Thema: Ägypten 2022  (Gelesen 2747 mal)

Kaamos

« am: 26. April 2022, 17:25 »
Marhaba... es ist wieder mal Zeit für einen kleinen Bericht. Fünfeinhalb Tage - und 2.200 Bilder. Ich versuche mich zu begrenzen  ;D

Die vorösterliche Zeit hat mich nach Ägypten geführt. Das Land ist groß und hat eine reiche Geschichte - mit so wenig Zeit beschränke ich mich daher auf Kairo und Alexandria. Und selbst dafür hätte ich durchaus auch noch mehr Tage gebrauchen können.

Die Planung war unkompliziert und mit wenig Aufwand verbunden. Hotels hatte ich alle schon online gebucht, ebenso eine Tour in die Gräberfelder von Saqqara und Dahshur. Vor Ort war ich dann mit Uber unterwegs - wirklich sehr angenehm, so umgeht man den Stress mit nicht ganz aufrichtigen Taxifahrern und die Preise sind auch mehr als akzeptabel (Beispiel: Pyramiden Gizeh nach Kairo Zitadelle: ca. 45 min, 80 EGP/4€). Sonst nehme ich ja auch gern einen Mietwagen - aber im Kairoer Verkehr verzichte ich gern.

Flüge gibt es auch ganz günstig (mit Umsteigen). Allerdings muss es dann auch klappen. Geplant war folgende Route:
  • Berlin - Mailand/Linate (Easyjet)
  • Mailand/Malpensa - Alexandria (Wizzair)
  • Alexandria - Kairo - Alexandria (Zug)
  • Alexandria - Rom/Fiumicino (Wizzair)
  • Rom/Fiumicino - Berlin (Ryanair)

Eigentlich eine akzeptable Route. Und rein für die Statistik hatte ich mich auch auf den Abschnitt BER-LIN gefreut. Dumm nur, dass Easyjet den Flug nach Linate absagte. Und da das ja alles separat gebuchte Tickets sind, ist nun ein bisschen Umplanungsgeschick gefragt. Aber gut, das ging noch relativ simpel zu kompensieren. Neue Route: Berlin-Bologna --> Zug nach Mailand --> Malpensa-Alexandria.

Alles gebucht, alles gut. Denkste. Zwei Tage später kommt die Nachricht von Wizzair, dass der Flug um eine Woche verschoben wird. Das ist nun wirklich ein kleines Problem, denn Flug nach Bologna und Zugticket hatte ich ja nun schon gebucht. Klar, hätte ich verfallen lassen können, aber manchmal ist man ja so ein kleiner Prinzipienreiter.

Wie komme ich aber nun nach Ägypten? Mailand nach Alexandria ist nun keine Option mehr gewesen. Also plane ich alles vor Ort um und es geht zuerst nach Kairo. Neue Route:

  • Berlin - Bologna (Ryanair)
  • Bologna - Mailand (Frecciarossa)
  • Mailand/Malpensa - Frankfurt/Main (Lufthansa)
  • FFM - Kairo (Lufthansa)
  • Kairo - Alexandria (Zug)
  • Alexandria - Rom/Fiumicino (Wizzair)
  • Rom/Fiumicino - Berlin (Ryanair)

Und so kommt es, dass ich an einem Tag drei Mal die Alpen überquert habe. Bloß nicht Greta erzählen.
Ich hätte ja auch durchaus auf den Schlenker über Italien verzichtet, aber der Flug FRA-CAI hätte einzeln 1200€ mehr gekostet als in der Kombination MXP-FRA-CAI. Ein und der selbe Flieger, das muss man sich mal vorstellen.

Die Buchung des Zugtickets Kairo-Alexandria ist über das Onlineportal der ägyptischen Eisenbahn ganz unkompliziert.


Nun aber zum Bericht selbst. Die Größe der Bilder habe ich schon reduziert. Ich hoffe, es sprengt nicht den Rahmen, aber darauf verzichten möchte ich nur ungern.

Dienstag

Der Start am neueröffneten Terminal 2 des BER verlief gut, auch wenn hier immer noch Lagerhallenatmosphäre herrscht. Ich mag  den BER nicht. Dafür war der wolkenlose Flug über Erzgebirge und Alpen schön - und vor allem pünktlich. So konnte ich in Bologna noch einen kurzen Spaziergang zur Porta Galliera machen, bevor ich auch schon den Frecciarossa bestieg, um mit 300 km/h durch die Landschaft zu düsen. Die Sitze da drin sind ja dermaßen bequem, da verging die anderthalb Stunde bis Mailand wirklich wie im Fluge.



Alpenüberquerung No.1 - Gardasee



Bologna - Porta Galliera




Ja und Mailand selbst? Es war mein erster Besuch in der Stadt und da ich nur knapp vier Stunden vor Ort hatte, habe ich mich auf einen entspannten Spaziergang durchs Zentrum beschränkt. Erst einmal habe ich den Hauptbahnhof bestaunt. Ich mag ja sehr den Leipziger Hauptbahnhof, aber ich muss sagen, Milano Centrale kann durchaus mit ihm mit halten.



Mailand - Scala. Zeit für eine Oper blieb leider nicht.



Galleria Vittorio Emanuele II. Mailands Nobeleinkaufspassage.







Colonne di San Lorenzo - Eines der wenigen Zeugnisse des antiken Mediolanum, das die Goten, Barbarossa und den zweiten Weltkrieg überlebt hat. Die daneben befindliche frühchristliche Kirche war leider innerlich eingerüstet.
 


Beim Mailänder Dom habe ich mich auch nur auf die Erkundung des Kirchenschiffs beschränkt. Mein erster Eindruck war: das ist aber schlicht im Inneren. Natürlich trügt der erste Schein, der Figurenschmuck hängt einfach nur ziemlich weit oben. Und natürlich darf man auch die riesigen Glasfenster nicht übersehen...











