Thema: Digitalritis, Onlineismus. Eure Erfahrungen/Meinungen  (Gelesen 3758 mal)

Vombatus

Früher, es war einmal vor langer Zeit, also als ich zwischen 2011/12 unterwegs war, war es bereits ein Thema das diskutiert wurde. Im Sinn von „früher war alles besser“.

2011 war das Smartphone und Netbook schon verbreitet und in jedem Hostel gerne genutzt. Dann hieß es oft, dass sich Reisende nicht mehr unterhalten, sondern nur noch aufs Display glotzen. Man betritt ein Hostel und überall sitzen die Leute und tippeln auf ihren Gerät herum. Skypen, chatten, surfen, lesen.

Wie sind eure Erfahrungen von heute. Hat sich das verstärkt. Wie leicht tritt man mit anderen in Kontakt. Wie oft sitzen sich Paare gegenüber und jeder schaut nur auf sein eigenes Handy. Wann, wie lange, nutzt ihr selbst eure Geräte? Und hat das überhaupt einen Einfluss auf die Kommunkation? Wenn ich ein Gerät schon viel zuhause benutze, warum nicht auch unterwegs?
Oder gönnt ihr euch absichtlich Onlinefreie Zeit?

In meinen normalen Urlauben konnte ich jetzt keine Extreme feststellen. Gut, es gab immer, meist relativ junge Frauen und Männer, die gefühlt oft Tag und Nacht in der Insel-WLAN Zone saßen.

Wie ist eure Meinung? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
Auch im Vergleich, heute und vor 10 Jahren.
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osprey

« Antwort #1 am: 07. April 2019, 19:56 »
Ich persönlich habe das Handy in den Ferien oder auf Reisen grundsätzlich aus. Meist bin ich aber sowieso an Orten an denen gar kein Handyempfang ist  ::) Auf längeren Reisen suche ich dann aber ganz gezielt mal die Zeit Nachrichten zu beantworten, zu skypen oder Blogberichte hochzuladen. Sonst würden meine Eltern wahrscheinlich vor Sorge sterben  ;) Mein letzter Besuch in einem Hostel ist zwar auch schon ein paar Jahre her aber ich hatte nicht das Gefühl, als könne man deswegen mit den Leuten nicht ins Gespräch kommen. Klar gibt es die "Besessenen" aber die spricht man in aller Regel sowieso nicht an. Als Alleinreisende finde ich es einfacher andere alleinreisende Personen anzusprechen, als reisende Paare. Gerade bei mitteleuropäischen Paaren habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie oft eher für sich sein wollen, das aber ganz unabhängig vom Handy.
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MasterM

« Antwort #2 am: 08. April 2019, 10:02 »
Haha, bei dem Thread kommt mir sofort "Alligatoah - Wie zuhause" in den Sinn. Ich liebe diesen zynischen Humor.

Aber ja, ich finde, dass der smartphone-Konsum generell viel zu uebertrieben ist. Das gilt nicht nur fuer Hostels, wo man eigtl. gerade wegen der Kommunikation absteigt, sondern auch fuer das daily life. Manchmal denke ich, dass man sich auch nackt in die Ubahn setzen koennte, es wuerde eh keiner mitkriegen, weil alle nur auf ihr Phone glotzen.

Am schlimmsten sind die Menschen, die ohne hochzusehen noch durch die Strassen laufen.
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redfred89

« Antwort #3 am: 08. April 2019, 11:14 »
[...]

Manchmal denke ich, dass man sich auch nackt in die Ubahn setzen koennte, es wuerde eh keiner mitkriegen, weil alle nur auf ihr Phone glotzen.

[...]

Generell finde ich den Smartphonekonsum auch zu groß. Gerade auf Reisen ist es doch weitaus weniger interessant wenn ich aus dem Bus steige und mich von meinem Handy bis zur Haustür des Hostels lotsen lasse ohne mich umzusehen, nach dem Weg zu fragen oder mich auch mal zu verlaufen.

