Thema: 4 1/2 Stans - Mittelasien 2025  (Gelesen 1050 mal)

Kaamos

« am: 12. Mai 2025, 22:12 »
Meine Tour durch Mittelasien liegt jetzt hinter mir und ich bin noch total geflasht. Das ist so ein großartiger Landstrich! Geschichte, Natur, Menschen, Essen - eigentlich alles überwältigend. Auch die Straßen - aber die sind überwältigend schlecht  :o

Egal...

Es wird wieder viel zu gucken geben, daher werde ich erst einmal mit ein bisschen organisatorischem starten, damit man sich im ganzen Erlebnisbericht dafür nicht zu Tode suchen muss.

Die Route ist:
Tajikistan
Berlin - Istanbul - Dushanbe
Dushanbe - Hissor - Duschanbe
Dushanbe - Istanderkul - Panjakent
Usbekistan
Panjakent - Samarkand
Samarkand - Sharisabz
Sharisabz - Termez
Termez - Boysun
Boysun - Bukhara
Bukhara - Khiva
Turkmenistan
Khiva - Konye Urgench - Derwaza
Derwaza - Khiva
Usbekistan
Khiva - Tashkent
Kasachstan
Tashkent - Almaty
Almaty - Zharkent
Zharkent - Charyn - Almaty




Tajikistan

Da ich durch die Schulferien immer ein bisschen in Zeitnot bin, habe ich alles ziemlich straff durchorganisiert, um möglichst viel aus der kurzen Zeit rauszuholen. In Dushanbe sind wir eigentlich auch nur gelandet, weil es einen günstigen Flug gab. Ursprünglich wollte ich nur Usbekistan machen, aber so kommt halt eins zum andern.
Für den Tajikistan-Part habe ich mir einen Guide und Fahrer besorgt. (https://tajikistanmountain.com) Sehr zuverlässig, schnelle Kommunikation per Email. Der Guide sprach top Englisch, gute Geschichtskenntnisse etc.

Einreise easy, visumsfrei. Gepäckausgabe am Flughafen war ein bisschen chaotisch, aber alles kam an.
Zum Internet kann ich nichts sagen, für 3 Tage Tajikistan haben wir auf eine Simcard verzichtet.
Geld hatten wir nicht in der Hand, das hat alles der Guide organisiert.
Hotel in Dushanbe habe ich über Booking gebucht (inkl. kostenlosem Flughafentransfer), in Panjakent ging es über die Agentur.
Unterkunft und alles, was wir an Essen hatten war sauber und in gutem Standard.
Die Straßen, auf denen wir unterwegs waren, waren gut.

Grenzübertritt TJ-UZ erfolgt zu Fuß, geht schneller als mit Auto. Auf der usbekischen Seite wurden wir schon vom 2. Fahrer erwartet, der uns bis Samarkand gebracht hat.

Usbekistan

Einreise unkompliziert und visumsfrei.
Geld kann man direkt an der Grenze tauschen. In den größeren Orten gibt es aber auch einige Geldautomaten (Visa hat funktioniert). Gegen Abend waren einige Automaten leer.
Direkt hinter der Grenze gibt es Simkarten (40GB für ca. 18€)

Unterkünfte habe ich per Booking alles vorgebucht. Zahlung vor Ort meist cash.
Essen ist großartig. Speisekarten häufig bebildert.

Kommunikation läuft in den größeren Städten gut in Englisch, wo nicht, funktioniert Google translate.
Die Menschen waren alle aufgeschlossen, freundlich. Ich kann mich an keine einzige negative Begegnung erinnern.

Für die Strecke: Samarkand - Sharisabz - Termez - Boysun - Bukhara habe ich einen Mietwagen gebucht. Anbieter: Sixt. Kommunikation läuft gut über Whatsapp, der Filialleiter in Samarkand ist sehr professionell und spricht exzellent Englisch.
Der bestellte SUV war leider nicht verfügbar. Es gab einen chinesischen Hybrid stattdessen. Reicht in der Theorie auch. ABER: Die usbekischen Straßen sind grottig! Es wird viel gebaut, sehr viele Schlaglöcher, aufgeworfener Asphalt, Slalomfahren, Piste... alles dabei. Ich bin immer noch baff, dass wir keinen Platten hatten. Dennoch: bei Mietwagen empfehle ich unbedingt volle Versicherung!

Im Grenzgebiet zu Afghanistan habe ich keine angespannte Sicherheit wahrgenommen. Wir konnten auch ohne Probleme bis an die Grenze ran fahren.

Bukhara - Khiva sind wir Zug gefahren. Buchung über die Homepage (oder die App? bin mir gerade nicht mehr sicher). Jedenfalls ganz unkompliziert und hat auch mit meiner deutschen Visa geklappt. Allerdings muss man wohl schauen, möglichst zeitnah zu buchen, sobald das Buchungsfenster öffnet, insbesondere, wenn man Schlafwagenabteile möchte.

Von Khiva aus haben wir übers Hotel eine Tour zu den Wüstenfestungen gebucht. Sehr empfehlenswert.

Später geht es dann mit dem Nachtzug von Urgench nach Tashkent.
Ein Hoch auf die Usbekische Eisenbahn: Alles auf die Minute pünktlich. Damit habe ich nicht gerechnet.

Turkmenistan

Wenn man schonmal hier in der Gegend ist...^^
Das Tajikische Reisebüro hat uns auch noch einen Abstecher nach Turkmenistan verkauft. Zeitlich hat es leider nur für einmal Schnuppern gereicht. Tag 1: Khiva - Derweze Krater, Tag 2: zurück nach Khiva.
Sündhaft teuer für den kurzen Ausflug (ca. 400€ pP), aber hat sich gelohnt. Der Krater ist großartig. Und die Übernachtung in der Jurte ist auch genial.

Visum ist notwendig. Das gibt es aber on arrival direkt am Grenzübergang. Wichtig ist, dass man einen letter of invitation hat. Den LOI gibts über das Reisebüro. Das lief auch ganz unkompliziert für uns (deutsch+österreich). Der LOI kam per Email. An der Grenze wurden wir vom Guide in Empfang genommen und der hat die Einreiseformalitäten für uns erledigt.
obligatorischer Coronatest, sowie Einreisegebühren zahlen. ACHTUNG: Nur mit nagelneuen USD. Ich hab mir vorher extra welche bei der Reisebank geholt, die haben sie an der Grenze nicht akzeptiert, leicht geknickt  >:(

Guide und Fahrer sprachen perfekt Englisch. Sehr gute Fahrskills. Die braucht man auch. Ich hätte nicht gedacht, dass die Straßen noch schlechter als in Usbekistan sein können.

Ausreise zurück nach Usbekistan war auch ohne Probleme. Als Touris sind wir auch relativ fix an den längeren Schlangen vorbei gelotst worden.

Kasachstan

Von Tashkent sind wir nach Almaty geflogen (Zug geht auch, aber da hat der Fahrplan nicht zu meinen Plänen gepasst). Einreise visumsfrei.

Simkarte und Geld gibts am Flughafen. Im Land kann man auch sehr oft mit Karte zahlen.

Mietwagen über Hertz. Das Auto fuhr, war aber qualitativ etwas schlechter als der usbekische Chinese. Die Straßen, auf denen wir unterwegs waren, waren zu 90% sehr gut. (Piste war auch mal dabei, aber das wusste ich an der Stelle vorher schon)
Es gibt Mautstraßen in Kasachstan. Aber da ist die Abrechnung wohl etwas tricky, weil man ein kasachisches Konto braucht. Laut Hertz kann man einfach durch fahren und die kümmern sich dann drum (Kennzeichenerfassung?). Wenn wir irgendwo nicht durchgekommen wären, hätten sie uns per Whatsapp geholfen. War nicht nötig, hat immer geklappt.

Route: Almaty - Altyn Emel Pass - Zharkent - Charyn Canyon - Almaty

Unterwegs gibt es immer wieder sehr gute Schaschlikrestaurants. Verhungern muss man in Kasachstan nicht.



Alles in allem großartige Länder. Pamir, Ostturkestan und Kirgistan müssen irgendwann noch nachgeschoben werden!

Einen detaillierteren Bericht mit Bildern schreibe ich dann so nach und nach in den nächsten Tagen.

Kama aina

« Antwort #1 am: 13. Mai 2025, 18:09 »
Kaamos! Wie früher ist auf dich verlass! Zumindest aus meiner Sicht!
Nach gefühlten paar Jahren Abwesenheit hier im Forum hab ich für eine Reise, bzw. geplante Reisen, durch Zentralasien Infos gebraucht und bin lustigerweise wieder hier gelandet und fündig geworden!

Freu mich sehr auf deine hoffentlich sehr detailierten Berichte und werde dich wohl auch nochmal explizit auf paar Sachen ansprechen!
Wir haben die "Stans" nämlich jetzt auch als nächste Region für uns auf dem Programm.

Kaamos

« Antwort #2 am: 13. Mai 2025, 18:22 »
Kaamos! Wie früher ist auf dich verlass! Zumindest aus meiner Sicht!
Nach gefühlten paar Jahren Abwesenheit hier im Forum hab ich für eine Reise, bzw. geplante Reisen, durch Zentralasien Infos gebraucht und bin lustigerweise wieder hier gelandet und fündig geworden!

Freu mich sehr auf deine hoffentlich sehr detailierten Berichte und werde dich wohl auch nochmal explizit auf paar Sachen ansprechen!
Wir haben die "Stans" nämlich jetzt auch als nächste Region für uns auf dem Programm.

Da unterstütze ich doch sehr gerne :)

Wie immer wird es natürlich in erster Linie ein Erlebnisbericht, garniert mit vielen Bildern sein. Für spezifische Infos, dann gern einfach noch einmal nachfragen.

