Thema: Reaktionen auf die Nationalität?  (Gelesen 10918 mal)

alex

« Antwort #45 am: 06. Juni 2011, 13:00 »
Als ich das letzte mal in Japan war hatte ich meine Haare blond gebleicht und auch noch eine rote Jacke an. Da ich zusätzlich noch 2,05 Meter gross bin wurde ich da wie eine Sehenswürdigkeit behandelt.

Ich wurde sehr oft fotografiert (gefragt und ungefragt) und hatte eine magische Anziehung auf kleine Kinder. Als ich in einem Park in Tokio auf eine Gruppe Kinder (Ausflug von einem Kindergarten oder so ähnlich) getroffen bin haben die sich im Kreis um mich rumgestellt und angeschaut als ob ich Godzilla wär.
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cosmo7531

« Antwort #46 am: 26. August 2011, 15:55 »
Da hier viele Schweizer und Deutsch unterwegs sind, würds mich ja mal interessieren, welche Erfahrungen Deutsche in der Schweiz und umgekehrt gemacht haben ;-)
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ergebnisoffen

« Antwort #47 am: 27. August 2011, 14:12 »
Also ich kann die Erfahrungen aus England leider nur teilen (Prügeleien/ Streit und so im Bezug auf Nationalität, WW II etc) und kenne das Problem auch aus Frankreich- allerdings war das eher so mit 15 und Jugendliche sind da ja meistens etwas unreflektierter als Erwachsene.
Außerdem noch einige anstrengende Diskussionen über Hitler und ein trauriges Gespräch mit einer Polin, deren Familie zum Teil in Auschwitz umgekommen ist.
Hatte allerdings zum Glück nur in den seltensten Fällen das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen.

Insgesamt hab ich aber viele positive Erfahrungen gemacht und häufig Komplimente bekommen, dass ich ja gar nicht "typisch deutsch" sei - also was die Leute sich dann eben so vorstellen, humorlos, unentspannt, können nicht tanzen etc
Eigentlich seh ich klischeehaft deutsch aus, blond/blaue Augen, aber wurde fast noch nie für eine Deutsche gehalten (von Schweden über Irland, Amerika, Polen, sogar Brasilien war irgendwie alles dabei :-) )

Ich finde es schade, wenn Leute ihre Nationalität nicht sagen mögen und dann mit anderen Flaggen am Rucksack durch die Gegend laufen. Die ganzen Vorurteile lassen sich ja am besten dadurch abbauen, dass man Menschen kennenlernt, auf die eben diese Vorurteile nicht zutreffen.
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Maggus

« Antwort #48 am: 29. August 2011, 00:25 »
Hallo zusammen,

Italiener sind streng gläubig - Spanier sind stolz, Russen leben im Eis -
Klischees und Stereotypen über Nationalitäten gibt es schon seit Jahrhunderten (wen das intensiver interessiert: Sucht mal nach der Steirer Völkertafel im Netz - ihr werdet sehen: schon vor 300 Jahren bekam jedes Volk sein Fett weg).

Bestimmte Eigenschaften wurden dabei gezielt karrikaturhaft übertrieben.
Das diente der tendenziellen und nicht der speziellen Einschätzung von "Fremden". Darauf konnte man dann immer zurückgreifen und hatte ein handliches Erklärungsmuster für das Verhalten, Aussehen, Gebahren. Ob komplett oder nur teilweise - nach dem Baukastenprinzip konnte man sich die Klischees zusammenbasteln und glauben was man wollte.
Und schon damals wurden diese Verallgemeinerungen von Medien erschaffen und verbreitet.
Bis heute übernehmen die gängigen Formate TV, Film, Presse diese gerne um ein "einheitliches Bild" von einer (Volks-)Gruppe darstellen möchte - sowohl positiv als auch negativ.

Was ist jetzt an solchen Klischees richtig?
meine Meinung - die Tendenz , aber auch nur die.

Zu Beginn des 21. Jh. im Zuge der Globalisierung verlieren Nationalstaaten langsam ihre kollektive identitätsstiftende Prägung -  mit allen ihren Vor- und Nachteilen.

In Bezug auf die eigene Person bedeutet das - Es kommt auf jeden selbst an, wie man seine Herkunft vertritt - und ein gesundes Selbstbewußtsein im Sinne von Eigenliebe ist für alle Nationalitäten angebracht.

Je mehr man selbst reist und offen (ohne vorgefertigtes Bild) mit anderen Menschen in Austausch tritt, desto mehr relativiert sich das Bild zu der jeweiligen Nationalität. Echte, eigene Erfahrungen treten an die Stelle von Berichten, Filmen oder Geschichten vom HörenSagen. Die Perspektive ändert sich komplett, je mehr man auf Hintergrundinformationen stößt und Verhaltensweisen nachvollziehen kann. Wahrnehmung von Gruppe und Individuum werden getrennt.