Aber man täuscht sich auch wenn man denkt:,,Früher war alles besser und man hat sich im Zug mit jedem unterhalten´´:

https://www.google.de/search?q=zug+zeitung&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiM8-jWk8DhAhWECuwKHdy8DboQ_AUIDigB&biw=1018&bih=464#imgrc=-Q6561nlObshuM

oder das:
https://www.google.de/search?q=zug+zeitung&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiM8-jWk8DhAhWECuwKHdy8DboQ_AUIDigB&biw=1018&bih=464#imgdii=yIaIeTmfYBEYcM:&imgrc=-Q6561nlObshuM:
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Jef Costello

« Antwort #4 am: 09. April 2019, 22:26 »
Überhöhter Smartphonekonsum fällt mir eigentlich nur in Hostels auf, die nur in den Gemeinschaftsräumen eine gute Wlan-Verbindung bieten. Wenn ich nach einem Tag Sightseeing ins Hostel zurückkomme und im Zimmer gibt es kein Wlan, dann werde ich mich für 1-2 Stunden in den Gemeinschaftsraum begeben um meine Fotos zu speichern, den nächsten Tag zu planen, etc. Das kommt natürlich dann nicht so gesprächig rüber und ich denke so geht es mehreren. Beim Frühstück gibt es auch viel Smartphonegebrauch.

Kommt eben immer auf die Einzelperson an. Ich war vor zwei Wochen für eine Nacht in einem Hostel in Zürich, da habe ich mich auch mit niemanden unterhalten und war nur vor dem Smartphone, eben weil ich niemanden kennenlernen wollte und nur auf der Durchreise war.
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Marla

« Antwort #5 am: 10. April 2019, 21:49 »
Ich persönlich habe das Handy in den Ferien oder auf Reisen grundsätzlich aus. Meist bin ich aber sowieso an Orten an denen gar kein Handyempfang ist  ::) Auf längeren Reisen suche ich dann aber ganz gezielt mal die Zeit Nachrichten zu beantworten, zu skypen oder Blogberichte hochzuladen. Sonst würden meine Eltern wahrscheinlich vor Sorge sterben  ;) Mein letzter Besuch in einem Hostel ist zwar auch schon ein paar Jahre her aber ich hatte nicht das Gefühl, als könne man deswegen mit den Leuten nicht ins Gespräch kommen. Klar gibt es die "Besessenen" aber die spricht man in aller Regel sowieso nicht an. Als Alleinreisende finde ich es einfacher andere alleinreisende Personen anzusprechen, als reisende Paare. Gerade bei mitteleuropäischen Paaren habe ich die Erfahrung gemacht, dass sie oft eher für sich sein wollen, das aber ganz unabhängig vom Handy.
Da kann ich mich nur anschließen. Ich benutze mein Handy auf Reisen auch weniger als zuhause. Kaufe mir z.B. nie eine lokale SIM-Karte, mir reicht abends WLAN im Hostel. Hab auch nicht das Gefühl, dass es im Vergleich zu 10 Jahren viel mehr geworden ist. Und davor haben die Leute doch einfach mit einem Buch im Aufenthaltsraum gesessen, ist ja eigentlich auch nicht kommunikativer. Ich hab eigentlich immer Handy oder Tablet dabei, wenn ich den Gemeinschaftsräumen sitze, komme aber trotzdem mit Leuten ins Gespräch.

Was die mitteleuropäischen Paare (insbesondere bei welchen aus dem deutschsprachigen Raum ;)) angeht, habe ich auf meiner letzten Reise genau die gleiche Erfahrung gemacht. Auf früheren Reisen aber auch nicht. Generell habe ich das Gefühl, dass in manchen Ländern auch die Traveller aufgeschlossener sind als in anderen. Tendenziell, je tropischer desto lockerer ;) In Europa lerne ich eher selten Leute kennen, was aber auch daran liegen kann, dass ich hier meistens kürzer unterwegs bin.

Aber um zum Thema zurückzukommen: Auf meiner letzten Reise war ich in einem Hostel, das ein bisschen außerhalb lag und (recht aggressiv) damit geworben hat, kein WLAN und somit die viiiel bessere Atmosphäre zu haben. Hat aus meiner Sicht nicht funktioniert. Die Leute sind dauernd in den Ort gelaufen und haben dort in einem der Cafés/Restaurants mit WLAN gesessen. Und die übrigen haben was offline am Handy gemacht. Es gab nicht mehr Socializing als in anderen Hostels. Und die Cafés haben ein gutes Geschäft gemacht, wahrscheinlich im Deal mit dem Hostelbetreiber ;) Ich finde das schon OK mit WLAN im Hostel und, wie Jef Costello schon sagt, dann besser in allen Räumen und nicht nur im Aufenthaltsbereich.
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Marla

