Thema: Reisen heute und vor 10 Jahren  (Gelesen 2734 mal)

Reisenoob

« am: 14. September 2021, 05:18 »
Hallo Leute,

Ich lag heute Nacht wach und da kamen mir auf einmal unzählige Bilder und Erinnerungen an meine Weltreise von vor fast 10 Jahren in den Kopf. Diese hatte ich damals mit Hilfe dieses Forums hier geplant und es war vielleicht die prägendste Erfahrung meines Lebens!
Besonders in Erinnerung geblieben sind die netten Abende in den Hostels. Damals gab's ja noch keine richtigen Smartphones und man müsste sich zwangsläufig mit den anderen Reisenden beschäftigen.  ;D
Frage an die, die jetzt Backpacken oder über die Jahre nicht damit aufgehört haben: wie hat sich das Erlebnis in den Hostels geändert, dadurch dass jetzt jeder ein Smartphone hat und auf sozialen Netzwerken rumhängt? Wie ändert sich die Reiseerfahrung mit 20, 30, 40?
Bin gespannt auf eure Meinungen!
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Stecki

« Antwort #1 am: 14. September 2021, 06:33 »
Früher hat man definitiv mehr miteinander kommuniziert in den Hostels, sei es zum Spass oder zum Informationsaustausch. Auch musste man früher noch flirten, heute gibts Tinder...  ;D Auch ist vieles inzwischen durchorganisiert, Backpacken ist in vielen Ländern kein Abenteuer mehr.

Allerdings hätte ich mit Google Maps etc. sicher auch mehr sehenswertes gesehen und die eine oder andere Anreise irgendwo hin wäre weniger anstrengend gewesen.

Generell hat sich mein Reiseverhalten aber von mir aus geändert. Inzwischen habe ich Familie, und wenn wir reisen ist ein Hotel Pflicht. Der Austausch mit anderen Reisenden kommt da leider ohnehin zu kurz.
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gismarett

« Antwort #2 am: 14. September 2021, 12:01 »
Ich kann leider nicht vom Reisen von vor 10 Jahren berichten - zumindest nicht vom Backpacken - aber ich finde man entdeckt die vielen Änderungen in allen Bereichen des Lebens aufgrund der gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen.

Ich selbst war während meiner Reise nicht viel in Dorms und habe auch nicht das typische Backpackerleben gelebt... Facebook besitze ich erst seit Ende meiner Reise, da ich so den Kontakt zu vielen Freunden halten konnte. Meine Infos habe ich zu 70% aus dem Internet bezogen und zu 30% von Locals. Durch die Eigenrecherche war ich häufig viel effizienter in der Informationsbeschaffung, zumal die Leute vor Ort auch nicht immer alles wissen. Aber viele tolle Tipps habe ich von Locals bekommen!
Mein Smartphone hat mir hierbei sehr oft geholfen aber leider nimmt das Gerät einen auch immer etwas ein. Man kann aufgrund der vielen Informationen zum einen schnell den Überblick verlieren und zum anderen rennt man gefühlt nur einem Plan hinterher und vergisst dabei ab und an auf den Moment zu genießen oder Gelegenheiten zu Erkennen/Nutzen.
Mit Backbackern hatte ich oft Kontakt aber selten länger als ein paar Tage. Zumal ich auch keine wirkliche Lust auf das typische Backpackerleben hatte, sondern mein eigenes Abenteuer in einer Fremden Welt erleben wollte. Mit Locals sah das aber anders aus, da haben sich richtige Freundschaften aufgebaut. Während der Reise habe ich gelernt wie wichtig Flexibilität ist. Viele tolle Momente sind aus einem Zufall heraus entstanden. 

Das Smartphone und die vielen hilfreichen Tools haben für mich Unabhängigkeit bedeutet. Allerdings habe ich neben Google Maps, meinem Browser (Recherchen, Booking, Flüge) und Whatsapp (Kommunikation nach Hause), Kamera auch nicht so viele Apps genutzt. Ich wollte bewusst die Reise genießen und fand es immer etwas komisch, wenn Backpacker eigentlich nur auf Insta und Co gelebt haben. Das ist allerdings nur meine Meinung und natürlich soll jeder seine Reise so gestallten wie er möchte.

