Thema: Sinnvolle Tätigkeit während & Angst vor Arbeitslosigkeit nach Weltreise  (Gelesen 4141 mal)

Nadospa

Hallo,

wir (Nadine (33), Peter (31), Otto (1)) kämpfen gerade mit uns, ob wir den Schritt einer Weltreise wirklich wagen sollen.
Wir sind beide sehr gut ausgebildet (Marketing und Ingenieur) und haben einen gut bezahlten sicheren Job. Unser Kind hat zudem das Glück einen sehr guten (raren) Kitaplatz bekommen zu haben.
Was uns derzeit vor der finalen Entscheidung für die Reise abhält sind zwei Dinge:

1. wir haben Sorge, dass die Weltreise unseren Lebenslauf verhagelt und wir nicht mehr zurück in die Arbeitswelt finden (wir sind jedoch einigermaßen flexibel was Standort und Gehalt angeht!), langzeitarbeitslos werden und auf ewig auf das soziale Abstellgleis gestellt werden.
Ich habe das Forum schon durchforstet und viele Beiträge gefunden, dass man sich darüber keine Sorgen machen soll. Aber hat jemand vielleicht konkrete Bespiele wo es auch wirklich gut funktioniert hat wieder zurückzukommen?

2. wir befürchten, dass ein Jahr ohne produktive Tätigkeit uns auf Dauer unzufrieden macht beziehungsweise wir ein "schlechtes Gewissen" bekommen.
Hat jemand Ideen, was man sinnvolles tun kann oder wie man in der Ferne fachspezifisch oder gemeinnützig "jobben" kann (work and travel kommt leider wegen unseres Alters und auch wegen unseres Sohnes nicht so recht in Frage; für alle Vorschläge offen, Reiseroute steht noch nicht!)

Wir sind gespannt auf eure Antworten.

Grüße aus der Pfalz
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Nocktem

als ingineur findet man immer einen job, ich habe in thailand einen ingenieur kennengelernt, er war die letzten 10 jahre nicht in deutschland. er hat überall auf der welt projekte angenommen un nach 2 - 3 jahren als das projekt gelaufen war, hat er sich gesagt 6 - 8 monate pause, in form von weltreise und so ging sein leben voran.
und in der marketing branche findet man auch immer einen job. man kann auch "homeworking" machen soweit ich informiert bin, sprich mit dem laptop von unterwegs arbeiten und sich die zeit frei einteilen.
und für euer kind bietet eine weltreise jede menge zu entdecken http://www.spiegel.de/thema/4_um_die_welt/ die artikel sind alle von einer familie die mit 2 kindern auf einer weltreise sind. evtl hilft das auch bei der entscheidungsfindung.
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Vombatus

Ähm …

zu 1) Bei mir hat es einfach geklappt wieder einen (meinen alten) Job wieder zu bekommen, obwohl ich ihn davor gekündigt habe. Allerdings wohne ich in München, kann das was ich tue gut und darum auch keine Angst wieder ein Job in der Branche zu finden. Mit dem Alter wir das natürlich schwerer (ich war 37 bei meiner Rückkehr). Ich denke ein Kind zuhause ist leider ein häufigeres Ausschussthema eine Anstellung zu finden, als eine WR gemacht zu haben.

Ja, das Kinderplatz-Thema ist scheiße-schwierig. Aber auch bei jedem Umzug.

Ausserdem lebt ihr nicht um zu arbeiten, sondern arbeitet um zu leben. Nach der Reise werdet ihr eure Prioritäten vielleicht leicht angepasst haben. Nach der Reise ist man im allgemeinen gelassener und weiß, dass es immer weiter geht.

Ich glaube, dass die meisten Reisenden wieder relativ schnell einen Job gefunden haben, man liest aber auch, dass ein paar länger auf der Suche waren. Ich kenne allerdings nicht die Hintergründe, Orte, Berufe …

zu 2) Es gibt so Leute die können mit Freizeit nicht umgehen. Eine Weltreise bedeutet aber nicht Urlaub und nichts tun, man muss ständig organisieren und ist mal froh, nichts machen zu müssen.
"Schlechtes Gewissen" wegen was? Arbeiten wegen schlechten Gewissen und jemand den Job wegnehmen? ;) Nein, wenn ihr auf eurer Reise darauf achtet wie ihr euer Geld ausgebt, also möglichst bei lokalen Dienstleistern als bei Starbucks.

