So, dann mach ich mal den Anfang ;-)
Ich habe es einmal ausprobiert und mich auf den Weg nach Jeddah gemacht. Leider nur für das Wochenende
Anreise/Einreise: Es gibt sowohl ein eVisa als auch ein VoA. Ich habe mich für ersteres entschieden, da ich noch keine Berichte über VoA gelesen habe und auch nicht das Risiko eingehen wollte, dass die Airline mich aus Unwissenheit möglicherweise nicht mitnimmt. Nachdem ich mich auf der sehr übersichtlichen Visumswebsite registriert und ein paar Basisdaten inkl. Foto eingegeben habe, hat es 4 Minuten gedauert, bis ich per Email das eVisa erhalten habe. Insgesamt also 10-15 min. Flug mit LH direkt nach Jeddah. Die Immigration bei Ankunft war gut besetzt und der Flieger halb leer, 10 min nach Landung war ich durch. Sehr easy.
Es gibt Uber und das arabische Pendant (Careem) in Saudi. Ich habe mir einen Uber an den Flughafen bestellt und bin zu meinem Hotel in Al Hambra (Innenstadt, gleich mehr) gefahren. Die Fahrt hat abends etwa 25 min gedauert (c. €20). Der Flug ist um c. 21:30 gelandet, um 22:30 war ich im Hotel.
Jeddah ist ziemlich „spread out“ entlang des Roten Meeres, die Distanzen sind sehr groß. Uber/Careem sind aber verlässlich und relativ günstig. Die (für mich) interessanten Stadteile sind Al Hambra und Al Balad. Al Hamba ist zentral gelegen an der „alten“ Corniche. In dem Viertel sind viele Hotels (auch meins), Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten etc. Hier befindet sich auch die größte Wasserfontäne der Welt. Nett anzuschauen, besonders abends. Während sich das Leben tagsüber vor allem innen abspielt kommen die Leute abends raus und tummeln sich auf der Corniche (Picknick etc).
Al Balad ist die Altstadt. Auch diese erwacht eher abends mit vielen Märkten und Souks. Al Balad hat mich ein wenig an Stone Town erinnert, in großen Teilen mit Gebäuden kurz vor dem Einsturz, es wird aber an vielen Stellen restauriert. Al Balad ist ein paar Km südliche von Al Hambra.
Auch sehr cool ist die „neue“ Corniche geschätzte 10 km nördlich von Al Hambra. Sehr schick und neu, viele Skulpturen, Kiosks. In der Mitte der Straße entlang der Corniche ist eine breite Fußgängerzone auf der sich Fahrradfahrer, Walker, Jogger etc tummeln.
Noch weiter nördlich Richtung Flughafen sind die 2 größten Malls (Red Sea Mall und Mall of Arabia). Shoppen ist eine der Lieblingsbeschäftigungen der Saudis. Kann man sich mal anschauen, primär für People Watching. Auch in der Nähe befindet sich die Floating Mosque, eine Moschee, die auf Säulen im Meer gebaut ist.
Noch ein Stück weiter nördlich ist das Miami von Jeddah, ein paar fancy Hotels, viele große Häuser mit Strand, n paar swanky Fisch Restaurants. Und der Jeddah Tower, oder zumindest ein Teil davon. Soll bei Fertigstellung das höchste Gebäude der Welt werden, ist aber wegen Korruption weit hinter Plan.
Ich glaube das waren auch schon die Hauptsehenswürdigkeiten.
Wie eigentlich überall sind die Menschen natürlich das Highlight. Ich habe die Menschen als unfassbar freundlich und neugierig kennengelernt. Ich hatte das Glück ein paar echt coole Leute auf der Partymeile (neue Corniche) am Freitag Abend kennengelernt zu haben. Die Straßenparty geht übrigens bis c. 5h morgens, inkl. Stau mit Autos mit voll aufgedrehter Mucke, voller Typen und auch Frauen mit Sonnenbrillen. Ich hoffe das Bild kommt rüber. Mit den Leuten, die ich kennengelernt habe (Männer und Frauen!) habe ich viel unternommen die nächsten 2 Tage. Wir waren gefühlt 100 mal essen, Shisha rauchen, ich wurde überall abgeholt und hingefahren etc. Nur bezahlen durfte ich eigentlich nie, einmal konnte ich durch ein geschickte Manöver aber doch bezahlen ;-)
Gerade die jüngeren Leute, die ich kennengelernt habe, sind sehr liberal. Sie lieben das „Westliche/Weltliche“, hören Hip Hop und EDM. Sie halten Händchen, flirten und nehmen kein Blatt vor den Mund. Während die Ganzkörperverschleierung omnipräsent ist, sieht man des Öfteren Frauen ohne Kopftuch, frisch frisiert. Alles kein Problem und legal. Trotzdem nehmen sie den Islam sehr ernst, so gut wie jeder, auch die „hippen jungen“ ziehen sich fünfmal am Tag zurück um zu beten. Saudis sind unheimlich stolz auf ihr Land und verehren die Königsfamilie.
Saudi Arabien ist gerade in einem ganz krassen Umbruch, der meiner Meinung nach sehr vorsichtig gemanaged werden muss. Ich war etwas überrascht, als mir ein junger Hipster erzählt hat, dass er letzte Woche in Riyadh auf einem Konzert von Lil Wayne war, dessen Lyrics dann doch nicht ganz der Sharia entsprechen dürften. Neben Lil Wayne gab es im Rahmen der Riyadh Season in den letzten Tagen übrigens auch Konzerte von Nicky Minaj, Usher, Akon, Chris Brown, Maluma, Pitbull to name a few. Nächste Woche ist ein 3 tägiges Event mit einer Line Up, bei der selbst das Hakkasan in Las Vegas staunen dürfte. Es gibt auch einen florierenden „Markt“ für Alkohol und Drogen, wie ich mir habe sagen lassen. In der Praxis sind die Strafen für den Konsum wohl auch relativ mild, sollte man natürlich trotzdem lieber nicht probieren.
Sorry, falls das jetzt alles ein wenig unstrukturiert ist, sind einfach wahnsinnig viele Eindrücke, die ich versucht habe kurz zu skizzieren. Natürlich läuft vieles schief in dem Land, wie in vielen Ländern. Es wird aber wirklich deutlich liberaler, auch wenn das erst ein Anfang ist. Mein Bild von Saudi ist auf jeden Fall nach dem Trip ein ganz anderes, als ich vorher hatte. Es hat mir wieder mal gezeigt, dass man sich selbst ein Bild vor Ort machen sollte.