So, jetzt kann ich auch berichten. Viele Dinge, die ich hier schreibe, bestätigen/wiederholen das, was bereits gesagt wurde. Aber schaden kann es ja nicht, das nochmal zu betonen.
Vorweg:
Der Tourismus in der Gegend boomt. Das bringt die bekannten Vor- und Nachteile mit sich und heißt vor allem, dass die Reiseführer-Informationen (bei mir Footprint 2016) meist bereits veraltet sind, was Preise (tendenziell höher - huch), Verbindungen (meine Aufstellung der Busse im Post aus dem August ist auch schon teilweise veraltet) und Infrastruktur (wie z.B. Banken, da gibt es mittlerweile mehr Möglichkeiten) angeht.
Meiner Ansicht nach sollte man sich auch im Klaren darüber sein, wie viel Zeit man für die Gegend hat/opfern möchte. Mit Zeit und Zelt ist das Ganze bestimmt entspannter als ohne. Ansonsten würde ich mittlerweile sehr zu einer Automiete raten, da es nervig/schwierig sein kann, einige Orte zu erreichen und die Abhängigkeit von Bussen das Vorwärtskommen beeinträchtigen kann. Ich war Mitte November unterwegs und das war eher noch Nebensaison. Ich bin nicht so der Hitchhiker und habe deshalb fast alles über Öffis/private Transporte gemacht. (Alle Hitchhiker, die ich gesehen habe, waren aber auch innerhalb einer Stunde weg. So gesehen scheint das also zu funktionieren.) Und vor Ort kommt man halt schlecht weg bzw. „mal kurz“ in die Umgebung geht kaum.
Bevor man sich entschließt, die Carretera zu bereisen, sollte man sich außerdem einen Überblick über die Zeiten der öffentlichen Verkehrsmittel verschaffen. Sonst kann es passieren, dass man am Freitag in Puerto Montt ankommt und feststellt, dass die Busse nach Chaiten erst am Mittwoch fahren, genauso wie die Fähren von Chiloe aus Richtung Festland und man dementsprechend etwas festeckt. In der Hauptsaison mag das häufiger sein.
Meine Route:
Auf Grund eben beschriebener Problematik (und ich wurde ja sogar in diesem Thread darauf hingewiesen, ich Depp) bin ich von Puerto Montt nach Balmaceda/Coyhaique geflogen, leider mit wenig Sicht auf die Landschaft unter mir. Am Flughafen warten bereits die Shuttle-Busse, die dich für 5000 CLP nach Coyhaique fahren.
Coyhaique merkt man die Größe (angeblich 50.000 Einwohner) nicht an. Machen kann man da nicht viel, aber zur weiteren Planung eignet es sich gut. Busse rechtzeitig buchen!
Puerto Rio Tranquilo ist ein kompletter Touri-Ort, an dem man nach einem Tag jeden zumindest vom Sehen kennt. Als Referenzwerte: Marble Cave Tour 10.000 CLP, Ice Trek 70.000 CLP. Die Gletscherwanderung hat mir sehr gefallen, die Marble Caves waren okay, aber bei Weitem nicht so spektakulär, wie ich dachte. Kann man alles mit Kreditkarte zahlen, kein Bargeld nötig. Wi-Fi eher schlecht.
Um von dort wieder weg zu kommen, kann man einen Minibus nach Chile Chico nehmen, um dort nach Las Antiguos/ARG überzusetzen (gefühlt macht das die große Mehrheit) oder in den Bus von Coyhaique nach Cochrane einsteigen. Der kommt zwischen 1 und 2 Uhr durch den Ort und bei mir gab es auch keine Probleme, einen Platz zu bekommen. Vorbuchen kann man den aber nicht, so dass ich mir vorstellen könnte, dass es in der Hauptsaison evtl. schwierig werden könnte, wenn viele die gleiche Idee haben. So was wie „first come, first served“ gibt es nämlich meiner Erfahrung nach nicht, wenn es um die letzten Plätze geht. (So geht das übrigens auch, wenn man in Cerro Castillo aussteigt und am nächsten Tag weitermöchte.)