Castello Sforzesco



Mit dem Zug ging es dann schließlich weiter nach Malpensa, von wo aus ich Alpenüberquerung Nummero Zwo startete, diesmal nach Frankfurt. Leider zog es langsam zu, sodass ich nicht mehr so viel von den Bergen hatte. Immerhin die Poebene und die norditalienischen Seen gab es noch zu bestaunen. Die Flugroute lohnt sich bei schönem Wetter.



Überraschend pünktlich hob dann auch in Frankfurt die Maschine für Alpenüberquerung Nummer 3 gegen 22.20 ab...

Kaamos

« Antwort #1 am: 26. April 2022, 17:28 »
Mittwoch


Die Balkanüberquerung habe ich verschlafen und mich auch über Kreta und dem Nildelta noch Morpheus' Armen anheim gegeben. Erst den Sinkflug vor Kairo habe ich dann so langsam wieder mitbekommen. Es war ein ausgedehntes Lichtermeer, aus dem auch etliche bunt illuminierte Wohnblöcke hervorstachen. Ich vermute anlässlich des Ramadan hat man geschmückt. Wir haben auch noch eine schöne Kurve über die westliche Nilseite gezogen, aber leider habe ich die Pyramiden nicht ausmachen können.



Die Einreise hat sich erfreulich unkompliziert gestaltet. Ein e-Visa hatte ich schon, also ging es beim Stempeln fix. Und auch das Gepäckband konnte ich mir sparen, ich war ja nur mit Handgepäck unterwegs. Auch die Abholung durch meinen Hoteltransfer lief zuverlässig und nach knapp 40 Minuten Fahrt habe ich dann meine Herberge zu Füßen der Pyramiden erreicht. Ich war überrascht, dass nachts um 3 noch so viel Leben überall auf den Straßen war. Die Geschäfte waren auf, Menschenmassen unterwegs... Aber auf die Frage, ob das dem Ramadan geschuldet sei, erklärte der Taxifahrer, das wäre normal. Wahrscheinlich ist Kairo auch so eine Stadt, die niemals schläft.
Apropos Kairo... Ich habe mir ja früher immer eingebildet, der ganze große Häuserblobs ist Kairo und Gizeh ist ein Stadtteil oder so... Aber Kairo selbst ist ja nur ein Teil dieser Metropolregion, in der rund ein Viertel aller Ägypter lebt. Das ist ein Moloch.

Kurz geschlafen und dann Frühstück auf der Dachterrasse mit Sphinxblick... Eigentlich erstaunlich, dass es in so einer Lage so günstige Unterkünfte gibt. Kleine Hotels, die in den oberen Stockwerken der Wohnhäuser sind.




Der Blick!!! Ohne Worte 

Nach dem Frühstück habe ich meine ersten Erfahrungen mit Uber gesammelt. Im Vorfeld hatte ich schon ein wenig Sorge, beim Transport über den Tisch gezogen zu werden - genug Storys über abgewrackte Taxis ohne Taxameter hatte ich gelesen. Und ich bin auch ganz schlecht beim Handeln und Feilschen, weil ich immer ein schlechtes Gewissen habe, den anderen zu übervorteilen. Von daher gefällt mir Uber ganz gut: saubere Autos (bei denen allerdings meist der Gurt nicht funktioniert), klare Ansage vom Ziel und vor allem: Der Betrag steht vorher fest und wird automatisch per Paypal gezahlt. Das macht es wesentlich entspannter. Und bei knapp 4 € für eine 40 Minuten Fahrt kann man auch nicht meckern.

Erstes Ziel des Tages war das koptische Kairo. Kopten war ursprünglich die Bezeichnung für Ägypter allgemein und ging später auf den christlichen Teil der ägyptischen Bevölkerung über und schließlich auf die koptische Kirche im speziellen, die sich in diversen Punkten von der katholischen oder Orthodoxen Lehrmeinung unterscheidet. Für Details müsste ich mich jetzt auch noch ein bisschen einlesen. Jedenfalls gibt es im koptischen Viertel einige Kirchen und Klöster zu besuchen, u. a. die hängende Kirche, die über eine lange Treppe zu erreichen ist, oder die Sergius-und-Bacchus-Kirche, in deren Krypta sich Maria, Josef und Jesus sich bei ihrer Flucht nach Ägypten eine Weile aufgehalten haben sollen. Sergius und Bacchus gelten mittlerweile als Gay Icons, auch wenn die Forschung dazu noch umstritten ist



 

Sergius-und-Bacchus-Kirche



Hängende Kirche



Zu Fuß ging es dann weiter zum Strom aller Ströme, dem Nil. Mit der jährlichen Nilschwemme ist es seit dem Bau des Assuan-Staudammes vorbei. Ansonsten wären ab etwa Mitte Juni die Wasser gestiegen und hätten den fruchtbaren Schlamm mit gebracht. Um die Wasserhöhe zu messen und daraufhin Ernteerträge und damit die Besteuerung der Felder zu berechnen, wurden sogenannte Nilometer errichtet, so auch auf der Insel Roda vor knapp 1.300 Jahren. Den Bau der Abbasiden kann man heute noch besichtigen, einen tiefen Schacht mit Pegel. Viel los war dort nicht, ich war der einzige Besucher. Fotografieren war auch so eine komische Sache. Mit dem Fotoapparat durfte ich nicht, aber mit dem Handy war ein Problem.



Nil - östlich der Roda-Insel



Nilometer - Im Vordergrund eine Statue zu Ehren Umm Kulthums, der arabischen Maria Callas







Ich liebe Bougainvillea :smiley_sympathie:


Der Mittag rückt näher und es gibt noch so viel zu sehen. Also wieder ein Uber bis zum Bab al Futuh, dem nördlichen Stadttor von Alt-Kairo und hinein in den Orient! Zuerst habe ich einen Abstecher zum Bayt al Suhaimi gemacht, einem alten Herrenhaus aus osmanischer Zeit. Es sind eigentlich nur noch leere Räume mit hohen Decken, aber herrlich verwinkelt. Und man kann sich schon noch ein bisschen das angenehme Leben vorstellen, wenn man das Geld hatte, so zu logieren.