Hätte ich wirklich mehr mit anderen Backpackern reden müssen, wenn ich diese Tools nicht gehabt hätte? Schwer zu beantworten... Vllt wäre ich auch einfach mehr mit Locals unterwegs gewesen... Aber wenns um Reisethemen wie Flüge usw. geht, dann wahrscheinlich schon. Ich hätte ohne die neuen Hilfsmittel definitiv mehr Abenteuer aber auch Chaos gehabt und wäre vermutlich auch viel langsamer gereist. Man wie gerne würde ich 30-50 Jahre zurückreisen und dann auf Weltreise gehen. Wie die Riffe wohl ausgesehen haben? Wie das Reisen wohl ohne dutzende Backpacker war? Wie es wohl ist in eine vollkommen fremde Welt einzutauchen, welche noch nicht so stark vom Tourismus, Umweltverschmutzung, Globalisierung etc. beeinflusst wurde?
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steelydan

« Antwort #3 am: 14. September 2021, 15:18 »
Vor zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren waren die allermeisten Backpacker ein tumber, durch und durch desinteressierter Haufen ohne Plan und eigene Ideen, die grundsätzlich das selbe gemacht haben wie alle anderen auch. Wer von ihnen in ein Gespräch verwickelt worden ist, hat sich schnell zu Tode gelangweilt. Geändert hat sich seitdem nicht das Geringste. Heute langweilt man sich per Smartphone, vor zehn Jahren war es Facebook, noch früher hat man sich analog angeödet. Wo soll da der Unterschied sein? Dass das Tollste auf eine Weltreise das ewig öde Geschwätz in irgendwelchen Hostels sein soll, sagt alles.
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Derevaja

« Antwort #4 am: 14. September 2021, 17:24 »
Das erste Mal richtig allein auf Reise war ich 2007 nach der Schule mit dem Interrailpass in Europa. Damals gab es praktisch noch keine Smartphones und das Handy im Ausland war auch relativ nutzlos, da Roaming sehr teuer war und man höchstens mal eine SMS nach Hause geschickt hat. Was mich damals fasziniert hat war es Menschen aus so vielen unterschiedlichen Ländern zu treffen und mit diesen dann in den Hostels zu leben, ins Gespräch zu kommen und einfach zu erfahren was es für verschiedene Lebensentwürfe gibt und wie unterschiedlich die Welt eigentlich ist. Man ist dann zusammen zum Feiern losgezogen oder hat sich die Sehenswürdigkeiten in einer Stadt angesehen. An sich war alles etwas spontener und weniger organisiert (was aber auch an der mangelnden Erfahrung liegen könnte ;)).

Mein letzter richtiger Backpacking Trip ist jetzt auch schon wieder zwei Jahre her (Neuseeland und Japan in 2019) und ich habe praktisch alles über das Smartphone organisiert, inklusive Feiern am Abend und gemeinsames Sightseeing. Durch die Masse an Informationen auf die man mit einem Fingertipp zugreifen kann, und entsprechenden Empfehlungen die tausendfach bestätigt sind, ist die Routenplanung allerdings schon ein bisschen generisch ausgefallen. Ich denke, dass es dann schon wichtig ist mit den Locals zu sprechen und sich ein paar lokale Tipps abzuholen, da es sonst die Gefahr gibt, dass man genau den Beaten Track nimmt, den Zigtausende zuvor schon beschritten haben. Das ist nicht unbedingt schlecht weil man (von tausenden 5-Sterne Reviews bestätigte) tolle Erfahrungen macht, aber es ist schon sehr vorhersehbar :) Neuseeland und Japan sind touristisch natürlich sehr gut erschlossen und es finden sich massig Informationen und Erfahrungsberichte online.

