@Marla Vor der Reise ist der denkbar beste Zeitpunkt jemanden kennenzulernen
Wie lange bist du denn unterwegs und wo reist du grade durch die Gegend? Aber schön, wenn du auch deine Abenteuer erlebst, go for it, das Leben möchte gespielt werden. Und letztlich sind das die Situationen und Menschen, die einem noch Jahre später gestochen scharf in Erinnerung bleiben und mitunter ein Grund, warum zumindest ich, gerne etwas von der Welt sehe.
In Ao Nang ist es ganz anders. Getriebig am Abend, aber insgesamt ruhig und entspannt. Viele Paare, viele Deutsche, ziemlich junges Publikum. Landschaftlich sehr schön, gefällt mir super. Bin von der Fähre die drei Kilometer in den Ort gelaufen und dachte nur: Warum konnte ich den letzten Monat nicht hier versacken? Hotel ist teuerer hier, aber mit Balkon aufs Meer und ohne kaputte Typen in der Lobby. Einen habe ich dann aber doch schon kennengelernt. Franco, 55 Jahre, der Besitzer des italienischen Restaurants "Azzurra" an der Beachfront. Ich setze mich an meinem Ankunftstag dort hin und trinke einen Cocktail, da bemerke ich ihn wie er mit einem XXL-Joint (kannte ich so nur von übertriebenen Karrikaturen) in der Menge steht und raucht. Ich dachte erst, er sei ein runtergekommener Expat, sowas wie ein reicher Penner. Jedenfalls raucht der das Ding Kette auf und steht seelenruhig da, die Leute laufen an ihm vorbei und er erntet nicht wenig verständnislose Blicke. Ich traue meinen Augen kaum. Da er nicht weit weg von mir steht, frage ich ihn ob alles mit ihm Ordnung sei.
Er sagte, es sei alles okay und geht in das Restaurant -ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, dass er der Besitzer ist- in ein "staff only" Zimmer und wundere mich kurz. Ich trinke genüsslich meinen Cocktail und beobachte das Treiben. Nach zehn Minuten kommt er wieder raus, stellt sich an exakt dieselbe Stelle und raucht einen zweiten XXL-SuperJumbo-Dübel. Mir fällt die Kinnlade runter für ca. eine Minute, vor allem weil er raucht wie eine Dampflok. Es ist hier auch kein Hippieort so wie Pai oder Ko Tao, wo so eine Szene nicht großartig auffallen würde. Manche Paare fühlten sich sichtlich angespannt, wollten sie doch nur in Ruhe einen Cocktail trinken und jetzt steht hier "so einer" einen Meter neben ihnen. Er blickt mich an und ich sage, er solle mal hergeben. Ich will nun selber wissen, was das hier alles soll. Nach drei Zügen bemerke ich einen ersten Effekt und komme ins Rätseln. Nun will ich wissen, wer das ist. Er sei seit 30 Jahren in Krabi, seit 98 habe er das Restaurant. Auf die Frage, wie er zwei solche dicken Joints direkt hintereinander rauchen könne, antwortet er, es sei der achte heute. Er rauche jeden Tag zehn bis zwölf á 1.2g je Joint. Ich dachte auf dem Heimweg, der will mich doch verarschen. Nächsten Tag werde ich neugierig und gehe wieder gucken. Tatsächlich steht er wieder da, heute zwar erst bei Nummer vier, aber der Abend ist da noch jung. Ich frage ihn erneut, wie er das sowohl körperlich (vom Rauchvolumen) als auch mental schafft. "Gewohnheit" antwortet er. Ob er nicht auch mal ein paar Tage aussetze, will ich wissen. "Why?" die Antwort. Der Typ ist eine Comicfigur in unserer 3D-Welt, so jemanden habe ich noch nie getroffen. Einen Abend (mache immer kurz Stop, wenn ich ihn sehe) frage ich ihn, ob er Alkohol trinke. Nicht viel, wenn dann Cocktails. Pina Colada mag er, also geb ich ihm und mir einen aus. Dachte erst, der steckt sich die Kohle ein, weil die nur mich bedient hatten und er immer nur ins Restaurant gewiesen hat mit einem Nicken. Aber dann verstand ich. Er hat sich den Drink in einem schönen Cocktailglas statt in den Bamubusbechern servieren lassen. Übrigens trinkt er genauso wie er raucht. Nach drei oder viermal ansetzen war der Drink schon alle.
Ansonsten tut mir Ao Nang ganz gut. Den einen Tag war ich an einem der langen Strände unterwegs, war schön gewesen. Habe dann in Hörweite mitbekommen, wie sich ein deutsches Paar getrennt hat. Da hatte ich einen Aha-Effekt und mir wurde klar, dass egal welches Problem man auch hat, genau dasselbe jeden Tag irgendwo auf der Welt passiert. Womöglich noch in einem viel größerem Ausmaß. Man muss auch mal nach unten gucken. Gilt in die andere Richtung natürlich genauso. Bloß nicht abheben, wenn´s mal läuft.
Dieser Gedankengang hat mir dann die letzten Tage auch sehr geholfen. Meine Tante ist völlig unerwartet mit nur 48 Jahren verstorben.. Kein enges, aber freundschaftliches Verhältnis. Ich frage mich, ob das hier jetzt noch alles Sinn macht und bastel grad an Optionen für Deutschland bzw Familie-Zelttrip durch Europa-Familie- im Herbst Mexiko/Kolumbien. Lateinameika war, ist und bleibt meine Perle. Alternativ mal Zentralasien angreifen, da hab ich auch ein richtig gutes Bauchgefühl. Südoasien kickt für mich nicht so richtig rein, vor allem vom Publikum. Wird wohl das letzte mal in der nächsten Dekade gewesen sein.
Ich hab mich dann aus Spaß auf einen Saisonjob in D beworben. Gleich gesagt was ich will: hauptsache viele Stunden und viel Geld machen für die Reisekasse. Außerdem lenkt das mal ab, so ein normaler Beruf. Gleich nächsten Tag Videocall gemacht, die würden mich unbedingt haben wollen vom Profil her. Würde dann drei Monate druchackern, könnte von dem Geld aber dann wieder mindestens fünf Monate reisen können. Gleichzeitig könnte ich dann auch hauptberuflich ein paar Dinge in neue Bahnen leiten und den ganzen financial stuff klären. Selbstredend, dass ich mich über meine Familie und Freunde riesig freue würde. Einige liebe Telefonate in letzter Zeit, jeder zweite bietet mir nicht wenig Geld für einen Neustart an. Ich bin wohl doch nicht so entwurzelt wie ich noch vor ein paar Monaten zu glauben schien. Vielleicht gehts jetzt doch schneller zurück als erwartet, mal gucken. Wenn, dann eh nur als Gastspiel von max. 5 Monaten plus ein Ziel vor Augen für den nächsten Winter.