[img=https://i.imgur.com/cg1t0Sp.jpg]https://i.imgur.com/cg1t0Sp.jpg[/img]





Wer braucht eine neue Spitze für sein Minarett??



Brot auf Rädern

Natürlich gibt es in Kairo auch tausendundeine Moschee, Mausoleum, Brunnenstube, Minarett und Medrese. Dazu gehört auch der Qalawun-Komplex mit Grab, Koranschule und Hospital aus dem 13. Jh. Hier habe ich mich aufs Dach führen lassen - natürlich gegen entsprechendes Bakschisch - und habe einen tollen Blick bis zur Zitadelle des Saladin gehabt.
Auch was Bakschisch angeht habe ich im Vorfeld viele unangenehme Geschichten gelesen. Ägypten sei für Touristen ein sehr unangenehmes Land, da hier besonders aggressive selbsternannte Führer und Bettler unterwegs seien. Ich habe glücklicherweise kaum derartige Erfahrungen machen müssen. Allerdings habe ich mir auch sagen lassen, dass das Unwesen seit Corona sehr zurück gegangen sei.



Qalawun-Komplex



Kairo - sandgrauer Moloch



Alabastermoschee auf der Zitadelle




Qalawun-Komplex





Weiter ging es dann durch die Gassen des Basars Chan el-Chalili, der als größter Afrikas gilt. Ein Teil ist stark touristisch geprägt, wo einem da das Bling-Bling der Souvenirs entgegen schlägt. Allerdings ist das natürlich stellenweise schon fotogen. Aber zum Glück ist das nicht alles. Abseits der Tourimassen gibt es auch alles für den alltäglichen Bedarf und man kann wirklich stundenlang hier umher wandern.







Die ganze Stadt ist voll mit den Flatterbändern - Ramadandeko



Mixed Kebab - meine anfängliche Sorge war unbegründet. Essen und trinken war in den touristisch geprägten Ecken kein Problem. Und trinken allein ging auch in den weniger touristischen Ecken, ohne dass gleich ein böses Wort fiel



Im südlichen Teil des Basars gab es teils noch die alten Überdachungen, um die heiße Sonne auszusperren.



Im Bereich südlich der Al-Azhar Straße ging es etwas traditioneller zu und nicht ganz so viele Touristen haben sich hier her verirrt Da habe ich mich doch dann auch gleich von einem selbst ernannten Führer einfangen lassen, der mir dann zwei Moscheen gezeigt und ein wenig erklärt hat. Alles ganz nett und höflich, auch gleich mit der Ankündigung, was er für die Führung haben möchte, schließlich will er ja aufrichtig sein... Als er mich dann allerdings nach den Moscheen auch noch ein wenig durch Viertel geführt hat, sollten aus den 100 Pfund plötzlich 1.200 werden (1 €=20 Pfund). Das hat mir dann die Laune doch etwas verhagelt. Das war es also, wovor in den Berichten gewarnt wurde...



Sultan al-Mu'ayyad Moschee

Nun wollte ich eigentlich noch zur Zitadelle des Saladin. Allerdings hatte ich nicht bedacht, dass die Sehenswürdigkeiten im Ramadan alle schon ein wenig eher schließen. Als mich dann auch noch Google Maps zum Hintereingang geführt hat, der ohnehin nicht geöffnet gewesen wäre, habe ich dieses Vorhaben für den Tag aufgegeben. Den Berg runter ging es dann durch enge Wohnviertel. Das war auch ganz interessant. So langsam hat sich auch die Sonne verabschiedet. Das bedeutet, dass die geschäftigen Straßen noch einmal viel gefährlicher wurden. Die Taxis und Tuktuks kamen vorbeigerast, um noch ja vor Sonnenuntergang zu Hause beim Essen zu sein. Und dann war es plötzlich richtig still. Dieser Wechsel von jetzt auf gleich war schon krass. In einigen Straßen Standen Biertischgarnituren, wo sich die Anwohner zum gemeinsamen Essen trafen. Und unterwegs wurden mir auch ein paar Datteln angeboten. Es war schon eine interessante Atmosphäre.



Zitadelle des Saladin



Sultan Hasan Moschee

Zurück ging es dann wieder quer durch den Basar bis zum Bab al Futuh, wo - wie sollte es auch anders sein - Uber auf mich wartete. Zurück im Hotel kam ich auch gerade rechtzeitig für die Sound und Light Show an den Pyramiden. Das ist eine etwas in die Jahre gekommene Veranstaltung mit ein wenig Licht, Projektion und Lasereffekten. Extra Eintritt kann  man sich sparen, von der Dachterrasse hatte ich auch einen guten Blick aufs Geschehen. Und da auf spanisch, habe ich auch nicht so sehr viel verstanden. Also blieb nur das frieren im Wüstenwind...













Kaamos

« Antwort #2 am: 26. April 2022, 17:31 »
Donnerstag

Normalerweise fahre ich ja gern Auto und nehme auch gern mal einen Mietwagen auf Reisen, aber in Kairo??? Nein danke. Der Verkehr ist sehr herausfordernd, sowohl als Fahrer, wie auch als Fußgänger. Beim Straße überqueren hängt man sich vielerorts am besten an Einheimische an. Und bloß nicht zögern.
Deshalb habe ich mir auch extra für die Fahrten außerhalb Kairos einen Tourguide organisiert. Und natürlich auch, um aus dem kurzen Aufenthalt bei den Altertümern das Beste rauszuholen. Ich hatte auch den Eindruck, dass er einen ganz soliden Job gemacht hat, ohne zu viel Seemannsgarn.