Bei meinem Seidenstrassentrip in 2018 war das etwas anders. Da musste ich mich schon sehr auf die lokale Bevölkerung verlassen wenn es um Unterkunft, Transport, Restaurantwahl, etc (vor allem in Iran und Zentralasien) ging, da man im Internet nichts gefunden hat oder es keinen Empfang gab. Das war dann auch sehr spannend und ich habe recht kuriose Dinge erlebt und super interessante Leute in den Unterkünften kennengelernt. Dafür, wie schon 2007, habe ich einige Sehenswürdigkeiten verpasst, mal in recht üblen Unterkünften übernachtet und mich mit nervigen Fahrern rumschlagen müssen.

Ich finde das Reisen mit dem Smartphone super einfach und es erleichtert die Organisation und das Treffen mit Menschen vor Ort, gerade in Grossstädten, und auch nach der Reise in Kontakt zu bleiben (habe schon öfter Menscheen wiedergetroffen die ich auf Reisen kennengelernt habe). Wenn man die Reise nicht übers Internet planen und organisieren, bzw sich am Abend mit social media ablenken kann, dann erlebt man sicher noch mehr vom Alltag der Menschen und lernt die lokale Bevölkerung und die anderen Hostelgäste etwas besser kennen. Aber im Endeffekt will ich einfach mal wieder unbeschwert REISEN - egal wie  ;D ;D ;D
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Reisenoob

« Antwort #5 am: 17. September 2021, 09:44 »
Vor zehn, zwanzig oder noch mehr Jahren waren die allermeisten Backpacker ein tumber, durch und durch desinteressierter Haufen ohne Plan und eigene Ideen, die grundsätzlich das selbe gemacht haben wie alle anderen auch. Wer von ihnen in ein Gespräch verwickelt worden ist, hat sich schnell zu Tode gelangweilt. Geändert hat sich seitdem nicht das Geringste. Heute langweilt man sich per Smartphone, vor zehn Jahren war es Facebook, noch früher hat man sich analog angeödet. Wo soll da der Unterschied sein? Dass das Tollste auf eine Weltreise das ewig öde Geschwätz in irgendwelchen Hostels sein soll, sagt alles.

...und dann gibt es noch den Typ Backpacker der sich selbst als intellektuell, weltoffen und vielseitig interessiert sieht und auf andere herabschaut. In Wirklichkeit ist er einfach nur unsozial.
Soll nicht heißen dass du da dazu gehörst ;)
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martenot

« Antwort #6 am: 17. September 2021, 16:15 »
Ich selbst reise jetzt altersbedingt schon einige Jahrzehnte lang, und schon aufgrund der technologischen Entwicklungen hat sich das Reisen stark verändert.

Beispielsweise musste man in den Achtzigerjahren noch richtig viel Mühe in die Beschaffung von Reiseinformationen oder Buchungen von Übernachtungen investieren. Es gab ja quasi kein Internet, sodass man sich vieles von irgendwelchen Informationsbüros oder offiziellen Einrichtungen per Post zuschicken lassen musste. Und wenn man mit Zuhause telefonieren wollte, war man noch auf öffentliche Telefonzellen (z.T. mit Münzeinwurf) angewiesen. Dafür war das Fliegen vor 2001 nur vergleichsweise wenigen Sicherheitsbeschränkungen unterworfen.

Ab den Neunzigerjahren ungefähr kam dann allmählich das Internet in Schwung. Damals waren Internet-Cafés in Mode, wo man auf alten klapprigen PCs mit klebriger Tastatur in zum Teil schummriger Kneipen- oder Spielhallen-Atmosphäre seine E-Mails gecheckt und beantwortet hat. Die Nutzung des Internets wurde dabei oft minutengenau abgerechnet mit einer mitlaufenden Uhr.

Ich bin ja auch früher schon gern mit öffentlichen Verkehrsmitteln gereist, und mangels Internet habe ich damals noch dicke Fahrplanbücher mitgeschleppt. Fürs Interrail-Reisen gab es ein spezielles Auslandskursbuch. Auch katalogartige Übernachtungsverzeichnisse waren damals nützlich gewesen, hatten aber das Gepäck schwer und dick gemacht.

