Thema: Sudan (Februar 2023) - Ein Reisebericht  (Gelesen 1368 mal)

Kibo

« am: 30. März 2023, 17:37 »
Da sich einige hier bereits einen Bericht von meiner Reise in den Sudan im Februar 2023 gewünscht haben, bitte:

Einerseits wollte ich aus einer persönlichen Sicht über das Land berichten und andererseits aber auch wichtige Infos mit euch teilen, falls jemand auch einmal in den Sudan reisen möchte  :)

Vor der Reise

Eigentlich war die Reise bereits im November 2021 als Teil einer etwas längeren Reise (Kairo-Khartum) geplant, jedoch haben mir die politischen Verwerfungen im Sudan zu dieser Zeit einen Strich durch die Rechnung gemacht, und ich konnte „nur“ nach Ägypten reisen. Daher habe ich den Sudan nun im Februar 2023 nachgeholt.
Vorab habe ich mir ein Touristenvisum über die Sudanesische Botschaft in Wien organisiert. Dafür war ein Einladungsschreiben eines sudanesischen Reiseanbieters oder einer sudanesischen Privatperson notwendig. Da ich niemanden im Sudan kannte, habe ich vorab das Acropole Hotel in Khartum angeschrieben. Das Hotel ist vermutlich DIE Adresse, wenn man als Ausländer Hilfe im Sudan braucht. Der Besitzer hat das Hotel in den 50er-Jahren zusammen mit seinem (mittlerweile leider verstorbenen) Bruder eröffnet. Zeitgleich ist das Hotel auch das griechische Honorarkonsulat in Khartum. Gegen eine Vorabüberweisung von 200€ auf ein griechisches Konto wurde mir dann das Einladungsschreiben per E-Mail geschickt. Die 200€ wurden dann vor Ort mit meiner Hotelrechnung gegenverrechnet, sodass die Einladung per se gratis war. Jedoch ist das Hotel an sich relativ teuer (95U$/Nacht) und auch sonstiger Service (SIM-Karte, Registrierung, Flughafentransfer usw.) ist deutlich teurer, als wenn man es sich selbst organisiert. Andererseits ist es sehr hilfreich, eine Adresse zu haben, an die man sich wenden kann, denn die Informationslage über den Sudan ist relativ dünn. Mit dem Schreiben wurde das Visum binnen einer Woche ausgestellt. Konsulatsgebühr: 70€.

Reiseführer gibt es meines Wissens nach nur einen vom Bradt-Verlag, der aber auch schon älter und oft nicht mehr aktuell ist (gerade was Hotels usw. angeht). Aber als grober Überblick ist der dennoch gut und er bietet recht gute Hintergrundinfos zum Land. Zusätzlich habe ich mir noch das (dünne) Sudan-Kapitel aus dem Africa-Lonely Planet ausgedruckt.

Wichtig ist noch anzumerken, dass westliche Kreditkarten im Sudan nicht funktionieren! Das Land ist komplett cash-only, außer man verfügt aus welchem Grund auch immer über ein sudanesisches Konto. Gewechselt werden kann das Geld problemlos in jeder Bank oder bei Western Union. Darüber hinaus wechseln auch Personen auf der Straße. Der „Schwarzmarktwechselkurs“ ist jedoch seit geraumer Zeit nicht mehr von jenen der Banken zu unterscheiden, da der Staat versucht, diese Geschäftspraktiken zu unterbinden. Am besten bringt man Dollar mit, die nach 2013 gedruckt wurden (manche Banken akzeptieren keine älteren Geldscheine!). Euros werden (zumindest in Khartum) auch weitestgehend gewechselt. Jedenfalls sollten die Scheine am besten druckfrisch sein! So oder so: man bekommt man Haufen an sudanesischen Pfund, denn der größte Schein im Umlauf hat einen Gegenwert von nur ca. 80 €-Cent!