« Antwort #6 am: 10. April 2019, 22:00 »
Gerade auf Reisen ist es doch weitaus weniger interessant wenn ich aus dem Bus steige und mich von meinem Handy bis zur Haustür des Hostels lotsen lasse ohne mich umzusehen, nach dem Weg zu fragen oder mich auch mal zu verlaufen.
Also das ist echt das einzige, wo ich anderer Meinung bin. Wenn ich mit meinem Gepäck aufm Weg zum Hostel bin, hab ich wenig Spaß daran, mich zu verlaufen oder mich von Einheimischen lotsen zu lassen. Je nach Land kann das ja dann auch mal in dem Hotel des Cousins und nicht in der eigentlich angepeilten Unterkunft enden ;) Hier bin ich echt dankbar für Google (offline) Maps bzw. Maps.me. Ich hab auch früher nie gerne Leute nachm Weg gefragt, sondern mich mit Karten orientiert. Auf der anderen Seite finde ich es etwas schade, dass meine Orientierung durch Smartphone schlechter wird. Aber das hat ja nichts mit dem Thema Kontaktaufnahme zu tun.

Zitat
Aber man täuscht sich auch wenn man denkt:,,Früher war alles besser und man hat sich im Zug mit jedem unterhalten´´:

https://www.google.de/search?q=zug+zeitung&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiM8-jWk8DhAhWECuwKHdy8DboQ_AUIDigB&biw=1018&bih=464#imgrc=-Q6561nlObshuM

oder das:
https://www.google.de/search?q=zug+zeitung&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwiM8-jWk8DhAhWECuwKHdy8DboQ_AUIDigB&biw=1018&bih=464#imgdii=yIaIeTmfYBEYcM:&imgrc=-Q6561nlObshuM:
Cool :) Finde ich gut und wichtig, sich das mal vor Augen zu halten, das früher auch nicht alles anders/besser war.
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globetrotter85

« Antwort #7 am: 29. April 2019, 13:26 »
Cool :) Finde ich gut und wichtig, sich das mal vor Augen zu halten, das früher auch nicht alles anders/besser war.

Hehe, stimmt. Wobei beide Fotos mit den Zeitungslesern aus einer Zeit kamen wo Zeitungen noch verbreiteter waren.
Also "damals" als ich noch jung war und viel mit Schülerferientickets oder schöne WE-Tickets durch die Gegend gefahren bin Ende 90er/2000er hat auf dem Bahnsteig fast niemand in Zeitungen gestarrt aber auch nicht aufs Handy.
Ich hab schon das Gefühl das ich da öfters mal mit Leuten im Zug oder auf dem Bahnsteig geredet habe als Heute. Kann aber auch daran gelegen haben, das man das WE Ticket am Anfang noch besser teilen konnte.
Also unentschieden in dem Punkt


Am schlimmsten sind die Menschen, die ohne hochzusehen noch durch die Strassen laufen.
Das finde ich allerdings auch sehr befremdlich. Besonders bei Schülenr die morgens aus dem Bus stolpern.
Mir sind letztens drei entgegegengekommen die alle auf ihr Smartphone geglotzt haben und leicht wankend unterwegs waren. Einer hat mich fast gerammt...

sah ungefähr so aus:

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grenzenlos

« Antwort #8 am: 30. April 2019, 12:58 »
Während unserer Weltumradlung von 2007 bis 2011 hatten wir ein Mobile für den Ernstfall  ;) mit. Die gespeicherten Bilder meiner kleinen Kamera wurden in Internetcafes auf CD gebrannt  :) Geradelt sind wir nach Landkarten. War ne echt schöne Zeit  :)
In der Zwischenzeit nutzen wir unterwegs WLAN (Hotels oder so). Auf Landkarten mag ich aber noch immer nicht verzichten  ;D
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pantitlan

« Antwort #9 am: 01. Mai 2019, 18:52 »
Ich hätte mich gefreut, wenn nicht schon in der Frage digitalkritische Stimmung gemacht worden wäre. Was sind denn "Digitalritis" und "Onlineismus" bloss für Begriffe?

Wieso soll es eine Sucht oder eine Krankheit sein, wenn jemand seine Fotos bei Instagram hochlädt statt in ein Album einzukleben? Wieso soll es schlecht sein, wenn man die Route mit einer App plant und nicht mit einer Landkarte aus Papier? Was soll schlechter daran sein, jemanden eine Whatsapp zu schicken als eine Postkarte? Warum macht es den Menschen besser, wenn er statt einer Taschenrechnerapp einen separaten Taschenrechner mitnimmt?

