Thema: Weltreise und Armut  (Gelesen 12259 mal)

waveland

« Antwort #15 am: 22. Januar 2014, 08:56 »
aber was ich tausendmal schlimmer finde ist, 3 wöchiger Urlaub in einem Land, abgeschirmt von den Einheimischen in teuren Hotels übernachten und Nichts von der Armut und dem Land mitbekommen wollen. Wer profitiert, die Reichen (meist westlich inhabergeführte Hotelketten).

Ich verstehe deinen Punkt, sehe aber nicht was daran schlimm sein soll, wenn jemand 3 Wochen "Luxus"-Urlaub in einem armen Land macht. Sicherlich kommt nicht alles bei den Armen bzw. sogar das meiste bei Reichen oder Ausländern an. Aber wenn jetzt jemand 100€ für eine Nacht in einem Hilton ausgibt, denke ich schon dass mindestens 5-10€ davon über Löhne der Angestellten, Steuern, Handwerker und andere "Zulieferer" auch lokal ankommt. Bei dem Backpacker, der das 5€ Zimmer auf 4€ runterhandelt, kommt vielleicht 100% seiner Ausgabe lokal an, aber die Armut in dem Land wird damit auch nicht wirklich bekämpft.

Es gibt genügend Beispiele, dass ein "abgeschirmter" Luxus-Tourismus dem Wohlstand in einem Land viel besser bekommt (z.B. Malediven, Botswana oder Bhutan), als Horden von Backpackern, die sich über die z.T. staatlich subventionierten billigen Transportmittel in einem Land wie Indien freuen, auch wenn letztere mehr von der Armut im Land mitbekommen.

Ignoranz (wo ich denke das keiner von uns in diesem thread von betroffen ist) finde ich tausendmal schlimmer. Von weitem (Dland, USA, Frankreich etc ) spenden und nicht wissen (wollen) wo es wirklich landet.

Die meisten die was spenden, wollen schon wissen, wo es landet und ob es wirklich ankommt. Ich kann da jetzt recht wenig Bezug zu "Ignoranz" herstellen ???. Ich finde eher ignorant, wenn z.B. jemand in einem reichen Land eine gute Ausbildung geniest und dann nicht arbeiten will, als wenn jemand arbeitet und Geld verdient und einen Teil seines Einkommens spendet, auch wenn es nur "von weitem" ist.
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pawl

« Antwort #16 am: 22. Januar 2014, 19:48 »
Zitat
Ich frage mich ein wenig, was du eigentlich hören willst.

Das Frage ich mich auch schon. Ich möchte darüber sprechen wie und ob man Systemkritik auf einer Reise vertreten und vermitteln kann, da mir eben nichts andere einfällt was ich beitragen kann.


Ich will nicht den Sozialismus oder sonst etwas predigen, aber die systembedingte Ausbeutung steht für mich eigentlich fest.

Einige Beispiele habe ich ja schon versucht zu umschreiben. Ich bin auch kein Profi auf dem Gebiet aber:

Hier einer der ersten Google Treffer. Da beschreibt der TUI-Umweltmanager die Realität die auf _alle_ großen Player im Markt zutrifft:

Zitat
[...]"Warum sollte die Tourismusindustrie ein Interesse an der Bekämpfung der Armut haben?".

Ein solches Interesse hat sie nämlich nicht. Denn, so Iwand: "The business of business is business." [...]

http://www.tourism-watch.de/content/mit-tourismus-gegen-die-armut


Jetzt kann man meinen, mit dem Geld dass die Mitarbeiter verdienen können Sie ... Nein können sie nicht!

Es geht ganz klar darum mit wenig Kosten viel Umsatz zu machen und somit werden die Arbeiter nie profitieren.

Jetzt könnte man meinen "Was passiert wenn ein Sozialsystem ala Deutschland aufgebaut wird?" Die Großkonzerne wandern direkt ins Nachbarland ab. Globale Konkurrenz eben.


Zitat
Aber was ist die Alternativlösung?

Ich bin momentan selbst am schauen. Die Kapitalismuskritik gibt schon einige genaue Beschriebungen der Vorgänge. Mir den Lösungswegen tue ich mich aber schwer.