Achja, und erinnert sich noch jemand an Reiseschecks? Auf meinen ersten USA-Reisen hatte ich immer eine ganze Mappe Reiseschecks mit dabei (in kleiner Stückelung zu 20 und 50 $). Mit denen konnte man fast genauso gut zahlen wie mit Bargeld, man musste sie aber vor den Augen des Kassierers unterschreiben, sonst waren sie ungültig.

Ja, da hat sich schon vieles verändert in den letzten Jahrzehnten....
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Railjeter

« Antwort #7 am: 18. September 2021, 09:28 »
Ich kann leider nicht vom Reisen von vor 10 Jahren berichten

Ich schon und irgendwie haben wir es auch im vorigen Jahrtausend geschafft die Welt zu erkunden.
Allerdings nicht als Backpacker, denn dazu fehlte die nötige Zeit. Da waren 3 Wochen Urlaub das Limit.
Man musste Telefonate noch anmelden und gelegentlich konnte man faxen. Und sonst die nötigen Informationen auf Papier und vor Ort viel fragen. Wobei es nicht immer einfach war, den Einheimischen auf der Straßenkarte das gewünschte Ziel zu zeigen. Für Alaska gab es die "Milepost" mit rund 200 Seiten Informationen. Die bekam man per Post zugestellt (allerdings 6-8 Wochen Wartezeit). Die gibt es aber auch schon einige Zeit unter https://themilepost.com/

karoshi

« Antwort #8 am: 18. September 2021, 23:21 »
Die Technologie hat wenigstens eins der ganz großen Probleme des Reisens endgültig gelöst, nämlich die Frage, wo zur Hölle man eigentlich gerade ist. Dank GPS und Google Maps ist es heute gar kein Problem mehr, in einem Chicken Bus in Mittelamerika den richtigen Zeitpunkt zum Umsteigen zu treffen. Jeder Taxifahrer in Dar Es Salaam wird sich hüten, Dich zum falschen Hotel zu fahren. Und sich in einer Stadt wie Peking orientieren zu können, ich sicher auch kein Fehler.
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Railjeter

« Antwort #9 am: 20. September 2021, 08:45 »
Und sich in einer Stadt wie Peking orientieren zu können, ich sicher auch kein Fehler.
Funktioniert Google Maps und GPS tatsächlich in Peking?
Jedenfalls sehr nützlich, wenn man in der Gegend ein Signal hat und es auf der Offline Karte Hinweise gibt.

dirtsA

« Antwort #10 am: 21. September 2021, 15:41 »
Erschreckenderweise kann ich tatsächlich auch schon etwas zum Backpacking vor 10 Jahren im Vergleich zu jetzt beitragen... ;D ::) Die Zeit der Reiseschecks und Unterkunftsregister habe ich zwar nicht mehr mitgemacht, aber doch war meine 1. Reise als Backpacker 2007 sehr anders, als es meine jetzigen Reisen sind!

Auch meine 1. Weltreise 2012/13 habe ich noch halb ohne Laptop gemacht (bei der Heimatpause wurde dann jedoch der Laptop mitgenommen, nachdem ich schon gemerkt hatte, dass Internet Cafes weniger geworden waren und fast jeder mit Laptop unterwegs war). Ein Smartphone hatte ich damals jedoch noch nicht und meiner Erinnerung nach hatte das noch quasi niemand von den Backpackern.

Auf meiner 2. Weltreise 2018/19 bin ich dann sehr gerne mit meinem Netbook und Smartphone gereist, habe sehr viel online vorgebucht, mich in Städten mittels Maps.me und vormarkierten Sights orientiert etc. Oft waren wir jedoch auch in Regionen unterwegs, wo es immer noch keine Internetverbindung gibt oder diese nur sehr teuer zu haben ist. Während ich bei der 1. WR auf klassichen Backpacker-Wegen unterwegs war, wo heutzutage wohl überall superschnelles Wifi zu haben ist. Von daher ist vielleicht für mich gefühlt der Unterschied nicht so riesig, wie das vielleicht andere empfinden.

