SamstagEin weiterer Vorzug des Windsor Palace Hotels ist seine tolle Dachterrasse. Es gibt wohl wenige Orte in Alexandria, wo man so schön Frühstücken kann. Man überblickt den Portus Magnus, den großen Hafen Alexandrias. Geradezu sieht man eine Landzunge, die früher die Insel Pharos war, Standort des berühmten Leuchtturmes von Alexandria. Man schätzt die damalige Höhe des Weltwunders auf 115-160m, was ihn bis ins 20.Jh. zum höchsten je gebauten Leuchtturm macht. Und man muss sich auch einmal vor Augen halten, dass er, errichtet ca. 300 v. Chr. und zerstört ca. 1323 n.Chr., immerhin über 1.600 Jahre stand. Kein Wunder, dass er als Prototyp aller Leuchttürme gilt.
Mehrere Erdbeben setzten ihm schließlich ein Ende und die Mamlukensultane errichteten aus den Trümmern Ende des 15. Jh. eine Hafenbefestigung.
Qāitbāy-Zitadelle - errichtet aus den Trümmern des LeuchtturmsAbu-l-Abbas-al-Mursi-MoscheeNach dem Spaziergang zur Zitadelle ging es zu einem weiteren Weltwunder. Solche Listen werden ja gern erstellt, von daher wundert es auch nicht, dass es die "Sieben Wunder des Mittelalters" gibt. Natürlich sind diese Listen im Gegensatz zu den antiken Weltwundern alles Schöpfungen moderner Autoren. Nichtsdestotrotz zählt der "Scherbenhügel" dazu, die Katakomben von Kom El Shoqafa. Auf dem Gelände wurden einige an anderen Orten gefundene Gräber zusammen getragen, aber auch originale antike Katakomben kann man besichtigen. Das besondere ist, dass sich hier altägyptische Traditionen mit griechischen und römischen vermischen.
Ist das ein japanisches Kapselhotel??? Quer durchs Wohnviertel ging es weiter zur Pompeius-Säule. Außerhalb der antiken Reichshauptstädte Rom und Byzanz ist dies die größte freistehende Ehrensäule. Zwar ist sie nach Caesars Gegenspieler Pompeius benannt, dessen Kopf hier bestattet sein soll, doch wurde sie erst 297 n.Chr. zu Ehren Kaiser Diokletians errichtet. Die Säule befindet sich auf dem Gelände des Serapeions, einer Zweigstelle der antiken Bibliothek von Alexandria.
SerapeionHeute ist ja eigentlich muslimisches Wochenende. Das ficht aber die fleißigen Händler nicht an. Daher sind beim anschließenden Spaziergang durch die Gassen die Märkte auch noch rappelvoll. Es gibt kaum einen Straßenzug, wo nicht gehandelt wird. Dabei ist hier für die Touristen überhaupt nichts dabei - es ist einfach nur sehenswerter Alltag. Besonders die riesigen Berge Knoblauch sind beeindruckend. Ägypter lieben Knoblauch!
Man kommt auch immer wieder an ehemals hochherrschaftlichen Fassaden vorbei und es tränt schon ein wenig in der Seele, den Verfall zu sehen. Ihr erinnert euch an die Galerie Vittorio Emanuele II. in Mailand? Nach deren Vorbild wurden auch in Alexandria Geschäftshäuser errichtet, etwa die Okelle Monferrato. Leider können die Höfe nicht mit tollen Glasdächern prunken. Stattdessen ist alles mit niedrigem Wellblech abgehängt.
Muhammad Ali Pascha - Er gilt als Begründer des modernen Ägypten. Unter seiner Regentschaft in der 1. Hälfte des 19. JH. stand Ägypten zwar noch unter osmanischer Herrschaft, doch agierte Muhammad Ali zunehmend selbstständig, sodass er schließlich auch die Dynastie begründete, die bis zur Revolution in den 1950er Jahren regieren sollte.
Nach dem Trubel auf den Straßen und den allgegenwärtigen Moscheen in Kairo zog es mich nun in ruhigere Ecken. Alexandria hat auch viele Kirchen zu bieten, unter anderem die katholische St.-Katharinen-Kathedrale. Hier wurde der 1947 im Exil in Alexandria verstorbene italienische König Vittorio Emanuele III. provisorisch beigesetzt. 2017 wurde er schließlich nach Italien überführt.
In der Kirche waren gerade fleißige Dekorationsarbeiten im Gange. Eine nette ältere Dame klärte mich auf - und ließ mich dann stutzen:
Gestern habe ich geschrieben, es sei Karfreitag. Das stimmt zumindest für meinen protestantischen Hintergrund. In Alexandria sieht das wieder ganz anders aus. Hier hat man sich gerade auf den Palmsonntag vorbereitet, der bei uns ja schon eine Woche zurück lag. Da habe ich nun erst einmal gelernt, dass die koptischen Christen einem anderen, alexandrinisch genannten Kalender folgen, der noch auf den altägyptischen Kalender zurück geht. Da gibt es auch zahlreiche Schaltjahre, aber irgendwie hat mich Wikipedia gerade mehr verwirrt, als Klarheit geschaffen. Zumindest habe ich in diesem Zusammenhang auch gelernt, dass es früher sogenannte Computisten gab, Menschen, die das jährlich ändernde Osterdatum berechnet haben. Es gibt sogar eine Gauß'sche Osterformel.
Zwar war dies eine katholische Kathedrale, aber alle paar Jahre feiern die Katholiken das Osterfest zusammen mit den Kopten.
