Hallo,
Meinen ersten Beitrag hier im Forum möchte ich gleich mit einem Reisebericht starten.
Anfang April habe ich mir einen lange gehegten Wunsch erfüllt: Eine Reise nach Nordkorea.
Die VorgeschichteVor genau 10 Jahren musste ich einen Vortrag über Kultur und Bildungssystem eines Landes halten. Meine Wahl fiel auf Nordkorea. Die Informationsbeschaffung gestaltete sich damals schwierig - und die Infos, die man bekam, waren reichlich bizarr, schwankend zwischen Komik und Entsetzen. Mein Gedanke: Das muss man mal mit eigenen Augen sehen.
Wie es so ist, man schiebt es auf die lange Bank. Insofern muss ich dem amerikanischen Trumpeltier fast dankbar sein, dass es Nordkorea für mich zurück in den Fokus gerückt hat und ich im letzten Oktober entschied: jetzt oder nie, wenn ich das Land
noch so sehen möchte, wie ich es in den Medien kennen gelernt habe.
Der Moral-DisclaimerMir ist bewusst, dass eine Reise nach Nordkorea gewisse Fragen der Moral aufwirft. Diese sollte jeder selbst mit sich ausmachen. Ich bin der Meinung, dass man mit einem Reiseboykott in diesem Fall mehr Schaden als Nutzen bringt. Bei der geringen Anzahl der Touristen (Wiki zitiert für 2014 4-6.000 Personen, meine Reiseführer vor Ort erzählten von 30.000 – die Wahrheit liegt sicher irgendwo dazwischen), verdient das Regime nur unmaßgeblich. Und es ist definitiv gut, sich selbst vor Ort ein Bild zu machen, statt vom heimischen Sofa nur Parolen eines medial vorgefertigten Weltbildes nachzuplappern.
Und mir ist auch bewusst, dass ich bei meiner Tour nicht das "echte Leben" der Leute vorgeführt bekommen habe (auch wenn man viel am Straßenrand sieht).
Aber mit diesem kritischen Blick fällt es einem dann auch leichter das Gesehene einzuordnen und zu bewerten.
Die PlanungIndividuelles Reisen auf eigene Faust ist nicht möglich. Man muss über spezielle Reiseanbieter gehen, die Kontakte zu nordkoreanischen Reiseagenturen haben. Ich habe nordkoreareisen.de gewählt und war mit der Kommunikation und Organisation sehr zufrieden. Den Schriftverkehr habe ich per Email geführt.
Man kann sich Gruppentouren anschließen, aber auch Individualreisen buchen. Ich habe letzteres gemacht, da ich an Schulferien gebunden bin und so nicht an den Gruppenterminen teilnehmen konnte. Ich habe es nicht bereut. Ich denke, so hatte ich ich noch eher Einfluss auf meine Führer vor Ort, sodass ich spontan fragen konnte, ob wir noch dieses oder jenes anschauen könnten. In einer Gruppe wäre dies sicher nicht so ohne weiteres möglich gewesen.
Das NK-Visum wir durch die Reiseagentur beschafft. Es ging unerwartet flott. Im November die Reise gebucht und die Pässe eingeschickt, ca. 2 Wochen später kamen sie schon zurück. In diversen Berichten hatte ich gelesen, dass man nur ein Einlegeblatt für den Pass bekommt, welches man bei der Ausreise wieder abgibt. Das stimmt
nicht. Ich habe ein Visum eingeklebt bekommen.
Man kann dem Reisebüro gegenüber Wünsche äußern, was man anschauen möchte. Diese werden dann an die Nordkoreaner übermittelt, welche ein Programm zusammenstellen. Allerdings muss man auch damit rechnen, dass es zu Planänderungen kommt. So war es dann auch bei mir. Es hat sich vor Ort das Hotel geändert und die Reihenfolge der Besuchspunkte.
Schade war nur, dass der Besuch des Pyongyanger Zirkusses ausfiel... wegen "Frühjahrsputz"... Es gab dafür Alternativen. Doch dazu später mehr.
Die ReiseleitungVor Ort kann man sich nicht frei bewegen, dessen sollte man sich bewusst sein. Wir wurden auch direkt darauf hingewiesen, dass wir das Hotel nicht allein verlassen darf. Ich bin zusammen mit meinem Bruder gereist. Wir waren vom 31.03. bis 04.04. in Nordkorea. In dieser Zeit hatten wir zwei Reiseführer an unserer Seite, sowie einen Kleinbus (Marke "Frieden"^^) mit Fahrer. Die Reiseführer sprachen gut deutsch. Der Fahrer (angeblich) nicht. Es war ein entspanntes Verhältnis zwischen uns. Wir konnten viele Fragen stellen, wobei wir auch bei manchen auch merkten, dass die Antworten nicht ganz ernst zu nehmen sein konnten. Im Gegenzug waren auch die Führer neugierig - v.a. im Bezug auf die Reise Kims nach China, die gerade kurz vorher war, im Bezug auf die kommenden Treffen Nordkoreas mit Südkorea und Trump... Alles Themen, die in den nordkoreanischen Medien nur kurz angeschnitten werden, aber wahrscheinlich ohne großen Informationsgehalt.