Nach der Ankunft im Sudan muss man sich binnen drei Tagen registrieren. Entweder macht man das selbst am Flughafen in Khartum (befindet sich unweit der Departure-Hall) oder es erledigt das Hotel (gegen einen Aufpreis – wie in meinem Fall). Jedenfalls bekommt man dafür einen grünen Sticker neben das Visum, auf dem die Registrierung vermerkt wird. Kommt man auf dem Landweg aus Ägypten, muss man das jedenfalls in Wadi Halfa machen!
Um sich im Sudan außerhalb von Khartum bewegen zu können, braucht man eine Travel Permit. Diese bekommt man im Tourismusministerium und kostet nichts (oder es organisiert das Hotel gegen einen Aufpreis – wie in meinem Fall). Dabei sollte man die Bundesstaaten angeben, die man besuchen möchte. Ich hatte sie für folgende Orte: Northern, River Nile, Red Sea, Kassala, Gedaref und Khartum. Damit deckt man 99% aller touristisch relevanten Gebiete im Sudan ab. Am besten man kopiert sich die Permit 5-10x. Kann sein, dass man sie in Hotels/Check-Points abgeben muss.

Khartum

Wie gesagt habe ich die ersten drei Nächte in Khartum im Acropole Hotel verbracht. Alternativ kann ich auch das Kabri Alsham Hotel sehr empfehlen, wo ich am Ende der Reise war. Für 40U$/Nacht Einzelzimmer inkl. Frühstück vermutlich eine der besten Optionen in Khartum und auch sehr zentral gelegen.
Die Hauptstadt selbst hat mich wirklich überrascht. Hatte ich anfangs keine großen Erwartungen habe ich mich schnell sehr wohl gefühlt. Khartum besteht eigentlich aus drei Städten: Karthum selbst, Bahri im Norden und Omdurman um Westen. Zusammen sind sie aber nicht voneinander zu trennen, außer, dass der Nil zwischen ihnen liegt. Khartum ist etwas das Kairo, das man sich (oder zumindest ich) erhofft habe. Es ist für afrikanische Verhältnisse relativ ruhig, sauber und überschaubar. Sehenswürdigkeiten sind jedenfalls das Nationalmuseum (war leider geschlossen, jedoch hat mich ein Polizist den Garten besuchen lassen, in dem vier kleinere Tempel vor den Fluten des Assuan-Stausees gerettet wurden). Weiters ist auch das Republican Palace Museum einen Besuch wert. Dort werden Geschenke an den ehemaligen Diktator Omar al-Bashir ausgestellt und generell die Geschichte der Republik beleuchtet.
Von der Shambat Bridge kann man auch sehr gut den Zusammenfluss des Blauen und Weißen Nils beobachten.
Abends trifft sich die Jugend in der Nähe des Corinthia Hotels (auch „Gaddafis Ei“ genannt, da mit lybischen Ölgeld bezahlt) am Ufer des Nils um Tee zu trinken und Wasserpfeife zu rauchen sowie die staatlichen Zwänge etwas zu vergessen.

Noch authentischer wird es am Souq von Omdurman, wo allerhand Alltagsgegenstände feilgeboten werden. Ebenfalls in Omdurman kann man das „Haus des Kalifen“ und das dazugehörige Grab besuchen (nur freitags geöffnet!)
Ebenfalls nur freitags findet am Alsheikh Hamad Al Neel Cemetery der „Tanz der Derwische“ statt. Das ist vermutlich das Beeindruckteste, das man sich in Khartum ansehen kann. Gegen 16:00 Uhr versammeln sich Gläubige vor dem Grab des Imam und tanzen zu dessen und Allahs Ehren. Es ist ein richtiges Spektakel, das auch die wenigen ausländischen Touristen in Khartum regelmäßig anzieht. Die Menschen dort sind sehr freundlich und man kommt schnell ins Gespräch. Das Ganze dauert bis ca. 17:30 Uhr. Ein Taxi von Khartum kostet etwa 5U$ one-way.

Generell hat mir Khartum sehr gut gefallen und in zwei bis max. drei Tagen (einer davon sollte ein Freitag sein!) kann man die Stadt ganz gut erkunden.

