Thema: Die Gegenwart nutzen oder die Zukunft vorbereiten?  (Gelesen 3073 mal)

sangobango

Hey Leute!  :)
Nachdem ich das Thema ja hier in der "Gefühlswelt" poste dürft ihr raten um was es geht. Genau Gefühle und Ängste die mir momentan so durch den Kopf gehen.
Da ist es wieder, dieses Gefühl, dieser kaum zu unterdrückende Gedanke wenn ich wiedermal durch den Hausflur gehe und meine Augen an der Weltkarte kleben bleiben. Die Sehnsucht nach der Ferne, Wanderlust, Fernweh oder wie auch immer es jeder für sich selbst beschreibt. Schon das unscheinbarste Bild auf Instagram oder sogar die Berichterstattungen wie zB über das schlimme Erdbeben kürzlich in Nepal, lassen das Gedankenkarusell in mir nicht mehr still stehen.

Warum sollte ich jetzt nicht wieder abhauen, noch bin ich jung?
Warum sollte ich lieber erstmal bleiben und ein Basis für das restliche Leben schaffen?

Ich habe hier im Forum schon mehrere Beiträge darüber gelesen, wobei sich die meisten eher um den Job, Wohnung, etc. Sorgen machen und sich doch eher mit der recht nahen Zukunft auseinander setzen. Meine Gedanken spielen sich dabei eher in 10, 20, 30 Jahren ab.

Ich bin gelernter Elektroniker und studiere zur Zeit Maschinebau. Mit Baujahr ´91 werde ich in diesem Sommer die 24 Jahre voll machen und meinen Abschluss auch erst mit 27 in der Tasche haben. Um die Arbeit mache ich mir da eigentlich keine Sorgen, in den beiden Berufsfeldern findet man eigentlich immer Arbeit insofern man nicht ganz unbegabt ist.

Die Sache ist, ich wünsche mir für später auf jeden Fall mal das "solide Leben".
Frau und Kinder, ein schöner Job/Karriere, das Eigenheim und am besten noch den Golden Retriever im Garten. Ich habe aber das Gefühl, dass ich dann nach meiner Rückkehr irgendwann einfach zu alt für das Ganze bin und jetzt stark übertrieben gesagt, nur noch die eisernen Jungfrauen vom Markt abgrasen kann. Einfach den passenden Moment verpasst, auch wenn es den angeblich ja nicht gibt. Ich hoffe ihr versteht so einigermaßen was ich meine.
Im gleichem Zuge zähle ich die ganzen Jahre mit, die ich nicht in die Rentenkasse einzahle und mit (mittlerweile) 69 dann da stehe wie so ein Depp und am Rewe um die Ecke die Pfandflaschen sammeln darf.

Man hat halt leider nur das eine Leben und selbst in dem wird man dummerweise immer älter (Frechheit  >:( !).
Sollte ich nicht lieber machen worauf ich Bock habe? Reisen, hier und da arbeiten, alles und jeden kennenlernen, einfach selbst verwirklichen. Aber dafür halt das obige Problem riskieren.

So zusammengefasst könnte man glaube ich sagen, dass ich wenn ich mich für das eine entscheide, Angst habe das andere zu verpassen.
Es sollte vielleicht auch gesagt sein, dass ich länger im Ausland unterwegs war und auch jetzt versuche bei jeder Möglichkeit die der Kalender und Geldbeutel hergeben "auszubüchsen". Sprich für mich wäre das Ganze nicht mit 6 Monaten rumreisen erledigt, sondern Reisen => im Ausland jobben => weiter reisen.

Ich möchte nicht in 20 Jahre auf der Terasse sitzen, die selbst gezeugten Satansbraten hüpfen um einen außen herum und der stinkende Retriever sagt mir mit seinen erschöpften Hundeaugen: "Du Idiot, warum bist du nicht in deinen jungen Jahren um die Welt gezogen und hast das solide Leben einfach nachgeholt? Rente bekommst du sowieso keine mehr!"