Wir haben uns begleitet, aber nicht überwacht und ausspioniert gefühlt. Sicherlich subjektives Empfinden, aber ich denke, hier kam uns auch wieder zu pass, dass wir nicht in einer großen Gruppe waren und so ein persönlicheres Verhältnis aufbauen konnten.
Außerdem haben wir kleine Gastgeschenke mitgenommen. Eine Empfehlung, die ich von einer Tripadvisor-Reisenden übernommen habe. Es kam gut an.
Vor allem Zigaretten sind gefragt. Aber Achtung! Junge Frauen im gebärfähigen Alter dürfen in NK nicht rauchen.
Fotografieren und ElektronikDieser Punkt hatte uns im Vorfeld sehr beschäftigt. Es gibt Berichte von kontrollierten und formatierten Speicherkarten. Außerdem sollen wohl nur Brennweiten bis 150mm erlaubt sein.
Beides können wir nicht bestätigen. Mein Bruder hatte über 250mm - das hat die nichtmal interessiert. Die Fotos wurden bei der Ausreise nur halbherzig stichprobenhaft durchgescrollt und dann durchgewunken. Wahrscheinlich hatten die aber auch einfach keine Lust, über 2000 Bilder durchzuschauen
Bei der Einreise mussten wir nur unsere Elektronika deklarieren (auch Speicherkarten und USB-Sticks) und diese dann auch auf der Ausreiseerklärung wieder mit angeben.
Vor Ort hatten wir so gut wie keine Fotografieeinschränkungen. Wie gesagt, 2000 Bilder für 4 Tage... Nur Soldaten durften wir (außerhalb der DMZ) nicht ablichten. Brücken, Tunnel, Bahnhöfe - alles kein Problem.
Achtung: kritischer könnte es bei GPSfähigen Geräten werden. Ich hab eine App genutzt, die meine Reise via GPS aufgezeichnet hat (Polarsteps). Ich hab einmal nicht ganz aufgepasst und die eine Reiseleiterin hatte mit einem halben Auge mich mit der App und der Karte arbeiten sehen. Mit der Aussage, es sei nur eine Art Tagebuch für die vielen Eindrücke hat sie sich abwimmeln lassen, aber ich glaube das hätte durchaus Ärger geben können.
Mussten früher noch die Handys abgegeben, bzw versiegelt werden, ist nun die Einfuhr und Nutzung in Nordkorea kein Problem mehr. Wobei "Nutzung" nur im eingeschränkten Sinn zu verstehen ist. Es gibt keinen Zugang zum Mobilfunknetz (Ausnahme: DMZ - da hab ich kurzzeitig Südkoreanisches Netz bekommen. In den anderen Grenzregionen ist es sicher ähnlich).
Apropos Netz - im Hotel gab es einen Internetraum. Ich habe ihn nicht genutzt und kann daher keine Aussage über die Funktionabilität machen. Aber ich könnte mir vorstellen, dass man durchaus überwacht einen eingeschränkten Zugang zum WWW bekommen hätte. Denn der Hotel-TV hatte auch westliche, bzw nichtkoreanische Sender im Angebot. BBC, Deutsche Welle, CCTV, Al Dschasira...
Ein- und AusreiseDer Startort der Nordkoreareisen ist in der Regel - so auch bei uns - Peking. Und bei meinem Bericht hier werde ich mich auch auf NK beschränken und China außen vor lassen. Da hatten wir nur auf dem Rückweg einen 2-Tage-Stopover. Hinzu ging es direkt weiter nach NK, nur mit Umsteigen auf dem Pekinger Flughafen. Bei der Ankunft in Peking sollte man genug Zeit einplanen, da das Gepäck nicht nach Pyongyang durchgecheckt ist, sondern bei Ankunft am Flughafen ausgeladen wird. Auch ist es sinnvoll, ggf. ein Chinavisum mit zweimaliger Einreise zu haben, da man zwar vielleicht für Peking die Visafreiheit nutzen könnte, aber durch das Gepäckabholen vielleicht ein Chinesischer Beamter zu schnell mit dem Stempeln ist, sodass man bei der Rückreise ggf. Probleme bekommt.