Jedenfalls war er pünktlich um 8 am Hotel zur Abholung zum Eintauchen ins Altertum. Die Fahrt ging ein Stück durchs grüne Niltal. Es ist schon interessant, dass das ja wirklich nur ein schmaler Streifen fruchtbares Land ist. Stellenweise sieht man wirklich rechts neben den Palmen die Wüste und gleichzeitig links ebenso. Und es ist ja auch nicht so, dass die Vegetation langsam ausläuft und nach und nach weniger Bäume werden, es ist ja wirklich ein abrupter Schnitt.



Und genauso plötzlich tauchen dann auch die Pyramiden auf. Es gibt ja nicht nur die drei großen in Gizeh, die so groß im kollektiven Gedächtnis stecken, Weltwunder sei dank. Die Gräberfelder ziehen sich ja auch ein ganzes Stück weiter nach Süden, speziell um Memphis herum, jener Stadt, die vor 5000 Jahren gegründet über einen langen Zeitraum Hauptstadt Ägyptens war. Mit Alexandria als neuer Hauptstadt, um die 330 Jahre vor Christus, begann der schleichende Abstieg Memphis', bis schließlich mit den Arabern das alte Memphis als Steinbruch genutzt wurde, ein Schicksal, welches viele Bauten damals teilten, was sich auch an den Pyramiden schön sehen lässt, die ihre glatte Ummantelung eingebüßt haben.

Die Nekropolen befinden sich übrigens stets am Westufer des Nils, da diese die Seite des Sterbens war. Die altägyptischen Religionen waren ja sehr sonnenfixiert und diese zieht ja von ihrer Geburt im Osten ihre Bahn zum sterben nach Westen. Und westlich des Nils befindet sich auch Saqqara, der Ort, wo der ganze Pyramidenwahn seinen Anfang nahm. Ursprünglich wurden flache Grabbauten errichtet, sogenannte Mastabas ("Steinbank"). Das hat König Djoser um 2700 v. Chr. nicht mehr genügt und er hatte die Idee, mehrere Mastabas übereinander zu bauen. Die Stufenpyramide war geboren!



Stufenpyramide des Djoser

Vor Ort gibt es noch einige kleinere Grabanlagen, die gut versteckt und eingebuddelt sind. Aber auch ein kleiner Schutthügel erhebt sich, dem man die Pyramide nicht gleich ansieht. Dies ist die Pyramide vom Pharao Unas (2380-2350 v. Chr.), die vor allem durch ihre innere Gestaltung hervorsticht. Im Gegensatz zu den anderen, die ich besucht habe, hat sie einen reichen Hieroglyphenschmuck im Inneren, welche die erstmal in der Geschichte der Menschheit niedergeschriebenen Totenliturgien wiedergeben. Laut Guide ist sie wohl auch erst seit 2 Jahren für Touristen geöffnet. Es ist wahnsinnig faszinierend, wie klar und exakt die Inschriften teils noch zu erkennen sind, nach den Jahrtausenden.



Unas-Pyramide





In Memphis selbst gibt es wie gesagt nicht mehr so viel altertümliches zu sehen. Nur noch einige Statuen und Reliefs haben die Zeit überdauert. Hervorzuheben ist da eine Kolossalstatue von Ramses II., einem der bedeutendsten Pharaonen, der sich mit einer Regierungszeit von 66 Jahren auch in der vorderen Riege der Langzeitherrscher einreiht. In seine Zeit soll unter anderem auch der Auszug der Juden aus Ägypten gefallen sein, sollte er denn stattgefunden haben.
Außerdem steht dort auch eine Sphinx der Königin Hatschepsut rum. Behauptete zumindest der Führer. Wobei die Forschung sich wohl nicht sicher sein soll.







Anschließend ging es noch ein paar Kilometer weiter nach Dahshur, wo sich auch einige Gräber befinden. Hier ist es etwas einsamer, die meisten Touristen begnügen sich mit Saqqara. Aber trotzdem sollte man diese Ecke nicht vernachlässigen, befindet sich hier doch die Knickpyramide des Snofru. Das ist das erste Bauwerk, was in Weiterentwicklung der Stufenpyramide als echte Pyramide geplant war. Aber wie es so ist, wenn man was zum ersten Mal macht – es muss nicht unbedingt klappen. Der Bau wurde zu steil begonnen und als dann die Statik irgendwann an ihre Grenzen kam, hat man die Spitze abgeflacht. Das hat Snofru natürlich nicht gefallen. Und was macht man in so einem Fall? Richtig, eine neue Pyramide bauen. Das wäre dann übrigens schon Pyramide Nummer 3 für Snofru, da er auch schon in Meidum eine Stufenpyramide errichtet hat.  Ganz in der Nähe befindet sich die Rote Pyramide, die erste richtige echte und knickfreie Pyramide (2640⁓2620 v.Chr.). Und noch ein Stück um die Ecke steht die Schwarze Pyramide des Amenemhet III. (1860-1814 v. Chr.). Der Führer meinte, es sei die letzte große Pyramide gewesen, die errichtet wurde, besonders betonend, wie interessant es doch wäre, dass die erste echte und die letzte eigentlich gleich beieinander stünden. Jetzt beim Nachlesen bin ich mir allerdings nicht mehr ganz so sicher, ob das so stimmt. Es gibt noch spätere. Da muss ich mich noch ein bisschen in die Materie einlesen.



Dahshur - Rote Pyramide



Knickpyramide



Alt und jung - Vorn: Knickpyramide, Hinten: Amenemhet-III.-Pyramide. Letztere ist trotz ihres jungen Alters so schlecht erhalten, da man bei ihr nicht mehr massiv gebaut hat, wie in der guten alten Zeit, sondern alles ist nur ein ummantelter Kern aus Lehmziegeln. Und nachdem man die Kalksteinverkleidung in späterer Zeit recycled hat, hatten die Ziegel der Umwelt eben nicht mehr so viel entgegen zu setzen.



