Samstag, 19.04.2025Über das Hotel habe ich heute eine Stadtführung organisiert. Mit Ravshan steuern wir in den nächsten fünf Stunden fast alle wichtigen Punkte der Altstadt an.
Wir starten nur unweit vom Hotel an der Ulug Beg Madrasa, der ältesten erhaltenen in Mittelasien.
Das ist auch eine kleine familiäre Zeitreise. Vor 41 Jahren sind auch meine Eltern mit dem Rucksack durch Mittelasien. Allerdings war es etwa 25°C wärmer und es waren weniger Kacheln an der Fassade, da kurz vorher ein Erdbeben war.
Gleich gegenüber befindet sich die Abdulaziz-Khan Madrasa.

Der Poi Kalon und insbesondere das Poi Kalon Minarett sind ist das Wahrzeichen Bukharas schlechthin. Poi Kalon ist persisch und bedeutet "Hof nahe der großen Moschee".
Das Minarett stammt noch von den Karachaniden und ist das älteste Bauwerk am Platz (1127). Es hatte eine dreifache Funktion: einerseits diente es natürlich dem Muezzin zum Gebetsruf, aber auch als Leuchtturm den Karawanen als Wegweiser. Seine Funktion als Wachturm konnte Bukhara allerdings auch nicht vor der Zerstörung durch Dschingis Khan bewahren. Der Mongole verschonte nur das Minarett selbst, da er von ihm so beeindruckt gewesen sein soll.
Später wurden hier auch Hinrichtungen vollzogen, in dem in Säcke eingenähte Gefangene vom Minarett hinab gestoßen wurden.
Auch hier stehen wieder mehrere Moscheen und Medresen um den Platz, von denen wir nur die Poi Kalon Moschee besuchen. Nach Bibikhanum in Samarkand ist es die zweitgrößte Moschee Mittelasiens.

Den Registan hatten wir ja schon in Samarkand. Aber den gab es in mehreren Städten. Registan heißt eigentlich "sandiger Ort" und war schlicht und einfach der Hauptplatz. Von der ursprünglichen Bebauung des Registans von Buhkara ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Der jetzt freie Platz wird nur noch vom Ark überragt, der Zitadelle von Bukhara. Der künstliche Hügel gilt auch als Stadt in der Stadt, in den sich die Bevölkerung Bukharas im Falle eines Angriffs flüchten konnte. Ab 1785 residierten hier außerdem die Emire von Bukhara bis zur Eroberung der Stadt durch die Rote Armee 1920.
Im rekonstruierten Palast gibt es einige Museen und einen Gedenkraum für Ármin Vámbéry, einen ungarischen Orientalisten und Reisenden, der verkleidet als Derwisch 1861-64 das damals nahezu hermetisch abgeriegelte Turkestan bereiste, um die asiatischen Wurzeln der Magyaren zu erforschen.
Mein Bruder hat mir zu Weihnachten ein antiquarisches Buch seines Reiseberichtes geschenkt.
Und vor der Burg treffe ich mein erstes baktrisches Kamel, das mit zwei Höckern


Unweit des Ark kommen wir nun zum letzten Überbleibsel des alten Registan, der Bolo-Hovuz-Moschee. Der Name der ehemaligen Hauptmoschee Bukharas kommt vom Wasserbecken davor. Früher gab es zahlreiche derartige Zisternen, um die Wasserversorgung der Stadt sicher zu stellen. Sehr hygienisch war das allerdings nicht, die Barbiere mussten früher regelmäßig Würmer aus den Körpern der Bevölkerung schneiden.

Wir haben unterwegs schon öfters Storchskulpturen gesehen und und gewundert, wovon die sich hier ernähren, für Frösche ist es eindeutig zu trocken. Hier lernen wir, dass das, bevor die Sowjets mit dem intensiven Baumwollanbau begonnen haben, anders aussah. Rund um Bukhara muss es zahlreiche Sümpfe gegeben haben.
Im Chashmai-Ayyub-Mausoleum erfahren wir ein wenig über die Usbekische Wasserwirtschaft. Passend, denn an dieser Stelle soll Hiob mit seinem Stab eine Quelle aus dem Felsen geschlagen haben.
So eine Quelle bräuchte man heute wieder. Im letzten Jahrhundert ist Usbekistan extrem ausgetrocknet. In den letzten 50 Jahren ist der einst riesige Aralsee nahezu verschwunden. Wo einst Fischfang betrieben wurde, liegen heute die Boote im Wüstensand.
Leider reicht unsere Zeit aber nicht, um so weit in den Westen vorzudringen, um das Drama mit eigenen Augen zu sehen.

Interessant, wie sich die Kreise schließen. Nach den ersten Tagen in Dushanbe finden wir doch tatsächlich hier in Bukhara das Grab von Ismail Somoni. Der Herrscher ist im vermutlich ersten islamischen Kuppelgrab überhaupt bestattet. Man sieht ihm auch noch das Erbe der zoroastrischen Feuertempel an.
Die Fassade mit dem kunstvollen Mauerwerk ist großartig!

