Thema: Backpacking in Jamaika  (Gelesen 2901 mal)

Marla

« am: 25. Januar 2019, 15:54 »
Auf meiner Sabbatical-Reise letztes Jahr war ich auch 10 Tage in Jamaika unterwegs, und da es im Forum nur wenig Informationen hierzu gibt, folgt hier ein kleiner Reisebericht :)

Start meiner Route war in Kingston, da es hierhin einen Direktflug von Georgetown/Guyana gab. Sonst hätte ich die Stadt nicht unbedingt besucht. Aber da ich schon mal da war, hab ich einen halben Tag und eine Nacht dort verbracht. Die Nationalgalerie war super, aber wer sich nicht für Kunst interessiert (oder das total überteuerte Bob Marley Museum besuchen will, das habe ich mir geschenkt), muss hier wohl auch nicht Station machen.

Die nächste Station, Port Antonio, hat mir viel besser gefallen. Ein nettes Städtchen im Nordosten mit einem schönen Yachthafen und einigen wenigen sehenswerten (wenn auch etwas heruntergekommenen) alten Gebäuden im kleinen Zentrum. Für mich in Jamaika der Ort mit dem höchsten Wohlfühlfaktor. Das Highlight in der Ecke waren für mich die Reach Falls. Dort unbedingt die inoffizielle Tour machen, denn hier sind weniger Touristen und man erlebt viel mehr. Die Dunn Falls (bei Ocho Rios) habe ich deswegen auch gar nicht gemacht, weil ich davon nur enttäuscht gewesen wäre. Sehr schön ist auch der kostenlose (in Jamaika eher die Ausnahme) Strand Winifred Beach.

Von Porty ging es dann nach Ocho Rios. Der Ort selber ist sehr touristisch und bietet nichts besonderes, aber die Tubing-Tour von dort aus zum White River war ziemlich cool und im Unterschied zu den anderen angebotenen Aktivitäten preislich noch einigermaßen im Rahmen. Ob das alleine einen Stop in Ochi rechtfertigt, weiß ich allerdings nicht.

Montego Bay ist eine weitere Touri-Hochburg, hat aber zum Glück noch einen alten Stadtkern, der einige Kilometer vom Strip entfernt ist. Mittendrin lag mein Hostel. Das Stadtzentrum ist etwas rough, aber dafür authentisch. Bin nachts nicht alleine rumgelaufen, aber tagsüber hab ich mich überall sicher gefühlt. Es gibt am zentralen Platz ein tolles Museum, das National Museum West, das mehrere Dauerausstelllungen beinhaltet, z.B. eine zur Rastafari-Kultur. Von Mobay aus kann man einige schöne Strände besuchen, z.B. James Bond Beach. Was sich für mich am meisten gelohnt hat, war eine Tagestour nach Falmouth, die einzige Stadt in Jamaika mit einer schönen Altstadt, interessanten Kolonialbauten und viel Geschichte. Ich hatte mir hier eine Stadtführung mit einem sehr engagierten und gut informierten Guide organisiert.

Am Schluss bin ich dann ich dann noch in Treasure Beach gewesen. Dieser Ort wurde mir von einer Freundin wärmstens ans Herz gelegt. Für mich war es aber nichts. Es war allerdings der einzige, an dem ich kein Hostel gefunden habe. Mein B&B war zwar sehr schön, preislich OK und die Besitzerin ein Schatz. Aber ich war der einzige Gast und hab mich etwas gelangweilt. Der Ort bietet nicht viel, die wenigen Restaurants sind überteuert und die schönen Strände zu weit weg. Auch die Tour auf dem Black River, die hier im Forum schon mehrfach gelobt wurde, fand ich schrecklich. Man hat kaum Tiere gesehen und der Guide war total unverschämt (ich war leider der einzige Teilnehmer). Mir sind aber andere Boote mit mehr Leuten begegnet, von daher hatte ich mit der Wahl meines Anbieters vielleicht einfach nur Pech. Auf jeden Fall hat sich die umständliche Anreise von Mobay für mich überhaupt nicht gelohnt.