Pyramidion - Die Spitze der Amenemhet-III.-Pyramide kann man übrigens im Ägyptischen Museum in Kairo bewundern

Auf jeden Fall habe ich nun hier bei der Knickpyramide die Gunst der Stunde genutzt und Indiana Jones gespielt. Im Gegensatz zur Unas-Pyramide war der Einstieg hier tatsächlich sehr abenteuerlich. Außen ging es erst einmal auf etwa 11 m hoch, wo der Einstieg erfolgte. Ein ziemlich steiler, niedriger Gang (ca. 1m) führte in die Tiefe in eine ca. 10 m hohe Kammer. Von dort aus ging es dann über ein paar Gänge und weitere Kammern und Treppen wieder in die Höhe. Gefühlt bis in die Spitze der Pyramide, was natürlich nicht ganz stimmt, wenn ich mir im Nachhinein die Pläne anschaue, aber angefühlt hat es sich zumindest so.

Viel zu sehen gibt es drinnen nicht, einfach nur die kahlen Gänge. Aber das Gefühl da drin unterwegs zu sein ist schon besonders. Erstaunlicherweise ging auch ein beständiger Windzug. Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, die Beleuchtung wäre ausgefallen… Oder man verunfallt da drinnen irgendwie… Da ist keiner, der gleich kommt. Ich war da fast ganz allein drinnen. Ich könnte mir vorstellen, mit etwas Pech liegt man dann erst einmal ne Weile, bis man vermisst wird. Immerhin kann dann aber heutzutage niemand sonst behaupten, so ein bombastisches Grab zu haben.



Der Einstieg in die Knickpyramide



Die oberste Grabkammer ist noch bewohnt...

Ich habs überlebt. Und so ging es dann am frühen Nachmittag zurück nach Gizeh. Denn wenn ich schon in Ägypten bin, muss ich mir auch das dortige Pyramidenplateau anschauen! Natürlich wimmelt es hier auch geradezu von Touristen. Bestimmt ist es hier auch in den Pyramiden drinnen gedrängt voll. Da sich das Kammernsystem wenig von der Knickpyramide unterscheiden soll, habe ich hier darauf verzichtet. Es gibt auch noch ein paar andere Gräber und ein Museum für eine 4500 Jahre alte Sonnenbarke, ein rituelles Boot, mit dem die Sonne ihre Bahn vollzieht - Kleine Korrektur: Das Boot ist mittlerweile in das Grand Egyptian Museum umgezogen. Aber da die Sonne nun schon ein ganzes Stück gereist ist, rückt auch die Schließzeit näher. Der Ramadan verkürzt das ja alles noch ein bisschen. Also gibt es noch einen kurzen Kamelritt, einen Besuch bei der Sphinx und dann war es das auch schon mit Altertum für heute.



Gizeh - vlnr. Cheops, Chefren, Mykerinos, Königinnenpyramiden. Auch wenn sie kleiner wirkt: die berühmte Große Pyramide ist die von Cheops. Chefren hat sich nur des Tricks bedient, seine Pyramide auf einem höheren Plateau zu errichten. Ich finde es auch spannend. das man hier mal sieht, dass die Pyramiden eben nicht irgendwo j.w.d. in der Wüste stehen, sondern direkt am Stadtrand.





Große Sphinx - Es gibt ja einige Theorien darüber, dass es nicht der echte Kopf der Sphinx wäre, dass es noch geheime Kammernsysteme unter ihr gäbe... alles Quatsch, sagt der Guide. Und bei der abgebrochenen Nase ist definitiv nicht Obelix schuld  ;D



Der Führer lädt mich beim Hotel ab und ich schreibe Postkarten auf der Terrasse, den Sonnenuntergang erwartend. Dann noch ein paar Minuten gewartet, bis die Taxifahrer eine Chance zum Abendessen hatten und schon ging es zurück nach Downtown Kairo. Ein Restaurant hatte ich mir schon online rausgesucht. Allerdings gestaltete sich das Abendessen regelrecht anstrengend. An einem Täubchen ist ja so wenig Fleisch und so viel Knochen!
Schließlich war ich doch ausreichend gestärkt und habe noch einen Spaziergang entlang des Nils bis zum Tahrirplatz gemacht, wo die ägyptische Revolution 2011 stattfand.







Drachen - Ich habe sehr oft beobachtet, dass Kinder Drachen steigen lassen. Ich hatte es erst für eine spezielle Ramadan-Tradition gehalten, aber ein wenig Recherche hat gezeigt, dass es wohl seit Corona ein beliebter Zeitvertreib geworden ist. Zwischenzeitlich hat die ägyptische Regierung das Drachensteigen wohl verbieten lassen, weil es zu vielen Unfällen kam.





gegrillte Aubergine, Reis-Tagine mit Täubchen



Umm Ali - ein ägyptischer Brotpudding mit Nüssen. Unglaublich lecker.



Nil



Tahrirplatz

Kaamos

« Antwort #3 am: 26. April 2022, 17:35 »
Freitag



Mittlerweile ist es Karfreitag und das letzte Frühstück mit Pyramidenblick wird serviert. Rucksack packen, Checkout und ab ins Zentrum. Ich wollte mir schließlich noch die Zitadelle des Saladin anschauen. Saladin (1137-1193) ist ja nicht nur ein Mythos in der muslimischen Welt, auch bei uns erfreut er sich  zumindest durch Nathan den Weisen einer erklecklichen Bekanntheit. Er begründete als Sultan von Ägypten die Dynastie der Ayyubiden. Das war ja eine Zeit, wo schon einmal die Europäer gern in den Orient verreisten, allerdings nicht mit Kamera, sondern mit Schwert. Daher errichtete nun Saladin auch zum Schutz seiner Hauptstadt eine Zitadelle. Dabei mussten die Pyramiden zum Teil als Steinbruch her halten. Das passt insofern, als dass vermutet wird, dass wiederum ein Teil des Hügels, auf dem die Zitadelle steht, von den Pharaonen als Steinbruch zur Errichtung der Pyramiden genutzt wurde.