Macht ihr euch da Gedanken? Oder sollte man die Zukunft einfach sich selbst überlassen, da sowieso immer alles anders kommt als man denkt? Bzw. ist bis zur Rente denken, dann doch einen Tick zu übertrieben?
Vielleicht geht es ja jemanden wie mir  :)

Liebe Grüße
sangobango

   
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laax

« Antwort #1 am: 02. Mai 2015, 01:47 »
Ich kann dich da wohl verstehen und fühle mich ähnlich. Auch ich habe tausend Fragen die mir eigentlich niemand beantworten kann.

Ich bin 2012, mit 23 Jahren losgezogen. Alles verkauft und aufgegeben. One way nach Neuseeland und gucken was draus wird. Das 'übliche' halt.
Heute haben wir Mitte 2015. In Deutschland war ich nur zur Besuch für einige Monate. Rentenkasse, Karriere und das ganze Gehampel bringen meine Gefühlswelt schon ordentlich durcheinander.
Am Ende des Tages kommt aber doch irgendwie immer das gleiche raus.
Wir sollten unsere Möglichkeiten nutzen die nie zuvor eine Generation in der Art gehabt hat. Es kommt ohnehin immer anders als man denkt.
Ich kann jetzt in den sauren Apfel beissen und meine Träume verschieben oder aufgeben um 'später' gesichert alt werden zu können - ich bin nicht bereit diesen Kompromiss einzugehen, noch nicht.

Um mich herum heiraten immer mehr Freunde, kriegen Kinder, bauen Häuser. Die bewundern dann meinen Lebensstil, während ich ihren bewundere. Das schöne ist doch, dass für unsere Generation die meisten Türen offen stehen. Nur durchgehen müssen wir selber.

Fremde Länder und Kulturen machen dich zu einem offeneren und fröhlicheren Menschen. Die Tür zurück ins System steht uns immer offen. Sobald man etwas Berufserfahung gesammelt hat gibt es wenige Gründe, im Sinne von Karriere und Zukunft, die einen aufhalten können.

Schließe deinen aktuellen Bildungs/Karriereschritt vernünftig ab, setz den Rucksack auf und zieg los.

Gruß,
Sascha


Ach, irgendwie fehlt mir das bloggen...




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OutAndAbout

« Antwort #2 am: 05. Mai 2015, 10:54 »
Sangobango - ich kann deine Gedanken sehr gut verstehen. Ich glaube nicht, dass es den perfekten Zeitpunkt für so eine lange Reise und Auszeit gibt.. es hat Vorteile, soetwas frühzeitig zu machen (direkt nach Schule oder Studium), aber ebenso es später zu tun. Je nach Lebensentwurf und -Zielen, muss man natürlich ggf. Kompromisse eingehen.
Lange Zeit haben meine Verlobte und ich so eine Auszeit gar nicht in Erwägung gezogen.. es ging alles Schlag auf Schlag.. nach der Schule direkt das Studium, dieses schnellstmöglich durchgezogen, sofortiger Jobeinstieg, Karriereleiter einige Schritte nach oben, ein paar Jobwechsel, Führungsposition. Ich hab mir oft gedacht "hättest du mal wenigstens damals ein Auslandssemester gemacht".. auf der anderen Seite war ich sehr froh über meine finanzielle Lage und das, was ich mir leisten konnte. Pauschaltouristen waren wir nie, aber mehr als 2-3 Wochen Urlaub im Jahr sprangen halt leider nie raus (zeitbedingt).
 
Nun sind wir (bald) 34 und 35, die Hochzeit steht an, und der Plan war eigentlich ein Haus zu bauen/kaufen, Nachwuchs. Das ist auch immer noch unser Plan - nur haben wir uns letztes Jahr während einer Australienreise entschieden, eine einjährige Auszeit zu nehmen und um die Welt zu reisen. Wir schieben Haus und Nachwuchs also einfach um ein Jahr auf. Uns ist bewusst, dass wir schon ein ziemlich fortgeschrittenes Alter haben werden - zumindest was den Nachwuchs betrifft. Aber das sollte gerade noch passen :)   Anfang Juli wird geheiratet und einen Monat später geht es auf die laaaange backpacking Hochzeitsreise.

