Weniger ist meistens mehr! Ich würde halt versuchen dir Hauptatraktionen wegzulassen! Ist einfach voller Touristen mit Selfiesticks
Dies.
Ihr legt ein ganz schönes Tempo vor... Persönlich fand ich Island eher entschleunigend; das für deutsche Verhältnisse langsame und entspannte Autofahren hat da sicher seinen Teil beigetragen. Und ihr werdet ja tatsächlich auf der Strecke viel einfach nur von wohlbekanntem Sightseeing zu Sightseeing tingeln:
Busloads of tourists and no toilets, wie ein einheimischer Ranger seufzte. Die Wasserfälle und Klippen fand ich nach dem zweiten Must-See-Abzweigen, naja, Wasserfälle und Klippen halt. Mit dem unterhaltsamen Faktor, dass irgendwelche Amis sich beinahe umbringen wollen für das schickste Selfie an der Kante, während Hans-Dieter aus Lüdenscheid drei fette Spiegelreflexkameras auf Stativen aufbaut für einen Felsen mit Wellen drumrum. Jedem sein Plaisir. Aber von vorne:
Quelle für nachfolgende subjektive Eindrücke sind 2 Leute, 2 Wochen im September 2017 mit SUV unterm Gesäß und Ferienhäusern als Basis.
Reykjavik - Ankommen, Schlafplatz, dann ruhig raus und Party. Die einschlägigen Bars sind mit Backpackern belegt, wenn man mit den Einheimischen ins Gespräch kommt, wird es lustiger - ich hab leider die Namen der Clubs vergessen, ähem, dank der nachdrücklichen Getränkeeinladungen und Wikingerlebern der Gastgeber, aber
das lokale Kulturmagazin hilft bei der Entscheidung sicher. Die überall beschriebene legendäre Imbissbude legt übrigens weniger gut eine Grundlage als das verdammt gute 'Lamm-Boot' vom Hlöllabatar-Imbiss am Ingolfur-Platz. Allgemein: wenn Cash übrig ist, kann man sich quasi essend und trinkend durch Bäckereien, Imbisse, Cafés&Bars der Stadt bewegen. Oder natürlich Sightseeing, dazu einfach den Leuten mit den Kameras vorm Bauch folgen.
Südwesten:
wenn ihr wirklich an einem Tag da durch wollt, nehmt aus der Hauptstadt raus die 425 dem Südzipfel entlang, um durch die Lavafelder am Südzipfel zu fahren. Die fauchenden Geothermalfelder sieht man sowohl auf dem Satellitenbild als auch unterwegs von weitem. Einige sind nach kurzem Fußweg auch gut über Holzplanken-Stege zu erreichen, und bei drehendem Wind steht man plötzliuch sehr im schwefeligen Dampf. War mir ein sehr eindrücklicher Einstieg ins Land.
Und falls Zeit ist - Hot Pots! Reykjadalur ist zwar einen (asphaltierten) Fußmarsch vom Parkplatz weg, das entspannte Sitzen im heißen Fluss dafür wunderbar. Insiderwissen, das für uns zu spät kam: Bier mitnehmen, dann schmeckt es wenigstens dem Preis entsprechend. Generell gibt es viele heiße Quellen auf eurer Strecke, vom voll ausgebauten (und langweiligen) Blue-Lagoon-Bad bis zum einfachen Loch in der Wiese. Letztere sind auf z.B.
hier beschrieben, leider aber (von Leuten wie uns, wie halt alles in IS) überrannt und daher nicht immer in gutem Zustand.
Süden:
wir waren viel im schönen&spannenden Landesinnern, das fällt für euch wohl raus. Was wir über die Küstenstraße wissen: der schwarze Strand eignet sich gut, um unbedarften Hobbyfotografen beim Nahtod zuzusehen, ist aber ansonsten eben - ein schwarzer Strand mit Klippe. Die Fähre nach Heimaey fährt nicht oft, aber überpünktlich (wir haben ihr Heck bewundert)... es soll aber wirklich schön dort sein, plus niedliche Vögel fürs Postkartenmotiv. Wasserfälle sind Wasserfälle. Die Gletscher hätte ich sehr gerne gesehen.
Norden:
wir kamen über das Hochland (was ich übrigens sehr sehr empfehlen würde, samt außerirdisch anmutenden thermoaktiven Zonen und Hot Pots im Nirgendwo) nach Akureyi.
Und ich kann den Namen bis heute nicht fehlerfrei aussprechen ey. Zweitgrößte Stadt des Landes, mutmaßlich nördlichste Dönerbude der Welt. Wenn ihr Couchsurfing betreibt, dann könnte das sehr gut werden. Ansonsten lohnt auch immer die Recherche bzgl. des Nachtlebens, und der Botanische Garten.