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_Sarah_

« Antwort #17 am: 22. Januar 2014, 19:55 »

Es gibt genügend Beispiele, dass ein "abgeschirmter" Luxus-Tourismus dem Wohlstand in einem Land viel besser bekommt (z.B. Malediven, Botswana oder Bhutan),


Vielleicht ein ganz interessanter Artikel zu den Malediven >>
http://www.spiegel.de/reise/fernweh/malediven-kleine-inseln-grosse-luxus-resorts-a-944466.html

Ob da wirklich irgendetwas  bei den Einheimischen ankommt wage ich zu bezweifeln.

Meiner Meinung nach ist es schon sinnvoll sich zu fragen ob man wirklich in alle Regionen reisen sollte, oder ob damit die Situation der Menschen vor Ort nicht sogar noch verschlechtert. Gerade die Malediven sind denke ich ein super Beispiel für ein Land in das man sich eine Reise wirklich gut überlegen sollte. Hier gilt nicht nur eine strenge Auslegung des Scharia-Rechts und damit eine extreme Missachtung der Menschenrechte, die Malediven haben auch erhebliche Infrastrukturelle Probleme. Von der "Müllinsel" hat ja mittlerweile fast jeder schonmal gehört und die besteht zu großen Teilen aus Hinterlassenschaften der Tourismusindustrie. Die Fischerei ist neben dem Tourismus der größte Wirtschaftssektor und wohl eher der, welcher der armen Bevölkerung zu gute kommt. Leider werden die Gewässer um die Malediven zunehmend veschmutzt unter anderem durch die, durch den Tourismus wachsende, Müllproduktion. Die Malediven gehören zu den ärmsten Ländern der Welt und rund die Hälfte der Bevölkerung lebt mit weniger als einem Dollar am Tag, ob diese Leute von den Luxustouristen profitieren ist ziemlich fragwürdig.

Umgekehrt wenn man als Backpacker oder individualreisender Land und Leute kennen lernen will muss man gute Gründe parat haben. Betreten darf man die Inseln auf denen einheimische leben nämlich in der Regel nicht, oder nut unter strengen Auflagen.

Da reise ich doch lieber in Länder in denen ich als kleiner Backpacker rumreisen und gelegentlich hier und da helfen kann wo es eben geht ... und wenn es nur das lächeln ist.
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waveland

« Antwort #18 am: 22. Januar 2014, 20:04 »
Ich war auch noch nie auf den Malediven (vlt. kein gutes Bsp.) und reise auch lieber als Backpacker irgendwo rum, wo man sich frei bewegen kann ... ich bezweifle aber nur, ob dies im Endeffekt gegen die Armut was hilft.
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_Sarah_

« Antwort #19 am: 22. Januar 2014, 20:20 »
In dem Punkt sind wir uns hier in dem Forum sicher alle einig :D Ich wollte auch nicht sagen das man als Tourist die Welt retten kann. Ich bin aber davon überzeugt, dass Backpacking eine, wenn nicht die, nachhaltigste Reiseform ist (wenn man die Flugreisen rausnimmt) ist die es momentan gibt. Mit Nachhaltigkeit mein ich dabei nicht nur ökologische und sondern auch soziale und ökonomische Aspekte. Daher leistet man schon seinen kleinen Beitrag. Ich find aber auch das man sich bei der Wahl seiner Destinationen schon gedanken machen sollte. Ich kann gut verstehen wenn Leute sagen das es Regionen gibt in denen sie es mit ihrem Gewissen nicht verantworten können zu reisen.
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waveland

« Antwort #20 am: 22. Januar 2014, 20:48 »
OK, akzeptiert. Diese Meinung vertrete ich eigentlich so auch :)
Ich würde aber "Luxus-Tourismus" nicht verdammen, eher Bilig-Massentourismus ;)
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Wuselchen2011

« Antwort #21 am: 22. Januar 2014, 21:55 »
@sarah
Zitat
(wenn man die Flugreisen rausnimmt)
Die kannst du aber nicht einfach rausnehmen. Flugreisen schädigen nunmal die Umwelt und jeder Abiturient der in einem Jahr einmal um die Welt fliegt, schädigt die Umwelt mehr als jeder Pauschaltouri. Flugreisen einfach rausnehmen is nich!