Ich finde es schön, dass ich beide Erfahrungen gemacht habe, will aber weder das Eine noch das Andere negativ abwerten. Manchmal vermisse ich schon das etwas mehr an Abenteuer, dass man eben manchmal nicht wusste, wo man ist, ob man was findet für die nächste Nacht etc. Andererseits bin ich auch froh, dass sich viele Dinge leichter und schneller organisieren lassen und man sich viel Papierkram spart. Die Zeiten ändern sich halt und das wird auch so weitergehen, mit Dingen, die wir uns jetzt wahrscheinlich noch gar nicht vorstellen können!

Evlt. wegen dem großen Unterschied der Regionen (s.o.), kann ich auch nicht behaupten, dass es damals oder heute leichter/schwieriger war/ist, mit anderen Backpackern in Kontakt zu kommen. Die Erfahrung, dass sich jeder nur hinter den Smartphones versteckt, habe ich so jedenfalls nicht gemacht. Ich habe bisher immer ausreichend Leute kennen gelernt. Solange man offen auf andere zugeht, empfinde ich das heute nicht schwieriger, als damals. Aber evtl. würde ich das anders sehen, wenn ich nun nochmal in ein Land reisen würde, das ich damals schon besucht habe. Andererseits habe ich auch auf meinen letzten Reisen viele "typische Hostel-Abende" verbracht, so wie damals eben auch.

Aber vorher sind die Backpacker doch auch nicht im Gemeinschaftsraum gesessen und haben Löcher in die Luft gestarrt oder sich zwanghaft mit jedem unterhalten, nur weil kein Smartphone zur Ablenkung da war!? Dann wurden die Köpfe eben mehr in irgendwelche Bücher gesteckt, Reisetagebuch geschrieben (was jetzt halt online als Blog oder Social Media Posts passiert) oder man hat mehr Zeit mit organisatorischen Dingen verbracht, die man nun innerhalb von Minuten online erledigt (und sich damit wertvolle Zeit für Aktivitäten spart).
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pad

« Antwort #11 am: 26. September 2021, 19:32 »
Vielleicht sind 10 Jahre als Vergleichs-Zeitraum etwas kurz. Vor 10 Jahren gab es schon ein iPhone 4/4S, Daten-Abos, die gängigen Buchungs- und Bewertungsplattformen, maps.me wurde lanciert und google maps war seit ein paar Jahren verfügbar (auf Android). Natürlich waren diese Dinge noch weniger ausgereift und verbreitet.

Meine erste Solo-"Probereise" mit Rucksack habe ich 2012 gemacht (nur 2 Wochen). Wenn ich mich recht erinnere, habe ich die schon sehr ähnlich organisiert, wie ich es heute auch tue. Ein physischer Reiseführer war immer im Gepäck, das erachte ich heute für mich bei vielen Zielen als optional. Auf meiner ersten WR 2013/14 habe ich schon sehr viele digitale Tools genutzt und hatte meistens eine lokale SIM, sprich fast immer Internet. Auf dieser Reise habe ich schon viele Unterkünfte online gebucht, ausser in gewissen Destinationen.

Ich denke, 15-20 Jahre zurück wird es schon deutlich "analoger". Hier fehlen mir die persönlichen Erfahrungen, damals habe ich eher Städtereisen oder Badeferien mit Freunden und Familie gemacht.

Wie schon von Stecki angesprochen: Man verändert und entwickelt sich auch selbst (oft überwiegt das), z.B. die Reisepräferenzen, Wahl der Destination, wie viel Party und Socializing man möchte, das Budget, die Art der Unterkunft ... Das überlagert sich und ist nicht so einfach zu trennen.

Ich sehe den technischen Fortschritt und die damit einhergehenden Möglichkeiten weitgehend positiv. Ich glaube, die höhere Transparenz im Markt (z.B. durch Vergleichsportale, Online-Bewertungen) führt vielerorts zu einer höheren Qualität bei Restaurants, Unterkünften, Touranbietern (wahrscheinlich auch zu mehr "Einheitsbrei"). Aus meiner Kindheit und Jugend habe ich zumindest die Erinnerung, dass die Tatsache, ob man ein gutes Hotel oder Restaurant erwischte, noch zu einem gewissen Teil "random" war oder man sonst halt einfach den Einzelempfehlungen anderer folgte. Heute ist bei mir gefühlt bei 95% aller Hotels wirklich nichts zu beanstanden. Ausser vielleicht, dass es ab und zu ziemlich leer oder steril ist, dass die Atmosphäre fehlt, die man sich erhofft hatte.