Kaamos

« Antwort #3 am: 13. Mai 2025, 18:24 »
Freitag, 11.04.2025

Es haben sich mal wieder schön viele Überstunden angesammelt, sodass ich frech meine Schüler zurück lasse und zwei Tage zeitiger in die Ferien starten darf. Das habe ich gestern genutzt, um eine ganz andere Reise zu feiern: den 10. Hochzeitstag. Und heute darf ich ganz alleine los ziehen... Wobei das auch nicht ganz stimmt, auf halbem Wege werde ich meine altbekannte Reisebegleitung treffen. Der Flieger geht ostwärts und in Istanbul haben wir beide Aufenthalt, den wir mit einer Metrofahrt zum Bosporus überbrücken wollen. Ich bin überpünktlich, ihr Flieger nicht. Also ziehe ich bei unerwartet frischen Temperaturen alleine los. Diesmal jedoch nicht ins orientalische Istanbul, sondern ins alte Pera, das "drüben". Hier im Stadtteil jenseits des Goldenen Horns haben einst Venezianer und Genuesen residiert und hat der Sultan im 19. Jh. begonnen, eine moderne europäische Metropole zu erbauen. Vom Taksimplatz aus bimmelt eine alte Straßenbahn vorbei an prächtigen Fassaden und Passagen, die auch in Paris sein könnten.




Ich werfe einen Blick in die Basilika des Heiligen Antonius, spaziere einmal zum goldenen Horn und fahre schon wieder zurück zum Flughafen, wo hinter der Sicherheitskontrolle schon meine Begleitung wartet und wir kurz darauf gemeinsam den nächsten Flieger besteigen. Ziel: DYU.

Dushanbe, Tajikistan. Ein neues Land auf meiner Liste! Als wir landen ist es schon dunkel, etwa 01:00 Ortszeit, Deutschland 3 Stunden voraus. Da sehen wir die großartige Bergkulisse leider nur schemenhaft. Tagsüber muss der Anflug großartig sein. Als Europäer brauchen wir kein Visum. Die Einreise geht flott, aber das Gepäck ist unorganisiert. Erst kommt es so langsam aufs Band, dass man denkt, jeder Koffer wird einzeln vom Flieger her gebracht und dann laufen plötzlich drei Bänder auf einmal und alle springen hin und her, um zu schauen, auf welchem Band ihr Koffer angerollt kommt.

Kaum raus, wird man von der üblichen Traube Taxifahrer bedrängt, aber die brauchen wir nicht. Zum Hotelzimmer gibt's Flughafentransfer inklusive.



Dushanbe. Die Gipfel des Hissargebirges lassen sich auch im Dunkeln erahnen.

Kaamos

« Antwort #4 am: 13. Mai 2025, 18:35 »
Samstag, 12.04.2025

Unsere Zimmer im 14. Stock bieten einen schönen Blick über eine unerwartet grüne Stadt. Im Haus sind drei Hotels übereinander, wir sind im mittleren. Dushanbe hieß 1929-61 übrigens Stalinabad, heute trägt sie wieder ihren ursprünglich persischen Namen: "Montag", weil hier immer Montagsmärkte stattfanden (بازار دوشنبه, Bāzār-i Dušanbe).

Nach dem Frühstück treffen wir unseren Guide Ahmad. Den Tajikistan-Teil habe ich schon vorab organisiert, damit wir einen Fahrer haben und später auch unkompliziert über die Grenze kommen.
Heute starten wir allerdings nach der kurzen Nacht erst einmal gemächlich, fahren eine Runde durch Dushanbe, das zwischen sowjetischem Prunk und modernem Protz schwankt. Großartig sind die Massen an Tulpen!
Außerdem steht auch noch die ganze Deko von Nowruz, dem hiesigen Neujahrsfest, dass im März gefeiert wurde.



Nach einem guten Cappuccino starten wir ins Bildungsprogramm. Das nationale Antikenmuseum ist nicht riesig, hat aber ein paar spannende Exponate. Von Alexander dem Großen sowieso, aber auch wunderbare Wandmalereien aus Panjakent (später mehr dazu) und einen riesigen 13 Meter langen Buddha. Der schlafende Buddha, bzw. "Buddha im Nirvana" ist der größte Ton-Buddha der Welt und Zeugnis davon, dass hier an der Seidenstraße auch ein Schmelztiegel der Kulturen war.
Dass die Gegend auch einmal stark buddhistisch geprägt war, war mir bisher gar nicht so bewusst. Andererseits ist auch Afghanistan nicht weit, wo die Taliban 2001 die riesigen Buddhas von Bamyan gesprengt haben  :smiley_aergerlich:

Etwas außerhalb von Dushanbe besuchen wir die Festung Hissor. Sie wurde im 18. Jh. als Sommerresidenz der Emire von Bukhara angelegt und zieht heute viele tadschikische Touristen an - ein buntes, glitzerndes Völkchen, insbesondere die Frauen. Das Land ist zwar muslimisch, aber die Schwarzvermummten aus anderen Weltgegenden sucht man hört vergeblich.

Am Fuße der Festung schauen wir außerdem in die Zellen einer alten Medrese, während im Hintergrund die Ausläufer des Pamir weiß aufleuchten.



Tajikistan ist ein grünes Land, zumindest hier in der Ebene. Im Winter kalt, im Sommer heiß und mit ausreichend Wasser, dass die Landwirtschaft gedeiht. Und von überall her grüßt das Portrait von Präsident Emomalij Rahmon, der seit 1994 an der Macht ist.




Zum Mittagessen führt uns Ahmad in den Nowruz Palast aus. Es gibt Salate, eine Suppe und Plov, ein Reisgericht, dass als Pilaw, Plow o.ä. im gesamten orientalischen Raum verbreitet ist.

Der Tee wird übrigens drei Mal ausgeschenkt und wieder in die Kanne zurück gegossen. So stellt der König sicher, dass er keine vergiftete Trinkschale bekommt.

Ursprünglich war der Palast Mal als riesiges Teehaus geplant gewesen, das größte Teehaus der Welt, jetzt ist es so etwas wie der städtische Veranstaltungsort, oder eine Stadthalle. Das Ding ist riesig und strotzt vor Prunk. Knapp 8.000 Handwerker sollen beim Bau beteiligt gewesen sein, erfahren wie bei einer Führung, die sogar auf Deutsch ist. Der Palast soll vom Reichtum Tajikistans zeugen, Marmor, Lapislazuli, Zedernholz, Gold, ...

Außerdem sind gerade Uni-Absolventen zum Fototermin hier, inklusive Hut werfen.



Heutzutage ist nicht mehr nur noch montags Markt in Dushanbe. Der Mekhrgon Bazaar hat die ganze Woche geöffnet. Die Markthalle erinnert jetzt nicht unbedingt an einen orientalischen Basar, aber das geschäftige Gewusel ist schon interessant. Und der frisch gepresste Granatapfelsaft ist auch nicht zu verachten.



Nach den kalten Tagen in Deutschland sind die 28°C jetzt ganz ungewohnt. Deshalb verlockt der Rudaki-Park, die grüne Lunge der ohnehin sehr grünen Stadt  zu einer Pause. Zumal nach der kurzen Nacht sich ein Nachmittagstief bemerkbar macht.

Rudaki war ein tadschikischer Poet (858-941), der aus Panjakent stammt. Er war der erste, der die moderne persische Sprache für Poesie genutzt hat. Über 1.000.000 Gedichte soll er verfasst haben, die Zeiten überdauert haben aber nur wenige.

Außerdem steht ein goldener Ismail Somoni (849-907) im Park. Er wird als "Vater des Vaterlandes" verehrt. Somoni hat sein Emirat zu höchster Blüte geführt und seine Grenzen bis über Persien und Turkestan ausgedehnt - das geschah größtenteils friedlich, da seine Herrschaft Kultur, Wohlstand und Fortschritt versprach. Erstaunlich, dass man vom Samaniden-Emirat noch nicht wirklich viel gehört hat im Geschichtsunterrichts.
Gleich hinter Ismail Somoni wird gerade eine Mountainbike Meisterschaft durchgeführt...

Groß und protzig können sie ja, die Tadschiken. Anlässlich des zwanzigjährigen Republikjubiläums wurde ein 165m hoher Flaggenmast errichtet. Die 700 kg schwere Flagge ist 30x60 m groß. Der Mast war 2011-14 der größte der Welt, ist aber mittlerweile auf den 5. Platz gerutscht.



Nach dem ausgiebigen Mittagessen meldet sich heute sicher kein Hunger mehr. Und weil die letzte Nacht so kurz war, geht es erstmal zurück ins Hotel, Beine hoch legen.

Als es langsam dunkel wird, zieht es mich allerdings noch einmal raus in den Park. Auch beleuchtet ist es wirklich schön hier. Es sind sehr viele Frauen und Kinder unterwegs, auch junge Pärchen sieht man, nur Väter und ältere Männer machen sich rar.
Über die Baumwipfel leuchtet auch ein kleines Eigenheim. Der Palast der Nation ist das bescheidene Heim des Präsidenten.
Ihm gegenüber auf der anderen Seite des Parks leuchtet das neue Parlament.




Kaamos

« Antwort #5 am: 13. Mai 2025, 18:42 »
Sonntag, 13.04.2025

Heute haben wir ein bisschen Strecke vor uns, deswegen starten wir schon halb 9 und verlassen Dushanbe. Die nördlichen Landesteile sind mit dem Süden nur über eine einzige Straße verbunden, die das Fann Gebirge überquert.
Es ist bis in große Höhe noch grün, in den Tälern blühen die Pistazienbäume - alles in allem wunderschön.

Bis ganz hoch auf den Anzob-Pass geht es nicht, zumal der möglicherweise noch tief verschneit ist. Stattdessen nehmen wir den Istiklol-Tunnel, der immerhin auch schon auf 2.400m liegt. Die 5km lange Röhre gilt auch, nicht ganz vertrauenserweckend als Tunnel des Todes. Aber von den unbeleuchteten Schlaglöchern vor denen gewarnt wird, war nicht so viel zu sehen.
Früher zu Sowjetzeiten waren Nord- und Südtajikistan fast ausschließlich via Usbekistan miteinander verbunden. Das war natürlich ein Problem nach der Unabhängigkeit der einzelnen Sowjetrepubliken. Der Tunnel wurde 2006 im noch unfertigen Zustand, ohne Belüftung und Beleuchtung eröffnet. Wahrscheinlich stammt der Spitzname aus dieser Zeit.

Auf der anderen Seite ist die Szenerie komplett anders: trocken, steinig und bunt. Die bloody mountains sind voller Kupfer, Quecksilber und Kohle. An einigen Stellen qualmt die Erde, das Kohleflöz brennt. Deswegen gibt es hier auch im Winter keinen Schnee, die Berge sind zu warm.



