Thema: Fotografieren im RAW-Format - Langzeiterfahrungen?  (Gelesen 8828 mal)

pad

« am: 11. September 2014, 16:23 »
An alle Hobby-Fotografen (oder Profis): Mich würde mal interessieren, wer auf langen Reisen alle Fotos im RAW-Format macht und die Vorteile daraus dann auch wirklich nutzt.

Ich habe zu Beginn meiner Reise einige Wochen JPEG+RAW fotografiert, bin dann aber wieder davon abgekommen. Einerseits wegen der grossen Datenmenge (obwohl ich eine Externe HD und diverse Speicherkarten dabei habe), andererseits wegen dem recht langsamen Handling und weil es halt viel Zeit in Anspruch nimmt, die Fotos dann alle nachzubearbeiten (trotz recht schnellem Ultrabook).

Falls ihr für euch einen speditiven Workflow gefunden habt, würde ich mich über eine kurze Beschreibung freuen. Wie geht ihr die Sache an? Nehmt ihr nur in besonderen Situationen Fotos im RAW-Format auf, oder gar immer? RAW oder JPEG+RAW? Entwickelt (bearbeitet) ihr die Fotos bereits auf Reisen oder erst später zu Hause? Kommt Lightroom oder dgl. zum Einsatz und falls ja, habt ihr dort Vorlagen / Makros, die euch viel Arbeit abnehmen?

Wie haltet ihr das Datenvolumen in einem begrenzten Umfang? Löscht ihr z.B. viele Doppelte / ähnliche Fotos sofort wieder, nachdem ihr die besten Motive ausgewählt habt?

Meine Vorgehensweise (zur Zeit aber meist ohne RAW):
- Fotos von Speicherkarte in auf lokale HD kopieren (Sortiert nach Land, dann pro Tag ein Ordner, z.B. 2014_09_11_Tokyo)
- Fotos im Explorer grob aussortieren. Schlechte Fotos (unscharf, schlechte Motivwahl etc.) direkt löschen
- Fotos in Lightroom importieren, Schlagworte vergeben (nur einmal pro Import, nicht pro Bild)
- Beste Bilder markieren (meist so 20%)
- Die markierten Bilder wo nötig leicht nachbearbeiten (Belichtung, Horizont begradigen, selten Ausschnitt anpassen)
- Die besten Bilder exportieren in zwei Grössen (einmal klein für Web, z.B. E-Mails / Facebook und einmal etwas grösser)
- Datensicherung ca. wöchentlich (alle Bilder und Lightroom-Katalog) auf externe Festplatte
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GschamsterDiener

« Antwort #1 am: 11. September 2014, 17:29 »
Hi Pad,

Ich photographiere nur in RAW und verstehe auch nicht wirklich, wie man sich die Vorteile dieses Formats entgehen lassen kann. Alleine die Möglichkeit, den Weißabgleich im Nachhinein festzulegen, ist Gold wert (z.B. bei Nachtaufnahmen mit Neonlichtern). JPEG würde ich nur verwenden, wenn ich zu bequem für Nachbearbeitung wäre oder sehr schnelles Serienauslösen benötige (Tier-, Sportphotographie?). Speicherplatz spielte sicher lange Zeit eine Rolle, mittlerweile ist viel Speicher aber schon so klein und so günstig zu bekommen, dass die Datengröße eher vernachlässigbar ist. Und je länger man photographiert, desto seltener drückt man ab ;)

Zu meiner Routine:
1. SD-Karte wird pro "Destination" irgendwann dann in den Laptop gesteckt, die Daten werden manuell auf die interne HD in einen einschlägigen Ordner kopiert.
2. Ich entwickle die RAWs mit den Canon Digital Photo Professional. Das Programm gibt es beim Kauf einer Canon dazu. Vorteil: es ist sehr einfach. Nachteil: siehe Vorteil.
3. Pro Photo brauche ich für die Entwicklung vielleicht 1 Minute. Man sieht ja rasch, ob das Photo was taugt und wie es verbessert werden könnte. Das veränderte Photo konvertiere ich dann als 2:3:2 (längere Kante = 1000pixel).
4. Ich lösche eigentlich nur offensichtliche Misshots. Wegen Speicherplatz mache ich mir keinen Kopf, weil: 100 GB SD Karten + 1TB externe HD + 750GB interne HD. Falls es mal soweit sein sollte, würde ich grob aussortieren :)