Pyramiden von Meroe (+ Zwischenfall mit dem Militär)

Vermutlich sind die Pyramiden von Meroe rund 250 Kilometer nördlich von Khartum die einzig „touristische“ Sehenswürdigkeit im ganzen Sudan. Man kann die entweder als Tagesausflug von Khartum aus besuchen oder am Weg von Khartum nach Atbara im Norden stehenbleiben. Ich habe mich für den Tagesausflug entschieden. Um zum Busbahnhof (von denen es zumindest drei große gibt, jeweils einen in jedem „Stadtteil“) zu gelangen, wollte ich nördlich der Blue-Nile-Bridge einen Minibus nehmen. Soweit, so unspektakulär. Da ich gerne fotografiere, habe ich ein Foto von dem Minibus gemacht, den ich gerade besteigen wollte. Da wurde ich auch schon von zwei in zivil gekleideten Männern angehalten. Ausweise wurden mir gezeigt und mir wurde schnell klar, dass es ein Problem gab. Man versuchte mir auf Arabisch mitzuteilen, dass ich hier nicht fotografieren dürfe. Ich wurde an den Straßenrand gebeten und musste meine Fotos herzeigen. Ich habe angeboten, die beiden Minibus-Fotos zu löschen. Dann ließ man mich gehen. Dachte ich zumindest. Ich stieg in den Bus und wir fuhren lose. Da wurden wir von den beiden Männern auf ihrem Motorrad überholt und sie brachten den Bus zum Stillstand. Relativ aufgebracht zwangen sie mich auszusteigen.
An dieser Stelle ist wohl anzumerken, dass es früher die Verpflichtung für Ausländer gab, eine „Photo Permit“ vom Tourismusministerium zu beantragen. Nach längerer Recherche und auch in Rücksprache mit dem Besitzer des Acropole Hotel kam ich zum Ergebnis, dass es diese seit geraumer Zeit nicht mehr gab.

Damit zurück zum Vorfall beim Minibus: ich erklärte den beiden mittels Google Translate, dass ich nun jemanden sprechen möchte, der Englisch versteht. Etwa 15 Minuten später fuhr ein Pick-Up vor, und ein kleiner, etwas dicklicher Sudanese stieg aus. Er erklärte mir die Situation. Mein Visum wurde kontrolliert und auch nochmals meine Kamera. Daraufhin meinte er, dass ich ihn begleiten müsse. Mit einem mulmigen Gefühl stimmte ich zu. Wir führen etwa fünf Minuten und bogen dann in eine Kaserne ein. In der Zwischenzeit konnte ich einem Freund daheim meinen Standort via Whatsapp übermitteln – man weiß ja nie.  Am Ende des Wegs hielten wir vor einem kleinen Gebäude. Der Mann meinte, ich müsse nun mit dem Kommandanten sprechen. Auf die Frage, ob es Schwierigkeiten gäbe meinte er: „only a small one“. In einem Raum wartete ich auf den Kommandanten, der kurz darauf auch erschien. Er ließ sich meinen Reisepass zeigen, sprach aber kein Englisch. Er rief jemanden an, und über ein Telefon, das schon um die Jahrtausendwende alt war, sprach ich mit jemandem. Er hielt einen langen Monolog über meine Verfehlung. Daraufhin musste ich meine Reiseroute aufschreiben. In der Zwischenzeit wurde Tee serviert. Als ich ausgetrunken hatte, schüttelte mir der Kommandant die Hand und ich wurde von dem kleinen Dicken wieder zum Busbahnhof gebracht. Den Zettel mit meiner Reiseroute habe ich nie jemandem abgeben müssen. Das Ganze hat etwa 1,5 Stunden gedauert. Was ich erst nachher herausgefunden habe ist, dass sich die Kaserne, in der ich war, am selben Grundstück befindet wie jenes Gefängnis, in dem derzeit der ehemalige Diktator Omar al-Bashir gefangen gehalten wird. 
Generell war ich natürlich äußerst nervös, da man nie weiß, wie die Situation ausgeht, aber „zum Glück“ war ich bereits im Iran und in Belarus in einer ähnlichen Situation und hoffe innständig, dass es auch dieses Mal so glimpflich verlaufen wird.