Irgendwann zweigen wir von der Hauptstadt ab und schlängeln uns über Piste wieder höher ins Gebirge zum Iskanderkul. Hier oben mitten im nirgendwo ist auch Alexander der Große lang geritten (Iskander = persisch für Alexander), bis er zu Fuß weiter gehen musste. Die örtliche Legende besagt, dass sein Pferd Bucephalos hier im See ertrunken sein soll. Andere sagen, das wäre bei der Schlacht am Hydaspes im heutigen Pakistan geschehen. Geschichte und Geschichten liegt eben nah beieinander.

Wir gehen ein Stündchen wandern, allerdings nicht entlang des Sees sondern entlang des Iskander Flusses bis zu einem Wasserfall, der beeindruckend in die Tiefe stürzt.




Nach einer Teepause geht's zurück zum Auto und wieder ins Tal. Die Aussichten sind grandios, man kann sich gar nicht satt sehen.
Das Highlight sind aber komische Kühe... Halt... Das sind ja Yaks! Das erste Mal, dass ich welche sehe :smiley_lachen:



Sonntag Abend ist es etwas schwieriger, ein offenes Restaurant zu finden, aber Ahmad kennt sich aus und führt uns in Panjakent zu einem netten Platz am Fluss. Und wo Wasser ist, gibt's auch Fisch. Zu einer Flasche tadschikischem Wein lassen wir uns zweierlei frittierten Fisch schmecken. Derweil donnert es schon am Horizont. Zurück im Hotel geht's dann richtig los, ein Blitzspektakel vom Feinsten.




Kaamos

« Antwort #6 am: 13. Mai 2025, 18:56 »
Montag, 14.04.2025

Heute früh bringt und Ahmad ins Pompeii Tajikistans. Alt-Panjakent war einst Hauptstadt eines sogdischen Fürstentums. Sogdien und Bakterien waren auch Regionen, die Alexander angelockt haben. Seine Blüte hatte Panjakent aber erst vor allem im 7./8. Jh. Nach den arabischen Eroberungen war die Stadt allerdings nicht mehr lange bewohnt.
Die hügelige Wiese, unter der die Reste von Grundmauern verborgen sind, erinnert mich auch an die Tells, die ich im Irak gesehen habe - nur viel grüner.
In den Häusern der Oberschicht haben sich viele Wandmalereien erhalten, daher auch der Beiname "Pompeii". Vor Ort sieht man sie allerdings nicht mehr, die sind größtenteils in der Eremitage in St. Petersburg. Einige Reste konnten wir allerdings auch in Dushanbe sehen.



Gleich unterhalb des alten Panjakent liegt das neue, inklusive wuseligem Basar. Den wollen wir natürlich auch sehen. Nur mit Parkplätzen sieht es schlecht aus, also schmeißt uns Ahmad am Eingang einfach aus dem Auto und wir erkunden alleine. Hier herrscht gleich eine ganz andere Atmosphäre als im Basar von Dushanbe.



Danach gehts noch kurz ins Rudaki-Museum. Rudakis Statue haben wir schon in Dushanbe besucht. Das Heimatdorf des Vaters der persischen Poesie befindet sich allerdings in der Region Panjakent.

Als letzten Höhepunkt vor der Grenze führt uns Ahmad 6.000 Jahre in der Menschheitsgeschichte zurück. In den 1970er Jahren wurde das antike Sarazm entdeckt, als ein Bauer eine Bronzeaxt fand. Er hielt sie erst versteckt, weil er Angst hatte, dass die Regierung sonst sein Land beschlagnahmt, aber ab 1977 fanden schließlich doch offizielle Grabungen statt.

Das bronzezeitliche Sarazm war ca. 4000 v. Chr. eine der ersten Städte Zentralasiens, die Ackerbau betrieben hat und zudem über ein ausgedehntes Handelsnetz von Persien, den Aralsee, Afghanistan bis an den Indus verfügte. Sarazm war ein Knotenpunkt der frühen Seidenstraße.
Hier hat man auch die "Prinzessin von Sarazm" entdeckt, eine etwa 20jährige Frau, die mit reichen Grabbeigaben, wie etwa mehreren tausend Perlen bestattet wurde.



Bei der Weiterfahrt kommen uns immer wieder Unmengen an Kindern und Jugendlichen entgegen, die entweder auf dem Weg zur Schule oder nach Hause sind. Laut Ahmad findet der Unterricht in zwei Schichten statt. Die uniformierten Kinder werden auf unserer Fahrt schnell ein vertrauter Anblick.



Wie verabschieden uns von Ahmad. Ein großartiger Guide! Er bringt uns allerdings nicht bis Samarkand, da der Grenzübertritt mit Fahrzeug einfach zu lange dauert. Zu Fuß ist es aber kein Problem. 50 Minuten später, und nach dem Geld wechseln plötzlich als Millionär, sind wir in Usbekistan. Meinen Pass hat der Grenzer minutenlang mit der Lupe inspiziert, keine Ahnung, was er gesucht hat.
Auf der anderen Seite werden wir schon von unserem Taxifahrer erwartet. So ganz scheint sich er sich aber doch nicht auszukennen, er kutschiert uns erst einmal in die falsche Ecke von Samarkand. Aber ein kurzes Telefonat klärt das Problem und wir können unser wunderschönes Hotel direkt neben der Bibikhanum Moschee beziehen.



Gleich neben dem Hotel erheben sich die hohen Mauern einer Moschee. Sie wurde unter der Herrschaft Emir Timurs errichtet. Er ist auch als Tamerlan bekannt und wird uns noch einige Male begegnen. Ende des 14. Jh. wollte er die Macht des mongolischen Reiches wieder herstellen und konnte Gebiete von Syrien bis Indien unter seine Kontrolle bringen.
Samarkand war Hauptstadt des Timuridenreiches. Um seine politischen Macht auch im religiösen zu unterstreichen, befahl er die Errichtung einer riesigen Freitagsmoschee, die zu den größten und prächtigsten in Mittelasien zählte. Im 20. Jh. waren nur noch Ruinen übrig, mittlerweile ist aber ein Großteil rekonstruiert.
Die Dimensionen sind wirklich gewaltig, wenn man vor den Iwanen steht.

Warum aber Bibikhanum?
Khanum war der Legende nach die Lieblingsfrau Timurs und übernahm, während der Emir auf Feldzügen war, die Bauaufsicht.
Der Baumeister, dem Bibikhanum den Auftrag gab, verliebte sich leidenschaftlich in sie. Er erklärte dreist: „Ich werde die Moschee erst fertigstellen, wenn du mir erlaubst, dich zu küssen.“ „Das ist unmöglich,“ wehrte sie ab. „Aber du darfst stattdessen eine meiner Dienerinnen küssen. Es ist ja gleich, aus welchem Becher du deinen Durst stillst: Ein Trank ist wie der andere.“ „Oh nein,“ erwiderte der Baumeister. „Schau einmal her. Hier habe ich zwei Becher: einen mit klarem Wasser, den anderen mit hellem Wein. Von außen sehen beide gleich aus und beide löschen den Durst. Aber der Wein wird mich zudem erheben und glücklich machen.“ Bibikhanum war verzweifelt. Denn Timur war schon auf dem Weg nach Samarkand, und die Zeit drängte: Die Moschee musste fertig werden. Schließlich gab sie nach und erlaubte dem Baumeister einen Kuss auf ihre Wange. Im letzten Augenblick zog sie noch ein kleines Kissen dazwischen, doch der Kuss war so heiß und leidenschaftlich, dass er sich durch das Kissen in ihre zarte Wange brannte. Bald traf Timur ein und war begeistert von der Moschee, diesem herrlichen Geschenk seiner geliebten Frau. Doch dann, als er Bibikhanum den Schleier vom Gesicht nahm, entdeckte er die Spur des Frevels auf ihrer Wange. Rasend vor Eifersucht ließ er nicht locker, bis Bibikhanum ihm alles gestanden hatte. Wütend forderte er den frechen Baumeister zu sich. Doch der wusste, dass auf ihn der sichere Tod wartete. Kunstfertig wie er war, baute er sich ein Paar Flügel, stieg auf das höchste Minarett seiner Moschee und flog davon bis nach Maschhad in Persien.

Gegenüber der Moschee befindet sich das Mausoleum von Bibikhanum.



Mausoleum der Bibikhanum



Bibikhanum Moschee

Das Prunkstück Samarkands ist ohne Frage der Registan. Timur hatte hier einen Basar errichtet, der von seinem Enkel Ulug Beg durch den heutigen Paradeplatz ersetzt.
Wir zahlen brav Eintritt, wimmeln die Fremdenführer ab und erkunden die Anlage, die aus drei Medresen besteht: Sherdor, Tillakori und Ulug Beg Medrese.
Das Ensemble war eine der angesehensten Lehranstalten der muslimischen Welt. Heute befinden sich in den Zellen der Studenten Souvenirshops.
Eine Besonderheit ist die Sherdor Medrese. Bildliche Darstellungen sind im Islam ja eigentlich verboten, ihr Iwan jedoch wird von zwei Löwen bekrönt.

Wir müssen uns schließlich auch noch sportlich betätigen: es geht hoch aufs Minarett der Ulug Beg Medrese. Steile Stufen bringen uns ins schwitzen. Wie der Muezzin oben angekommen noch genug Puste für sein Gebet haben soll, ist mir ein Rätsel. Zumal neben den Stufen auch der Ausblick atemberaubend ist. Man schaut oben nur durch eine kleine Luke. Es gibt keinen Balkon, wie man es sonst von Moscheen kennt.



Nach gutem uighurischen Abendessen gehts gleich noch mal los. Der Registan ist auch im Dunkeln ein Traum. Bevor ich zurück zum Hotel gehe, schaue ich noch einmal bei Bibikhanum vorbei und entdecke das Mausoleum von Usbekistans ersten Präsidenten, Islom Karimov, der das Land als "Yurtboshi" (Führer des Vaterlandes) bis zu seinem Tod 2016 nicht ganz demokratisch führte.


Kaamos

« Antwort #7 am: 13. Mai 2025, 20:10 »
Dienstag, 15.04.2025

Ab jetzt sind wir mobil! Nach dem Frühstück bringt uns ein Taxi zu Sixt, wo wir unser Ross für die nächsten Tage abholen. Wir nennen es "Li", denn es ist ein Chinese (BYD), Hybrid mit allem Schnickschnack. Der eigentlich georderte SUV war leider nicht verfügbar. Dass der Manager auf die Frage nach den usbekischen Straßen kurz gezögert hat, bevor er "es geht" sagte, hätte mich allerdings stutzig machen sollen...