Ich bin also weiter nach Cochrane. Nettes, kleines, hübsch gelegenes und noch eher untouristisches Örtchen mit Free Wi-Fi auf dem Plaza de Armas und hervorragender Touri-Info. (Die waren allgemein durchweg großartig in Chile. Sehr hilfsbereite und kompetente Menschen, die ein sehr passables Englisch sprechen.) Wanderungen in die Umgebung sind aber leider kaum möglich und Exkursionen gab es auch kaum bzw. fand ich sie uninteressant.
Die Weiterfahrt nach Caleta Tortel bzw. Villa O‘Higgins ist auch kein Problem, es fährt ein Bus pro Tag.
Caleta Tortel klang nicht sonderlich spannend und wurde mir auch eher als Touri-Ort beschrieben. Da nicht klar war, ob zu meiner Zeit überhaupt irgendwas an (Gletscher-)Touren startet, habe ich einen Stopp dort verworfen. Mittlerweile gibt es übrigens Mini-Busse, die an drei Tagen der Woche von Tortel nach O‘Higgins fahren, so dass das oben im Thread beschriebene Problem nicht mehr existiert. Sollte man im Zweifel natürlich nochmal gegenchecken, vor allem die Tage.
Die Grenzüberquerung Villa O‘Higgins nach El Chaltén kann man als Komplettpaket buchen. Ca. 90.000 CLP für alle Transporte (Fähre, 4x4, Pferd, Bus) und dann ist man um 21.15 Uhr in El Chaltén. Die Robinson Lodge O‘Higgins bietet das an drei bis vier Tagen die Woche an. Mit Zelt und Zeit geht‘s günstiger. In Villa O‘Higgins gibt es wohl ein paar Anbieter für geführte Wanderungen, mehr konnte mir die Dame in Cochrane aber auch nicht sagen.
Kurzum: Ich habe mich hier entschieden, zurück nach Chile Chico zu fahren und überzusetzen. Mini-Busse Cochrane-Chile Chico fahren täglich. Das war dann mein kurzes Intermezzo auf der Carretera. Ein paar Fazite:
Wer wandern möchte, sollte sich m.E. eher auf den nördlichen Teil konzentrieren. Parque Pumalin und Parque Patagonia bieten viele Möglichkeiten, sind aber nicht leicht zu erreichen. Und die Wanderung in Cerro Castillo soll toll, aber auch anspruchsvoll sein. Spätestens ab Cochrane wird es schwieriger mit (Tages-)Wanderungen. Das hatte ich so nicht erwartet und war auch ein Grund, warum ich umgekehrt bin.
Der andere Grund war, dass mir das Reisen mit den Öffis zu anstrengend wurde. Ich fahre gerne Bus und die Ausblicke waren wirklich atemberaubend, aber mir hat‘s dann gereicht und ich wollte lieber länger an einem Ort mit Wandermöglichkeiten sein. Deshalb bin ich jetzt auch seit 5 Tagen in El Chaltén.
Zu meiner Reisezeit war es noch sehr ruhig und entspannt, allerdings halt auch etwas schwieriger Infos bzw. Touren zu finden – außer in Rio Tranquilo. Wer also eher so flashpackermäßig unterwegs ist wie ich, sollte sich überlegen, das Ganze in der Hauptreisezeit zu machen. Da hat man bestimmt eine höhere Chance darauf, dass Touren auch wirklich stattfinden.
Die Faszination der Carretera Austral ergab sich für mich aus ihrer Abgelegenheit. Die Landschaft ist natürlich toll. Ob es sich lohnt, dafür „extra“ den „Umweg“ zu nehmen, kann ich nicht beurteilen. Wenn man mit Bussen fährt, zieht die Landschaft halt vorbei (ich mag das), wer aber gerne Fotos schießen möchte, für den ist der ÖPV (logischerweise) eher ungünstig.
Wenn zu einzelnen Punkten noch Fragen sind, gerne. Wer etwas ergänzen möchte, darf das tun.