Blick von der Zitadelle nach Westen bis Gizeh



Als dann im 19. Jh. ein Pulverturm auf der Zitadelle explodierte und den Palast des osmanischen Gouverneurs Muhammad Ali hinweg fegte, wurde Platz für eine Moschee, die sich beeindruckend über Kairo erhebt. Entsprechend ihrer Wandverkleidung wird sie auch Alabastermoschee genannt. Viel Prunk und Protz mit Blick bis nach Gizeh. Des Weiteren befinden sich hier noch die Moschee des an-Nasir Muhammad, sowie das Polizei- und Militärmuseum, welche ich mir aber beide schenke.



Muhammad-Ali-Moschee - auch Alabastermoschee genannt







an-Nasir Muhammad-Moschee



Stattdessen geht es jetzt wieder ins Tal zum nächsten Moscheekomplex. Gleich beieinander stehen die ar-Rifa'i-Moschee (19. Jh.) und die Sultan-Hasan-Moschee (14. Jh). Hier ist nicht ganz so viel Bling-Bling wie in der Alabastermoschee, aber auch die beiden beeindrucken durch schiere Größe. Die ar-Rifa'i-Moschee ist Grabstätte einiger Mitglieder der letzten ägyptischen Königsfamilie, sowie das letzten Shahs von Persien, Mohammad Reza Pahlavi.
Die Sultan-Hasan-Moschee sollte auch Begräbnismoschee werden, aber da schon beim Bau ein Minarett einstürzte, verzichtete man ob des schlechten Omens darauf. Zumal Sultan Hasan tatsächlich kurz darauf ermordet wurde.



Kairo, Stadt der 1001 Moschee - vlnr. Sultan-Hasan-, ar-Rifa'i-, Al-Mahmodyah-Moschee



ar-Rifa'i-Moschee





Sultan-Hasan-Moschee

Nun geht es aber noch in die größte Rumpelkammer Ägyptens: das Ägyptische Museum am Tahrirplatz. Das klingt abwertender als es gemeint ist. Es ist nur so, dass hier wirklich viel angehäuft wurde, nicht immer ganz optimal beschriftet und beschrieben, in Vitrinen, die wahrscheinlich auch zur Eröffnung vor 120 Jahren schon genutzt wurden. Das tut aber der Sammlung keinen Abbruch, fügt dem ganzen vielleicht sogar noch einen gewissen Patina-Charme hinzu.

Ägypten ist allerdings auch gerade dabei, seine Schätze umzustrukturieren. In Gizeh wurde das GEM gebaut, das Grand Egyptian Museum, in dem ein Großteil der Altertümer umziehen soll. Aber wie es bei solchen Dreibuchstabenprojekten so ist, die Eröffnung verschiebt sich ständig. Das hat man sich wahrscheinlich beim BER abgeschaut. Man munkelt, dass dieses Jahr im Oktober endlich die Pforten geöffnet werden. Man darf gespannt sein. Im April 2021 sind zumindest schon 22 bedeutende Mumien aus dem Ägyptischen Museum ins GEM umgezogen, wofür eine pompöse Parade veranstaltet wurde.

Ein paar Mumien gab es aber auch für mich noch am Tahrirplatz. Es ist schon komisch, so einen über 3000 Jahre alten Menschen zu sehen. Aber auch die Kunstfertigkeit, von der die anderen Exponate zeugen, ist beeindruckend! Das Schmuckstück der ganzen Sammlung ist natürlich der Schatz des Tutanchamun. Fotos waren hier keine erlaubt.



Ägyptisches Museum am Tahrirplatz



Viele viele Fotos sind entstanden. Ich beschränke mich hier ein bisschen



Ramses II. als Kind









Wer hätte gedacht, dass die Sarkophage auch innen so hübsch sind



Tiermumien - es gab Hunde, Affen, Ochsen, ein Krokodil, einen Karpfen, ...







Zeremonialthron des Tutankhamun



Nofretete





Cheops - oft wird behauptet, dass es die einzige bekannte Darstellung des Pharaos der Cheopspyramide ist, aber es existieren wohl noch einige andere Fragmente

Ich hätte noch Stunden im Museum verbringen können, aber die Zeit drängt. Es ist schon fast 15.00 Uhr und ich muss noch zum Ramsesbahnhof. Schon 1856 fuhr die erste Eisenbahn von Kairo nach Alexandria. Ich starte aber von einem moderneren Bau, auf dessen Vorplatz sich das übliche Verkehrschaos abspielt. Die Fahrt durchs Nildelta führt einem noch einmal vor Augen, was für eine fruchtbare Region das sein muss. An so viel Grün denkt man nicht, wenn man "Ägypten" hört. Die Zugfahrt startete pünktlich, die Ankunft war es weniger - 55 Minuten Verspätung.







Alexandria - die Perle des Mittelmeeres. Gegründet von Alexander dem Großen war die Stadt lange Zeit Hauptstadt Ägyptens, bevor ihr Kairo wieder den Rang ablief. Erst im 19. Jh. erblühte die Metropole wieder, wovon zahlreiche prächtige Bauten aus der Zeit der Jahrhundertwende bis zum Ende der ägyptischen Monarchie in den 1950er Jahren zeugen. Leider machen viele der Paläste aber auch den Eindruck, dass seit dem Sturz des Königs nicht mehr viel dran gemacht wurde, was der Stadt einen leicht morbiden Charme gibt.

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, in die mondäne Welt einzutauchen. Es gibt in Alexandria einige historische Hotels, die ganz den Geist vergangener Tage versprühen. Ich habe mich für das Windsor Palace Hotel entschieden, eröffnet 1906 ist es das älteste Hotel der Stadt. Besonders der offene Aufzug aus den 1930er Jahren ist eine Wucht!