Aber nun starten wir erst einmal. Timur ist uns ja nun schon über den Weg gelaufen. Sein Vermächtnis ist zwiegespalten. Einerseits wird er für seine Grausamkeit und verheerenden Kriegszüge gefürchtet, aber andererseits hat er Mittelasiens auch zu einem Hort für Kultur und Wissenschaft gemacht. Von seinem architektonischen Kunstsinn zeugt auch das Gur-Emir-Mausoleum, dass er ursprünglich für seinen Lieblingsenkel hat errichten lassen. Nun liegt Timur allerdings selbst hier unter einer goldenen Kuppel begraben.
Der Legende nach liegt ein Fluch auf Timurs Gebeinen. Nachdem er Anfang der 1940er Jahre exhumiert wurde, um untersucht zu werden, ist die Wehrmacht in die Sowjetunion einmarschiert. Die Kriegswende in Stalingrad bringt der Volksglauben mit der erneuten Bestattung nach muslimischen Ritus 1942 in Verbindung.

Heute geben sich hier die Touristen die Klinke in die Hand: Chinesen, Engländer, Deutsche, Franzosen - alles vorhanden.

Etwas gewöhnungsbedürftig sind die örtlichen Toiletten. Foto gibt's keins, nur die Beschreibung:
In einem langen Raum kommen erst Waschbecken und Pissoir, dann eine freistehende Kloschüssel ohne Kabine und zum Abschluss ein Plumpsklo mit halbhoher Glastür.


Samarkand. Gur-Emir-Mausoleum. Grabstätte Tamerlans
 
Nicht alle Timuriden waren so grausam, wie Timur. Sein Enkel Ulugh Beg war zwar als Herrscher nicht ganz so erfolgreich, hatte sich aber ganz der Wissenschaft verschrieben. Besonders die Astronomie hatte es ihm angetan. 1424-28 ließ er ein riesiges Observatorium errichten. Riesig deshalb, weil kleine, präzise Teleskope zur Himmelsbeobachtung einfach noch nicht existierten. Der Rundbau war ein 36m großer Sextant. Heute stehen nur noch die Fundamente, die auch schon beeindruckend sind.
Damit konnte er unter anderem die exakte Länge eines Jahres mit Abweichung von nur wenigen Sekunden berechnen. Es wurde außerdem der erste neu vermessene Sternenkatalog seit Ptolemäus (100-160 AD) geschaffen.

Ulugh Beg wurde ermordet, das Observatorium zerstört, aber die Sternentafeln konnten erst nach Tabriz und später Istanbul gerettet werden.

Ulugh Begs Observatorium war Vorbild für einige ähnliche Anlagen, die heute noch stehen, etwa die Jantar Mantars in Indien.

Ulugh Beg wird das Zitat zugeschrieben: „Die Religionen zerstreuen sich wie Nebel, die Zarenreiche zerstören sich von selbst, aber die Arbeiten des Gelehrten bleiben für alle Zeiten. Das Streben nach Wissen ist die Pflicht eines jeden!“



Samarkand. Ulugh Beg Observatorium

Eigentlich gäbe es jetzt noch die Überreste der antiken Stadt Afrosiyob und das Ensemble von Shohizinda (und sicherlich noch viel mehr). Wir entscheiden uns aber, doch schon etwas eher nach Süden aufzubrechen und dafür noch einen Abstecher in die Berge zu machen.

Die Straßen sind schlechter als in Tajikistan und auch der Verkehr wird deutlich chaotischer. Trotzdem kommen wir gut voran und winden uns einige Serpentinen hoch und runter. Es ist allerdings trüb, das ist nicht so viel mit Weitblick ins Tal. Aber zumindest ist alles grün - angenehm fürs Auge.



Die weißen Kügelchen sind Kurt, getrockneter Joghurt, ein beliebter Snack.

Nach so viel Timuriden müssen wir Mal wieder einen anderen altbekannten ausgraben: Alexander war natürlich auch hier in der Gegend.
328-27 v. Chr. soll er mit seinem Heer an den Südhängen der Serafschankette bei den Siedlungen Sangirtepa und Padayaktepa überwintert haben. Hier hat er seine Frau Roxanne kennen gelernt, eine baktrische Prinzessin.

Wohnhöhlen und ein paar Mauerreste soll es noch geben. Die haben wir nicht gefunden, dafür ein wunderschönes, stilles Tal, wo die Wiesen vor zwei Wochen noch voller Narzissen gewesen sein müssen.
Unser Auto macht sich auch auf Feldwegen gut, auch wenn die Strecke ein bisschen Nervenkitzel mit sich bringt.
Der Nervenkitzel bleibt uns erhalten. Gegenverkehr darf bei der Brückenüberquerung nicht kommen, die Abstandssensoren rechts und links piepen die ganze Zeit. Und für eine Baustelle wird der Verkehr gleich Mal über einen Feldweg umgeleitet.



Vom griechischen König springen wir jetzt aber gleich wieder zurück zu Timur. Diese wollte die Hauptstadt seines Reiches von Samarkand nach Kesh, dem heutigen Sharisabz verlegen, seinem Geburtsort.
Dafür braucht er natürlich auch eine standesgemäße Unterkunft und so ließ er sich ab 1380 in 24 Jahren einen gewaltigen Palast errichten. Er beinhaltete bis zu sechs Stockwerke hohe Gebäude und ein 120x250m großes Wasserbecken. Leider sieht man davon nicht mehr viel, denn schon im 16. Jh. hat der Emir von Bukhara Stadt und Palast zerstört. Von der Pracht zeugen nur noch die Pylone des Eingangsportals, das einst eine Spannweite von 22m hatte.

Mittlerweile ist es auch ziemlich heiß geworden, sodass wir uns in der schönen Parkanlage eine entspannte Teepause gönnen.
Die Preisunterschiede sind extrem. In Samarkand haben wir für eine Kanne 30.000 Som bezahlt, hier kostet es nur 3.000 Som (20 Cent).



Sharisabz. Oqsaroy, der Palast Timurs.

Damit wir morgen pünktlich los kommen, haken wird die verstreuten Sehenswürdigkeiten Sharisabz noch kurz vor Feierabend ab.
Der Dorut-Tilovat-Komplex beinhaltet einige Gräber von Timurs Verwandten, wie auch seines von ihm hochverehrten Lehrers. Die türkisfarbenen Kuppeln sind ein Traum.



Sharisabz.Dorut-Tilovat-Komplex.

Nicht nur die timuridische Verwandtschaft ist hier gebettet, wir stoßen in einem Keller auch auf das Grab von Timur selbst. Moment mal - hatten wir das nicht gerade in Samarkand? Wurde er etwa aufgeteilt? Nein, sowas machen nur europäische Herrscher.
Da Sharisabz ja die neue Hauptstadt werden sollte, wurde hier schon eine Gruft für Timur errichtet, das Grab ist aber leer.
Daneben gibt's noch ein weiteres Mausoleum für einen "weisen Mann".



Sharisabz.Dor Us-Siyodat Mausoleum und Gruft Timurs (neben der grünen Spendenbox die Treppe runter)

Abendessen gleich um die Ecke zum Hotel wird nix, aber der Portier organisiert uns ein Taxi. Mit Zwischenstopp beim Geldautomaten (zwei von drei Automaten sind schon leer), lädt es uns bei einer guten Portion Schaschlik aus.


Kaamos

« Antwort #8 am: 13. Mai 2025, 20:13 »
Mittwoch, 16.04.2025

Über Nacht muss es geregnet haben, es sind Staubspritzer auf dem ganzen Auto. Heute bleibt es aber trocken. Vor uns liegt eine lange Fahrt durch flaches Land, über grottige Straßen. Es ist eine Slalomfahrt um Schlaglöcher und manchmal auch quer durch.
Da brauchen wir bald eine Rast und 'ne Kanne Tee. Die Dame an der Theke hat ein komplettes Goldgebiss, das sieht man hier sehr häufig.

Die Straßen bleiben schlecht, aber dafür geht's jetzt bergauf ins Hissargebirge. Nach früherer Vermessung beherbergte das Gebirge den höchsten Gipfel Usbekistans, den "Berg des 22. Kongresses der Kommunistischen Partei". Heute hat ein Nachbargipfel 25m mehr und der Kommunistenberg einen neuen Namen.

Erst an der Grenze zum Viloyat Surxondaryo, der südlichsten Provinz Usbekistans, wird's besser, die Tachonadel erreicht sogar die 100.
Immerhin befinden wir uns jetzt auf der Europastraße E60, die von Brest in Frankreich bis an die chinesische Grenze führt.
Zurück in der Ebene wird es jetzt sogar richtig grün - und warm.



In der Nachmittagshitze steuern wir Kampyr Tepe an.

Bei seiner Jagd auf den Perserkönig Artaxerxes V. hat Alexander von Kandahar kommend den Hindukusch überquert. Am heutigen Amudarja, dem damaligen Oxus hätte er ihn 329 v. Chr. fast gestellt, doch der Perser war schneller und brannte alle Brücken ab. Alexanders Heer musste in mit Stroh gefüllten Lederzelten und Wasserschläuchen in einer 5-6 Tage andauernden Aktion übersetzen. Doch schließlich gelang es Alexander hier seinen Widersacher zu stellen und dafür zu bestrafen, dass er seinen Vorgänger Dareios III. hat ermorden lassen. Artaxerxes wurde entweder gekreuzigt, oder zwischen zwei gebogene Bäume gebunden, die ihn dann auseinander gerissen haben.
So bemerkenswert der Makedonenkönig auch war, er war ein grausamer Mensch.

Am Oxus traf er auch auf eine griechisch sprechende Stadt, deren Einwohner 150 Jahre zuvor von Xerxes aus Milet verschleppt worden waren. Alexander ließ die Stadt mit Mann und Maus zerstören, da ihm die Einwohner aus Verräter galten.

