Thema: Honduras, Guatemala, Mexiko im Juli/August  (Gelesen 2794 mal)

lrr

« am: 03. Mai 2010, 19:51 »
Hallo Leute!

Ich werde voraussichtlich im Juli und August in den oben genannten Ländern reisen. Das Reisezeiten-Tool sagt, dass dies aufgrund der Regenzeit die schlechteste Reisezeit ist. Was bedeutet das? Meine Recherchen im Internet (hab mir mal ein paar Klimadiagramme angeschaut) sehen eigentlich ganz in Ordnung aus. Natürlich nicht 100% optimal, aber naja, man kann nicht alles haben!

Es ist doch nicht so, dass wir nun nur Dauerregen und Hurrikans erwarten müssen? :P

Kennt sich jemand speziell aus, was das Tauchen um diese Reisezeit auf den Islas de la Bahia angeht?
Hat sonst jemand diese Region im Juli und August schon mal bereist?

Die Natur muss doch gerade aufgrund der Regenzeit in voller Pracht stehen!

Ich wäre froh, wenn ihr mir Eure Meinungen und Erfahrungen mitteilen könntet!

Beste Grüße,
Leon.
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farmerjohn1

« Antwort #1 am: 04. Mai 2010, 05:26 »
Also Regenzeit und Trockenzeit - naja.
In ganz Lateinamerika treffen diese Einteilungen aus zwei Gruenden nicht so genau zu wie man es von Asien und Afrika hoert: erstens liegt die grosse Landmasse im tropischen Amerika suedlich des Aequators, noerdlich liegt nur die karibische Inselwelt und das schmale Mittelamerika. Dadurch kommt es zu Verschiebungen der Wetterlage in der innertropischen Konvergenzzone, d.h. die grossen Regenmassen der Regenzeit gehen eher weiter suedlich etwa ueber dem Amazonas nieder als in Mittelamerika. Zweitens liegt die sehr hohe Andenkette (die sich geologisch auch in Mittelamerika und Mexiko fortsetzt) auf einer Sued-Nord-Achse und haelt regenreiche Westwinde und Wolken viel staerker vom Land ab, bzw. erschwert den Abfluss warmer Luft aus dem Innern des Kontinents zum Westmeer (Pazifik) staerker als auf den anderen Kontinenten.  Hinzu kommt noch, auch in Mittelamerika, dass die verschiedenen Hoehenlagen das Mikroklima teilweise entscheidend veraendern.

Ich war mal vom 7. November bis 31. Januar in Suedmexiko, Belize und Guatemala,  in der sogenannten Trockenzeit, in Guatemala hat es vom 1. Dezember bis 31. Januar mindestens 45 Tage nur geregnet.    
Aber ich habe mehrmals eine regulaere Regenzeit April bis September in anderen Laendern der Region erlebt. Dort ist die Regenzeit eine Zeit, in der es pro Monat mehr als 15 Tage regnet, meistens um die 20 Tage pro Monat, waehrend die Trockenzeit maximal 7 Regentage im Monat, manchmal weniger, und manchmal auch 6 Wochen am Stueck ohne einen Tropfen bietet.
Klar, die Landschaft und die Pflanzen haben in der Regenzeit ein besonders frisches Gruen, alles wirkt insgesamt froehlicher und beschwingter als wenn es zu trocken ist.

Der negative Einfluss auf den Urlaub ist nicht systematisch und zwingend, zumal es sich nicht wie in Deutschland ueber Wochen und Monate ununterbrochen 'einregnet', sondern immer ab und zu die (ziemlich starke) Sonne herauskommt, die selbst durch dicke Regenwolken hindurch noch wirkt.

Man muss nur wissen: Regenzeit bedeutet, dass es mit groesserer Wahrscheinlichkeit WIRKLICH regnet. Das heisst: Holperpisten sind matschig, und das kann heissen, dass selbst ein grosser Jeep, z.B. ein Cherokee oder Landrover, bis zum Dach einsinkt, dass man bei Bergwanderungen staendig eingesaut, durchnaesst  und Rutschpartien ausgesetzt ist, dass es Erdrutsche geben kann - beim Baden in Gebirgsbaechen sind ein paar Tonnen Geroell auf dem Kopf nicht unbedingt gesund. Fuer Strandurlauber heisst viel Regen zwar nicht 'zu kalt und null Braeune' wie an der Nordsee selbst an einem verregneten Julitag, aber  sehr wohl aufgewuehltes Wasser, starke Winde/Stroemungen und evtl. kein schoenes Taucherlebnis. Auch erbrechen grosse Fluesse gerne alles was sie mitgerissen haben ins Meer.
Bei Hoehen bis 1000m ueber NN ist der Regen selbst zwar selten unangenehmer als ein Sommergewitter in Deutschland, aber wer in Badehose und Strandschlappen nur 100m selbst eine gut asphaltierte Strasse durch 20cm hohes Wasser entlanggeht, der kann sich hinterher wochenlang die vom Dreck ueberfuellter Abflusssysteme verursachten Hautausschlaege zwischen den Beinen kurieren - nachdem es gelungen ist, diese dauerhaft zu trocknen. Auch ist es nicht sehr angenehm, z.B. auf einer Fahrrad-Reise an einem Pudding-Beine-Berg die heisse Dampfbad-Luft nach einem Regenschauer im tropischen Tiefland einzuatmen und die feuchte Kleidung in den Satteltaschen minuetlich schwerer werden zu spueren. In Hoehen ab 1500m sieht man oft keine 50m weit, weil das Gebirge in Nebelwolken eingehuellt ist - das oft stundenlang, sodass man weder Hochmoore und seltene Pflanzen oder Tiere bewundern noch Panorama-Blicke geniessen kann. Wird es dann noch windig, kann man sich trotz geeigneter Kleidung ganz schoen erkaelten.
In der von Dezember bis April waehrenden Regenzeit in Zentralbrasilien entwickelte sich waehrend der fuenf Minuten, die ich am Bankautomat auf der Talstrasse einer an Berghaengen hochgebauten Stadt zum Geld abheben brauchte, der leichte Regen zum Wasserfall und die 15cm dicken, knapp 1 qm grossen aus massivem Stahl gefertigten Gullideckel wurden durch eineinhalb Meter hohe Wasserfontaenen in die Hoehe geschleudert.  Das Theater, wenn bei solch einer Gelegenheit der Mietwagen verunglueckt, moechte ich nicht erleben muessen; noch weniger  moechte ich dann in einem ueberfuellten Minibus sitzen, eingeengt zwischen Rucksack und schreienden Babys, weit weg von Schiebetuer und Fenster, mit voll aufgedrehter Latinomusik und einem irrsinnigen Fahrer, der chronisch zu schnell faehrt und nur in Kurven bremst.
 
Wie gesagt  -  es kann sein, dass Du nicht viel davon mitbekommst. Aber wenn doch, dann ist es nicht sehr erholsam.
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