Du bist wirklich noch jung und solltest dir absolut keine Sorgen machen, dass du nach deiner Rückkehr keine Partnerin findest oder nicht ausreichend für die Zukunft vorgesorgt hast. Diese Zeit unterwegs wird dir vermutlich so viel geben und unvergessliche Erinnerungen bescheren - das ist mit ein paar Rentenpunkten niemals aufzuwiegen. Und es kann jederzeit so viel Unvorhergesehenes passieren im Leben, was einem die Pläne durchkreuzt. Also - Träume nicht aufschieben wegen zu vieler sicherheitsorientierter Gedanken.
 
Schließe deinen aktuellen Bildungs/Karriereschritt vernünftig ab, setz den Rucksack auf und zieg los.

Dies kann ich nur unterstreichen!!
VG Nils
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lottilein

« Antwort #3 am: 05. Mai 2015, 16:24 »
Lieber Sangobango,

ich weiß sooo genau, wovon du sprichst.  ::)

Bei mir fing der Wunsch auf Weltreise zu gehen vor ca 10 Jahren an. Vor knapp 3 Jahren mit Mitte 20 wollte ichs dann auch endlich durchziehen-aus privaten Gründen hab ichs kurz vorm Sprung 'verschoben'. Tja, und danach hats erstmal ned reingepasst. Letzten Herbst hab ich dann ernsthaft überlegt, ob ichs ned einfach sein lassen sollte. Schließlich ist der Wunsch nach Familie und Eigenheim auch sehr groß. Sollte ich also wirklich als Frau mit 29 noch auf Weltreise gehen, wo die Freunde schon fleißig Kinder kriegen und plötzlich alle sesshaft werden?  :-\

Aber ich sag dir eins: Vor genau 5 Wochen bin ich in den Flieger nach Kapstadt gestiegen und zieh es endlich durch: 2 Jahre um die Welt reisen. Der Job daheim ist gekündigt, die Wohnung aufgegeben, Kisten bei nem Freund untergestellt... und ich bin sooo froh, dass ich es doch noch geschafft hab, diesen Schritt zu gehen, denn es fühlt sich großartig an meinen 10jährigen Traum endlich wahrzumachen.  ;D

Und wenn ich mit Anfang 31 zurückkommen sollte, bleibt immernoch genug Zeit für die Sesshaftigkeit-dann aber mit viiielen tollen Eindrücken und Erfahrungen, die mich noch lange begleiten werden.

Also, zieh nach deinem Studium los und leb deinen Traum! Für die Zukunft ist danach noch genug Platz.  ;)

Vg aus Umzumbe, Südafrika
Lottilein
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stali

« Antwort #4 am: 05. Mai 2015, 20:17 »
Ich hab Elektriker gelernt und studier jetzt Chemie, also vom Arbeitsweg ähnlich wie du. Bin jetzt 25 und werd voraussichtlich mit 29 mein Studium abschließen.

Ich kann deine Gedanken schon nachvollziehen, ähnliches schwirrt auch in meinem Hinterkopf herum. Aber, und das denk ich mir immer, ich hab ja Zeit. Derweil erfüllt mich mein Studium und was sich in den 4 Jahren ergibt werd ich erst erfahren, da will ich mich gar nicht festlegen, denn bis dorthin und ab dann ist einfach alles möglich.

Die Frage, die ich mir bei deinem kleinen Aufsatz gefrag hab ist, erfüllt dich denn dein Studium, oder hast du zweifel? Kannst du dich damit identifizieren oder ist es schlicht der Versuch Ordnung in dein Leben zu bringen?
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Reisender215

« Antwort #5 am: 26. Mai 2015, 22:25 »
Hallo ,

ganz knapp vor weg , warum nicht einfach probieren ?