An dieser Stelle ließ Alexander nun eine neue Stadt errichten: Alexandria am Oxus. Er ließ zahlreiche Söldner zurück, um die Stadt zu sichern.
Nach ihrer Glanzzeit im 1.-2. Jh. wurde die Stadt nach mehreren Überschwemmungen verlassen.

Wir klettern über die Reste von Mauern und Gebäuden. Es wirkt alles noch ziemlich gut erhalten. Am Horizont sehen wir die Wachtürme vor der afghanischen Grenze.



https://www.youtube.com/watch?v=PNqWWtzMxB8
Oks Aleksandrya. Alexandria am Oxus, Kampirtepa.

Nach Alexander kamen die Chinesen. Im 1./2. Jh. existierte das Reich von Kushan, dass sich vom Indus über Bakterien (Afghanistan) bis nach Westchina erstreckte. Mit den neuen Herrschern kam der Buddhismus in die Region - Termez stieg gar zu einem Zentrum buddhistischer Gelehrsamkeit in Zentralasien auf. Dementsprechend gab es auch zahlreiche Klöster, eines davon war Fayaztepe.
Ein Usbeke führt uns für 100.000 Som übers Gelände. Irgendwie wollen die Goldzähne halt auch finanziert werden...
Am Eingang gibt's einen Fototermin mit einer kasachischen Reisegruppe. Man ist sehr erfreut über uns.

In Fayaztepe sind noch Reste von Kloster, Wohnzellen und einer Stupa vorhanden, an der man auch noch die ehemalige Vergoldung erahnen kann. Um die historische Substanz zu schützen, ist die Originalstupa unter einem Neubau versteckt.

Vom Nachbarkloster Karatepe hat man einen guten Blick auf den afghanischen Grenzzaun. Es liegen auch zahlreiche Patronen rum, die von den Kalaschnikows der Taliban stammen sollen.


Fayaztepe und Karatepe. Buddhistische Klöster, afghanische Grenze und Talibanmunition

Die Sonne brennt schon nicht mehr ganz so heiß und so langsam beginnt der Hunger zu nagen, aber ein Zwischenstopp geht schon noch.
Nachdem Alexandria am Oxus verlassen wurde, wurde die Stadt als Termez neu gegründet. Der Name geht wahrscheinlich auf das griechische Θέρμος (thermos) - heiß - zurück. Nach den Griechen und den Buddhisten kamen die Sassaniden und brachten den Zoroastrismus mit, gefolgt von den Umayyaden und dem Islam. Termez war ein Schmelztiegel der Kulturen und Religionen - bis schließlich 1220 Dschingis Khan mit seinen Horden dem Ganzen ein Ende bereitete. Die Mongolen leisteten ganze Arbeit dabei, die Stadt auszuradieren. Von der einstigen Pracht ist heute nichts mehr zu sehen, außer einer großen Mauer. Und auch an die kommt man nicht richtig ran, weil sie hinterm Grenzzaun steht.

Dafür genießen wir diesseits des Zaunes die Ruhe im Mausoleum des Al Hakkim at-Termizi, eines islamischen Mystikers des 8./9. Jahrhunderts.



Unser Hotel liegt in der neuesten Gründung von Termez. 1897 wurde die Stadt im Zuge der russischen Kolonisation wieder aufgebaut.
Der russische Charme ist unserer Unterkunft anzumerken.
Abendessen scheint es im besten Haus am Platz zu geben. Zumindest füllt es sich nach uns noch gut. Auch hier blitzen an allen Tischen die Goldzähne. Speisekarten lassen sich in der Regel auch hier in diesem entfernten Zipfel recht gut lesen, bzw. mit Google übersetzen. dennoch bin ich dem Kellner dankbar, dass er uns von einem Gericht abgeraten hat - das wären 2 kg Fleisch. Jetzt gibt es für uns nicht ganz so viel , aber immer noch einen Riesenteller Lamm. Wir müssen zwar eine ganze Weile warten, aber es schmeckt ausgezeichnet.
Es wird auch getanzt, aber uns ist die Musik zu laut - da lassen wir den Abend lieber im ruhigen Hotelhof ausklingen.




Kaamos

« Antwort #9 am: 13. Mai 2025, 20:18 »
Donnerstag, 17.04.2025

Wir brauchen mal wieder Geld. Auch Millionen schmelzen irgendwann dahin. Zwar gibt es ausreichend Geldautomaten in den größeren Orten, aber wenn man abends was braucht, kann es vorkommen, dass sie leer sind. Jetzt haben wir aber Glück.
Danach geht's ins archäologische Museum von Termez, wo Funde aus der Gegend ausgestellt sind, u.a. Buddhas aus Fayaztepe und anderen Klöstern, Münzen und Keramik aus Alt-Termez und Überbleibsel von Oks Aleksandriya.
Auch die Touristenpolizei interessiert sich für uns - aber nur aus den besten Gründen: Selfies, Englisch testen und sich freuen, dass sich mal Touristen in diesen entfernten Zipfel verirren.



Archäologisches Museum Termez. Faszinierend, dass die griechische Antike bis hier her reichte. Unten links ist Athene.

In Samarkand haben wir den Shah-i-Zinda Komplex ja ausgelassen, also holen wir den Besuch hier in dessen kleinerem Bruder nach.
Sultan Saodat, der "König des Glücks", ist zwar nicht ganz so reich dekoriert, lohnt den Besuch aber trotzdem.
Seit dem 11. Jh. liegen hier die Herrscher von Termez, die Sayyiden, die ihre Abstammung auf Mohammed zurückführen. Bis ins 17. Jh. hatte immer ein Mitglied der Termez-Sayyiden eine wichtige politische Rolle, sei es bei den Samaniden, Seljuken oder Timuriden.

Wir werden vom Imam angesprochen, wo wir herkommen. Als er Deutschland hört, freut er sich, er war 1972-74 in der DDR. Einen Bildband von Schwerin hat er auch gleich parat. Nach all denn Jahren ist das bisschen Deutsch natürlich mehr als eingerostet, aber ein herzliches "Tschüss, auf Wiedersehen" zum Abschied geht noch.

Ich steige noch aufs Dach des Mausoleums und sehe: in der Ferne wird es finster. Aber es sind keine Wolken, die aufziehen, sondern ein Sandsturm, der aus der afghanischen Ebene rüber weht.




Ein neues Land für die persönliche Liste? Nicht ganz, nur von Ferne können wir einen Blick Richtung Afghanistan werfen, weiter als bis zum ersten Schlagbaum kommen wir nicht.
Auch der Blick auf die Brücke der Freundschaft, die Usbekistan und Afghanistan verbindet, gelingt uns durch den Sandsturm nicht.
Bis Masar-e-Sharif sind es von hier aus nur 70km. Wer weiß, ob ich noch jemals dort hin komme. Möglich ist es zwar, es gibt einige Reisegruppen, aber bei den derzeitigen Zuständen weigere ich mich.

Die Freundschaftsbrücke wurde von den Sowjets errichtet, um den Nachschub während des Afghanistankrieges in den 1980er Jahren zu sichern. In Afghanistan hatten sich die Kommunisten an die Macht geputscht, konnten sich aber nur schwer behaupten. Die Sowjets marschierten zur Unterstützung ein, scheiterten aber in einem 10 Jahre währenden Kampf kläglich. Am Hindukusch haben sich bisher alle Großmächte die Zähne ausgebissen. Der Krieg hatte auch erheblichen Anteil am Zusammenbruch der Sowjetunion.

Die Sowjets hinterließen bei ihrem Abzug 1989 ein zerstörtes Land, das von religiösen Gruppen, insbesondere den Taliban übernommen wurde. Während des Krieges wurden diese intensiv von den USA unterstützt und mit Waffen versorgt. Eigentlich hätte man die nun folgende Geschichte voraussehen müssen.



Entlang der Transkaspischen Eisenbahn geht es nun weiter durch ein fruchtbar grünes Tal nach Norden. Noch 200km weiter und wir wären schon wieder in Dushanbe. Aber da wollen wir nicht noch einmal hin. Stattdessen steuern wir Jarqo'rg'on an, wo wir die Überreste eines Minaretts aus dem 12. Jh. besuchen. Die dazugehörige Moschee steht nicht mehr und von einer ursprünglichen Höhe von 40-50m sind nur noch 22m erhalten. Bemerkenswert ist das kunstvolle Mauerwerk.
Aufs besteigen verzichten wir. Der gröbste Sandsturm hat sich zwar gelegt, aber es ist noch immer trüb, da gibt es nicht viel Aussicht.
Unser Gefährt schlägt sich bisher wacker, aber so langsam bekommt es Durst. Benzin gibt's für 75ct/l. Und damit auch die Insassen nicht hungern müssen, empfiehlt uns der Tankwart gleich das Lokal nebenan, das eine köstliche Ilik Sho'rva serviert.



Vor uns liegt jetzt wieder das Hissargebirge. Anfangs kommen wir recht flott voran, doch dann versperrt ein Erdwall die Straße und die Umleitung führt über Schlaglochpisten durch grüne Felder. Nur 20-30 km/h  sind möglich. Besser wird's auch nicht, als wir am Fuß der Berge ankommen. Wir sind etwas zu zeitig dran, eine vermeintliche Schnellstraße ist erst noch im Bau. Die nächsten 50 km durchs Gebirge sind zäh, nur Schotter und ständig nach rechts und links ausweichen. Dafür entschädigt der Ausblick auf grüne Hänge und verwitterte Felsen.



Schließlich haben wir es doch ohne Platten über den Kamm geschafft. In Boysun beziehen wir unsere Zimmer im Hotel Sahara und genießen erst einmal einen ruhigen Nachmittag, bevor es im hoteleigenen Restaurant Abendessen gibt. Die Nudeln nennt man Laghman, eine mittelasiatisch-chinesische, bzw. uighurische Speise. Sie können mit Gemüse und Fleisch trocken, wie hier oder auch als Eintopf zubereitet werden.


Kaamos

« Antwort #10 am: 13. Mai 2025, 20:21 »
Freitag, 18.04.2025

Heute wird es nix mit Bergpanorama. Über Nacht hat es schon ein paar Regenspritzer gegeben und heute morgen ist alles tief wolkenverhangen. Nach den 30°C der letzten Tage sind die heutigen 10°C auch sehr frostig. Aber da vor uns eine lange Autofahrt liegt, ist es vielleicht auch ganz gut, dass die Sonne nicht so brennt.