Bevor es Abendessen ging (frischer Fisch!), habe ich noch einen kleinen Spaziergang entlang der Corniche gemacht. Auch hier muss ich wieder sagen: dieser Verkehr!!! Das Bauteil ägyptischer Autos mit dem höchsten Verschleiß muss die Hupe sein. Es sind wirklich keine 4 Sekunden vergangen, in denen es nicht gehupt hätte. Und das ging so bis in die Morgenstunden hinein.


Kaamos

« Antwort #4 am: 26. April 2022, 17:40 »
Samstag

Ein weiterer Vorzug des Windsor Palace Hotels ist seine tolle Dachterrasse. Es gibt wohl wenige Orte in Alexandria, wo man so schön Frühstücken kann. Man überblickt den Portus Magnus, den großen Hafen Alexandrias. Geradezu sieht man eine Landzunge, die früher die Insel Pharos war, Standort des berühmten Leuchtturmes von Alexandria. Man schätzt die damalige Höhe des Weltwunders auf 115-160m, was ihn bis ins 20.Jh. zum höchsten je gebauten Leuchtturm macht. Und man muss sich auch einmal vor Augen halten, dass er, errichtet ca. 300 v. Chr. und zerstört ca. 1323 n.Chr., immerhin über 1.600 Jahre stand. Kein Wunder, dass er als Prototyp aller Leuchttürme gilt.
Mehrere Erdbeben setzten ihm schließlich ein Ende und die Mamlukensultane errichteten aus den Trümmern Ende des 15. Jh. eine Hafenbefestigung.





Qāitbāy-Zitadelle - errichtet aus den Trümmern des Leuchtturms





Abu-l-Abbas-al-Mursi-Moschee


Nach dem Spaziergang zur Zitadelle ging es zu einem weiteren Weltwunder. Solche Listen werden ja gern erstellt, von daher wundert es auch nicht, dass es die "Sieben Wunder des Mittelalters" gibt. Natürlich sind diese Listen im Gegensatz zu den antiken Weltwundern alles Schöpfungen moderner Autoren. Nichtsdestotrotz zählt der "Scherbenhügel" dazu, die Katakomben von Kom El Shoqafa. Auf dem Gelände wurden einige an anderen Orten gefundene Gräber zusammen getragen, aber auch originale antike Katakomben kann man besichtigen. Das besondere ist, dass sich hier altägyptische Traditionen mit griechischen und römischen vermischen.













Ist das ein japanisches Kapselhotel???  ;D

Quer durchs Wohnviertel ging es weiter zur Pompeius-Säule. Außerhalb der antiken Reichshauptstädte Rom und Byzanz ist dies die größte freistehende Ehrensäule. Zwar ist sie nach Caesars Gegenspieler Pompeius benannt, dessen Kopf hier bestattet sein soll, doch wurde sie erst 297 n.Chr. zu Ehren Kaiser Diokletians errichtet. Die Säule befindet sich auf dem Gelände des Serapeions, einer Zweigstelle der antiken Bibliothek von Alexandria.



Serapeion



Heute ist ja eigentlich muslimisches Wochenende. Das ficht aber die fleißigen Händler nicht an. Daher sind beim anschließenden Spaziergang durch die Gassen die Märkte auch noch rappelvoll. Es gibt kaum einen Straßenzug, wo nicht gehandelt wird. Dabei ist hier für die Touristen überhaupt nichts dabei - es ist einfach nur sehenswerter Alltag. Besonders die riesigen Berge Knoblauch sind beeindruckend. Ägypter lieben Knoblauch!
Man kommt auch immer wieder an ehemals hochherrschaftlichen Fassaden vorbei und es tränt schon ein wenig in der Seele, den Verfall zu sehen. Ihr erinnert euch an die Galerie Vittorio Emanuele II. in Mailand? Nach deren Vorbild wurden auch in Alexandria Geschäftshäuser errichtet, etwa die Okelle Monferrato. Leider können die Höfe nicht mit tollen Glasdächern prunken. Stattdessen ist alles mit niedrigem Wellblech abgehängt.





Muhammad Ali Pascha - Er gilt als Begründer des modernen Ägypten. Unter seiner Regentschaft in der 1. Hälfte des 19. JH. stand Ägypten zwar noch unter osmanischer Herrschaft, doch agierte Muhammad Ali zunehmend selbstständig, sodass er schließlich auch die Dynastie begründete, die bis zur Revolution in den 1950er Jahren regieren sollte.


Nach dem Trubel auf den Straßen und den allgegenwärtigen Moscheen in Kairo zog es mich nun in ruhigere Ecken. Alexandria hat auch viele Kirchen zu bieten, unter anderem die katholische St.-Katharinen-Kathedrale. Hier wurde der 1947 im Exil in Alexandria verstorbene italienische König Vittorio Emanuele III. provisorisch beigesetzt. 2017 wurde er schließlich nach Italien überführt.
In der Kirche waren gerade fleißige Dekorationsarbeiten im Gange. Eine nette ältere Dame klärte mich auf - und ließ mich dann stutzen:

Gestern habe ich geschrieben, es sei Karfreitag. Das stimmt zumindest für meinen protestantischen Hintergrund. In Alexandria sieht das wieder ganz anders aus. Hier hat man sich gerade auf den Palmsonntag vorbereitet, der bei uns ja schon eine Woche zurück lag. Da habe ich nun erst einmal gelernt, dass die koptischen Christen einem anderen, alexandrinisch genannten Kalender folgen, der noch auf den altägyptischen Kalender zurück geht. Da gibt es auch zahlreiche Schaltjahre, aber irgendwie hat mich Wikipedia gerade mehr verwirrt, als Klarheit geschaffen. Zumindest habe ich in diesem Zusammenhang auch gelernt, dass es früher sogenannte Computisten gab, Menschen, die das jährlich ändernde Osterdatum berechnet haben. Es gibt sogar eine Gauß'sche Osterformel.