Ich habe mir schon vor einiger Zeit vorgenommen, mir Lightroom anzuschaffen, weil das Programm sehr viel kann. Leider bin ich noch zu faul, mich hier hineinzuarbeiten. Ein weiteres Problem, das an mir nagt, ist, dass mein Laptopbildschirm nicht so gut kalibriert ist. Dadurch schauen meine Photos auf anderen Laptops nicht so aus, wie ich es gerne haben würde. Freilich fällt das eh nur mir auf ;)

LGT

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Shino99

« Antwort #2 am: 11. September 2014, 17:57 »
Hi zusammen

Immer RAW, egal wieviel Speicherplatz es frisst. Habe gerade letztens ca. 9 jährige Bilder nochmals frisch aufbereitet mit der aktuellen Lightroom Version -> War echt erstaunlich was ich alles rausholen konnte, mit dem Resultat bin ich nun einiges zufriedener als vor paar Jahren.

Mein Workflow ist fast gleich wie der von Pad, nur lass ich direkt beim Import in Lightroom meine Standardvorlage drüber laufen. So wird mir einiges an arbeit bereits abgenommen und ich muss nur noch Feinheiten justieren oder halt einzelne Bilder komplett nachbearbeiten die sich nicht mit meiner Standardvorlage vertragen, dies aber nur äusserst selten.

Grüsse Martin
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migathgi

« Antwort #3 am: 11. September 2014, 19:04 »
Ich hatte früher mal SLR-Kameras mit und nahm mit RAW und JPEG gleichzeitig auf. Die Bearbeitung mit Lightroom, wenn ich sie richtig gemacht habe, kostete enorm Zeit, vor allem bei der auf Langzeitreisen anfallenden Bildmenge. Ich bin dann davon abgekommen und mache nur noch JPEGs, die ich in Photoshop für Fotobuch und Diashow auf dem TV optimiere. Auf dem Laptop sehe ich ohnehin nicht die wirklichen Farben, dazu bedürfte es eines sehr hochwertigen Monitors. Und was beim Druck in Consumerqualität an Farbverfälschungen produziert wird, weiß ich auch nicht.

M.E. ist RAW-Bearbeitung nur sinnvoll für den Profi-Bereich, Agenturen etc., weil da die Mittel für den weiteren Workflow zur Verfügung stehen.
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pad

« Antwort #4 am: 12. September 2014, 03:15 »
Vielen Dank für eure Antwort.

Natürlich ist Speicher in grossen Mengen verfügbar und billig geworden. Allerdings sind bei mir jetzt innert ca. 10 Reisemonaten auch schon ca. 100 GB nur an JPEG's angefallen - mit RAW dürfte es dann ein vielfaches sein. Ich habe die Fotos gerne sowohl auf der lokalen HD (in meinem Fall SSD und darum "nur" 250 GB) als als Sicherungskopie auf einer externen 2.5" HD. Das würde in meinem Fall also nicht mehr so funktionieren. Eine Möglichkeit wäre es dann, die älteren / bereits bearbeiteten RAW-Fotos nur auf der Externen HD zu speichern und die entwickelten, exportierten JPEGs "Best of" sowohl lokal (SSD) als auch extern (plus je nach Internetverbindung auch in einer Cloud). Die RAWs vom letzten Trip / Land / Reisemonat könnten lokal bleiben, damit die Bearbeitung etwas zügiger geht. Dies liesse sich sicherlich weitgehend automatisieren, damit nicht viel Arbeit beim Herumkopieren anfällt. Dennoch, ein oder mehrere Backups werden so sicherlich schwieriger.

Vielleicht fehlt mir die Geduld im Umgang mit RAW ein wenig. Zumindest in Lightroom dauert das Handling auch mit anständigem Ultrabook ein gutes Stück länger als mit JPEG's, mal rasch alle Fotos durchzappen mit Pfeiltasten etc. ist hier wesentlich weniger flüssig.

