Thema: Arbeitslosigkeit aufschieben und andere Fragen  (Gelesen 3164 mal)

Malin

« am: 12. August 2015, 10:21 »
Hallo,

Ich kündige einen unbefristeten Arbeitsvertrag. Nun ist es so, dass ich durch Massen an angesammelten Überstunden quasi noch einen Monat bezahlten Urlaub habe, also noch angestellt bin, aber nicht zur Arbeit erscheine sondern diese Überstunden abfeiere. In dieser Zeit beabsichtige ich zu verreisen, kehre dann noch mal zurück nach Deutschland, um dann ca. 2 Monate später erneut zu verreisen, diesmal dann für längere Zeit, etwa 6 Monate.

Nun bin ich mir unsicher bezüglich der Vorgehensweise beim Arbeitsamt.

- Ich kündige, und melde mich gleichzeitig beim Arbeitsamt. Frage 1: es gibt ja diese drei-Monats-Frist, in der man sich arbeitssuchend melden muss. Jetzt kündige ich ja selbst, meine vertragliche Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Für 3 Monate vorher ist es an sich zu spät  ::) . Gilt diese Dreimonatsfrist auch in dem Fall einer Eigenkündigung mit kürzerer Kündigungsfrist? Die Kündigung kann ja auch eine relativ kurzfristige Entscheidung gewesen sein. Der genaue Zeitpunkt war es in meinem Fall auch tatsächlich.

- Meine erste Reise in der "Überstundenzeit" wird um die 5-6 Wochen dauern. Also etwa eine gute Woche länger, als die Zeit, in der ich noch angestellt bin und dementsprechend auch noch nicht arbeitslos. Frage 2: meine Überlegung ist, die Arbeitslosenmeldung um diese Woche (oder 2) zurück zu setzen und mich erst danach arbeitslos zu melden. Die Krankenkasse hat, soweit ich in Erfahrung bringen konnte, ohnehin die Regelung, dass man einen Monat weiter versichert ist, auch wenn noch keine Zahlung für diesen Monat eingegangen ist ("beitragsfreie Nachversicherungspflicht", stimmt doch, oder?). Die Woche wäre in der Hinsicht also damit abgedeckt, und Arbeistlosengeld würde ich wegen der Sperrfrist sowieso nicht bekommen (mal davon abgesehen will ich mir natürlich auch nicht mit Arbeistlosengeld den Urlaub finanzieren). Geht das, also das Aufschieben der Arbeitslosigkeit? Übersehe ich da etwas? Die Alternative wäre, gleich am Anfang diese eine Woche Urlaub beim Arbeitsamt zu beantragen, aber dass das genehmigt wird, ist wohl eher aussichtslos?

- Danach muss ich etwa 2 Monate überbrücken, bis die "richtige" Reise los geht. Aus privaten Gründen geht das leider nicht anders. Arbeitslosengeld bekomme ich ja ohnehin nicht wegen der Sperrfrist, aber aus krankenversicherungstechnischen Gründen werde ich mich arbeitslos melden. Frage 3: Was passiert, wenn ich in der Zeit ein Jobangebot ablehne, weil ich ja zeitnah die Reise beginnen werde? Kommt dann einfach nur eine weitere Sperrfrist auf die 3 Monate drauf, was mir ja relativ egal wäre, weil diese sowieso während der Reise abläuft? Oder gibt es noch andere Konsequenzen?

Ich werde noch einen Termin im Arbeisamt ausmachen, und die Punkte noch mal mit dem Sachbearbeiter besprechen. Trotzdem wüsste ich vorher gerne ungefähr, was Sache ist - ich habe leider schon mal schlechte Erfahrungen mit der dortigen "Beratung" machen müssen  :-\

Ich bin für jede Hilfe dankbar!
Grüße, Malin
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karoshi

« Antwort #1 am: 12. August 2015, 12:05 »
Hallo Malin,

viele Deiner Fragen werden schon hier auf der Website beantwortet. Ich verlinke deshalb gegebenenfalls einfach die entsprechenden Seiten.