Ich kann mich noch gut erinnern an eine Zeit als es noch keine Handys gab. Was haben damals die Leute im Zug gemacht? Richtig, sie haben ein Buch oder die Zeitung gelesen. Vielleicht auf dem Walkman eine Kassette gehört und anschliessend mit dem Bleistift zurückgespult. Ist man damals mit den Leuten leichter in Kontakt geraten als heute? Ich würde sagen: Nein, kein bisschen.

Auch in Hostels war das nicht anders. Ein paar schrieben ihr Tagebuch, andere recherchierten in ihrem Lonely Planet nach Reisezielen für den nächsten Tag. Und dann gab es noch die Paare und Zusammenreisenden, die irgendwo in einer Ecke sassen und deren Körpersprache deutlich ausdrückte: "Sprecht uns bloss nicht an!" Klar, gab es damals auch ein paar Leute, die einfach mal rüberkamen und Hallo sagten. Aber die gibt es doch auch heute noch.

Grundsätzlich finde ich sowieso, dass das Handy den Kontakt nicht schwächt, sondern im Gegenteil stärkt. Ich kann zum Beispiel an einem Reiseziel mal tindern oder auf Couchsurfing jemanden anschreiben und dann zusammen was trinken gehen. Klar, werden jetzt ein paar Digitalkritiker einwerfen, dass sie so tolle Hengste seien und Leute einfach in einer Bar kennenlernen. Toll für euch. Aber das liegt eben nicht jedem gleich.

Ein anderes Beispiel: Wenn ich im Hostel oder sonstwo spannende Leute kennenlerne, ist es heute relativ leicht, sie nach ein paar Tagen wieder zu treffen. Ganz anders früher: Auf meiner allerersten Backpackingreise 1999, als noch niemand Email hatte, war das praktisch unmöglich. "In drei Tagen um 12 Uhr in Stadt A auf dem Hauptplatz", hat manchmal funktioniert. Meistens aber nicht.

Wenn Leute aufs Handy starren, vergessen wir leicht, dass ein Handy ein Produkt ist, in dem vielleicht fünf, zehn oder gar fünfzig Aktivitäten zusammengekommen sind, die man zwar früher zwar auch schon machte, aber halt eben mit jeweils unterschiedlichen Geräten.
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Wolfskin

« Antwort #10 am: 03. Mai 2019, 16:05 »
Die Smombie hat in den letzten Jahren drastisch zugenommen. Gerade wieder erlebt, wie viele sinnlose Selfies tagtäglich geknipst werden und am besten gleich an Ort und Stelle per WhatsApp an die Daheimgebliebenen übertragen werden. Das ist tatsächlich eine Sucht. Auch einer der Mitreisenden war ständig am Tippen und war beim Stadtbummeln ständig online um den richtigen Weg zu finden. Und wenn der Weg klar war, dann schnell mal etliche Selfies.

Wenn ich denke, dass ich im vorigen Jahrtausend bei meinen Weltreisen ohne Handy und Navi unterwegs war. Da konnte man bei dringenden Fällen faxen und in manchen Regionen musste man noch ein Telefonat anmelden 8) Flüge musste man  per Telefon oder im Airline Office rückbestätigen. Die Gespräche waren kurz, da sehr teuer. Da war man schon mal 4 Wochen unterwegs ohne den Daheimgebliebenen "Hallo, wie gehts euch" mitzuteilen.
Man war noch mit viel Papier, Reiseführern, Landkarten, Stadtplänen unterwegs. In Alaska vorzugsweise mit "The Milespost" (500 Seiten Papier) unterwegs. Die konnte man Monate im Voraus beim Touristik Office in Anchorage bestellen und hat man nach Wochen per Post (mit dem Schiff unterwegs) kostenfrei erhalten. 

Aber auch ich nütze inzwischen die neuen Möglichkeiten der Kommunikation, inklusive mal auf Google Earth die Lage zu sondieren. Aber Selfies, WhatsApps und Facebook sind für mich allerdings tabu. Reicht schon wenn Google genau weiß, wo ich mich gerade herumtreibe >:(
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karoshi

« Antwort #11 am: 03. Mai 2019, 18:55 »
Dass früher alles besser war, kann ich definitiv nicht unterschreiben. 50 Dollar für ein handvermitteltes Auslandsgespräch von 3 Minuten? Hoffnungslos verlaufen in zweifelhaften Vierteln von fremden Großstädten? Lonely Planet (mit Neuauflage alle 3 Jahre) als einzige Informationsquelle? Telegramme an Postlagernd-Adressen? Verabredungen mit mehreren Monaten Vorlauf? Klingt im Rückblick lustiger, als es in Wirklichkeit war.

