Thema: Und ich so... jetzt mach ich ne Weltreise!  (Gelesen 3360 mal)

Robin87

« am: 21. August 2016, 01:08 »
Hi Leute,

ich bin neu hier im Forum, mein Name ist Robin, bin 28 Jahre alt und möchte eine Weltreise machen.

Klingt erstmal ganz gut oder? Zumindest dachte ich das, bis ich mir Gedanken darüber gemacht habe, welche Konsequenzen das mit sich zieht.

Ich spiele mit dem Gedanken schon seit mindestens 5 Jahren, hatte aber immer zu viele Ankerpunkte die mich davon abhielten ( Freundin, Ausbildung, Studium, Job, Eltern, etc. ) nun aber sind meine Eltern ausgewandert, meine Ausbildung ist beendet, das Studium habe ich in 4 Monaten abgeschlossen, von meiner Freundin habe ich mich vor 3 Monate getrennt und mein Job ist ein relativ einfacher Sachbearbeiterjob - ohne groß Karriere dahinter.

Nun, es gibt eine Sache - meine Großmutter, sie lebt in einem Altenpflegeheim und wird dort gut umsorgt, dennoch bin ich das einzige Familienmitglied das sie noch hat. Ich kümmere mich um sie bzw. gehe sie einmal die Woche besuchen. Leider weigert sie sich Bekanntschaften im Pflegeheim zu schließen, was gleichbedeutend ist, das ich die einzige Person bin, mit der sie regelmäßig kommuniziert. Schon bei einem Urlaub von 2 Wochen wünscht sie sich das der Urlaub wieder rum ist und ich mich wieder um sie kümmern kann...

Dieser Faktor lässt mich im Kreis drehen... Hier stehe ich nun, habe die Möglichkeit meinen Lebenswunsch zu erfüllen und auf Weltreise für 1 Jahr zu gehen, die finanziellen Mittel sind da und ich bin bereit in den Planungsmodus zu gehen, erstelle mir Routen und blühe richtig auf dabei, ich liebe es meine nächste Reise zu organisieren und nun stehe ich vor der größten Herausforderung die ich je hatte, aufregend!

Doch da kommt dieses Gefühl in mir hoch, kann ich wirklich gehen? Eine Stimme in meinem Kopf sagt laut: Ich kann sie nicht im Stich lassen, das wäre egoistisch! - Ist es das?

4 Monate bis zum Ende meines Studiums, ich wäre bis dahin 29 - Ich gehe 1 Jahr auf Reisen, komme mit 30 wieder und habe die besten aussichten mit abgeschlossenem Studium und neuer Kraft mein Leben in Angriff zu nehmen... oder?

Meine Gedanken kreisen und kreisen und ich komme zu keinem Resultat... Der Traum ist so greifbar nahe... ich sehe mich quasi schon mit dem Zug durch Europa oder im Flieger nach Asien...

Kann ich wirklich gehen? Kann ich sie alleine zurück lassen, wird sie mir das verzeihen? Was wenn es ihr nicht gut geht und alleine ist an ihren letzten Tagen? Was aber, wenn sie gesund bleibt und ich nach 5 Jahren feststelle das der Zeitpunkt für die Reise verstrichen ist, eine Frau kennengelernt habe, heirate, Kinder kriege, Karriere gemacht habe ?

Ich bin bereit alles aufzugeben... Mein Traum wird abgehalten von einer Person die niemals verständnis dafür aufbringen würde, niemals verstehen würde was diese Weltreise aus einem macht, was man sieht, fühlt und erlebt... Und ich würde sie sehr enttäuschen wenn ich aufbrechen würde und sie 1 Jahr zurücklasse.

Was soll ich tun? Meinen Traum aufgeben ... ? Oder es riskieren ...?

Ich weiss es nicht....

Was würdet ihr tun?
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Claudia-to-go

« Antwort #1 am: 21. August 2016, 17:02 »
Hey Robin,

ich kann deine Gewissensbisse nachvollziehen, gleichzeitig finde ich es ziemlich unfair, dass du sie haben musst. Immerhin sind deine Eltern (einer davon muss ja das Kind deiner Oma sein) ihrerseits ausgewandert und die Enkelkinder sollten in solchen Entscheidungen zumindest nicht weniger frei sein, als die Kinder.

Aber solche Überlegungen helfen dir wahrscheinlich wenig.

In meiner Familie gab und gibt es ebenfalls eine Person, die mich als Stütze empfindet und für die es ebenfalls sehr schwierig war, dass ich auf Weltreise gegangen bin. Diese Person tut sich ebenfalls schwer, außerhalb der Familie Kontakte zu knüpfen. Dennoch bin ich gegangen und es war für mich die richtige Entscheidung. Die Person kam gut zurecht und nach einem Jahr hieß es dann "Ach, das ging ja schnell rum".

Deine Oma ist gut versorgt, sagst du, und dass sie wenig Kontakte zu anderen pflegt ist nicht deine Verantwortung. Vielleicht kannst du dich mit deinen Eltern besprechen dass sie ihr zusichern im Notfall zu ihr zu fliegen? Oder du legst 1500 EUR extra auf Seite um im Notfall zu deiner Oma fliegen zu können?