Gilt diese Dreimonatsfrist auch in dem Fall einer Eigenkündigung mit kürzerer Kündigungsfrist?
http://weltreise-info.de/organisation/alg1_ablauf.html

Die Krankenkasse hat, soweit ich in Erfahrung bringen konnte, ohnehin die Regelung, dass man einen Monat weiter versichert ist, auch wenn noch keine Zahlung für diesen Monat eingegangen ist ("beitragsfreie Nachversicherungspflicht", stimmt doch, oder?).
Stimmt unter bestimmten Voraussetzungen.
http://weltreise-info.de/organisation/gkv.html

Die Woche wäre in der Hinsicht also damit abgedeckt
Du hättest in der Zeit eine deutsche Krankenversicherung. Je nach Reiseziel (und eigentlich auch generell) brauchst Du aber zusätzlich eine Auslands-KV, das kostet für 5-6 Wochen sehr wenig.

Geht das, also das Aufschieben der Arbeitslosigkeit?
Ja. Auch hier wieder: http://weltreise-info.de/organisation/alg1_ablauf.html
Du kannst in gewissen Grenzen frei entscheiden, ab wann Du Dich arbeitslos meldest. Solange die Anwartschaftszeit noch erfüllt ist, ist das kein Problem.

Was passiert, wenn ich in der Zeit ein Jobangebot ablehne, weil ich ja zeitnah die Reise beginnen werde? Kommt dann einfach nur eine weitere Sperrfrist auf die 3 Monate drauf, was mir ja relativ egal wäre, weil diese sowieso während der Reise abläuft? Oder gibt es noch andere Konsequenzen?
Zunächst einmal käme "nur" eine weitere Sperrfrist von 3 Wochen drauf. Im Wiederholungsfall wird es aber schnell ungemütlich, da verlängern sich die Sperrfristen auf 6 bzw. 12 Wochen. Und Sperrfristen werden ja von der Gesamt-Bezugsdauer abgezogen. Besser wäre also, wenn Du gleich mit offenen Karten spielst und z.B. nur für die 2 Monate einen befristeten Job suchst. Abgesehen davon kann man ja auch im Bewerbungsprozess recht gut steuern, ob es überhaupt zu einem konkreten Angebot durch den Arbeitgeber kommt.

LG, Karoshi
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Malin

« Antwort #2 am: 12. August 2015, 13:21 »
Danke!  :D

Die von dir verlinkten Seiten hatte ich schon durchgelesen, war mir aber nach wie vor nicht ganz sicher.
Auf http://weltreise-info.de/organisation/alg1_ablauf.html steht zwar, dass es kein größeres Problem ist, wenn man sich nicht arbeitssuchend meldet und es schlimmstenfalls auf eine Woche zusätzliche Sperrfrist hinaus läuft. Auf anderen Seiten habe ich allerdings von deutlich unschöneren Konsequenzen gelesen - eine Halbierung des ALG I über mehrere Monate beispielsweise  :o
Schauermärchen?

Auf der Seite http://weltreise-info.de/organisation/alg1_ablauf.html steht:

Zitat
Mit der Arbeitssuchendmeldung teilst Du der Arbeitsagentur mit, dass Du eine Stelle suchst. Die Arbeitsagentur wird das als Auftrag zur Vermittlung verstehen und Dir (falls es passende Stellen gibt) Angebote machen, auf die Du Dich dann bewerben kannst bzw. bei gleichzeitigem Status als Arbeitsloser sogar musst.

... das würde also bedeuten, dass, so lange ich nicht arbeitsLOS, sondern nur arbeitsSUCHEND bin, nicht auf Stellenangebote bewerben muss, sondern lediglich kann? Ohne Folgen/Sanktionen, wenn ich es nicht mache? Dann würde es ja eigentlich nichts ausmachen, mich quasi ab sofort arbeitssuchend zu melden, etwaige Stellenangebote könnte ich getrost ignorieren (kommt wahrscheinlich sowieso nichts passendes), und würde die Woche Sperrfrisst wegen ausbleibender Arbeitssuchendmeldung umgehen. Oder?

