen. Das geht unter die Haut. Auserdem noch die vielen Reise-Eindruecke, ich bin ja zu nach wie vor der Meinung dass wir heute zu schnell reisen.
Nach Hause fliegen fuer 2 Wochen - was soll's bringen? Sofern dort niemand ist,der diese Situationen kennt, kann dir dort keiner helfen. Leg doch eine Pause ein irgendwo wo's ruhig ist und dir gefaellt und warte einfach ein bisschen ab. Dann kommen schonn Ideen und Plaene.
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Vombatus

« Antwort #3 am: 23. August 2013, 14:11 »
Vielleicht machst du dir zu viele Gedanken? Wenn du die ersten paar Stationen in Mittelamerika angefahren, unterwegs andere Reisende getroffen hast und siehst, dass es zwar anders ist aber nicht wirklich so gefährlich/schlimm/unbekannt wie man sich das vorher vorstellte wird die "Angst, Unsicherheit" von alleine weniger werden. Ein Kulturschock gehört dazu. Hatte ich auch als ich von SOA nach Guatemala flog. Panama finde ich jetzt durch den langen US-Amerikanischen Einfluss noch recht "westlich". Ebenso Costa Rica.

Würde also eher raten: Rein ins kalte Wasser. Bachgefühl an, Kopf aus ;)  Es gibt so viele tolle unterschiedliche Orte in ZA, da sind auch welche für dich dabei. Ein bisschen mehr SELBST_VERTRAUEN. Das schaffst du schon ... wenn nicht. Du hast die Freiheit deine Reise so zu planen, dass sie dir guttut. Es geht nicht darum Länder zu sammeln.
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White Fox

« Antwort #4 am: 24. August 2013, 13:29 »
Vielleicht liegt dir die lateinamerikanische Kultur einfach nicht - hast du schon mal drüber nachgedacht deine Reise in Australien/Neuseeland fortzusetzten? Mit einem WHV dürftest du dort sogar arbeiten (ich gehe mal davon aus, dass du unter 30 bist). Oder du könntest nach Asien. Wäre das eine Option?
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Alessandrita

« Antwort #5 am: 25. August 2013, 19:55 »
Hallo

Vielen lieben Dank für eure Antworten, was mich sehr freut.

@ Radlerin: Es gibt keine konkrete Situation, die mir Angst macht, es ist eher die Angst vor dem Ungewissen. Ich muss gestehen, ich bin ein Kontrollfreak in gewisser Weise und muss immer wissen, wo ich schlafe und wohin es als nächstes geht. Ich habe nur eine Grobplanung für Zentralamerika und will versuchen von ohne festen Plan ca. 1-2 Monate von Panama bis nach Belize reisen. Vielleicht ist dies auch ein Teil des Problems. Und ganz klar, jetzt nach 5 Monaten reisen, fehlen mir die Familie und Freunde als auch wie du geschrieben hast einen Reisepartner. Im Moment treffe ich nur Leute zu zweit, die entweder ein festes Paar sind oder mit Freund/Freundin unterwegs sind. Es ist wie verhext, ich habe kaum Gelegenheit mich einer Gruppe anzuschliessen.

@ Farmerjohn: Ich glaube, da hast du vollkommen recht - kommt Zeit, kommt Rat. Ich muss, so glaub ich, einfach dieses unerträgliche Gefühlschaos aushalten, dass sich von Tag zu Tag, wenn nicht sogar von Stunde zu Stunde ändern kann.

Ich glaube, das Zitat dieses Schriftstellers trifft irgendwie den Nagel auf den Kopf… Hmmm, also auch ich kann mittlerweile sagen, dass wir heutzutage aufgrund der unterschiedlichen Transportmittel zu schnell reisen. Du hast recht, nach Hause zu fliegen für zwei Wochen, dass ist rausgeworfenes Geld. Mit diesem Geld kann ich mindestens einen Monat länger reisen. Und keiner aus meiner Familie und Freunde hat je eine Langzeitreise gemacht. Somit hast du recht, dort kann mir keiner helfen…

@ Vombatus: Ich mache mir bestimmt zu viele Gedanken, das liegt in meiner Natur. Genau deswegen habe ich in Zentralamerika mit Panama/Costa Rica angefangen, um mich dann den Weg in die „schwierigeren“ Ländern hochzuarbeiten. Aber du hast definitiv recht mit deinen Aussagen, rein ins kalte Wasser und mehr Selbstvertrauen! Und schlussendlich habe ich die Möglichkeit meine Reise so zu planen und gestalten, dass sie für mich stimmt.

