zwei Anmerkungen noch: die Kaffeeregion um Salento und Armenia ist zwar noch immer Anbaugebiet von einigen ausgezeichneten Kaffees - aber der Grossteil der Hochqualitaetskaffees wird mittlerweile nicht mehr dort angebaut - sondern in den etwas hoeher gelegenen Bergregionen der Bundesstaaten Cauca, Tolima und Huila - und nach wie vor in Antiochia um Medellin herum. Die Kaffeegegend um Quindio ist zwar wirklich landschaftlich recht huebsch (erinnerte mich optisch etwas an die laendlichen Gegenden des Bergischen Landes in Nordrhein-Westphalen im Sommer), liegt so etwa zw. 1000 und 1500m hoch - es gibt sogar ein gepflegtes und fuer Tourismus halbwegs stilgerecht renoviertes Kolonialoertchen, naemlich Salento. Die ganze Gegend wird aber immer mehr zum Freilichtmuseum und zur Vorzeigegegend umgestaltet, und das wird entweder auf Luxus mit Designerbruecken und hochmodernen 5*-Etablissements gemacht oder - und das faellt mir schwer zu empfehlen - in einem so wahnsinnig kitschigen Stil, dass man glaubt, man sei im Knusperkuchenhaus mit zuckergussbedeckten Gartenzwergen und Haensel und Gretel kaemen gleich zwischen den 20 Kaffee-Zierpflanzen hervor - soll eine aehnliche Klientel ansprechen wie die Venedig-Imitation in Macao oder Las Vegas. Mittendrin auch haufenweise halb-fertige Billigtourismus-Haeuser, wo ein Schwimmbad schon in Betrieb, das andere und das halbe Haus noch im Bau sind, ein Parkplatz mit Wellblechzaun davor, usw. 'Echter', urspruenglicher und landschaftlich gewaltiger ist es in den Bundesstaaten Tolima, Huila, Cauca, Valle de Cauca und Nariño - aber da sind weniger gute Verkehrswege, und man kann aus Sicherheitsgruenden nicht immer ueberall hin, wobei aber ein Grossteil dieser Gegenden durchgehend sicher ist. Trotzdem aber besser bei der Nationalarmee den aktuellen Stand der Tagesetappe abfragen.
Und zweitens: Mompox und alles was in Reichweite vor allem der Fluesse Magdalena und Cauca (und anderer groesserer Fluesse) liegt, koennte von den Ueberschwemmungen beschaedigt oder betroffen sein. In den Andenregionen, wo diese Fluesse und ihre Zulaeufe entspringen, ist die grosse Regenzeit in einem normalen Jahr zwischen April und Juli, und dann gibt es noch eine kleine Regenzeit zwischen September und November. Normalerweise sollte es relativ trocken sein im August und zwischen Dezember und April - und relativ trocken heisst, dass es insgesamt etwa 24 Stunden pro Woche regnet oder zumindest feucht ist. 2009 war El-Niño-Jahr, da war April is Ende August ungewoehnlich starker Regen, dann Septermber bis Ende Oktober 6 WOchen kein einziger Tropfen und keine Wolke, und weiter viel zu trocken bis in den Mai 2010, mit ausgetrockneten Talsperren, Wasser- und Stromknappheit usw. Dann begann das La-Niña-Phaenomen: Im Juni fing es sintflutartig an zu schuetten, Ende August bis Ende September Trockenperiode, und Oktober, November, Dezember 2010 wieder Sintflut. Januar 2011 durchwachsen, Februar, Maerz, April 2011 wieder aberwitzige Regenfaelle, und jetzt im Mai, wo eigentlich die Regenzeit in vollem Gang sein sollte, regnet es zwar ein paar Tage pro Woche, aber unregelmaessig und wenn dann zu stark. Die Regenfaelle zwischen Oktober und Dezember 2010 und zw. Februar und Anfang Mai 2011 waren verheerend, Staumauern von Talsperren mussten entlastet werden, Daemme brachen, Kleinstaedte und wichtige Verkehrsadern verschwanden in den Fluten, einige Landstirche sstehen seit November 2010 ununterbrochen oder zum wiederholten Male unter Wasser, Erdrutsche an Berghaengen fanden statt - teilweise trotz Bepflanzung. Den Wettervorhersagen nach soll es noch mindestens bis Juni/Juli in diesem Stil weitergehen, wie dann der Oktober aussieht, weiss wohl kein Mensch.
Einerseits rufe ich dich auf, diese Situation bei der Reiseplanung zu beruecksichtigen - andererseits kann ich dich insofern beruhigen, als dass in Kolumbien da, wo es besiedelt ist, erfahrungsgemaess alles Notwendige funktioniert. Zum Beispiel: es gibt zwar in Kolumbien kaum vernuenftig gewartete Autos und keinen Pannennotdienst auf der Strasse wie den ADAC, und jeder offizielle Abschleppdienst wird betruegerische und horrende Preise verlangen und dir dabei aus Beklopptheit dann das Auto kaputtfahren und vielleicht das gepaeck klauen - aber wenn dir mitten in der Nacht bei stroemendem Regen die Oelpumpe kaputtgeht oder die Kardanwelle runterkracht, dauert es keine 10 minuten, bis irgendeiner anhaelt oder aus seiner Huette kommt, und innerhalb von 45 Minuten haben sie dich entweder mit irgendeinem klapprigen Gelaenderwagen mit fuenf mal geflicktem Seil samt Auto ins naechste Kaff vor die Werkstatt geschleppt oder das Auto unter das Vordach der naechsten Lehmhuette geschoben, wo 4 Kinder die ganze Nacht stolz darauf aufpassen. Der Dorfmechaniker kann dir zwar nicht sofort helfen, weil er gerade besoffen ist, aber irgendeiner stellt dir fuer 2 Euro seine garage zur Verfuegung, ein Bett gibt es und eine warme Huehnersuppe mit Kochbananen und frijoles, am naechsten Morgen gibst du den Leuten 5 Euro, dann kommt der Mechaniker mit Kater und zeichnet dir auf, welches Ersatzteil man braucht, dann haelst du irgendeinen der dauernd vorbeikommenden ueberfuellten Kleinbusse an und gondelst zwei Stunden in die 50km entfernte Stadt, kaufst dein Ersatzteil gondelst zurueck - waherend du Reis mit frijoles und ein Huehnerbein isst, baut der Mechaniker alles zusammen, dann bezahlst du ihm noch seine 5 Euro, und nachmittags um 15 Uhr kannst du weiterfahren - und zwar sehr wahrscheinlich, ohne dass dir auch nur ein Schraubenzieher entwendet worden ist.