Ansonsten gehe ich also dann erst zum Arbeitsamt, wenn ich von meiner ersten Reise zurück komme, und melde mich dann direkt arbeitslos? Aber man muss sich doch eigentlich spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit persönlich bei der Arbeitsagentur melden - zu dem Zeitpunkt bin ich aber ja noch auf Reisen. Also ist es im Grunde egal, wenn ich mich eine Woche später arbeitslos melde, da ich ja ohnehin noch keine Leistungen beziehen möchte? Oder gibt es Probleme, wenn ich bespielsweise zum 01.10. kündige, aber erst am 10.10. zur Arbeitslosenmeldung im Arbeitsamt erscheine? Einen Nachweis über die Kündigung muss man ja auch einreichen.

Zitat
Du hättest in der Zeit eine deutsche Krankenversicherung. Je nach Reiseziel (und eigentlich auch generell) brauchst Du aber zusätzlich eine Auslands-KV, das kostet für 5-6 Wochen sehr wenig.

Mein erstes Reiseziel liegt in Europa (Spanien), also würde die deutsche GKV das abdecken.
Apropos: GKV Bescheid sagen, oder einfach abwarten, d.h. läuft die beitragsfreie Nachversicherungspflicht automatisch an, oder muss die vorher beantragt werden? Ich gehe ja danach nicht direkt auf die Langzeitreise, sondern für 2 Monate in die Arbeitslosigkeit. Dann müsste es doch eigentlich keine Probleme geben mit der Nachversicherung, oder?
Für die längere Reise danach schliesse ich dann natürlich eine Auslands-KV ab.

Zitat
Besser wäre also, wenn Du gleich mit offenen Karten spielst und z.B. nur für die 2 Monate einen befristeten Job suchst.

Das könnte ich machen, ja. Aber wie ist das mit dem Arbeitslosengeld für die Übergangszeit nach der Reise, bis ich wieder einen Job gefunden habe? Wird das nicht nach dem Durchschnittsgehalt der letzten Stelle berechnet? Meine letzte Stelle war (für die Branche) "relativ ok" bezahlt. Wenn ich jetzt für 2 Monate einen Minijob oder einen schlechter bezahlten Job annehme, würde mir das dann nicht das ALG senken?
Mal davon abgesehen, für 2 Monate begrenzt finde ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohnehin keine Stelle, deshalb ist die Überlegung auch eher theoretischer Natur  ;)

Kann das Arbeitsamt es eigentlich erfahrungsgemäß als mangelnde Kooperation bei der Arbeitssuche o.Ä. auslegen, wenn ich mit offenen Karten spiele, von Anfang an sage, dass ich auf Reisen gehe, und dementsprechend ausschliesslich eine auf 2 Monate befristete Stelle hier im Umkreis annehmen würde (ich werde für 2 Monate ja schlecht umziehen)?
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karoshi

« Antwort #3 am: 13. August 2015, 10:17 »
Auf http://weltreise-info.de/organisation/alg1_ablauf.html steht zwar, dass es kein größeres Problem ist, wenn man sich nicht arbeitssuchend meldet und es schlimmstenfalls auf eine Woche zusätzliche Sperrfrist hinaus läuft. Auf anderen Seiten habe ich allerdings von deutlich unschöneren Konsequenzen gelesen - eine Halbierung des ALG I über mehrere Monate beispielsweise  :o
Schauermärchen?
Von so etwas hört man ab und zu. Dafür gibt es aber keine rechtliche Grundlage. Es haben auch hier im Forum schon Leute davon berichtet, dass bei Meldung nach einer 6-monatigen Reise die Höhe des ALG halbiert wurde, weil die Ansprüche falsch berechnet wurden. Da schwillt mir dann der Kamm, denn das ist Verarschung (ich hoffe mal aus Unwissenheit).
http://weltreise-info.de/organisation/alg1_fehler.html

Dann würde es ja eigentlich nichts ausmachen, mich quasi ab sofort arbeitssuchend zu melden, etwaige Stellenangebote könnte ich getrost ignorieren (kommt wahrscheinlich sowieso nichts passendes), und würde die Woche Sperrfrisst wegen ausbleibender Arbeitssuchendmeldung umgehen. Oder?
Solange keine Eingliederungsvereinbarung unterschrieben wurde, gibt es (nach meinem naiven Verständnis) für ArbeitsSUCHENDE auch keine Mitwirkungspflicht.

