Ich habe meine erste Weltreise auch noch ohne Smartphone und zur Hälfte ohne Laptop (mit Internetcafes) gemacht und das war natürlich schon ganz anders. Andererseits finde ich den direkten Vergleich insofern schwierig, als dass:
1) Ich damals jünger war und sowieso anders gereist bin, teils andere Interessen hatte, anderes Budget etc.
2) Ich ein relativer Reise-Neuling war und damit sowieso alles erst mal aufregend und besonders war. Wenn ich jetzt teilweise Fotos von damals anschaue, wo ich mich erinnere, dass ich etwas ganz toll fand, denke ich mir inzwischen "naja, gibt es anderswo beeindruckender".
Insofern finde ich deine Fragen zwar sehr interessant, kann aber nicht richtig differenzieren, welcher Teil meiner Antworten durch einen der o.g. Faktoren zustande kommt, und welcher dadurch, dass sich die (Reise)welt verändert hat...
Reisen wie vor dem Internet/Apps ist nicht mehr vorstellbar ... oder doch nicht?Gut "vor dem Internet" bin ich alleine nie gereist, dazu bin ich dann doch zu jung. Sogar 2007 bei meiner ersten Backpacking-Reise gab es schon Skype und Email für Nachrichten nach Hause und diverse Foren/Blogs - halt weniger und im Internetcafe. Manchmal war ich in den letzten Jahren so abgelegen unterwegs, dass alles wieder wie damals war - und das war für ein paar Tage spannend, aber insgesamt möchte ich auf den Komfort eigentlich nicht mehr verzichten. Die diversen Apps entsprechen einfach auch viel zu sehr meiner Planungs-Mentalität.
Lest ihr noch Reiseführer (Papier/Digital)?Für Städtereisen, nein. Für größere / neue Länder / Regionen, ja. Allerdings digital. Da bin ich auch nach wie vor dem Lonely Planet recht treu. Wobei ich prinzipiell Papier lieber habe und für die Planung übersichtlicher finde, aber das extra Gewicht lässt sich bei mir nicht mehr vertreten.
Woher bekommt ihr die meiste Inspiration und anschließend euere Informationen über eure Reiseziele?Entweder von meiner langen Bucket List, die im Laufe der Jahre (also auch ganz am Anfang meiner Reisen) aus diversen Quellen zusammengekommen ist - das kann ich nicht mehr so sagen. Oder aber durch gezieltes googlen und Internet-Recherche, Aktivitäten-basiert. Also z.B. wo kann ich in Laos gut klettern. Dann finde ich natürlich entsprechende Websites oder auch Blogs. Oder wo kann ich mit Tigerhaien oder Hammerhaien tauchen auf den Malediven. So kam ich spontan vor ein paar Monaten auf Fuvahmulah. Aber eigentlich habe ich meistens konkret eine Aktivität im Kopf, die ich "irgendwo" machen will.
Wie hat sich euer Rechercheverhalten geändert?Nicht wirklich, ich hab schon immer sehr viel recherchiert und geplant. Früher halt eher mit einem klassischen Reiseführer, jetzt zusätzlich mehr online. Meistens google ich dann z.B. "Japan Reiseroute 3 Wochen" und lese mich durch 3-5 Blogs, dadurch bekomme ich am schnellsten einen Überblick und man findet eigentlich meistens was qualitativ Gutes. Ich würde sagen, dass sich mein Verhalten nicht wirklich verändert hat, aber dass es mir das Internet heutzutage leichter macht
Gibt es auch zu viel an Informationen?Wird man erschlagen von Möglichkeiten?Für mich persönlich nicht
Verlässt man sich zu sehr auf seine digitalen Möglichkeiten?Weiß nicht, es wäre schon wieder eine Umstellung ohne. Allerdings wie bei bestimmten Destinationen gesehen, auch nicht unmöglich.
Dadurch, dass gefühlt jeder unterwegs ist und die sozialen Medien voll von Erlebnisberichten (Blogs/Vlogs) inklusive aller Details, geht dann ein Stück Abendteuer verloren? Fluch oder Segen?Für mich eigentlich nicht - einen Ort selbst zu erleben fühlt sich immer noch ganz anders an. Und Machu Picchu, Angkor, der Yosemite NP oder Kappadokien war für mich über die Jahre hinweg alles einfach nur "WOW", auch wenn schon tausende Male auf Fotos gesehen. Ich weiß auch ganz gern, was mich erwartet, das macht mir nichts aus. Ich merke eher, dass ich mittlerweile nicht mehr jede Kirche, jeden Tempel, jeden Wasserfall etc sehen muss und auch, dass gewisse Gegenden sich ähneln und ich nicht mehr unbedingt in alle möglichen Länder muss. Da findet man manchmal auch interessante Listen, die Alternativen zu überlaufenen Highlights vorschlagen, die quasi gleich ausschauen und viel ruhiger sind.
Welche Gedanken habt ihr zu dem Thema?Es hat alles Vor- und Nachteile. Ich denke, wir romantisieren die "gute alte Zeit" manchmal etwas zu sehr. Ich kann mich schon auch an einige Frustmomente erinnern: eine Email-Seite, die Pixel für Pixel geladen hat. Falsch ausgestiegen beim Bus und keine Ahnung wo, auf einmal in einer unguten Gegend. Ewige Suche nach einem ATM, nur weil man um die eine Ecke genau nicht geschaut hat. Etc.
Ich finde es heutzutage einfacher und praktischer, finde es aber gut, wenn man sich etwas Spontanität beibehält und aufpasst, dass man nicht nur auf den Screen starrt. Dazu finde ich es oft angenehm, wenn man keine SIM-Card von dem Land hat und sozusagen nur im Hotel sich im Wlan einloggt. Dann ist man wenigstens unter tags einfach unterwegs, offline Maps kann man sich ja herunterladen (darauf würde ich nicht verzichten). Kann ich leider momentan nicht machen, weil ich für meine Arbeit mobile Daten als Backup brauche. Man könnte ja eigentlich auf Flugmodus stellen..... aber macht man das!?