Zwar war dies eine katholische Kathedrale, aber alle paar Jahre feiern die Katholiken das Osterfest zusammen mit den Kopten.





Die koptische Kirche wurde im Jahr 60 vom Apostel Markus begründet, der nach Alexandria kam. Da verwundert es nicht, dass die Hauptkirche der Kopten und Sitz des koptischen Papstes die Sankt-Markus-Kathedrale ist. Nach Markus' gewaltsamen Tod wurde er 68 n.Chr. unter der Kirche begraben, jedoch raubten im Mittelalter die Venezianer den Leichnam, dem sie den Markusdom in Venedig errichteten. Einzig der Kopf verblieb in Alexandria, aber auch der ging mit der Zeit verloren. 2017 kam es zum Palmsonntag zu einem Selbstmordanschlag. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsvorkehrungen. Ich habe meinen Pass abgegeben, bevor ich aufs Gelände konnte.





Palmsonntagsvorbereitungen - ganz stilecht natürlich mit Palmblättern

Nach so viel laufen habe ich mir eine kleine Pause verdient. Mittlerweile wieder an der Corniche angekommen flüchte ich mich vor der Mittagshitze ins "Metropole", ein weiteres Hotel aus Alexandrias besseren Tagen. Im Erdgeschoss befindet sich das "Trianon", wobei es eher durch Vintagecharme als mit feinem Gebäck gepunktet hat. Womöglich eine Folge des Ramadan?



Zumindest konnte ich mich nun wieder ausgeruht auf den Weg machen, hatte ich doch noch die berühmte Bibliotheca Alexandrina auf dem Plan. Sie war die bedeutendste und größte Bibliothek des Altertums und besaß mehr als 700.000 Schriftrollen. Im 4. Jh. gingen die Schätze leider verloren, als es zu Unruhen zwischen Christen und Altgläubigen kam.
In den 1970er Jahren kam die Idee auf, die Bibliothek an historischer Stätte neu zu errichten. Unter Schirmherrschaft der UNESCO wurde sie schließlich 2002 eröffnet. Man kann sie auch besichtigen, dafür war ich allerdings zu spät dran.





Alexander der Große - vor dem Planetarium der Bibliotheca Alexandrina





Alexander der Große - Alexander der Große hat eine ganze Reihe von nach ihm benannten Städten auf seinen Feldzügen gegründet, doch dies ist wohl seine berühmteste. 332 v.Chr. befreite er Ägypten von den Persern und würde daraufhin zum Pharao gekrönt. Entgegen seinem Wunsch, in Siwa bestattet zu werden, wurde ihm in Alexandria ein Grabmal errichtet. Die ihm nachfolgenden Ptolemäerherrscher schmückten sich halt gern mit dem Feldherrn, den sie erst in einen goldenen, später einen gläsernen Sarg betteten.
In den Unruhen der Spätantike gingen Grab und das Wissen um dessen Ort verloren.


Iftar, das Fastenbrechen rückt näher. Und da ich auch nicht mehr viel Zeit hatte, suchte ich mir wieder eine schöne Lokalität. Im Fish Market Restaurant wurde ich fündig. Ausgewählt wurde direkt an der Theke, fangfrisch und richtig lecker.





Beim Essen beobachtete ich die Sonne beim Untergehen und den Mond beim Aufgehen und freute mich eigentlich darüber, dass das ein schöner Abschluss für die kleine Reise sei. Leider kommt noch eine weniger angenehme Episode. Beim Spazierengehen am Vormittag hatte ich einen Rummel neben einer Moschee gesehen und gedacht, nach dem Fastenbrechen ist es bestimmt hübsch dort und bietet noch das ein oder andere Fotomotiv. Also bin ich dort hin, es war ja gleich um die Ecke.
Auf dem Weg kam ich an einer Gruppe Frauen und Kinder vorbei, die irgendwas verkaufen wollten - Tee, Taschentücher... Ich hab höflich abgelehnt und bin weiter. Soweit noch kein Problem. Dann kommen zwei der zugegebenermaßen sehr erbärmlich aussehenden Kinder hinterher und haben gebettelt. Ziemlich aufdringlich. Aber sie sahen auch bedauernswert aus. Und da zwackt dann eben das schlechte Gewissen des "reichen" Westlers und ich habe den Fehler begangen, beiden je 10 Pfund zu geben. Jetzt kommt die ganze Gruppe - drei oder vier Frauen - hinterher, bettelt aggressiv, hält mich fest, verfolgt mich... Das war sehr unangenehm. Einen knappen dreiviertel Kilometer musste ich flüchten.

So bin ich leider auch um den Rummel gebracht worden.



Nun geht es noch auf einer 50 km Fahrt bis zum Flughafen Borg al Arab, den internationalen Flughafen Alexandrias. Bei meinen Plänen für den Rückflug hat sich glücklicherweise nichts geändert und ich muss nicht Hindukusch, Kaukasus und Anden überqueren, um nach Rom zu kommen. Nur pünktlich startet Wizzair nicht. Eine knappe Stunde später als geplant geht es 23:45 los. Aber das habe ich schon einkalkuliert, weil auf der Route bisher noch kein bei Flightradar getrackter Flug pünktlich gestartet ist.
In Fiumicino habe ich mir einen Loungeaufenthalt und eine Dusche gegönnt, bevor dann nach Sfogliatelle Napoletana zum Frühstück mit Ryanair zurück nach Berlin ging.
Auf den Flug habe ich mich schon gefreut, weil die Route exakt über mein Heimatdorf im Erzgebirge geht. Was ich nicht bedacht habe: man sieht davon nix, weil der Blickwinkel dann nicht passt. Zumindest die Nachbardörfer hat man ganz gut gesehen...



Die Landung in Berlin war etwas verspätet, aber halb so wild. Nur dass es dann von der Landung am BER nach Potsdam ebenso lang gedauert hat, wie von Rom nach Berlin, ist schon etwas frustrierend.



Fertig   ;D

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