Deutsche haben es da sehr schwierig ein selbstbewußtes Verhältnis zu ihrer Herkunft und Geschichte zu entwickeln. Einem Lauf über ein Minenfeld gleichen Diskussionen "en passant" über Themen von A wie Adolf bis Z wie Zuwanderung - überall lauert der "Faschismusverdacht", die öffentliche Diskreditierung inkl. das Ende so mancher Karriere.

Im internationalen Kontext haben junge Deutsche heute aber im Vergleich zu den früheren Generationen den Vorteil, dass auch die "Anderen" mittlerweile ein weitaus differenzierteres Deutschlandbild (wie das angesprochene Beispiel WM 2006) haben. Darauf sollte man aufbauen.

Interessanterweise habe ich die positivsten Erfahrungen als Deutscher in Polen und in ehemaligen Sowjetunion gemacht - in beiden Ländern wurde ich angenehm respektvoll freundlich behandelt, besonders in Russland/Ukraine steht Deutschland für ein klassisches europäisches Hochkulturland (wobei ironischerweise der Durchschnitts-Russe bisweilen mehr über deutsche Kultur weiss als mancher Gymnasiast hierzulande - traurig aber wahr...), 1A Rechtswesen und 300 Jahre engste Beziehungen in Politik- und Wirtschaft.

In Polen dachte ich mehr direkter Ressentiments ausgesetzt zu sein - das aber auch das stimmte nicht. Viele junge Polen hatten in Deutschland irgendwie schon mal hier oder da gejobbt, und sprachen mich sobald meine Herkunft bekannt war auch direkt auf Deutsch an. Viel intensives Interesse schlug mir entgegen - keine Fäuste! Und das bei den Polen - einem Volk, das einerseits einen großen Nationalstolz nach außen legt und auf der anderen Seite immer diesen tief verwurzelten Minderwertigkeitskomplex in sich trägt...meine Meinung, vielleicht auch ein bisschen Klischee ;-)

Fazit: Wie man in den Wald hineinruft - so schallt es heraus.
Leute, die pauschal Urteile über andere Nationalitäten abgeben rangieren unter "Dumm & nix dazugelernt" oder "Propaganda-Opfer".
Erst durch ein gesundes Selbstbewusstsein zur eigenen Herkunft werden die anderen einen in dieser Art akzeptieren.

Soweit,

Beste Grüße,
Maggus

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farmerjohn1

« Antwort #49 am: 31. August 2011, 20:06 »
Ganz klar ist jeder Mensch individuell. Aber die genetische, oertliche und kulturelle Praegung sind nun mal Gegebenheiten - in Deutschland wie ueberall. In Deutschland ist das Thema wegen Adolf Nazi natuerlich besonders heikel, aber die unwahre Behauptung einer Voraussetzungsgleichheit in jeder Hinsicht richtet mehr Schaden als Frieden. Jeder Mensch und jede Gruppierung sollte schon heutzutage in der Lage sein, fundamentale Unterschiede zwischen Menschen festzustellen, ohne dass dieser Umstand aehnlich wie beim pawlow'schen Hund zu irgend jemandes offener oder verheimlichter Disqualifikation fuehrt - und zwar weder Deustchen gegenueber noch von Deutschen ausgehend.
Einen grossen Einfluss hat die Modernisierung. Ueberall dort wo man in Staedten lebt, moedernen Lebensstil angenommen hat, Wissenschaft lernt, moderne Transport- und Kommunikationsmittel benutzt, gleicht sich das Aeussere und die Denkweise fast ganz an - wie es hinter dieser Ebene aussieht, das kann man bei moderner Lebensweise wohl nur sehr schwer feststellen. Anders sieht es in Gegenden der Welt aus, wo die Technisierung noch nicht alles beherrscht. Da kann man richtig interessante kulturelle Begegnungen haben, leider eingeschraenkt durch die Tatsache, dass die meisten Leute dort nicht gereist sind und deswegen kein gegenseitiger, die jeweiligen Herkunftslaender aller Teilnehmer betreffender Austausch moeglich ist. Schoen muss die Zeit gewesen sein, als man ueberhaupt nur mit Segelschiffen und zu Pferd reisen konnte. Fuer uns wird wahrscheinlich die kulturneutrale Mathematik der gemeinsame Nenner werden. Bis dahin muessen wir, in mehr oder weniger starker Auspraegung, mit albernen Klischees leben, und zwar egal, ob wir unterwegs sind oder daheim.
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