Mit gewaltiger Verspätung ging es dann mit dem Bus Richtung Pyramiden. Die Fahrt dauerte deutlich länger als gedacht (4 Stunden), sodass ich erst gegen 15:30 Uhr bei den Pyramiden war. Man wird auf der Hauptstraße aus dem Bus geworfen, jedoch sieht man in knapp 1km Entfernung bereits die Pyramiden, auf die man nur zugehen muss. Der Eintritt kostet, wie überall im Sudan, offiziell 20$, was ein Wahnsinn ist. Jedoch gibt es immer Spielraum für Verhandlungen, sodass ich am Ende 8$ bezahlt habe. 

Die Pyramiden selbst sind wunderschön, vor allem im Abendlicht! Ich war neben einem US-Amerikaner und seiner Familie der einzige vor Ort, meistens ist man wohl aber ganz allein. Leider wurden die Spitzen der meisten Pyramiden von einem italienischen Abenteurer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach Gold gesprengt.
Zurück nach Khartum kommt man entweder, in dem man einen Bus auf dem Highway anhält, oder, wie in meinem Fall, Glück hat. Der US-Amerikaner hatte einen Geländewagen mit Fahrer und nahm mich mit. Nachteil: Er war ein gewaltiger Verschwörungstheoretiker und hat mich die gesamte Rückfahrt über (immerhin knapp 4 Stunden) mit den abstrusesten Theorien zugetextet. Aus Sorge, er könnte mich in der Dunkelheit aussetzen, habe ich lieber meinen Mund weitestgehend gehalten und es über mich ergehen lassen – what a day!

Karima

Vom Souq al-Shabi in Omburman aus ging es mit dem Bus nach Karima. Die Fahrt kostet etwa 12-15U$. Generell sind die Langstreckenbusse relativ modern und chinesischer Bauart (wie fast alles Moderne im Sudan). Man bekommt Getränke und Snacks serviert und es gibt AC. Auch die Highways sind in guten Zustand, da erst vor kurzem mit Hilfe chinesischem Geldes grunderneuert. Dennoch sind Fahrten oft elendslang, da Leute ständig ein- und aussteigen. Bei den Stopps werden die Busse auch von Händlern geflutet, sodass für das leibliche Wohl gesorgt ist. Toiletten gibt es nicht in den Bussen. Auf dem Weg passiert man einige Check-Points, meistens wird man aber durchgewunken. Wird man angehalten, kann es sein, dass man als einziger Ausländer kurz aussteigen muss. Dann wird der Pass und die Travel Permit ggf. fotografiert und die Reise kann fortgesetzt werden. Ich hatte nie Schwierigkeiten und die Kontrollen erschienen mir reine Routine zu sein.

Die Fahrt nach Karima dauerte etwa 5,5 Stunden. Ich checkte im Al-Tamoda Hotel in Sichtweite zum Jebel Barkal (Berg) und den Pyramiden ein. Eine Nacht im Einzelzimmer mit eigenem Bad/Toilette + gutem WLAN kostete rund 25U$. Sehr zu empfehlen ist auch das „Damira Hotel“. Abdallah, der Besitzer, spricht super Englisch und kann alles Mögliche organisieren. Das Hotel ist sauber und bietet Frühstück an, kostet im Single Room aber auch rund 60$. Am Top-End gibt es noch das Nubian Guesthouse, welches aber bei 180-200$/Nacht liegt.

In Karima selbst gibt es einige interessante Orte: am Nilufer gibt es außer Dienst gestellte Nilkreuzfahrtschiffe. Auch der verlassene Bahnhof und die dahinter gelegenen Quartiere der britischen Armee sind einen Abstecher wert. Hauptattraktion ist der Jebel Barkal, an dessen Fuße der Tempel der Amun liegt. In den Berg hineingeschlagen ist eine kleine Kammer mit feinen Wandmalereien. Dafür muss man jemanden finden, der einen Schlüssel hat. Diese Person wird dann die obligatorischen 20U$ verlangen. Bietet man für die Mühen 3-5U$ in lokaler Währung, wird nicht mehr weiter von einem Ticket gesprochen werden  ;)