Du könntest ihr aus jedem Land eine Postkarte schicken, dann hat sie auch was zu gucken und vor allem zu erzählen in ihrem Heim. Ihr könnt telefonieren oder skypen, du kannst dich regelmäßig bei den Heimmitarbeitern erkundigen, wie es ihr geht, etc.
Evtl. öffnet sich deine Oma dann auch für andere Menschen, wenn sie ein bisschen dazu gezwungen ist?

Ich finde, du solltest fahren.

Viele Grüße,
Claudia
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jukian (ejurgal)

« Antwort #2 am: 24. August 2016, 12:19 »
Hallo Robin,

das ist ja wirklich eine beschissene Situation. Ich kann gut verstehen, dass es dir so schwer fällt eine entsprechende Entscheidung zu treffen...
Grundsätzlich hat Claudia Recht, es ist unfair, dass diese ganze Verantwortung an Dir hängen bleibt. Aber wir kennen auch Eure Familienverhältnisse nicht... Fakt und Realität ist jetzt ja offensichtlich, dass Dir Deine Großmutter sehr am Herzen liegt und Du Ihr einziger Ansprechpartner bist.
Trotzdem solltest Du meiner Meinung nach eine Lösung anstreben, die Deinen Traum nicht zerplatzen lässt. Vielleicht helfen Dir folgende Anregungen dabei, die für Dich richtige Entscheidung zu treffen:

- Ich kenne den Gesundheitszustand Deiner Großmutter nicht, aber darauf zu warten, dass Sie eines Tages nicht mehr ist, halte ich für den falschen Weg. Erstens kann es dann, wie Du schreibst, zu spät sein  und zweitens hat das für mich auch einen faden Beigeschmack, wenn man auf so etwas wartet, damit es endlich los gehen kann.

- Wie gut ist denn der Kontakt zu dem Pflegepersonal? Gibt es dort jemandem, mit dem Du mal in Ruhe sprechen kannst, die Situation erklären? Jemand, der dafür sorgt, dass Deine Oma hin und wieder mit Dir skypen kann? Und vor allem, jemand der sich bei Dir meldet (Telefon und/oder E-Mail), wenn es Deiner Großmutter bedenklich schlechter geht?

- Wenn Du dann immer noch einen Notgroschen für den Heimflug auf der Kante hast, ist das doch eine gute Alternative. Grundsätzlich kann es Dir natürlich auch in Deutschland passieren, dass Du nicht umgehend erreichbar bist, wenn etwas passiert.

- Du kannst Deiner Großmutter zusätzlich noch Briefe in Form eines Tagebuchs schreiben, einmal pro Woche zum Beispiel, wodurch Sie merkt, dass Du sie nicht vergessen hast, sondern viel an Sie denkst. Und wenn Ihr Euch so nah steht, wird sie sich sicher auch über Deine tollen Erlebnisse freuen. Dazu schickst du regelmäßig Postkarten von unterschiedlichen Orten.


Auf die Erfüllung eines großen Traumes zu verzichten, halte ich nicht für die richtige Idee. Und ich glaube auch, dass dies Euer Verhältnis nach einiger Zeit verschlechtern könnte. Oder zumindest Deine Wahrnehmung Deiner Großmutter.
Letztendlich bleibt es natürlich ganz allein Deine Entscheidung, aber vielleicht hilft es Dir, einige Anregungen und Lösungswege aufgezeigt zu bekommen. Oder zu merken, dass es nicht vollkommen abwegig ist, "egoistisch zu sein" und seinen Traum nicht ewig aufs Wartegleis zu stellen...
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Robin87

« Antwort #3 am: 25. August 2016, 16:23 »
Hey Leute, danke für eure Nachrichten. Ich habe dies als Anlass genommen mit ihr zu sprechen, tatsächlich versteht sie es und ging überraschenderweise offener damit um als ich dachte. Sie ist sich bewusst das sie meinen Träumen nicht im wege stehen kann und sie mit der Situation schon irgendwie umgehen wird...

Ich fasse es noch nicht so ganz aber das bedeutet wohl das ich auf Weltreise gehe im Jahr 2017 !!

Danke nochmal für eure Zeit!
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n_rtw

« Antwort #4 am: 25. August 2016, 17:27 »
Das freut mich so für dich. Lass deine Oma an den Planungen teilhaben und mach mit ihr aus, wie ihr in Kontakt bleiben koennt. Das wird euch noch enger zusammenbringen und ich bin sicher,  dass sie bald im Heim allen voller Stolz von deiner Reise erzaehlt.
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jukian (ejurgal)

« Antwort #5 am: 25. August 2016, 21:15 »
Wow. Schön zu hören, dass die Geschichte so eine tolle Wendung genommen hat. Ich hoffe, jetzt klappt es auch, dass du deine Oma gut einbinden kannst und sie so im Pflegeheim noch ganz viel von der weiten Welt "miterleben" kann.
Ich drück euch die Daumen!
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