Kenia
In Kenia wird das beste Englisch in Ostafrika gesprochen, wie mir schnell bewusst wird, als ein Straßenhändler den Wetterumschwung kommentiert mit "it's gonna rain cats and dogs". Ansonsten ist Nairobi eine klassische wenig interessante Großstadt in der "3. Welt", in der ich mich trotz ihres Rufs als "Nairobbery" nie unwohl fühle. Ich nutze Nairobi zu Dekompression und Wäschewaschen nach der intensiven Safari und schaue mir en passant die 2-3 halbgaren Sights an. Merke: Museen sind für uns Mzungus teuer und es einfach nicht wert.
Mein eigentlicher Plan: Öffentlich von NP zu NP nach Uganda kommen.
Ich starte mit einem Bustransfer in die Massai Mara, den kenianischen Ausläufer der Serengeti. Ich lande vergleichsweise straightforward (Bus + shared taxi mit US-Pärchen in toxischer kodependenter Beziehung) in Talek, einer sehr übersichtlichen Siedlung, um die herum geschätzt 80-100 Camps existieren. Wer häufig reist, der weiß, dass es an vielen Orten dieses eine Hostel gibt, das nicht nur besser, sondern auch günstiger ist als der Rest. In Talek ist es das "Greenwood Safari Camp", das von einem sehr freundlichen ägyptischen Reisefotografen geführt wird, der sich auch um die Organisation und preisgünstige Zusammenlegung von Safarijeeps kümmert. Halbwegs stabiles WIFI, relativ großer Pool, Solarleuchten im Zelt, die man mit einer Fernbedienung einschaltet, super Essen - alles eine Klasse besser als das, was ich in Tansania erleben durfte. Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt. Zur Safari: die Massaii Mara ist deutlich kompakter als die Serengeti und präsentiert ihre durchaus üppige Artenvielfalt auf entsprechend weniger Raum. Wir starten sehr früh mit Hyänen und Schakalen, erwischen eine Löwenfamilie (2 Weibchen + 3 niedliche Cubs) on its way auf einer Erdstraße, zudem sehen wir recht früh Gepard und Leopard (allerdings liegend im Gras, also eher eine B-Sichtung) und - einer meiner Lieblinge - den Serval. Wer sich die Serengeti nicht antun möchte, weil teuer, weit und verstaubt, der kann sich an der Massai Mara recht gut schadlos halten, weil es hier ein wenig weniger teuer und weit ist, wiewohl ebenso verstaubt. Eines gebe ich allerdings zu bedenken: die großen Herden, die Serengeti und Ngorongoro ausmachen, wird man hier zumeist eher nicht vorfinden.
Per mühsamem Matatu (Sammel-Minivan, der vollgestopft wird, regelmäßig anhält und häufig wartet, bis er wieder vollgestopft ist – ich habe Matatus in Afrika zu hassen gelernt) erreiche ich Naivasha, eine freundliche am gleichnamigen See gelegene mittelgroße Stadt. Ursprünglich will ich in den Hell’s Gate NP, wo man, mangels gefährlicher Tiere, mit dem Fahrrad rumfahren kann. Aber ich habe kurzfristig keinen Bock aufs Radeln unter afrikanischer Sonne, um ein paar Zebras und Antilopen zu sehen. Ich entscheide mich deswegen für das andere „Standardpaket“ in Naivasha: eine kurze Bootstour samt Besuch auf Crescent Island. Auf der sehr kompakten Crescent Island wurde vor Jahrzehnten „Jenseits von Afrika“ gedreht. Dafür wurden extra Tiere hingekarrt und dann einfach dort gelassen. Seitdem leben die Tiere, geschützt von einer Stiftung, auf dem Areal, das man zu Fuß bewandern kann. Die Tiere – vor allem Zebras, Antilopen, Giraffen, Wasserhirsche, Gnus und Affen - sind Besuch gewohnt, schauen neugierig und lassen die Wanderer bisweilen bis auf wenige Meter heran. Die Freiheit zu Fuß und die Nähe zu den Tieren war mein schönstes Erlebnis in Afrika. Zur Bootstour muss man wissen: Vor wenigen Jahren gab es in der Gegend Jahrhundertregen, wodurch sich der See stark ausdehnte. Die Spuren der heftigen Überflutungen sieht man bis heute (tote Baumstümpfe, Häuserruinen). Die Bootstour hat dadurch einen leicht apokalyptischen Charakter. Davor war der See von Flamingos bedeckt (wenn man googlet, sieht man noch diese „klassischen“ Flamingobilder), die nun aber fast vollständig weggezogen sind. Ansonsten sieht man: spähende Seeadler auf abgestorbenen Bäumen, illegale Fischer im Wasser neben potenziell lebensgefährlichen Nilpferdfamilien, sehr viele unterschiedliche Vogelarten. Ich lege das jedem ans Herz!
Ich ziehe einen See weiter zu Lake Nakuru und einem komplett anderen Seeerlebnis. In Naivasha ist der See halbwegs in die Stadt integriert mit Hotels, Bootstouren, zugänglichen Ufern und Poachern. In Nakuru sind der See und seine Umgebung als NP definiert und man macht wieder klassisch Safari. Größenvergleich: So, wie sich Serengeti zu Massai Mara verhält, so verhält sich Massai Mara zu Nakuru. Wir haben es hier mit einem kompakten Terrain zu tun. Der USP: Die hohe Dichte an Nashörnern. Die Morgensafari (halber Tag genügt) ist pekuniär schmerzhaft (ich bin alleine im Jeep und zahle entsprechend 100 USD + Eintritt; leider nicht zum letzten Mal…), wird aber mit einer schnellen Sichtung von Löwen belohnt, die sich aufgrund der moderaten Morgentemperaturen sogar ein wenig bewegen und Interesse zeigen an den in Entfernung streifenden Tieren. Merke: Besser als Löwen sind Löwen mit nicht komplett gelangweiltem Mienenspiel. Und wie angekündigt sehe ich Nashörner in vielen möglichen Konstellationen.
Ich komme in Kenia gut voran und habe Zeit übrig. Ursprünglich plante ich, den direkten Bus nach Kampala zu nehmen, möchte mir aber die lange Strecke bei Nacht (16 Stunden mit Grenzübergang) nicht antun – ich bin ja kein 30jähriger armer Backpacker mehr; man wird bequem, die Bereitschaft für Selbstausbeutung sinkt. Ich spiele unterschiedliche Varianten durch, denn zu sehen gibt es auf der Strecke zwischen Nakuru und Uganda einiges, aber am Ende wirkt jede Option (eine Teeplantage in Kericho, ein Wandergebiet im Regenwald in der Nähe von Kakamega) unbequem und eher nach Ersatzstress für den Stress einer langen Busfahrt. Ich entscheide mich daher für einen Zwischenstopp in Kisumu, einer friedlichen Großstadt am Victoriasee ohne größeren touristischen Mehrwert für Reisende, die nicht alles geil finden. Von dort sind es nur 3 Stunden per Matatu bis zur ugandischen Grenze.