Auf der anderen Seite des Bergs befinden sind eine Hand voll gut erhaltener Pyramiden, die man jedenfalls ansehen sollte. Am besten besteigt man dann den Berg gegen 17:00 Uhr um von dessen Hochplateau aus den Sonnenuntergang zu beobachten. Dort traf ich auch auf eine Reisegruppe. Generell gibt es kaum Tourismus im Sudan. Die, die dennoch kommen, sind in einer Reisegruppe organisiert, oder haben zumindest einen eigenen Fahrer (teuer, aber sehr empfehlenswert, da viele Sehenswürdigkeiten nicht direkt auf den Hauptrouten liegen).

Daneben gibt es noch die Gräber in El-Kurru, rund 20km südlich von Karima. Ein Taxi kostet etwa 15U$ inklusive Wartezeit und Rückfahrt. Von außen wenig Spektakulär, doch von innen sind die Gräber wirklich wunderschön und übertreffen einige der Gräber im Tal der Könige in Ägypten. Leider war eines der Gräber geschlossen. Erneut kommt man mit rund 6-8U$ „Eintritt“ durch. Ein paar Kilometer abseits gibt es noch einige fossile Baumstämme, die in der Wüste herumliegen.
 
Auf der anderen Seite des Nils in östlicher Richtung gelegen befinden sich die (stark verwitterten) Pyramiden von Nuri. Ein Taxi hin & zurück mit Wartezeit kostet von Karima aus etwa 15-20U$. Erneut bezahlt man besser nicht den „offiziellen“ Eintrittspreis von 20U$, sondern verhandelt ;)

Auf der Rückfahrt kommt man an einem alten islamischen Friedhof vorbei, bei dem sich ein kleiner Zwischenstopp lohnt. Auch befinden sich die Ruinen des koptischen Klosters „Deir Ghazali“ etwa 15-20km von Nuri entfernt. Ich selbst war nicht dort, aber wäre wohl den Abstecher wert gewesen.
Generell kann man Karima wohl gut in zwei Tagen schaffen, wenn man sich ein Taxi organisiert. Ich war drei Tage dort und bin es langsamer angegangen.

Old Dongola

Eines meiner Highlights! Einst Hauptstadt eines christlichen Königreichs im Mittelalter mit eigener Kathedrale wurde es später von islamischen Herrschern erobert, die Kathedrale wurde zur Moschee und es wurde ein islamischer Friedhof mit seinen ikonischen bienenstockartigen Häusern angelegt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Stadt aufgegeben und wanderte 80km in den Norden und wurde das heutige Dongola. Leider liegt Old Dongola nicht auf der Hauptverbindungsstrecke von Karima nach Dongola, sodass es dorthin faktisch keinen öffentlichen Transport gibt. Für 120U$ konnte ich über Abdallah vom Damira Hotel jedoch einen Fahrer organisieren. Die Fahrt pro Richtung dauert etwa 2,5 Stunden und vor Ort sollte man 2-3 Stunden einplanen. Auch war ein polnisches Archäologenteam vor Ort, da nach wie vor aktiv gegraben wird! Dieses Mal hatte ich Glück, und niemand wollte mir ein Eintrittsticket verkaufen.



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Kibo

« Antwort #1 am: 30. März 2023, 17:39 »
Kerma

Mit dem Minibus ging es von Karima nach Dongola (1,5 Stunden; 8U$) und dann mit einem anderen Bus nach Kerma (1 Stunde; 3U$). In Dongola selbst gibt es meiner Meinung nach keinen Grund, um sich länger als absolut notwendig aufzuhalten.
In Kerma gibt es zwei Deffuffas (Lehmziegelburgen). Diese standen von 3.500 Jahren über einer antiken Stadt, von der heute nur mehr teilweise Grundmauern erhalten sind. Auf dem Gelände der westlichen Deffufa steht auch ein kleines Museum. Eintritt insgesamt: 20U$. Dieses Mal half auch kein Verhandeln mehr. In knapp 1 Stunde hat man alles gesehen. Um zur östlichen Deffuffa zu gelangen empfehle ich ein Taxi, oder man spaziert knapp eine Stunde durch grüne Palmenwälder. Es ist wirklich sehr nett.