Eine Minute pro Bild plus einen Basisaufwand (Daten kopieren, sortieren, exportieren ...), das macht pro "Fototag" dann schnell mal 1-2 Stunden, nach einer Woche würde da schon ein ganzer Tag anfallen ... Wahrscheinlich ist hier weniger halt doch mehr - sprich weniger Bilder machen, da aber die Bildkomposition sorgfältiger auswählen. Gerade wenn ich noch mit anderen Personen unterwegs bin und dann Personenfotos, Gruppenfotos plus die üblichen Landschafts- und Architekturaufnahmen entstehen, fallen halt schnell mal ne Menge Bilder an.

Nebst dem Weissabgleich sehe ich als Hauptvorteil vor allem die wesentlich höhere Dynamik > viel mehr Möglichkeiten und Details bei nachträglicher Anpassung der Belichtung. Da werden HDR-Aufnahmen (die ich mit meiner EM5 eigentlich nie mache, da auch aufwändig) dann oft überflüssig. Ein Hauptproblem ist bei mir oft, dass ich die Details im Himmel verliere (weisser Himmel, natürlich vor allem bei Gegenlicht oder Bewölkung) - da würde wohl ein Grauverlaufsfilter in vielen Situationen auch weiterhelfen. Hat das jemand oft so im Einsatz?

@Shino99: Welche Arbeitsschritte beinhaltet deine Standardvorlage denn so? Ist die spezifisch für dein Kameramodell oder hast du gar mehrere Vorlagen für verschiedene Szenarien (z.B. Nacht, künstliche Beleuchtung, Landschaft ...)?

Was passiert mit euren entwickelten RAW-Bildern dann? Vorwiegend zur Betrachtung am Bildschirm oder gehen die auch in den Druck? Ich habe bis anhin nicht sehr oft Fotobücher erstellt - allerdings kann ich mir schon sehr gut vorstellen, dass die Entwicklung für den besten Print in eine andere Richtung als für die Betrachtung am Bildschirm geht. Anders gesagt: Ich fürchte mich etwas davor, alle Bilder so zu bearbeiten, dass sie am Bildschirm toll aussehen, später dann aber im Druck dies eher eine "Verschlimmbesserung" darstellt, womit die ganze Arbeit ja dann fast umsonst wäre. Dies betrifft jetzt weniger den Weissabgleich, sehr wohl aber Klarheit, Dynamik, Kontrast, Schärfte, Farben ...
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Shino99

« Antwort #5 am: 12. September 2014, 08:39 »
@pad
Es beinhaltet kameraspezifische Anpassungen. Je nach Kamera ein anderes Profil welches beim Import geladen wird, auf Szenarien nehme ich dabei keine Rücksicht. Die RAWs werden dabei so verändert, das sie ein besseres JPEG abgeben, sprich eigentlich nur minimale Veränderungen in Helligkeit, Kontrast, Schärfe, Dynamik. So bin ich ich in der Lage nahezu alle RAW Bilder auf einen Schlag als JPEG zu exportieren und trotzdem gute Resultate zu erhalten. Für einzelne Bilder nehme ich mir dann mehr Zeit wenn sie mir nicht passen. So bin ich einfach viel flexibler, auch auf Hinsicht auf spätere Prints bei Fotobüchern, etc. Es macht für mich keinen Sinn tausende von Franken für Kamerausrüstung auszugeben um dann auf RAW Dateien zu verzichten und somit eigentlich die ganzen Vorteile zu verlieren.

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Thoba

« Antwort #6 am: 13. September 2014, 13:48 »
Ich nehme meine Bilder in RAW und JPEG auf. Da meine Kamera zwei Speicherkarten aufnehmen kann, speichert es jeweils ein Format auf eine Karte. So habe ich zur Sicherheit ein Backup in der Kamera, falls was schief geht.
Auf meinen Laptop verarbeite ich dann nur die RAW Bilder. Sobald diese auf dem Laptop sind, lösche ich alle auf der Kamera.
Auf dem Laptop sortiere ich dann auch gleich die schlechten raus, so dass ich nur "gute" Bilder habe.
Einmal pro Woche mache ich eine Backup vom Laptop auf meine 2 ext. Harddisks.

