Ich habe mehrmals Weihnachten ganz ohne Familie erlebt, das erste Mal war ich bewusst losgefahren um das auszuprobieren, und war ueber Weihnachten in Mexiko in einem -glaube ich - australisch gefuehrten Farmhostel auf dem Land mit gereiftem Hippie-Einschlag. Gab Weihnachtsessen, lokale Musik, draussen ein Feuer, viele nationale und internationale Gaeste jeder Altersstufe, spaeter Party, gute Stimmung. War ok, aber ich moechte es nicht wiederholen.
Die beiden weiteren Male waren unabsichtlich - wegen Arbeit oder gesundheitlichen Gruenden bzw. Buchungsfehlern. Heilig Abend fand ich nicht so dolle, aber geht vorbei. Meist gibt es irgendwo Christvesper oder gar Mitternachtsgottesdienst, vorher am spaeten Nachmittag habe ich mich immer umgezogen und bin Essen gegangen, bzw. habe selbst etwas gekocht, Tisch ordentlich gedeckt, Glaeschen Wein dazu. Der Rest der Tage war sogar immer ganz nett, weil man dann meist auch von netten Einheimischen eingeladen wird, jedenfalls wenn man irgendwo schon ein paar Wochen war, etc.
Insgesamt ist es schon auch ein Erlebnis, aber ich muss sagen dass ich mir das viel seltsamer und spektakulaerer vorgestellt hatte als es eigentlich war. Ich weiss nicht ob das anderen auch so geht, aber ich hatte mir beim ersten Mal ausgemalt, es wuerde fast filmreif wie es manche Kurzgeschichte ueber britische Expats auf malaiischen Inselarchipeln bschreibt, oder in den Romanen von Josef Konrad, oder so wie in einer Filmszene in'Jenseits von Afrika', als Robert Redford alias Dennis am Weihnachtsabend 1918, waehrend drinnen Ringelpietz mit Anfassen abgezogen wird, alleine an der Aussenwand des britischen Clubhauses von Nairobi lehnend von Maryl Streep alias Tanne Blixen gestellt wird, die Weinflasche und Glas in der Hand, und sich ueber die veraenderte Kolonialpolitik lustig macht: 'Jetzt kommen alle hierher - kauf ein Ticket, gewinne eine Farm in Afrika... Oh - Weihnachten... tse. Ja...es ist schon...Weihnachten'.
Aber es ist viel prosaischer und profaner - eine Nacht wie jede andere, nur dass man halt an die Familie denkt, evtl. anruft wenn's die Zeitverschiebung erlaubt, und im Gegensatz zu anderen Tagen die Strassen leergefegt sind - und der Gedanke dass man alles nur Zeit nicht zurueckholen kann.