Im Forum gibt es ein paar Links und Diskussionen über Hilfsprojekte inkl. kritischer Stimmen wegen Armutstourismus gegen schlechtes Gewissen, (gerade in SOA verbreitet).

Wie gesagt, mit der Reise ändert sich hoffentlich das "Leistungsdenken" dass nur Arbeit produktiv ist. Zeit und Aufmerksamkeit geben, miteinander sprechen, sich Mühe geben im Land anzukommen und mit offenem Herzen auf andere zuzugehen ist so viel mehr Wert und man bekommt es wieder zurück. Hört sich schmalzig an, ist aber so.

Ihr habt mal im Leben die Chance!!! Zeit für euch, eure Familie zu haben ohne Fremdbestimmung durch Arbeitgeber oder Kindergarten- oder Schulferien … etc. Das ist Luxus! Nützt die Zeit. Es ist eure Reise. Kümmert euch um euch, dann seht ihr währenddessen was euch guttut, was euch stresst.

Also keine unnötige Angst vor Arbeitslosigkeit oder sinnloses Reisen. Dafür besteht kein Grund. Ich hoffe, ich hab euch etwas Mut gemacht. Ängste und Unsicherheiten gehören bei der ersten großen Reise mit dazu, und auch dass man diese annimmt und/oder überwindet. Bin sicher, dass es allen so geht.
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crazy_culture

Wir sind noch etwas älter als ihr, mein Freund auch Ingenieur, ich BWLer und wir haben unsere Jobs gekündigt und sind seit März unterwegs. Sorgen um Probleme einen neuen Job zu finden machen wir uns keine.
Wie haben beide viel gearbeitet, aber sobald man mal unterwegs ist, ist der Gedanke mal wieder 8 Stunden arbeiten zu sollen fast schon absurd  ;D
Mit Kind werdet ihr langsamer reisen als andere, trotzdem gibt es immer wieder was zu planen, lesen, organisieren, anzuschauen...
Wir waren nach gut 2 Monaten reisemüde und haben Urlaub vom Reisen gebraucht. 10 Tage Strandferienwohnung. Mal ein Buch lesen, das kein Reiseführer ist, nicht schon wieder den Rucksack packen usw.
Eure Einstellung wird sich ändern denke ich, ein schlechtes Gewissen braucht man nicht haben.

Also wenn ihr die Chance habt => MACHEN!
Wenn erstmal Schulpflicht angesagt ist, ist es viel schwieriger. Vielleicht noch ein paar Monate warten, bis Otto noch mehr daran teilhaben kann.

EDIT: So traurig das heutzutage ist fürchte ich, wie Vombatus, leider auch, dass ein Kind die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz - speziell für die Frau/Mutter - mehr erschwert, als die Weltreise im Lebenslauf. Viele träumen von so einem Schritt und wagen ihn nicht, weshalb das eher Bewunderung und Neugier hervorrufen dürfte und man zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden könnte um über die Reise zu sprechen.  :)
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Jenny_far_away