Ich bin nun seit 3 Monaten unterwegs und habe ca. 1700 Bilder bzw. ca. 40 GB auf meinem Laptop.

schöne Grüsse aus Vietnam,
Thomas
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waveland

« Antwort #7 am: 15. September 2014, 18:07 »
Ich fotografiere seit fast 10 Jahren auf Reisen mit einer digitalen Spiegelreflex und davon seit ca. dem 2.Tag in RAW. Vorteile wurden ja schon genannt, insbesondere muss man sich dann vor Ort keine großen Sorgen über Weißabgleich oder Bildstile etc. machen. Auch finde ich die RAW-Bildverwaltung mit Lightroom sehr gut und komfortabel, mit einer im Endeffekt besseren Qualität als wenn man JPEG bearbeitet. Ich würde auf alle Fälle empfehlen, RAW zu machen. RAW+JPEG macht aus meiner Sicht nur Sinn, wenn man sehr schnell ein JPEG braucht, was in den wenigsten Fällen der Fall sein sollte.

Bzgl. Speicherplatz kommt schon was zusammen, aber so riesig ist der Unterschied zu JPEG in voller Größe auch nicht. Über Backup muss man sich natürlich Gedanken machen. Ich habe meist genügend Speicherkarten dabei, um alle Bilder einer Reise unterzubringen (daher lösche ich auch nix von der Speicherkarte, solange genügend Platz ist). Am Abend wird es auf den Laptop gespielt (oder per Connection Kit auf ein iPad) und auf externer Platte gesichert. 1 TB Platte reicht für ca. 40000 Bilder (bei 25 MB pro Bild), das sollte eine Weile reichen, und kostet ca. 60€. Bei geringer Speicherkapazität auf dem Laptop/Netbook (oder zu wenig Speicherkarten) würde ich zwei externe Platten mitnehmen, wie Thomas, eine eben für Backup. Löschen tue ich eigentlich fast nix, höchstens wenn mal aus Versehen ausgelöst oder wenn das Bild technisch komplett misslungen ist, was sehr selten vorkommt.

Bzgl. Bearbeitung muss man sich halt etwas einarbeiten. Ich bearbeite die Bilder bei meinen eher kürzeren Reisen meist erst daheim nach der Reise, aber bei einer Langzeitreise sollte man sich eh ein wenig mehr Zeit lassen und alle paar Tage die Bilder durchschauen und bearbeiten. Das lohnt sich einfach, hier zumindest ein bisschen Arbeit rein zu stecken. Lieber weniger Bilder raus suchen und die dafür schon etwas optimieren. Mein Workflow mit Lightroom ist relativ ähnlich wie schon genannt. Ich habe ein Preset was nur die autom. Objektivkorrektur aktiviert und lasse dies bei jedem Import gleich drüberlaufen. Der Rest passiert dann auch mit einem Preset für einige durchschnittliche Einstellungen (inkl. autom. Tonwertkorrektur), was dann die Ausgangsbasis für eine manuelle Anpassung ist.

Nicht vergessen, neben den Bildern auch die LR-Katalog Datei zu sichern. Die von LR erzeugten JPEGs kann man eigentlich nach Upload auf Web-Seite etc. löschen, lasse ich aber meist aus Bequemlichkeit auf der Platte.
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Sherry

« Antwort #8 am: 27. Oktober 2014, 10:20 »
Ich werde auch in RAW + JPEG fotografieren. Die JPEG kommen dann auf einen USB-Stick und werden regelmäßig nach Hause geschickt. So muss ich die Bilder nicht erst konvertieren. Wenn die RAW-Dateien aus irgendeinem Grund verloren gehen, dann ist es zwar ärgerlich nur JPEGs als Backup nach Hause geschickt zu haben, aber das ist schließlich immernoch besser als nichts.
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