Nach knapp drei Stunden Umleitung, Rüttelpiste und Schlaglochslalom brauche ich eine Pause. In Qarshi laufen wir einmal über eine Brücke aus dem 15. Jh., die für die Karawanen der Seidenstraße eine wichtige Querung des Amudarja war, und flüchten dann vor dem einsetzenden Regen in eine Hotdogbude und trinken quietschsüßen Tütenkaffee. Hier in der Gegend sind halt eigentlich die Teetrinker zu Hause.



Weiter geht es entlang einer wunderbaren Neubaustraße. Einziges Problem: sie ist noch nicht fertig und wir holpern neben der Fahrbahn auf der alten Piste. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal ein Land mit so durchgängig schlechten Straßen befahren zu haben. Gleichzeitig wirkt es aber, als reißt man gerade überall alles gleichzeitig ab, um neu zu bauen. Vom gestrigen Jarkurgan Minarett bis Bukhara heute, scheint es eine riesige 500km lange Baustelle zu sein. Und wirklich überall wird aktiv gebaut. Unglaublich, die Menge an schwerem Gerät.

Außerdem sehen wir die ersten Kamele! ... Gleich daneben ein Geschäft für Kamelmilch.



Aber nun ist genug mit der Fahrerei. Nach der Strecke bin ich froh, in Bukhara das Auto abgeben zu können. Die Piste hat es allerdings nicht ganz ohne Blessuren überstanden. Aber alles andere hätte mich auch gewundert. Aber dafür ist man ja versichert.
Wenigstens hat der Regen den ganzen Dreck abgewaschen.

Ein Taxi bringt uns fix zur Altstadt, wo unser Hotel liegt. Die letzten Meter müssen wir zu Fuß durch den Regen und dann stehen wir in einem leeren Haus, nirgends eine Person zu finden.
Als der Portier dann doch auftaucht, gibt es nur ein Zimmer. Das reicht uns nicht. Glücklicherweise kann er uns in einem Schwesterhotel einquartieren. Die Lage ist traumhaft, Blick auf Basar und Moschee. Allerdings ist Bukhara natürlich Touristenmagnet schlechthin. Dementsprechend landen wir beim Abendessen auch gleich neben einer chinesischen Reisegruppe. Bei meiner Nordkoreatour haben die Koreaner über die Chinesen als "laute Nation" gelästert. Das stimmt definitiv auch am westlichen Rand des Reichs der Mitte.

Nach dem Abendessen verabschiedet sich meine Reisebegleitung ins Hotel. Ich gehe noch eine Runde durchs nächtliche Bukhara - ein Märchen aus 1001 Nacht. Was was ist, lasse ich erst einmal unkommentiert, das sehen wir morgen noch einmal alles im Tageslicht.


Kaamos

« Antwort #11 am: 13. Mai 2025, 20:30 »
Samstag, 19.04.2025

Über das Hotel habe ich heute eine Stadtführung organisiert. Mit Ravshan steuern wir in den nächsten fünf Stunden fast alle wichtigen Punkte der Altstadt an.

Wir starten nur unweit vom Hotel an der Ulug Beg Madrasa, der ältesten erhaltenen in Mittelasien.
Das ist auch eine kleine familiäre Zeitreise. Vor 41 Jahren sind auch meine Eltern mit dem Rucksack durch Mittelasien. Allerdings war es etwa 25°C wärmer und es waren weniger Kacheln an der Fassade, da kurz vorher ein Erdbeben war.

Gleich gegenüber befindet sich die Abdulaziz-Khan Madrasa.



Der Poi Kalon und insbesondere das Poi Kalon Minarett sind ist das Wahrzeichen Bukharas schlechthin. Poi Kalon ist persisch und bedeutet "Hof nahe der großen Moschee".
Das Minarett stammt noch von den Karachaniden und ist das älteste Bauwerk am Platz (1127). Es hatte eine dreifache Funktion: einerseits diente es natürlich dem Muezzin zum Gebetsruf, aber auch als Leuchtturm den Karawanen als Wegweiser. Seine Funktion als Wachturm konnte Bukhara allerdings auch nicht vor der Zerstörung durch Dschingis Khan bewahren. Der Mongole verschonte nur das Minarett selbst, da er von ihm so beeindruckt gewesen sein soll.
Später wurden hier auch Hinrichtungen vollzogen, in dem in Säcke eingenähte Gefangene vom Minarett hinab gestoßen wurden.

Auch hier stehen wieder mehrere Moscheen und Medresen um den Platz, von denen wir nur die Poi Kalon Moschee besuchen. Nach Bibikhanum in Samarkand ist es die zweitgrößte Moschee Mittelasiens.



Den Registan hatten wir ja schon in Samarkand. Aber den gab es in mehreren Städten. Registan heißt eigentlich "sandiger Ort" und war schlicht und einfach der Hauptplatz. Von der ursprünglichen Bebauung des Registans von Buhkara ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Der jetzt freie Platz wird nur noch vom Ark überragt, der Zitadelle von Bukhara. Der künstliche Hügel gilt auch als Stadt in der Stadt, in den sich die Bevölkerung Bukharas im Falle eines Angriffs flüchten konnte. Ab 1785 residierten hier außerdem die Emire von Bukhara bis zur Eroberung der Stadt durch die Rote Armee 1920.
Im rekonstruierten Palast gibt es einige Museen und einen Gedenkraum für Ármin Vámbéry, einen ungarischen Orientalisten und Reisenden, der verkleidet als Derwisch 1861-64 das damals nahezu hermetisch abgeriegelte Turkestan bereiste, um die asiatischen Wurzeln der Magyaren zu erforschen.
Mein Bruder hat mir zu Weihnachten ein antiquarisches Buch seines Reiseberichtes geschenkt.

Und vor der Burg treffe ich mein erstes baktrisches Kamel, das mit zwei Höckern   :D



Unweit des Ark kommen wir nun zum letzten Überbleibsel des alten Registan, der Bolo-Hovuz-Moschee. Der Name der ehemaligen Hauptmoschee Bukharas kommt vom Wasserbecken davor. Früher gab es zahlreiche derartige Zisternen, um die Wasserversorgung der Stadt sicher zu stellen. Sehr hygienisch war das allerdings nicht, die Barbiere mussten früher regelmäßig Würmer aus den Körpern der Bevölkerung schneiden.



Wir haben unterwegs schon öfters Storchskulpturen gesehen und und gewundert, wovon die sich hier ernähren, für Frösche ist es eindeutig zu trocken. Hier lernen wir, dass das, bevor die Sowjets mit dem intensiven Baumwollanbau begonnen haben, anders aussah. Rund um Bukhara muss es zahlreiche Sümpfe gegeben haben.

Im Chashmai-Ayyub-Mausoleum erfahren wir ein wenig über die Usbekische Wasserwirtschaft. Passend, denn an dieser Stelle soll Hiob mit seinem Stab eine Quelle aus dem Felsen geschlagen haben.

So eine Quelle bräuchte man heute wieder. Im letzten Jahrhundert ist Usbekistan extrem ausgetrocknet. In den letzten 50 Jahren ist der einst riesige Aralsee nahezu verschwunden. Wo einst Fischfang betrieben wurde, liegen heute die Boote im Wüstensand.
Leider reicht unsere Zeit aber nicht, um so weit in den Westen vorzudringen, um das Drama mit eigenen Augen zu sehen.



Interessant, wie sich die Kreise schließen. Nach den ersten Tagen in Dushanbe finden wir doch tatsächlich hier in Bukhara das Grab von Ismail Somoni. Der Herrscher ist im vermutlich ersten islamischen Kuppelgrab überhaupt bestattet. Man sieht ihm auch noch das Erbe der zoroastrischen Feuertempel an.
Die Fassade mit dem kunstvollen Mauerwerk ist großartig!



Gleich hinterm Mausoleum befindet sich der Basar - groß, bunt und vielfältig, wie so oft hier. Da gibt's sicher ein paar Gewürze und ein Glas Honig   



Da wir uns mittlerweile ziemlich weit im Westen befinden, ordert Ravshan ein Taxi, dass uns zurück ins Zentrum der Altstadt, zum Labi Hovuz bringt. Hier steht Hodscha Nasreddin, eine Art Till Eulenspiegel, der in ganz Mittelasien, von Anatolien bis nach China bekannt ist.
Ob er auf eine reale Person zurück geht, ist nicht ganz geklärt. Russische Bearbeitungen des Stoffes siedeln ihn hier in Bukhara an.

In einer Geschichte forderte ein Wirt Bezahlung, weil Nasreddin sich am Duft der Speisen labte. Der Hodscha schüttelte daraufhin seinen Beutel und bezahlte somit mit dem Klang des Geldes.



In den 1920er Jahren haben die Sowjets einen Großteil der Wasserbecken Bukharas trocken gelegt. Labi Hovuz haben sie zum Glück verschont. Um den Teich stehen wunderbare alte Maulbeerbäume und natürlich wieder großartige Architektur.
Wir schauen uns die Nodir-Devonbegi-Madrasa an, die ursprünglich eine Karawanserei werden sollte. Als der Emir den Bau gesehen hat, soll er aufgerufen haben, das sei aber eine schöne Madrasa. Und dem Emir kann man halt schlecht widersprechen, wenn einem das Leben lieb ist. Also ziehen eben keine Kamele ein, sondern Studenten. Wobei der Unterschied da manchmal auch nicht so groß ist.

Am anderen Ende des Teiches befindet sich die Nodir-Devonbegi-Chanaqa, ein Platz zum Übernachten für wandernde Sufis. Im osmanischen Reich kennt man sie als Tekken.



Die Magʻoki-Attori-Moschee, bzw. "Moschee in der Grube" aus dem 9. Jh. ist eine der ältesten erhaltenen in Mittelasien. Sie wurde auch von Dschingis Khans Horden verschont. Nach und nach ist die Stadt ringsrum in die Höhe gewachsen, weswegen die Moschee heute so tief liegt. Unten gibt's ein Teppichmuseum. Der ein oder andere erinnert mich an meinen Afghanen zu Hause.