Der
Hinflug Peking-Pyongyang erfolgte mit Air Koryo, der nordkoreanischen Fluggesellschaft. Die ist auch nicht so katastrophal, wie manche Bewertungen das immer wieder beschwören. Ja, der Tupolev sieht man an, dass sie gut gebraucht ist. Aber ich habe mich während des Fluges nicht unsicher gefühlt. Die Bordverpflegung war eine kleine Tasse Tee und ein kalter Hamburger.
Beim Einchecken konnten wir den Wunsch äußern zwei Fensterplätze zu bekommen - ohne Probleme erfüllt.
Vielleicht war es Zufall: Aber ich habe beobachtet, dass bei den wenigen nichtkoreanischaussehenden Reisenden immer der Mittelplatz frei blieb. So hat man auch keine Platzprobleme im Flieger.
Die
Einreisekontrolle in Pyongyang machte mir auch noch Sorgen. Bei den ganzen Berichten geht man schon mit ausreichend Respekt an die Sache. Aber es war harmloser als gedacht. Bei der Pass- und Visakontrolle kamen noch mal kurze Fragen zB nach Beruf oder Straße des Wohnortes. Aber ich denke, das lag daran, dass beim händischen Ausfüllen der Einreisepapiere im Flugzeug manches für den Scanner zu schwer zu lesen war^^
Die Gepäckkontrolle war auch recht einfach. Eventuell wurde schon vorher ohne uns mal geschaut??? Jedenfalls mussten wir wie schon gesagt nur unsere Elektronika zeigen. Größeres Interesse bestand an mitgebrachten Druckerzeugnissen. Mein Peking-Reiseführer wurde kontrolliert, sowie die Nordkorea-Straßenkarte meines Bruders. Beides wurde aber anstandslos genehmigt.
Hier an der Gepäckkontrolle wurden wir dann auch von unseren Führern in Empfang genommen. Das war auch der Zeitpunkt, an dem wir unsere Pässe abgeben mussten. Diese verblieben bis zur Abfahrt bei den Führern.
Die
Ausreise war ähnlich unkompliziert. Diesmal nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Zug. Unsere Reiseleiter setzten uns kurz vor 09.00 in Pyongyang in den Zug und verabschiedeten sich. D.h. Die Fahrt von Pyongyang nach Sinuiju, dem Grenzort zu China, war ohne Bewacher. Wir hatten ein Schlafwagenabteil (Softsleeper, 2. Klasse) in einem der beiden Kurswagen, die bis Peking fahren sollten. Die Abteile waren sauber, ebenso die Bettwäsche. Bis Sinuiju hing auch noch ein nordkoreanischer Speisewagen dran, den wir genutzt haben - reichhaltiges, gutes koreanisches Essen (Kimchi, Garnelen, Reis, Suppe, Hühnchen, Salate etc. pp.)
Nachmittags erreicht man die koreanisch-chinesische Grenze. Nacheinander kommen verschiedene Beamte ins Abteil - Passkontrolle, Ausreisekontrolle, Gepäckkontrolle... Hier war für uns noch einmal so ein kritischer Punkt - was passiert mit den Bildern? Aber wie gesagt, alles ging gut. Auch hier wurde das Gepäck nicht weiter kontrolliert.
Danach ging es über den Grenzfluss und im chinesischen Grenzbahnhof Dandong wurden unsere beiden Waggons abgekoppelt, ein paar mal hin und her rangiert, bis wir gefühlt jedes Gleis einmal befahren hatten, und schließlich an einen chinesischen Zug hinten angekoppelt - knapp 20 Waggons. In den Kurven konnte man schön die Spitze des Zuges sehen.
Auch hier gab es einen Speisewagen. Die nordkoreanischen Wagen sind aber mit einer schweren Kette und Vorhängeschloss abgeschlossen. Kein Problem - für uns öffnet des Schaffner. Rückzu konnten wir beim Halt in Shenyang außen entlang. Sonst hätten wir uns durch Klopfen bemerkbar machen müssen.
Die Ankunft in Peking war am Folgetag 0830.
Ich würde grundsätzlich jedem auf jeden Fall eine Strecke mit dem Zug empfehlen. Vor der Reise war ich der Meinung, dass nur die Strecke Pyongyang-Peking funktioniert. Allerdings hatte ich mich bei meinen Reiseleitern erkundigt, welche meinten, dass auch die Fahrt nach Russland erlaubt wäre. Dazu hatte ich mal einen sehr interessanten Reisebericht
http://vienna-pyongyang.blogspot.de gelesen, der davon abriet. Aber offenbar gab es da wieder Änderungen...