Hoteltechnisch ist Kerma eher mau. Es gibt direkt neben der westlichen Deffufa ein Tourist Resort, welches mir aber ein winziges Zimmer ohne WLAN und Frühstück für 70U$ andrehen wollte. Trotz Preissenkung auf 40U$ wollte ich nicht dort bleiben.
Im Zentrum von Kerma gibt es noch das „Nile Hotel“. Das ist billig (8U$) aber auch entsprechend ausgestattet. Prinzipiell kein Problem für mich, jedoch habe ich gelesen, dass es Bettwanzen geben soll, weshalb ich besonders vorsichtig war. Zum Glück wurde ich jedoch nicht gebissen. Die Besitzer des Hotels sind SEHR gastfreundlich, und können für einen kleinen Aufpreis auch ein Abendessen kochen. WLAN gibt es nicht. Generell ist Kerma sehr verschlafen, wobei man aber 100m vom Hotel entfernt in einem netten Café einen tollen Sonnenuntergang über dem Nil genießen kann.

Von Kerma fährt gegen 06:00 Uhr auch ein Direktbus nach Khartum. Fahrtzeit: 11 Stunden. Kosten: ca. 20U$.
Nördlich von Kerma, etwa 3-4 Stunden entfernt und eine Stunde südlich von Abri, gibt es auf dem Westufer noch den Tempel von Soleb. Dieser sieht wirklich fantastisch aus, jedoch war mir der „Umweg“ dann doch etwas zu lang und beschwerlich, weshalb ich ihn ausgelassen habe. Für alle, die sich aber auf dem Weg von oder zur ägyptischen Grenze befinden, würde ich den Stopp jedenfalls empfehlen!

Kassala

Nach einem Tag Entspannung in Khartum nahm ich gegen 05:00 Uhr den Bus nach Kassala. Fahrtzeit: 11 Stunden. Kosten: 25U$. Der Bus fährt vom Busbahnhof „Mina al-Barri“.
Kassala gilt als Flitterwochendestination im Sudan und zeichnet sich durch die bizarr wirkenden Berge am Stadtrand, den lebhaften Markt und die generell sehr entspannte Stimmung aus. Ich kann das „Hipton Hotel“ sehr empfehlen. Es ist sauber, liegt zentral und hat WLAN. Kostenpunkt: 15U$/Nacht. 
Der Souq ist wirklich wunderbar. Es gibt alles von Alltagsgegenständen bis hin zu Dolchen, Peitschen, Schwertern und „Jabanas“ (traditionelle sudanesische Kaffeekannen) alles.

Die Berge erreicht man entweder mit dem Taxi oder man spaziert eine knappe Stunde dorthin (ich empfehle zumindest eine Strecke zu gehen). Vor Ort gibt es einige Cafés, in denen man sich entspannen kann. Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, einen der Berge zu besteigen und vom Gipfel aus über die Grenze von Eritrea hinweg zu sehen. Jedenfalls sollte man sich vorher oder nachher einen Kaffee aus einer Jabana gönnen mit dem obligatorisch dazu servierten Popcorn natürlich! Am schönsten ist es im Abendlicht.

Ganz in der Nähe befindet sich auch die El Sayed El Hassan Moschee. Die unverkennbare Lehmbauart erinnert entfernt an die Moscheen in Mali und ist jedenfalls eines der Highlights in Kassala. Zeitgleich fungiert sie auch als Grab eines Imams.

Zurück nach Khartum fahren die Busse vom „Souq al-Shabi“ am Westende der Stadt. Man sollte um 05:00 Uhr am Busbahnhof sein. Tickets kauft man entweder dort oder vorab im Stadtzentrum bei einem der unzähligen Reisebüros.
Für den Rückflug ist noch zu sagen, dass man das Flughafengebäude erst drei Stunden vor Abflug betreten kann, was auch streng kontrolliert wird. Am Flughafen selbst gibt es nichts, außer einen kleinen Kiosk, Toiletten (aber nicht mehr nach der Sicherheitskontrolle!) und ein Handtaschengeschäft. Geld kann man dort nicht mehr wechseln, also unbedingt vorher machen! Für die Ausreise braucht man kein Exit-Visum mehr!