Die Basare haben in Bukhara einen etwas anderen Aufbau, als ich es kenne. Es ist kein zusammenhängendes Gassengewirr, sondern es sind mehrere Toqis, Kuppelbasare aus dem 16. Jh. Es existieren nur noch drei: Toqi Sarrofon, Toqi Zargaron und Toqi Telpak Furushon. Wo einst indische Geldwechsler neben Juwelieren und Mützenverkäufern saßen, ist heute ein Souvenirhändler neben dem anderen.
Schade, dass im Rucksack nicht genug Platz für einen Teppich ist :smiley_sympathie:

Wir schauen auch in den Vorraum eines Hamams. Ganz rein geht nicht, heute ist Frauenbadetag.



Nachdem wir uns vorm Hotel von Ravshan verabschiedet haben, ziehen wir alleine weiter. Etwas abseits liegt noch eine Besonderheit Bukharas: Chor Minor, die vier Minarette. In Mittelasien gibt es architektonisch nichts vergleichbares, eventuell wird man in Indien fündig.
Das interessante Gebäude ist der Rest einer nicht mehr existenten Madrasa. In den 1990ern ist eines der Minarette eingestürzt. Sofort wurde das Gebäude aus dem offiziellen Touristenprogramm gestrichen und die Schmach totgeschwiegen.
Mittlerweile steht der vierte Turm wieder.

Nebenan wird kräftig getrödelt. Es gibt noch genug Plunder aus Sowjetzeiten.



Langes laufen macht hungrig. Im Old Bukhara werden wir wunderbar verköstigt. Und eine Flasche usbekischen Wein gibt es auch. Die usbekische Küche ist richtig gut. Es gibt Einflüsse aus allen vier Richtungen, persisch, russisch, chinesisch, indisch. Immer wieder gern gegessen haben wir Manti und Samsa (gedämpfte, bzw. gebackene Teigtaschen).
Zum Sonnenuntergang setzen wir uns noch einmal an den Labi Hovuz zu Tee, Baklava und frittiertem Eis.



Meine Begleitung verabschiedet sich ins Hotel, morgen früh geht's zeitig los. Ich schaue aber noch einmal kurz über den Basar und entschließe mich doch noch zu einem Spaziergang zum Bukhara Tower. Der war ursprünglich ein Wasserturm und ist schon an sich interessant. Er wurde von Wladimir Shukhov konstruiert, Russlands bedeutendsten Ingenieur. Ihm gelang es mit geringstem Materialaufwand große Konstruktionen zu errichten.
Von oben hat man einen schönen Blick auf Ark, Altstadt und Bolo Hovuz.


Kaamos

« Antwort #12 am: 13. Mai 2025, 20:35 »
Ostersonntag, 20.04.2025

Heute müssen wir zeitig aufstehen, denn auf uns wartet der Zug nach Khiva. Der Bahnhof liegt nicht in Bukhara selbst, sondern im Vorort Kagan, gleich neben dem vor sich hin verfallenden Palast des Emirs von Bukhara. Aber mit dem Taxi ist das kein Problem.
Noch fix einen Bahnhofskaffee gekauft und schon müssen wir einsteigen. Der Zug kommt vom anderen Ende Usbekistans aus Andijon und ist auf die Minute pünktlich. Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet.

Für die kurze Fahrt habe ich uns Platzkartny gebucht, einen Platz im Großraumschlafwagen.
Unterwegs werden wir mit frischen Somsas aus dem Speisewagen und Tee aus dem Samowar am Waggonende beliefert.
Die Fahrt durch die Wüste ist relativ ereignislos, die eine Kamelherde war leider zu schnell vorbei für den Fotoapparat.

Mit ungefähr einer halben Stunde Verspätung erreichen wir Khiva. Nach den verregneten Tagen ist es jetzt endlich wieder etwas wärmer. Ein Taxi bringt uns zum Hotel direkt in die Altstadt.



Unser Hotel liegt direkt in der Ichan Kala, der Altstadt von Khiva.
Bevor wir zum Spaziergang aufbrechen, sitze ich noch noch eine Weile im Schatten des Maulbeerbaumes vorm Hotel. Ein kleines Mädchen umschleicht mich neugierig und tut natürlich so, als ob es mich nicht bemerkt, bis es sich schließlich doch ein Herz fasst und eine von den Maulbeeren mit mir teilt.

Ich habe mir zwar einige Dinge vorgemerkt, aber in der kleinen Stadt ist es auch ganz schön, sich einfach treiben zu lassen.
Wir sehen einige Medresen, in denen größtenteils Souvenirverkäufer untergebracht sind und die Statue eines Kaspischen Tigers. Der gilt seit Mitte des letzten Jahrhunderts als ausgestorben, auch wenn es noch in letzter Zeit unbestätigte Sichtungen gegeben haben soll.



In einer Gasse befindet sich eine unscheinbare Tür, doch neugierig wie wir sind, schauen wir natürlich rein - großartig, was uns da erwartet. Toshhovli, der Palast des Khans stammt aus dem 19. Jh. und verfügt über einen blau ausgefliesten Innenhof. Für die Touristenmassen gibt es auch eine musikalische Darbietung, bei der wieder schön die Goldzähne in der Sonne funkeln.



Am nördlichen Stadttor entdecken wir einen Aufgang zur Mauer. Zwar ist in westliche Richtung schon nach einigen hundert Metern Schluss, aber der Blick auf das niedrige Häusermeer und die Minarettspitzen ist trotzdem toll. Anschließend besteige ich noch das Dach einer der vielen Medresen (Amir Tura)  und befinde den Ausblick als noch besser.

Khiva blickt auf eine 2.528jährige Geschichte zurück, war einst Teil von Chorezm und seit dem 16. Jh. Hauptstadt eines eigenen Khanats, das bis 1920 existierte. Früher war die Stadt ein wichtiger Umschlagplatz im Sklavenhandel. Erst aus russisches Protektorat ab 1873 wurde diesem Unding ein Ende bereitet.



Ein paar Gassen und schattige Innenhöfe weiter taucht vor uns eines der großen Wahrzeichen Khivas auf. Dabei heißt es "kleines Minarett" - Kalta Minor.
1850 wurde mit dem Bau begonnen, aber nachdem der Khan 1855 bei einer Schlacht getötet wurde, stellte man den Bau ein. Es sollte mit einer geplanten Höhe von 80m das höchste Minarett der Welt werden. Erreicht wurden nur 26m. Andere sprechen auch davon, dass der Baustopp verhängt wurde, weil der Emir von Bukhara ein noch höheres Minarett plante.
Angeblich wollte der Khan von der Spitze des Minaretts bis Bukhara blicken, dafür hätte es aber 12.000m hoch werden müssen.

Aber auch so ist der Stumpf schon beeindruckend mit seinen glasierten Ziegeln. Und ein beliebtes Fotomotiv ist er obendrein, insbesondere für kostümierte Reisegruppen.



Man darf sich nicht täuschen lassen. Nicht alles ist so alt, wie es auf unser europäisches Auge wirkt. Der Islom Xo'ja Komplex stammt aus den Jahren 1908-10 und sein Minarett ist das schönste in Khiva.
Da lasse ich es mir auch nicht nehmen, nach oben zu steigen. Der Blick ist wieder einmal atemberaubend - ebenso wie die steilen Stufen.

Islom Xo'ja war Großwesir und versuchte das Khanat zu modernisieren. Er gründete u.a. ein Krankenhaus und ein Telegraphenamt.



Uns hat schon die ganze Zeit eine grüne Kuppel angelacht. Da müssen wir doch noch unbedingt hin. Bis wir den Eingang gefunden haben dauert es ein bisschen, doch dann staunen wir. Das Innere ist von oben bis unten mit kunstvollen blauen Kacheln geschmückt.
Bestattet ist hier neben dem Khan, der sich auch nach dem Tod im Schatten einer Berühmtheit sonnen wollte, der Stadtpatron Khivas. Pahlavan Mahmud ist eigentlich ein Perser aus dem 13. Jh., der als Sufi, Poet und Ringer bekannt wurde. 1810 wurde er vom damaligen Khan zum Schutzherrn des Khanats erhoben, weil er sich selbst auch gern als stark, gebildet und religiös sah.



Fürs Abendessen geben wir uns natürlich mit nichts geringerem als einer Dachterrasse zufrieden. Die Wahl war perfekt. Die Portion Plov hätte zwar größer sein können und den Nachtisch hat der Kellner auch vergessen, aber der Blick auf die Stadt im Sonnenuntergang macht alles wett.




Kaamos

« Antwort #13 am: 13. Mai 2025, 20:41 »
Ostermontag, 21.04.2025

Heute gibt es wieder einmal einen zeitigen Start - Frühstück 07:00 und schon eine halbe Stunde später holt uns ein Taxi ab.
Ein neues Land auf der Liste: es geht ins Nordkorea Mittelasiens, nach Turkmenistan!
Es ist ziemlich abgeschottet und hat verrückte Führer. Als der erste Präsident gestorben ist, wurde sein Zahnarzt Nachfolger. Die Hauptstadt Ashgabat ist nach Willen des Präsidenten eine weiße Stadt. Weiße Marmorprotzbauten und breite Boulevards. Es dürfen nur weiße Autos in die Stadt (mittlerweile wohl auch goldene und braune) und es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass sie sauber sein müssen.
Bis dorthin kommen wir diesmal aber nicht, dafür reicht die Zeit leider nicht.

An der Grenze müssen wir erst einmal warten, die öffnet erst um 09:00. Die Ausreise aus Usbekistan ist unkompliziert. Danach geht es mit einem Bus durchs Niemandsland und auf der anderen Seite erwartet uns schon Shatlyk, unser Guide, um uns bei den Einreiseformalitäten zu unterstützen.
Los geht es mit einem Stäbchen in die Nase. Hier muss man noch Covid-Tests machen. Allerdings geht es wohl eher darum, etwas mehr Geld zu kassieren, denn wenn hier irgendein Ergebnis rauskommt, wäre ich sehr überrascht. Das war mehr ein Stäbchen anhauchen.
Das bezahlen wäre beinahe schief gegangen. Unsere Dollarscheine waren denen zu knittrig. Zum Glück können wir noch ein bisschen (glattes) Kleingeld zusammenkratzen. 106$ p.P. - Turkmenistan ist wahrlich kein günstiges Reiseland. Für das Visum benötigt man ein Einladungsschreiben eines Reiseanbieters. Auch dass es das Visum dann direkt an der Grenze gibt und nicht vorab auf der Botschaft, ist wohl relativ neu.