Gleich hinterm Mausoleum befindet sich der Basar - groß, bunt und vielfältig, wie so oft hier. Da gibt's sicher ein paar Gewürze und ein Glas Honig

Da wir uns mittlerweile ziemlich weit im Westen befinden, ordert Ravshan ein Taxi, dass uns zurück ins Zentrum der Altstadt, zum Labi Hovuz bringt. Hier steht Hodscha Nasreddin, eine Art Till Eulenspiegel, der in ganz Mittelasien, von Anatolien bis nach China bekannt ist.
Ob er auf eine reale Person zurück geht, ist nicht ganz geklärt. Russische Bearbeitungen des Stoffes siedeln ihn hier in Bukhara an.
In einer Geschichte forderte ein Wirt Bezahlung, weil Nasreddin sich am Duft der Speisen labte. Der Hodscha schüttelte daraufhin seinen Beutel und bezahlte somit mit dem Klang des Geldes.

In den 1920er Jahren haben die Sowjets einen Großteil der Wasserbecken Bukharas trocken gelegt. Labi Hovuz haben sie zum Glück verschont. Um den Teich stehen wunderbare alte Maulbeerbäume und natürlich wieder großartige Architektur.
Wir schauen uns die Nodir-Devonbegi-Madrasa an, die ursprünglich eine Karawanserei werden sollte. Als der Emir den Bau gesehen hat, soll er aufgerufen haben, das sei aber eine schöne Madrasa. Und dem Emir kann man halt schlecht widersprechen, wenn einem das Leben lieb ist. Also ziehen eben keine Kamele ein, sondern Studenten. Wobei der Unterschied da manchmal auch nicht so groß ist.
Am anderen Ende des Teiches befindet sich die Nodir-Devonbegi-Chanaqa, ein Platz zum Übernachten für wandernde Sufis. Im osmanischen Reich kennt man sie als Tekken.

Die Magʻoki-Attori-Moschee, bzw. "Moschee in der Grube" aus dem 9. Jh. ist eine der ältesten erhaltenen in Mittelasien. Sie wurde auch von Dschingis Khans Horden verschont. Nach und nach ist die Stadt ringsrum in die Höhe gewachsen, weswegen die Moschee heute so tief liegt. Unten gibt's ein Teppichmuseum. Der ein oder andere erinnert mich an meinen Afghanen zu Hause.

Die Basare haben in Bukhara einen etwas anderen Aufbau, als ich es kenne. Es ist kein zusammenhängendes Gassengewirr, sondern es sind mehrere Toqis, Kuppelbasare aus dem 16. Jh. Es existieren nur noch drei: Toqi Sarrofon, Toqi Zargaron und Toqi Telpak Furushon. Wo einst indische Geldwechsler neben Juwelieren und Mützenverkäufern saßen, ist heute ein Souvenirhändler neben dem anderen.
Schade, dass im Rucksack nicht genug Platz für einen Teppich ist :smiley_sympathie:
Wir schauen auch in den Vorraum eines Hamams. Ganz rein geht nicht, heute ist Frauenbadetag.

Nachdem wir uns vorm Hotel von Ravshan verabschiedet haben, ziehen wir alleine weiter. Etwas abseits liegt noch eine Besonderheit Bukharas: Chor Minor, die vier Minarette. In Mittelasien gibt es architektonisch nichts vergleichbares, eventuell wird man in Indien fündig.
Das interessante Gebäude ist der Rest einer nicht mehr existenten Madrasa. In den 1990ern ist eines der Minarette eingestürzt. Sofort wurde das Gebäude aus dem offiziellen Touristenprogramm gestrichen und die Schmach totgeschwiegen.
Mittlerweile steht der vierte Turm wieder.
Nebenan wird kräftig getrödelt. Es gibt noch genug Plunder aus Sowjetzeiten.

Langes laufen macht hungrig. Im Old Bukhara werden wir wunderbar verköstigt. Und eine Flasche usbekischen Wein gibt es auch. Die usbekische Küche ist richtig gut. Es gibt Einflüsse aus allen vier Richtungen, persisch, russisch, chinesisch, indisch. Immer wieder gern gegessen haben wir Manti und Samsa (gedämpfte, bzw. gebackene Teigtaschen).
Zum Sonnenuntergang setzen wir uns noch einmal an den Labi Hovuz zu Tee, Baklava und frittiertem Eis.

Meine Begleitung verabschiedet sich ins Hotel, morgen früh geht's zeitig los. Ich schaue aber noch einmal kurz über den Basar und entschließe mich doch noch zu einem Spaziergang zum Bukhara Tower. Der war ursprünglich ein Wasserturm und ist schon an sich interessant. Er wurde von Wladimir Shukhov konstruiert, Russlands bedeutendsten Ingenieur. Ihm gelang es mit geringstem Materialaufwand große Konstruktionen zu errichten.
Von oben hat man einen schönen Blick auf Ark, Altstadt und Bolo Hovuz.