Ja, es ist so: Die Nutzungsgewohnheiten von Technik auf Reisen haben sich verändert. Sehr sogar. Das haben sie aber zu Hause auch. Wer im normalen Alltag ständig auf einen kleinen Bildschirm starrt, der macht das wahrscheinlich auch unterwegs. Und dadurch, dass (u.a. durch die Technik) das Reisen insgesamt einfacher geworden ist, sind jetzt auch viele Leute als Individualreisende unterwegs, die früher eher eine andere Art Urlaub gemacht hätten. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass man deswegen schwerer an andere Reisende ran kommt. Also im Schnitt vielleicht schon, aber dadurch, dass insgesamt viel mehr Menschen reisen als früher, bleiben noch mehr als genug übrig, mit denen ich etwas anfangen kann.

Unter dem Strich kommt es auf Reisen, genau wie im Alltag, darauf an, eine gute Balance zu finden: auf der einen Seite die Technik zu nutzen und auf der anderen Seite auch noch Raum zu lassen für die "analoge" Welt. Ich freue mich jedenfalls, dass ich alle diese Möglichkeiten habe. Und gleichzeitig freue ich mich, dass ich die Zeit davor noch erlebt habe. Ich bilde mir ein, dass ich dadurch die Technik etwas reflektierter nutze. Nicht so sehr als Selbstzweck oder aus Gewohnheit, sondern um konkrete Probleme zu lösen.
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Janyla

« Antwort #12 am: 15. August 2019, 08:41 »
Ich greife dieses Thema nochmal auf.

Ich schätze absolut die neuen digitalen Errungenschaften unserer Zeit. Ich habe auch schon 2013 offline Google Maps genutzt, weil ich nicht anwesend war, als der Orientierungssinn verteilt wurde. Ich verlaufe mich sogar auf den einfachsten Strecken und da geht es mir auch wie Marla, wenn ich vollgepackt auf dem Nachtbus stolper und einfach nur in Hostel will, verlass ich mich gern auf die Navigation von Maps. Da bin ich auch nicht so kommunikativ  ::)

Besonders auch die Möglichkeit, unzählige Fotos machen zu können, ohne daran zu denken, dass der Film gleich voll ist, habe ich eine Weile übermäßig viel genutzt. Es war einfach toll, nachher 2000-4000 Fotos als Erinnerung zu haben. Inzwischen sehe ich das anders - es kostet mich soviel Zeit, alles durchzugehen, kategorisieren, entsprechende Fotos drucken zu lassen, rahmen, aufhängen, zeitweise wieder auszutauschen... das ich teilweise die Kameras nicht mehr mitnehme.

Klar nervt es, wenn man in Marrakesh im Bahia Palast gefühlt als einzige von hundert Leuten den Palast ansieht, und alle anderen sich nur gegenseitig aus den Fotos scheuchen. Und es sieht auch wirklich oftmals lächerlich aus, wie sich da für Fotos verrenkt wird.

Die Menschen sind gerade so auf diesem "Höhepunkt" des digitalen Mitteilungsbedürfnisses. Das wird wieder weniger werden, wenn die Menschheit bemerkt, dass die tollen Denker-Posen usw. einfach schon 7 Milliarden Mal auf Instagram gepostet wurden ;) Und das so etwas einfach furchtbar anstregend ist

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Marla

« Antwort #13 am: 15. August 2019, 16:25 »
Klar nervt es, wenn man in Marrakesh im Bahia Palast gefühlt als einzige von hundert Leuten den Palast ansieht, und alle anderen sich nur gegenseitig aus den Fotos scheuchen. Und es sieht auch wirklich oftmals lächerlich aus, wie sich da für Fotos verrenkt wird.
Du sprichst mir aus der Seele :) Wobei ich es im Bahia-Palast noch OK fand, da hat sich das doch eher verlaufen. Vielleicht hatten wir aber auch einfach nur Glück. Am schlimmsten fand ich es in Marrakesch im Jardin Majorelle, da hab ich es echt nicht ausgehalten. Mein Lowlight dieses Jahr war der Topkapi-Palast in Istanbul. Da war ich gefühlt der einzige Nicht-Instagrammer :D

Bin aber eher pessimistisch, was den Ausblick in die Zukunft angeht. Ich glaub eher, dass das so bleiben wird. Mal schauen, wer recht hat :)
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