Ich beobachte bei meinen Reisen, dass meistens alles "wie am Schnürchen" funktioniert und es zu sehr wenigen Überraschungen kommt (in den meisten Ländern). Ein paar Bilder zur Sehenswürdigkeit hat man bereits in der google Bildsuche gesehen, das Hotel kennt man von der Buchungsplattform, usw. Immer vorausgesetzt, man will das. Insofern ist es schon so, dass eine exakt gleiche Route weniger abenteuerreich ausfällt als vor 10, 20, 30 Jahren. Andererseits ermöglichen die digitalen Tools, dass man sich Dinge vornehmen kann, die man sich sonst nicht zutrauen würde (z.B. dank GPS, besseren Infos zu einem abgelegenen Gebiet, zahlreichen Reiseberichten, auch sehr aktuellen). Ich denke, man kann immer noch ähnlich viel Abenteuer haben (wenn man will), muss dazu aber die Destinationen anders auswählen. Vielleicht muss man sich heute etwas mehr selbst "pushen", um die eigene Komfortzone zu verlassen, wozu man früher oft ganz automatisch gezwungen war, wenn man am Ziel ankommen wollte.

Heute kann man theoretisch an viele Orte Reisen, ohne ein einziges Wort zu sprechen (Flug, Hotel, Uber, Zug und Fernbus alles online gebucht, nur noch Pass oder QR-Code hinhalten :)). Natürlich läuft das, gerade beim Transport, noch längst nicht in jedem Land so. Andererseits werden die Länder weniger, in denen man praktisch überall hinkommt und alles machen kann, ohne "lesen und schreiben" zu können. In Südamerika oder Asien kannst du praktisch einer beliebigen Person den Namen deiner Zieldestination nennen und wirst vo da an mehr oder weniger zuverlässig "weitergereicht", was oft erstaunlich gut funktioniert und enorm simpel ist. Nix buchen, kannst immer noch im Bus bezahlen und laufend nachfragen. Als mühsam empfand ich oft das "Zwischending": Es gibt zwar mittlerweile einen festen Fahrplan für den Bus, aber man findet ihn nicht online. Man kann zwar online buchen (und es wird auch rege genutzt von Einheimischen), aber nur mit einer inländischen Bankkarte oder Ausweisnummer. Eine schlecht umgesetzte Digitalisierung kann nervraubend sein. Aus meiner Sicht ist das in den letzten Jahren vielerorts ausgereifter geworden.

Ich finde nicht, dass man zwingend weniger mit anderen ins Gespräch kommt (wenn man möchte). Ich frage vor Ort (z.B. im Hotel, Taxifahrer, auf der Strasse) manchmal einfach "zum Spass" ein paar Dinge, obwohl ich die Antwort vielleicht schon kenne oder googeln könnte. In Südamerika habe ich z.B. recht oft die Touri-Info vor Ort "getestet", um etwas mein Spanisch auszuprobieren. Wenn Organisatorisches schnell und einfach geregelt ist, bleibt mehr Zeit für spannendere Gesprächsthemen. Für mich die wichtigsten "Stellschrauben", wieviel Kontakt ich habe mit anderen (Locals und andere Reisenden): Hostel und kleine Gästehäuser vs. grosses Hotel oder privates AirBnB, lokaler ÖV vs. Taxi und Flug, Natur/Wandern und kleinere Ortschaften vs. anonyme Metropole. Daran hat sich wohl gar nicht so viel geändert über die Jahre bzw. es gibt vlt. ein "digitales Pendant", z.B. Couchsurfing gegenüber eher spontanen Einladungen durch Locals.
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