@Cookie Monster: Grundsätzlich möchte ich noch nach Südamerika reisen, da dort viele Sehenswürdigkeiten sind, die ich unbedingt sehen muss wie die Galapagos, Machu Piccu etc. Ich frage mich nun gerade, ob ich vielleich direkt nach Südamerika gehen soll anstatt Zentralamerika zu bereisen. Aber ich denke, dass Costa Rica und Panama gute Einstiegsländer. Australien war ich vor einigen Jahren bereits, dort habe ich meine ersten Backpacker Erfahrungen gesammelt ;-) Arbeiten möchte ich während der Reise nicht, da diese wirklich eine Auszeit ist.

SOA zieht mich im Moment einfach nicht an. Da würde ich vorher noch nach Afrika gehen, was natürlich noch schwieriger zu bereisen ist. Wenn ich darüber nachdenke, ist es nicht zwingend die lateinamerikanische Kultur, die mir nicht liegt, sondern eher die Geschichten, die man hört oder in Foren liest von Überfällen. Dadurch bin ich stark verunsichert. Zudem kommen wirklich auch die Reisemüdigkeit, der Kulturschock von Nord- zu Zentralamerika, das Heimweh und das alleine Reisen. Ich denke, einfach die Summe all dieser Faktoren ergibt meine momentane negative und ängstliche Stimmung. Ich glaube auch mittlerweile, dass dies halt einfach zum Reisen dazugehört.

Vielen lieben Dank an alle für eure Ratschläge und Tipps.

Liebe Grüsse aus Panama
Alessandrita
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Aenima

« Antwort #6 am: 26. August 2013, 13:14 »
Hallo Alessandrita!

Ich denke dein letzter Satz trifft auf jeden Fall zu ("Ich glaube auch mittlerweile, dass dies halt einfach zum Reisen dazugehört.") Allein schon diese Einsicht ist ein Schritt nach vorne. Es stimmt einfach nicht, dass immer alles toll ist, ganz oft fuehlt man sich auch weniger gut, einsam oder sogar noch schlimmer. Aber es geht immer wieder aufwaerts und weiter nach vorne.

Ich bin leztes Jahr im Oktober in Kuba gestartet, wo die Sicherheit kein Problem ist. Aber in Kolumbien hatte ich dann schon so meine Schwierigkeiten. Ziemlich am Anfang hatte ich in Medellin eine brenzlige Situation erlebt, die mir sehr deutlich hemacht hat, dass das hier voellig anders laeuft als in Asien. Danach habe ich einige Wochen gebraucht, um eine gesunde Mitte zu finden und nicht die ganze Zeit angespannt zu sein. Aber es wurde immer besser, und im Nachhinein ist Kolumbien mein Lieblingsland in Suedamerika.
Du gewoehnst dich daran, deine Instinkte werden schaerfer und damit auch dein persoenliches Sicherheitsgefuehl. Wenn du deine jetzige "Krise" durchstehst, staerkt das dein Selbstbewusstsein und die Welt sieht schon bald wieder viel freundlicher aus. Bin ich mir sicher!
Alles Gute und Kopf hoch!
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Yike

« Antwort #7 am: 03. Oktober 2013, 14:06 »
Hallo Alessandrita,

Wie ging die Sache weiter? Bist du noch auf Reisen? Hast du deine Ängste überwinden können?

Vielleicht kannst du mit diesem Zitat von Pessoa ja etwas anfangen:

«Laß den Wind vorüber wehen.
Stell ihm keine Fragen.
Sein Sinn ist nur
Der Wind zu sein, der weht ...»

LG
Yike

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