If you never try, you never know!

Bleibst du daheim , ist die option es zu probieren dahin....


Ich bin 34 mit 21 habe ich meinen Meister gemacht . Mit 23 war ich selbständig . Ich hatte eine beziehung 7 jahre . Ich habe richtig kohle gemacht! Aber hatte nie MEINE zeit ...
Irgendwann nachdem ich in Australien war 6 wochen, bin ich glaube im januar 2011 aufgestanden und habe kurz vor meinem 31 gbtag, meine letzte W&t chance genutzt.

Ich hatte nie den traum zu reisen, ich hab das diesen morgen ehr unterbewusst gemacht. Nicht mit der absicht jetzt über 2,5 jahre unterwegs zu sein!

Ich habe dann irgendwann alles verkauft , alles!! Firma besitz usw.... Ich lebe aus einem 50l backpack that's it!

Ich bin happy ich bin mir klar wer ich bin, ich mag mich finally selber!
Ich habe viel gelernt . Und sehe ein man kann sich nicht selbst finden!

Ich habe nix aber auch gar nichts bereut! Und Ich würde es genau so wieder machen!

Alle ausnahmslos alle, haben mich gefragt vorher, ob ich nicht ganz normal bin! Wie kannst du das alles aufgeben??

Well, back to the basic :

If you never try u never know !

Heute kurz nach dem 34 gbtag, habe ich mir einzig eines selbst versprochen, Mai 2016 bin ich fertig, ich beende meine reise.

Nicht Weil ich nicht mehr will, aber 3jahre und 7 monate reicht einfach am stück. Ich komme mit 35 wieder ein jahr später als geplant.

Ich bin happy , ich könnte länger . Ich habe ideen für nochmal 3 jahre.

Aber es reicht einfach.
Man muss dann auch die eier haben ein ende zu finden .

Ich möchte auch all das , freundin( nicht nur love story's while traveling )
Ein normales leben. Wieder selbständig sein, kids , es mir nochmal selbst beweisen ( streß freier allerdings!)  usw. es wird eben einfach zeit.

Ich bin Jung im kopf, sicher keine 34 aber ich sehne mich langsam nach anderen dingen.

Well evtl. bin ich fertig :)
Das ist auch gut so!!

Aber hey , ich habs versucht, ich hätte auch zu hause bleiben können, nur wäre das irgendwann hoch gekommen
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Surfy

« Antwort #6 am: 27. Mai 2015, 09:43 »
Bin erst mit 41 auf längere Reise aufgebrochen - hab zwar damit keine Geldsorgen und werde wohl wieder gut einen Job finden auf einem annehmbaren Niveau - aber ich rate vorher auf Reisen zu gehen.

Sich aus dem hoffentlich gut gebetteten Beruf/Job/Einkommen/Freundeskreis zu lösen - wird mit zunehmenden Alter immer schwieriger, speziell wenn man glücklich mit dem erreichten ist. Beziehungsstatus mal aussen vor, das wird bez. familliengründung ja oft mit dem Alter zunehmend ein Thema...

Ich habe das Glück viel jünger auszusehen - und bin noch immer für fast jeden blödsinn zu haben, mache auch gern mal Party etc. Ich habe andere meiner Altersklasse getroffen die sich so einigen lustigen Sachen verschlossen haben: "dafür bin ich doch zu alt" das führt zu einem anderen Reiseerlebniss, finde ich. Nicht dass das reifere Reisen schlechter wäre - aber dass kann mann dann ja später noch immer machen  ;)

Andererseits würde ich bei einer Ausbildung bis zum Alter von 29 persönlich zu 2 Jahren im Beruf raten, weil die Jobsuche als Ausgebildet & mit Berufserfahrung besser klappt.

Dh vor de Ausbildung gehen, oder nach der Ausbildung & Berufserfahrung.

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