Zitat
Ich würde aber "Luxus-Tourismus" nicht verdammen, eher Bilig-Massentourismus
Zum einen schafft der Billig-Massentourismus auch Arbeitsplätze.
Zum anderen: Was ist Billig-Massentourismus? "Billig"? Backpacker reisen meist billig. "Massen"? Falls es euch noch nicht aufgefallen ist...... Backpacker rotten sich auch gern zusammen, egal ob in Hotels, Kneipen, Orten, Stadtteilen, Bussen oder Strassen. Und es gibt sehr viele von uns.

Aber um nochmal auf die Armut zurückzukommen.
Schlimme Sache, gibt es aber auch in Deutschland. In Länder in denen wirkliche Hungersnöte herrschen und in denen Leute tatsächlich vom Hungertod bedroht sind, würde ich als Backpacker keinen Fuss setzen, wenn ich denen nur ihr Wasser wegtrinke und den Rest Essen wegesse. Die Länder, die Backpacker bereisen sind oft arme Länder, aber keine Länder in denen die Menschen akut vom Hungertod bedroht sind.
Wer helfen will, kann dies sicher auch durch entsprechende Fähigkeiten machen. Kulturwissenschaftsstudenten wohl eher nur durch Geld.

Grundsätzlich denk ich:
wer jeden Tag ein bisschen drüber nachdenkt, was er tut, was er kauft, ob die Oma nebenan vielleicht Hilfe braucht, wie oft er sein Auto benutzt etc. etc. wird nachhaltig mehr bewirken, als wenn er sich auf Reiseländer beschränkt, die er nicht wirklich kennt.
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Jenny_far_away

« Antwort #22 am: 22. Januar 2014, 22:51 »
@Wuselchen: "Backpacker bereisen keine Länder in denen Menschen akut vom Hungertod betroffen sind" das ist doch ein Witz oder?? Kambodscha, Indien, Nepal, Timor-Leste, Guatemala, die meisten Länder Afrikas und so viele weitere??? Da sind doch überall Backpacker! Schau dir mal die Seite der Welthungerhilfe an. 2012 waren mehr als 40% aller Kinder in Indien unter 5 Jahren unterversorgt! In Timor-Leste sieht es nicht anders aus.

Ich finde das aber auch nicht unbedingt verwerflich, so lange man bewusst isst und nichts verkommen lässt oder wegschmeißt. Denn Essen gibt es in vielen der Länder eigentlich genug. Das Problem ist, dass es nicht allen zugänglich ist.

Selbst in China gibt es Gegenden, wo man auf gar keinen Fall etwas auf dem Teller lassen kann, weil die Einheimischen das als Beleidigung sehen. Die können sich das nämlich nicht leisten und die meinen, dass wir das dann raushängen lassen, dass wir so viel Kohle haben. Ist ja auch völlig legitim von ihnen.

Myanmar gehört übrigens auch zu den Ärmsten Ländern der Welt und da gibt es sicher auch Menschen die vom Hungertod bedroht sind!

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_Sarah_

« Antwort #23 am: 22. Januar 2014, 22:54 »
@ Wuselchen: Ja das stimmt aber hier ging es ja um soziale Aspekt und wirtschaftliche Aspekte nicht um Umwelt. Außerdem würd ich sagen kommt das ganz darauf an wohin der Pauschaltourist reist. Wenn Man seine 3 Wochen Sommerurlaub unbedingt auf Bali verbringen muss ist das nicht weniger schädlich als ein Weltreisender "Abiurient" der immerhin ein paar Monate unterwegs ist. Ich denke auch das der Anteil an Backpacker die CO2 kompensieren höher ist als der durchschnittliche Anteil an Pauschaltouristen. Schon wegen der Reiseform unterstell mal einfach mehr sensibilität für Umweltthemen. Klar macht man den Co2 Ausstoss damit nicht ungeschehen aber wenigsten hilft man bei der Entwicklung nachhaltiger Alternativen. Ich würde zum Beispiel nie eine lange Flugreise mache ohne atmosfair einen besuch abzustatten.
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Wuselchen2011

« Antwort #24 am: 22. Januar 2014, 23:00 »
Zitat
Kambodscha, Indien, Nepal, Timor-Leste, Guatemala, die meisten Länder Afrikas und so viele weitere??? Da sind doch überall Backpacker! Schau dir mal die Seite der Welthungerhilfe an. 2012 waren mehr als 40% aller Kinder in Indien unter 5 Jahren unterversorgt! In Timor-Leste sieht es nicht anders aus.
Unterversorgt ist nicht gleichzusetzen mit vom Hungertod bedroht. Unterversorgte findet man auch auf jeder Modenschau!