Fazit

Der Tourismus im Sudan steckt, wenn überhaupt, noch in den Kinderschuhen. Es gibt faktisch keine touristische Infrastruktur, was das Reisen teilweise auch relativ kostenintensiv macht. Hotels gibt es, sind aber trotz der vergleichsweise „hohen“ Preise meistens nur maximal Mittelklasse. Die Menschen im Sudan sind herzerwärmend gastfreundlich. Man wird oft angesprochen und eingeladen. Leider macht es die politische Situation manchmal zu einem Glücksspiel, denn das Land kann heute stabil und morgen wieder kurz vor einem Staatsstreich stehen. Das sollte einem aber nicht davon abhalten, dieses geheimnisvolle Land zu besuchen. Wem Ägypten gefallen, aber zu touristisch war, wird auch den Sudan lieben. Er ist die perfekte Mischung aus Arabien und Afrika und hält an jeder Ecke ein Abenteuer bereit! Ich bin sehr froh, diese Reise gemacht zu haben.

PS: weiters interessant - aber von mir nicht besucht - sind der Tempel von Soleb südlich von Abri, die beide Tempel Naqa und al-Musawwarat nördlich von Khartum (nur mit Geländefahrzeug zu erreichen, da in der Wüste gelegen! Tagestouren von Khartum aus möglich, aber sehr teuer.Das billigste Angebot das ich finden konnte (und ich habe viel herumgefragt) waren knapp 300 U$) und Port Sudan mit seiner "Geisterstadt" Suakin.
 
Für alle Abenteuerlustigen geht es nach dem Sudan entweder Richtung Norden über den Grenzübergang von Wadi Halfa nach Assuan (per Bus oder – noch aufregender – per Fähre!) oder nach Äthiopien. Seit geraumer Zeit ist es meiner Kenntnis nach auch möglich, mit der Fähre von Port Sudan aus nach Jeddah, Saudi-Arabien zu fahren. Das wäre wirklich toll gewesen, leider hatte ich nur zwei Wochen Zeit! Aber wenn das jemand machen sollte, dann bitte unbedingt dem Forum davon berichten  :)
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Nocktem

« Antwort #2 am: 30. März 2023, 18:06 »
absolut genialer bericht!!!!

danke dafür!
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Knud65

« Antwort #3 am: 31. März 2023, 14:03 »
Schönen Dank für den tollen, ausführlichen Bericht. Tolle Reise mit Ausnahme mit der Erfahrung mit der Polizei.
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Kaamos

« Antwort #4 am: 31. März 2023, 16:04 »
Toller Bericht, danke fürs teilen.

Wie sieht es ansonsten mit fotografieren aus, abgesehen von dem unschönen Erlebnis?
Musstest du eher versteckt vorsichtig sein, oder ging es relativ offen?
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Kibo

« Antwort #5 am: 31. März 2023, 16:58 »
Also mein Erlebnis mit dem Militär war am zweiten Tag, also war ich danach etwas vorsichtig in Khartum. Am Markt oder bei den genannten Sehenswürdigkeiten war es kein Problem, aber "street photography" habe ich dann eher unterlassen und die Kamera meistens eingepackt gelassen.

Außerhalb von Khartum hatte ich meine Kamera sehr oft in der Hand oder über die Schulter gehängt ganz ohne Probleme. Konnte auch offen Fotos machen. Ein Polizist wollte sogar Selfies mit mir machen. Scheint also wirklich nur ein Thema in der Hauptstadt zu sein  ;D
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matija

« Antwort #6 am: 01. April 2023, 15:11 »
Schöner Bericht! Da bekomm ich doch glatt Lust mal in den Sudan zu reisen. Allerdings finde ich es ziemlich verrückt was die Hotels und der Transport kosten.
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Kama aina

« Antwort #7 am: 05. April 2023, 23:11 »
Sehr schöner Bericht! Danke dir!
Solche Infos sind echt Gold wert! :)
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