Hey,
also ich bin selber Ingenieurin (Elektr. Energietechnik, 28 Jahre alt) und bin direkt nach dem Studium für 14 Monate gereist. Ich habe jetzt etwas länger gesucht, weil es der Branche (erneuerbare Energien, Energieversorger etc.) zur Zeit nicht so gut geht. Da ist es selbst als Frau etwas schwierig. Am Ende hatte ich jetzt aber auch mehrere Angebote. Man muss geduldig bleiben, hatte nie damit gerechnet 5 Monate suchen zu müssen. Aber das passiert. Ich hatte allerdings nie das Gefühl, dass es an meiner Weltreise lag, sondern wirklich an der schlechten Situation und die wird in 2-3 Jahren auch wieder besser aussehen. Beim Bewerbungsgespräch hatte ich sogar das Gefühl, dass meine Reise oft positiv gesehen wurde und viele waren sehr neidisch und sagten das oft mehrfach :P
Ansonsten bin ich übrigens auch so jemand, der sich nicht vorstellen konnte ein ganzes Jahr lang "nichts" zu tun. Während meines Studiums in Aachen lief ich immer auf 110% und auf einmal fällt das alles weg. Aber irgendwie gibt es dafür so viel anderes zu tun, Bus-, Zug-, Bootsfahrten organisieren, Hotel suchen, an das neue Geld gewöhnen, ein paar Wörter der Sprache lernen, Eindrücke in sich auf saugen usw. und so fort. Zwischendurch habe ich einfach an Waisenhäuser oder Schulen geklopft oder auch von anderen Reisenden Infos bekommen, wo man als Englischlehrerin oder Volontärin arbeiten kann. So habe ich in Indien, Nepal und Kambodscha etwas ausgeholfen. Das geht spontan besser und günstiger, als wenn man das großartig von zu Hause plant. Aber vielleicht hat ja eine alte Schule von euch oder aus eurer Stadt eine Partnerschule in einem der Länder, die ihr bereisen wollt. Dann könnt ihr bei Ihnen auch einfach mal nachfragen, ob es möglich ist einen Monat oder ein paar Wochen dort Englisch zu unterrichten o.ä. (Meine Mutter ist Lehrerin und deren Partnerschule ist in Indien, ich bin dort aber aufgrund der Jahreszeit nicht hingekommen, weil die Schule zu und die Straßen gesperrt sind im Winter.)

Meine alte Chefin hat mir damals während der Planung auch jegliche Angst genommen keinen Job danach zu finden. Sie meinte, dass der Großteil der Leute so eine Reise als Riesen Vorteil sieht, weil man von Anfang interessant wirkt, eine gute Portion Organisationstalent dazu gehört, Mut und Selbstbewusstsein, man keine Angst vor Veränderung hat, die Herausforderung sucht usw. Da gibt es so viele Punkte.
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Radlerin

Habt ihr schonmal gefragt, ob euch der Arbeitgeber für die Zeit der Reise freistellt?

Ich kann nur sagen, macht es JETZT!

Mit 50 wird es schwieriger einen neuen Job zu finden und wenn Otto erstmal in der Schule ist oder ein zweites Kind kommt, werdet ihr eher nicht mehr losziehen.

Und was heisst ohne produktive Tätigkeit....ihr legt euch ja bestimmt nicht ein Jahr an den Strand. Ihr werdet auch einen Reisealltag haben und das schöne ist, ihr könnt das Tempo bestimmen, habt Zeit für euch selbst, für die Beziehung und für euer Kind. Vieles ergibt sich spontan, auch wenn man es vorher immer nicht glaubt ;)

Also, nur Mut!
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austria

Da muss ich doch nachdenken bei der Frage. Auf meinen teils langen Reisen habe ich (Mitte 50) viele junge Leute getroffen, die ängstlicher waren, als ich (der vielleicht nach der nächsten Reise große Probleme auf dem Arbeitsmarkt hat). Tatsache ist, dass ihr ein Abenteuer plant, dass euer Leben durcheinander bringt - und das ist gut. Wenn Du willst, dass sich was ändert, ändere Dich selbst (frei nach Gandhi). Sein Leben nach dem KiGa-platz des Nachwuchs auszurichten ist wirklich absurd, es gibt so dermaßen viel für Kinder auf der Welt zu entdecken, dass es doch bei dieser Frage eher darum geht, eine Freiheit (beruflich) aufzugeben und "nur" als Mutter/Vater sein Leben zu verbringen.
Freiheit ist wirklich nur dann gegeben, wenn man Dinge hinter sich läßt, dann aber mit voller Absicht und dem Bewußtsein, dass Dinge anders werden, als sie jetzt sind. Das nennt man Konsequenz. Die müßt ihr tragen wollen, sonst geht das nicht.
Im übrigen bin ich - anders als andere Vorredner - der Meinung, dass ihr euch die Tage unterwegs so gestalten solltet, wie es für euch passt. Faulheit gehört dazu, und wenn es 2 Monate Faulheit ist, wo ist das Problem?

Ich bin echt viel gereist und habe eines gelernt: Leben findet jetzt statt, nicht morgen. Ich arbeite zur Zeit (noch) in einem Bestattungsunternehmen und weiß, wieso ich das sage. Viele, viele Menschen, die zu uns kommen, höre ich sagen"wenn wir doch nur gemacht hätten...".