Heute Abend wird gegrillt. Dafür müssen wir allerdings noch einkaufen. Das machen wir im Grenzort Daşoguz auf turkmenischer Seite und gönnen uns dazu den besten Cappuccino seit Tagen und ein Eis. Besonders schön ist auch die Gemüsethekefrischhaltebenebelungsanlage und bemerkenswert ist die Menge an Alkohol für ein muslimisches Land.

Hier sehen wir auch schon ein bisschen der krassen Gegensätze zwischen altem Sowjetcharme und hochmodernem Prunk. Der vergleichsweise junge Präsident zieht gerade irgendwo im Land eine hochmoderne Cybercity hoch. Dabei wäre das Geld wahrscheinlich an anderer Stelle vorerst besser investiert.



Unterwegs ist die Landschaft wechselhaft. Platt ist es sowieso und man kann ewig weit gucken, wir kommen an weitläufigen grünen und brach liegenden Feldern vorbei, Maulbeerbäumen und Pappeln. Die Ränder der Felder sind weiß vom Salz im Boden.
Und es sind auch wieder viele Schulkinder unterwegs. Die Mädels haben schöne grüne Kleider als Uniform.

Die Straßen sind minimal besser als in Usbekistan. Aber es rüttelt uns trotzdem ganz schön durch, als unser Fahrer mit 150km/h über die Landstraße brettert.

Kaum angekommen in Köneürgenç gibt es erst einmal Mittagessen. Ich fühle mich ein wenig an meine Nordkoreareise erinnert. Wir sind die einzigen im Lokal und es scheint fast, als hätte man nur für uns die Küche geöffnet.

Leere, weite Fläche ist nahezu alles, was von Konye-Urgench, Alt-Urgench übrig geblieben ist. Dabei war es einmal eine der wichtigsten Städte Mittelasiens, hier am Kreuzungspunkt zweier Routen der Seidenstraße, von Persien nach Russland von Byzanz nach China.
Konye-Urgench war in seiner Blütezeit im 10.-13. Jh. Hauptstadt von Chorezm. Dann haben Dschingis Khan und Amir Timur gewütet und intensive Landwirtschaft und Baumwollanbau die Gegend ausgetrocknet. Konye-Urgench wurde verlassen und Urgench in Usbekistan gegründet. Neuer Platzhirsch der Gegend wurde allerdings Khiva.

Was wir noch sehen, ist das Gutluk-Temir-Minarett aus dem 11. Jh., das mit noch immer beeindruckenden 60m das zweithöchste Backsteinminarett der Welt ist.
Sehr schön selbst im desolaten Zustand ist auch das Turabeg Khanum Mausoleum aus dem 14. Jh.
Die Legende erzählt, dass die schöne, reiche Turabeg Khanum denjenigen heiraten wollte, der ihr das schönste Mausoleum baut. Um die Wahrhaftigkeit der Liebe des Baumeisters endgültig auf die Probe zu stellen, fragte sie ihn, ob er für sie auch vom Mausoleum hinab in den Tod springen würde. Er willigte ein und sprang - hatte sich aber zuvor ein paar Flügel gebaut und segelte als mittelasiatischer Ikarus hinab, der Hochzeit entgegen.



Hab ich gesagt, die Straßen sind besser als in Usbekistan? So langsam fühle ich mich wie auf dem Highway to hell.
Anfangs ist es noch recht fruchtbar-grün draußen, aber etwas eine Stunde nach Köneürgenç wird's sandig - die Wüste kommt.



https://www.youtube.com/watch?v=M3raSPZK46o
(Ja, es ist normal hier, dass im Autonavi Youtube läuft)

Mitten im Nirgendwo blitzt plötzlich die goldene Kuppel einer nagelneuen Moschee neben einem nagelneuen Örtchen. Wir bekommen einen Kaffee und tanken. Benzin kostet 1,5 Manat/l (38 Cent).
Den Sprit müssen die Turkmenen zwar bezahlen, aber Strom und Wasser gibt's von der Regierung umsonst.

Nach der kurzen Pause brausen wir weiter - diesmal wirklich. Die Straße lädt zwar immer noch zum Achsbruch ein, ist aber deutlich besser. Zur Lebensdauer eines Autos meint Shatlyk: ungefähr ein Jahr, dann muss repariert werden.
Reifen werden allerdings monatlich gewechselt.

90% Turkmenistans sind Wüste, da ist es unvermeidlich, dass wir irgendwann im Sand ankommen. Zwar ist überall noch ein wenig niedriges Gestrüpp, aber ansonsten leere Weite, soweit das Auge reicht.

Ach ja, hatte ich schonmal erwähnt, dass die Straßen schlecht sind? Trotzdem brettert unser Fahrer mit knapp 120km/h das letzte Stück durch die Landschaft  :smiley_erstaunt:



Was für ein Schauspiel! Die Sonne ist weg, aber vor uns leuchtet die Wüste: der Derwaza-Krater  taucht auf, das Tor zur Hölle.

Turkmenistan ist reich an Rohstoffen. In den 1960er Jahren haben die Sowjets ein Gasreservoir mitten in der Karakum untersucht. Dabei ist der Boden unterm schweren Gerät kollabiert. Seitdem brennt die Wüste. Alle Versuche, das Gasfeuer zu löschen, waren bis jetzt erfolglos.

Der warme Luftzug am Kraterrand ist angenehm und der Geruch erinnert mich an die Campingurlaube in den 1990ern, als es Konserven vom Gaskocher gab.

Brennende Erde habe ich auch schon in Aserbaidschan gesehen, aber das war bei weitem nicht so beeindruckend.


https://www.youtube.com/watch?v=qRMKlGWTEhg

Was für ein Tagesabschluss! Wir wandern ein paar hundert Meter im Finstern vom Krater zum Jurtencamp hoch. Eigentlich immer nur der Nase nach, denn auf dem Grill brutzelt es schon.
Während des Essens bekommen wir Besuch in der Jurte: zwei Wüstenigel beschnuppern unsere Füße.

Ein wenig bestaunen wir noch den großartigen Sternenhimmel, bevor wir schlafen gehen.



Kaamos

« Antwort #14 am: 13. Mai 2025, 20:44 »
Dienstag, 22.04.2025

Die Nacht in der Jurte war gut. Das Bett war zwar bretthart, aber die Decke warm. Rechtzeitig zum Sonnenaufgang werden wir wach und nach einem einfachen Frühstück geht's auch schon wieder weiter.



Eigentlich hat Turkmenistan noch so viel mehr zu bieten, die skurrile Hauptstadt Ashgabat oder historisches in Merv. Aber das Land ist groß und benötigt Zeit. Für uns geht's jetzt, begleitet von Kamelen, zurück in den Norden. Ich hatte ja schon von meiner Lektüre des ungarischen Reisenden im 19. Jh. geschrieben. Er ist mit der Karawane von Teheran kommend durch die turkmenische Wüste nach Khiva gereist. Damals muss es eine ziemlich gefährliche Tour gewesen sein, nicht nur wegen der lebensfeindlichen Natur, sondern auch wegen zahlreicher Räuberüberfälle. Wir blieben verschont. Mich hätte ja auch interessiert, wann wirklich die letzte "klassische" Karawane durch die Wüste gezogen ist. Leider habe ich dazu bisher nichts konkretes gefunden.


Unterwegs erzählt Shatlyk auch noch ein bisschen über sich und seine Familie. Er ist eigentlich stellvertretender Schulleiter, bekommt aber für seine Arbeit als Guide immer wieder frei, ähnlich wie ein Sabbatical.




Alles ist in Turkmenistan grün - Dächer, Schilder, Zäune... Aber kann man das einem Land verdenken, das zum Großteil aus Wüste besteht?



Gegen Mittag erreichen wir wieder die Grenze in Dasoguz. Allerdings macht die erst einmal Mittagspause. Wir sind glücklicherweise spät genug dran, dass wir nur noch eine Stunde mit einem Tee überbrücken müssen.
Die Formalitäten brauchen auch bei der Ausreise ihre Zeit, aber immerhin müssen wir keinen COVID-Test machen und auch nix zahlen.
Auf der anderen Seite der Grenze nimmt uns auch gleich ein Taxi in Empfang - nicht jedoch ohne den üblichen Fototermin mit Einheimischen. Wir sind wirklich immer wieder unglaublich herzlich aufgenommen worden.



Mit dem Taxi geht's zurück zum Hotel. Da hätten wir auch auf die Organisation durch die Agentur verzichten können, es waren genug vor Ort, die uns für einen Viertel des Preises nach Khiva gebracht hätten.
Die Unterkunft liegt diesmal an der Westseite der Altstadt mit einer wunderbaren Dachterrasse.



Nachdem wir ersteinmal einen Tee auf der genialen Dachterrasse getrunken haben, lasse ich meine Reisebegleitung dort sitzen und ziehe noch einmal los. Direkt vor unserer Haustür befindet sich die Konya Ark, die alte Festung aus dem 17. Jh. Wieder Mal tolle blaue Majolika an den Wänden, große Iwane, einen Platz an dem der Khan im Sommer seine Jurte zur Hofhaltung aufbaute und ein Museum zur alten Münze Khivas. Bis in die Zeit der Sowjetrepublik Choresm 1925 hat die Stadt ihr eigenes Geld geprägt. Leider habe ich noch nix davon in der Sammlung.
In einer Ecke befindet sich außerdem der Thron des Khans - allerdings nur eine Nachbildung, das Original haben die Russen 1873 nach Moskau gebracht.



Ein letztes Highlight in Khiva ist für mich die Juma Moschee. In der Freitagsmoschee herrscht eine ganz besondere Stimmung. Die Decke ist verhältnismäßig niedrig bei einer relativ großen Fläche. Die Moschee selbst stammt zwar aus dem 18. Jh., aber es wurde ein ganzer Wald aus Pfeilern aus dem 10.-19. Jh. verbaut. Beleuchtet wird alles nur von zwei Oberlichtern, sodass die ganze Moschee in einem warmbraunen Schummerlicht liegt.



Abschließend lassen wir es uns im Old Terrassa Restaurant richtig gut gehen: Khiva Mezze und Sakkiz Tam, acht verschiedene Spezialitäten Khivas.



Und weils so schön ist, noch einmal der gleiche Blick über die nächtliche Stadt...




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