Zitat
Ich finde das aber auch nicht unbedingt verwerflich, so lange man bewusst isst und nichts verkommen lässt oder wegschmeißt. Denn Essen gibt es in vielen der Länder eigentlich genug. Das Problem ist, dass es nicht allen zugänglich ist.
Das ist die Tragik an der ganzen Sache: rein theoretisch wäre, zumindest im Moment noch, genug für alle da. Und das ist schon sehr sehr lange so.
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Jenny_far_away

« Antwort #25 am: 22. Januar 2014, 23:19 »
Die sind aber vom Hungertod bedroht! Und das z.T. sehr akut, wenn man sich die Statistiken ansieht! Was meinst du wie viele Tausend Menschen in Indien an Hunger und den Folgen von Hunger sterben??

Seit 1991 sind 40 MILLIONEN Kinder in Indien den Hungertod gestorben, das ist halb Deutschland! 1.7Millionen alleine im Jahre 2011. Das sagt doch alles oder?
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Wuselchen2011

« Antwort #26 am: 22. Januar 2014, 23:21 »
Zitat
Schon wegen der Reiseform unterstell mal einfach mehr sensibilität für Umweltthemen. Klar macht man den Co2 Ausstoss damit nicht ungeschehen aber wenigsten hilft man bei der Entwicklung nachhaltiger Alternativen.
??? Das halte ich für ein Gerücht. Ich bin nicht nur einmal in einem Laden mit Korallenschmuck u.ä. gestanden in dem die Rucksacktouristen gekauft haben wie doof.
Rucksack=intelligent, gebildet, umweltbewusst etc. ---> stimmt nicht
pauschal = dumm, ungebildet --> stimmt auch nicht
Sorry, hier gibts doch grade diesen schönen aktuellen Beitrag was man mit seinen Haaren machen sollte, wenn man auf Reisen ist. Mal abgesehen davon, dass mir meine Haare auf Reisen relativ egal sind (wächst nach), find ich sehr sehr selten mal den Ratschlag Produkte zu benutzen, die biologisch abbaubar sind. Sensibilität für Umweltthemen? Fehlanzeige!

Zitat
Ich würde zum Beispiel nie eine lange Flugreise mache ohne atmosfair einen besuch abzustatten.
Du vielleicht, aber wieviele andere tun das nicht? Da gehts um jeden cent.
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_Sarah_

« Antwort #27 am: 22. Januar 2014, 23:34 »

Rucksack=intelligent, gebildet, umweltbewusst etc. ---> stimmt nicht
pauschal = dumm, ungebildet --> stimmt auch nicht
 

Oha Stop! Das hab ich nie gesagt und auch nie gemeint!
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Wuselchen2011

« Antwort #28 am: 22. Januar 2014, 23:43 »
Zitat
Die sind aber vom Hungertod bedroht! Und das z.T. sehr akut, wenn man sich die Statistiken ansieht! Was meinst du wie viele Tausend Menschen in Indien an Hunger und den Folgen von Hunger sterben??

Seit 1991 sind 40 MILLIONEN Kinder in Indien den Hungertod gestorben, das ist halb Deutschland! 1.7Millionen alleine im Jahre 2011. Das sagt doch alles oder?
Hallo Jenny, Indien ist nicht gleich Indien wie du weisst. Die Regionen in die sich Touristen normalerweise verirren sind nicht die Regionen in denen noch Menschen verhungern.
Ausserdem sollte man Hunger und Mangelernährung noch unterscheiden. Ein Kind kann auch dann an Mangelernährung sterben, wenn es genug zu essen gibt. Damit sind wir bei der Bildung.

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Jenny_far_away

« Antwort #29 am: 23. Januar 2014, 00:22 »
Ja das ist mir auch klar. Aber es geht auch eher darum, dass es Schwachsinn ist, dass Backpacker nicht in Ländern reisen, wo Menschen verhungern. Und selbst in Rajasthan, wo extrem viele Touristen reisen verhungern Menschen. Außerdem wüsste ich jetzt auch keinen Staat in Indien, wo keine Backpacker unterwegs sind.

Und ist es in Bezug auf dieses Thema wirklich wichtig, ob die Menschen in diesen Ländern an Mangelernährung oder Hunger sterben?
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