Myvatn: Dort wegen Dreckwetters in Sigurgeis Vogelmuseum, interessanter ist aber das Nebengebäude mit der Geschichte des ersten Motorbootes auf dem See - und vor allem seinem Besitzer, Onkel der Betreiberin und zu lebzeiten
the most badass man auf einer Insel voller solcher Kandidaten.
Außerdem erinnere ich mich an die Torfhäuser in Laufas, deren Innenleben sehr eindrücklich die frühere Lebensweise der Isländer dokumentiert. (Die Häuser in Glaumbaer sollen ebenso interessant sein). Und, mangels Walbeobachtungs-Saison: Fischsuppe und Lesestunde im Husaviker
Gísli, Eiríkur, Helgi. Das Rezept fürs unglaublich gute Bierbrot wurde leider nicht verraten, aber daheim halbwegs nachgebaut. Ha! Wenn ihr Wale sehen gehen wollt, viel Spaß, es soll wunderwunderschön sein.
Wenn bei alldem ihr im Norden noch Zeit habt: uns hat statt der N1 ein Umweg über Olafs- und Siglufjörður gut gefallen. Einspurige Tunnels mit Gegenverkehr, Wal-Wirbelsäulen am Strand (komische Steine, so in einer Reih... oh!), letztere Stadt ist in der isländischen Popkultur legendär als prototypisches Kuhkaff einer TV-Serie. Die Bücherei war imposant für so ein kleines Dorf, wir sind allein der Stimmung wegen eine halbe Stunde zwischen den Regalen umhergeschlichen. Und auf der Westseite: Hofsós, geothermaler Infinity Pool überm Meer, Blick Richtung Sonnenuntergang. Anständig.
Westen:
Wir waren viel auf der Halbinsel Snæfellsnes. Wenn ihr eure Planung umstellen wollt: es ist wunderwunderbar da, inklusive Wandern durch den Nationalpark! Gletschertour lief leider aus Sicherheitsgründen nicht, die Guides denken zum Glück
safety first. Dafür als Tagestrip mit der Fähre auf das winzige und bebaute-aber-leere Flatey zu fahren, war eine der surrealsten Erfahrungen auf einer surrealen Reise.
Allgemein:
- Wenn die Locals sagen, man brauche Wanderstöcke, dann ist der Weg asphaltiert. Wenn es aus dem Mund schafezüchtender Rentnerinnen wie ein Spaziergang klingt, dann braucht man wirklich Stöcke.
- Ihr werdet auf viele Reisende treffen, die dieses Land unterschätzen. Websites wie Safetravel.is sowie Driving With Elfis sind a) informativ b) offensichtlich nötig. Mehr als einmal haben wir liegengebliebene Autofahrer zur nächsten Tanke mitgenommen, der Benzinkanister samt Füllung kostete pädagogische 50€. Mehr als einmal wurde uns von Flussquerungen, Wanderrouten und F-Straßen abgeraten; am schwarzen Strand von Vik hängen die Todesanzeigen derer, die das halbe Dutzend Warnschilder nicht lesen wollten.
- Ein SUV mit F-Road-Freigabe kostet zwar mehr Miete und Sprit, hat uns aber das Land ganz anders eröffnet. Wägt ruhig ab, ob lieber durch Osten oder durchs Hochland nach Norden, wenn euch das Pisten-Fahren Spaß macht.
- Die Einheimischen auch im letzten Dorf sind oft hochgebildet, stets des Englischen mächtig und nach anfänglicher Zurückhaltung öfter an wirklichem Austausch jenseits der Touri-Interaktion interessiert. Lebensstilveränderungen, Zwickmühle Touri-Einkommen vs. Naturbewahrung, Schafezüchten und Inselbesitzen als Großstadthobby, die angenehme Abwesenheit von Polizei (und die paar schrecklichen Verbrechen der letzten Jahre), ihre Reisen in den südlichen Rest der Welt, und ob man in der Finanzkrise wirklich die richtigen Banker verknackt hat... wir hatten viel Freude am Fragen&Zuhören. Genereller Eindruck: sehr entspannte Leute - und die harten Lebensbedingungen formen den Charakter.
- Essen ist teuer. Dafür meistens richtig gut. Solange man natürlich nicht versucht, vegane Mittelmeerdiät zu halten.
- Dieses Musikvideo. Allgemein die Musik- und Kulturszene... Schaut, ob ihr Konzerte/Festivals besuchen könnt, wenn euch so etwas liegt!