Los, raus. Viel Spass,
Thomas
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icybite

Zitat
Viele, viele Menschen, die zu uns kommen, höre ich sagen"wenn wir doch nur gemacht hätten...".

Kann ich doppelt Unterstreichen. Es gibt NIE genau DEN richtigen Zeitpunkt. Ob nach Abi, Studium oder ein paar Jahre im Berufsleben. Es gibt immer einen Grund die Reise nicht anzutreten... Ich habe noch keinen Weltreisenden gesehen, der nach einer Weltreise total eingebrochen ist...

P.S. Ich komme zwar nicht mehr zurecht in Deutschland, aber dafür geh ich auch bald auf die 2te Weltreise =)
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T-travel

Da muss ich doch nachdenken bei der Frage. Auf meinen teils langen Reisen habe ich (Mitte 50) viele junge Leute getroffen, die ängstlicher waren, als ich (der vielleicht nach der nächsten Reise große Probleme auf dem Arbeitsmarkt hat).

Ich bin echt viel gereist und habe eines gelernt: Leben findet jetzt statt, nicht morgen. Ich arbeite zur Zeit (noch) in einem Bestattungsunternehmen und weiß, wieso ich das sage. Viele, viele Menschen, die zu uns kommen, höre ich sagen"wenn wir doch nur gemacht hätten...".

Los, raus. Viel Spass,
Thomas

Dein Beitrag berührt mich irgendwie, denn auch ihr gehöre zu den jungen (nicht mehr 20), aber noch unter 30 ;), die ängstlich sind. Das liegt daran, dass man von Geburt an, eingeimpft bekommt, für was man doch nicht alles vorsorgen sollte! Mittlerweile gibt es für alles eine Versicherung UND was hinzu kommt, ein Großteil der Menschen versteht das Reisen als solches einfach nicht. Ich empfinde es als sehr anstrengend, mich ständig erklären zu müssen, v.a. bei der Familie und auch bei potentiellen Arbeitgebern.
Speziell wir in Österreich sind noch ein wenig lahm was Sabbaticals, etc...betrifft! Da sind uns andere Länder um Läääängen voraus!
NUR: "Hätt ich doch nur getan" - vor diesem Satz hab ich fast mehr Angst, als vor der Arbeitslosigkeit nach der Reise (überigens in einem halben #2!   ;D).

Und icybite hat es gut formuliert: Es gibt immer Gründe, warum man JETZT nicht gehen sollte, DENN...nur eines weiß ich bspw. von mir und meinem derzeitigen Leben: Wenn ich jetzt nicht gehe, dann bleibe ich picken, weil mensch zu gemütlich wird! Und je gewohnter, desto mehr Angst!

Wenn ich mir das so durchlesen, hab ich grad selber das Gefühl, ich bin total frei von Ängsten bzgl. meiner Entscheidung, nochmal alles liegen zu lassen und zu gehen...aber ehrlich gesagt, hab ich ganz schön Bammel!  ;) Nur, ich würde den Rückzieher im Endeffekt mehr bereuen, als den Schritt gewagt zu haben!

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austria

Ja, ich kann das gut verstehen, sehr gut sogar. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich mal zu so einem Reiseonkel werden kann. Und ich kann jeden verstehen, der es sich zuhause gemütlich einrichtet. Grad vor ein paar Tagen erzählt mir meine Frau, ein sehr junger Bekannter (23 J.) will jetzt anfangen zu bauen. Nicht, dass er über viel Geld verfügen würde, weit gefehlt, aber es ist die vermeintlich absolute Sicherheit, die die Oberhand gewinnt. Was ich hab, das hab ich. Schade, dass das nur ein Trugbild ist. Nur, wer sich von Ballast befreit, kann oben schwimmen.

Nicht jeder ist zum Reisen geboren, es schreckt das fremde Essen ab, der fehlende Komfort, die Mühe, die Kriminalität und die fehlenden Sprachkenntnisse - und natürlich die Kohle, die nicht vorhandene. Vor einiger Zeit ist eine Bekannte von einer Luxus-Weltreise zurück gekommen, beste Hotels weltweit, Hauptstadt-Hopping je nach Wetterlage, planschen im Pool über der City und immer ein TV greifbar. Jedem das Seine, aber richtig glücklich hat sie bisher nicht ausgesehen.

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