Die koptische Kirche wurde im Jahr 60 vom Apostel Markus begründet, der nach Alexandria kam. Da verwundert es nicht, dass die Hauptkirche der Kopten und Sitz des koptischen Papstes die Sankt-Markus-Kathedrale ist. Nach Markus' gewaltsamen Tod wurde er 68 n.Chr. unter der Kirche begraben, jedoch raubten im Mittelalter die Venezianer den Leichnam, dem sie den Markusdom in Venedig errichteten. Einzig der Kopf verblieb in Alexandria, aber auch der ging mit der Zeit verloren. 2017 kam es zum Palmsonntag zu einem Selbstmordanschlag. Entsprechend hoch sind die Sicherheitsvorkehrungen. Ich habe meinen Pass abgegeben, bevor ich aufs Gelände konnte.
Palmsonntagsvorbereitungen - ganz stilecht natürlich mit PalmblätternNach so viel laufen habe ich mir eine kleine Pause verdient. Mittlerweile wieder an der Corniche angekommen flüchte ich mich vor der Mittagshitze ins "Metropole", ein weiteres Hotel aus Alexandrias besseren Tagen. Im Erdgeschoss befindet sich das "Trianon", wobei es eher durch Vintagecharme als mit feinem Gebäck gepunktet hat. Womöglich eine Folge des Ramadan?
Zumindest konnte ich mich nun wieder ausgeruht auf den Weg machen, hatte ich doch noch die berühmte Bibliotheca Alexandrina auf dem Plan. Sie war die bedeutendste und größte Bibliothek des Altertums und besaß mehr als 700.000 Schriftrollen. Im 4. Jh. gingen die Schätze leider verloren, als es zu Unruhen zwischen Christen und Altgläubigen kam.
In den 1970er Jahren kam die Idee auf, die Bibliothek an historischer Stätte neu zu errichten. Unter Schirmherrschaft der UNESCO wurde sie schließlich 2002 eröffnet. Man kann sie auch besichtigen, dafür war ich allerdings zu spät dran.
Alexander der Große - vor dem Planetarium der Bibliotheca AlexandrinaAlexander der Große - Alexander der Große hat eine ganze Reihe von nach ihm benannten Städten auf seinen Feldzügen gegründet, doch dies ist wohl seine berühmteste. 332 v.Chr. befreite er Ägypten von den Persern und würde daraufhin zum Pharao gekrönt. Entgegen seinem Wunsch, in Siwa bestattet zu werden, wurde ihm in Alexandria ein Grabmal errichtet. Die ihm nachfolgenden Ptolemäerherrscher schmückten sich halt gern mit dem Feldherrn, den sie erst in einen goldenen, später einen gläsernen Sarg betteten.
In den Unruhen der Spätantike gingen Grab und das Wissen um dessen Ort verloren.
Iftar, das Fastenbrechen rückt näher. Und da ich auch nicht mehr viel Zeit hatte, suchte ich mir wieder eine schöne Lokalität. Im Fish Market Restaurant wurde ich fündig. Ausgewählt wurde direkt an der Theke, fangfrisch und richtig lecker.
Beim Essen beobachtete ich die Sonne beim Untergehen und den Mond beim Aufgehen und freute mich eigentlich darüber, dass das ein schöner Abschluss für die kleine Reise sei. Leider kommt noch eine weniger angenehme Episode. Beim Spazierengehen am Vormittag hatte ich einen Rummel neben einer Moschee gesehen und gedacht, nach dem Fastenbrechen ist es bestimmt hübsch dort und bietet noch das ein oder andere Fotomotiv. Also bin ich dort hin, es war ja gleich um die Ecke.
Auf dem Weg kam ich an einer Gruppe Frauen und Kinder vorbei, die irgendwas verkaufen wollten - Tee, Taschentücher... Ich hab höflich abgelehnt und bin weiter. Soweit noch kein Problem. Dann kommen zwei der zugegebenermaßen sehr erbärmlich aussehenden Kinder hinterher und haben gebettelt. Ziemlich aufdringlich. Aber sie sahen auch bedauernswert aus. Und da zwackt dann eben das schlechte Gewissen des "reichen" Westlers und ich habe den Fehler begangen, beiden je 10 Pfund zu geben. Jetzt kommt die ganze Gruppe - drei oder vier Frauen - hinterher, bettelt aggressiv, hält mich fest, verfolgt mich... Das war sehr unangenehm. Einen knappen dreiviertel Kilometer musste ich flüchten.
So bin ich leider auch um den Rummel gebracht worden.
Nun geht es noch auf einer 50 km Fahrt bis zum Flughafen Borg al Arab, den internationalen Flughafen Alexandrias. Bei meinen Plänen für den Rückflug hat sich glücklicherweise nichts geändert und ich muss nicht Hindukusch, Kaukasus und Anden überqueren, um nach Rom zu kommen. Nur pünktlich startet Wizzair nicht. Eine knappe Stunde später als geplant geht es 23:45 los. Aber das habe ich schon einkalkuliert, weil auf der Route bisher noch kein bei Flightradar getrackter Flug pünktlich gestartet ist.
In Fiumicino habe ich mir einen Loungeaufenthalt und eine Dusche gegönnt, bevor dann nach Sfogliatelle Napoletana zum Frühstück mit Ryanair zurück nach Berlin ging.
Auf den Flug habe ich mich schon gefreut, weil die Route exakt über mein Heimatdorf im Erzgebirge geht. Was ich nicht bedacht habe: man sieht davon nix, weil der Blickwinkel dann nicht passt. Zumindest die Nachbardörfer hat man ganz gut gesehen...
Die Landung in Berlin war etwas verspätet, aber halb so wild. Nur dass es dann von der Landung am BER nach Potsdam ebenso lang gedauert hat, wie von Rom nach Berlin, ist schon etwas frustrierend.
Fertig