Aber man muss sich doch eigentlich spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit persönlich bei der Arbeitsagentur melden
Nein, auch wenn das so tatsächlich in dem einen oder anderen Merkblatt steht. Im Gesetz steht es jedenfalls nicht. Grundsätzlich muss man sich überhaupt nicht melden, kriegt dann aber natürlich auch kein ALG. Und wenn man sich später meldet, gibt es ALG frühestens ab dem Tag der Meldung. Genau so machen es regelmäßig Langzeitreisende, die schon vor Arbeitsende mit Resturlaub losfahren und sich erst nach der Reise arbeitslos melden. (Das geht bei zweijähriger Rahmenfrist bis zu ein Jahr nach Arbeitsende.)

Aber wie ist das mit dem Arbeitslosengeld für die Übergangszeit nach der Reise, bis ich wieder einen Job gefunden habe? Wird das nicht nach dem Durchschnittsgehalt der letzten Stelle berechnet?
Nein, weil Du Dir in 2 Monaten keinen neuen Leistungsanspruch erarbeitest. Deshalb wird nach der Rückkehr der Rest des ursprünglich festgestellten Leistungsanspruchs aufgebraucht, und der berechnet sich ausschließlich nach Deinem jetzigen Gehalt.
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Malin

« Antwort #4 am: 18. August 2015, 12:14 »
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!  :)
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Malin

« Antwort #5 am: 04. Januar 2016, 00:15 »
Noch mal eine kurze Rückmeldung, wie es bis jetzt geklappt hat:

- Ich habe mich am Ende doch arbeitssuchend gemeldet. Gegenüber dem Arbeitsamt war ich ehrlich und habe direkt bei der Arbeitssuchendmeldung von meinen Reiseplänen erzählt. War auch kein Problem, die waren alle recht nett und keiner hat deswegen komisch geschaut. Stellenvorschläge habe ich während der arbeitssuchend-gemeldet-Zeit keinen einzigen bekommen, musste allerdings zum Vermittlungsgespräch mit einer Sachbearbeiterin, sobald ich dann tatsächlich arbeitslos war. Auch die war absolut nett angesichts meiner Reisepläne und meinte, ich sollte mich zwar trotzdem bis dahin um eine Stelle bemühen, aber irgendwelche Stellenvorschläge sind bislang auch nicht ins Haus geflattert, ich habe keine Auflagen a la soundsoviel Bewerbungen im Monat, und bald bin ich ja sowieso wieder abgemeldet wegen dem Beginn der Reise, der Termin ist dem Arbeitsamt bereits bekannt. Eine dreimonatige Sperrfrist wegen Eigenkündigung habe ich natürlich bekommen.

- Die Krankenkasse wird vom Arbeitsamt allerdings erst ab der 5. Woche übernommen, da das Amt von der beitragsfreien Nachversicherungspflicht ausgeht, aber ich habe ja nicht vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit arbeitslos gemeldet, da ich noch in Europa unterwegs war. Daher hätte ich eigentlich knapp 2 Wochen Krankenversicherung aus eigener Tasche nachzahlen müssen, aber meine KK (die TK) hat sich sehr kulant gezeigt und diese Zeit ebenfalls beitragsfrei gestellt. Ich nehme an, das hängt auch vom Goodwill des Sachbearbeiters ab und ich hatte da einfach Glück. Vor der Reise hatte ich schon mal angerufen und mich erkundigt, da hieß es noch, wahrscheinlich müsste ich nachzahlen je nachdem ab wann ALG I gewährt wird, das sollte ich erst mal abwarten, krankenversichert sei ich aber in der Zeit auf jeden Fall.
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