Insgesamt war meine Jamaika-Rundreise aber eine tolle Erfahrung, und die Zeit mit 10 Tagen für mich genau richtig, um einen guten Eindruck von dem Land zu bekommen. Im Nachhinein würde ich nur Treasure Beach weglassen (wenn man solo unterwegs ist) und stattdessen die Blue Mountains besucht. Wenn man gerne Strand-Tage einlegt - die Strände sind wirklich wunderschön - kann man natürlich auch länger bleiben.

Noch eine Anmerkung zum Transport: Ich war mit Öffentlichen unterwegs, und das ging super. Ich bin überall hingekommen, wo ich hinwollte, und das meistens sehr bequem. Blue Mountains wäre vom Transport auch möglich gewesen, aber da ich nicht so viel Zeit hatte und dort keine akzeptable Unterkunft gefunden hatte, habe ich es ausgelassen. Wenn möglich würde ich immer den Knutsford Express nehmen. Man zahlt etwas mehr, aber die Busse sind echt komfortabel und pünktlich, und die Busterminals zentral gelegen. Und die Busfahrer waren ausgesprochen nett und aufmerksam! Sonst glänzen die Jamaikaner ja nicht unbedingt durch ihre freundliche Art – dazu gleich noch. Wenn es keinen Knutsford Express gibt, kann man die lokalen Busse oder Route-Taxis nehmen. Der Bus zwischen Mobay und Falmouth war gut in Schuss und trotzdem sehr günstig, andere Busse eher so wie (schlechtere) Chicken-Busse in Mittelamerika. Route-Taxis sind auch ein Erlebnis, obwohl oder gerade weil diese so mit Leuten vollgestopft werden, wie ich es noch nie irgendwo gesehen habe.

Am Schluss noch kurz mein Eindruck zur jamaikanischen Bevölkerung, wie ich sie in der kurzen Zeit erlebt habe. Hier im Forum hatten schon mehrere Leute berichtet, wie unfreundlich sie die Locals fanden. Das kann ich schon nachvollziehen, und ich habe auch einige schlechte Erfahrungen gemacht. Ich fand die Leute reservierter als in anderen Ländern in der Ecke, manche sogar schroff, einige auch leicht überheblich. Es macht den Eindruck, als seien sie genervt von Touristen, und das lassen das einen spüren. Ich habe aber Verständnis für den Frust, wenn ein sehr armes Land von (überwiegend US-amerikanischen) reichen Touristen überrannt wird, diese die schönsten Orte und Strände okkupieren und mit ihren Dollar-Scheinen (wortwörtlich!) wedeln. Klar, so ist das an allen schönen Ecken dieser Welt, aber hier fand ich es noch krasser als anderswo. Was ich auch gemerkt habe, ist, dass man deutlich besser mit den Jamaikanern klar kommt, wenn man sich auf ihre Kultur einlässt. Ich war ein paar Tage mit jemandem unterwegs, der in Brixton/London lebt, viele jamaikanische Freunde hat, total begeistert von der Kultur ist und das auch ausdrückt. Mit ihm zusammen wurde ich überall sehr herzlich empfangen. Unabhängig davon hab ich davor und danach – auch mit norddeutsch-zurückhaltender Art - einige sehr nette Jamaikaner kennengelernt. Genauso bei den anderen Reisenden: Fast alle Leute, die ich in Hostels oder auf Touren getroffen habe, waren sehr interessant und nicht die 0815-Gringotrail-Backpacker ;) Aber das ist generell auch meine Erfahrung, dass man da, wo nicht so viele hinkommen, die cooleren Leute trifft.
5

GschamsterDiener

« Antwort #1 am: 25. Februar 2024, 00:22 »
Kleines Update zu Jamaica für alle in Zukunft Interessierten.

Ich war eine Woche mit dem Auto unterwegs, wobei ich letztlich nur in 2 Ecken war: Boston Bay-Gegend (in der Nähe von Port Antonio, wo ich aber nur mal Geld und Jerk Chicken abgehoben habe) und Treasure Beach. Ursprünglich wollte ich auch zu den Blue Mountains, habe mich dann aber von den Mühen der engen Bergstraßen davon abbringen lassen. Mir war die flache Strecke Kingston nach Port Antonio schon wild genug.

Boston Bay-Gegend: Mehrere sehr schöne kleine Strandbuchten als Abfahrten von der Hauptstraße. Für die Strände zahlt man ganz offiziell oder über den Umweg der ""freiwilligen" Spende" (Winnifred Beach!). Blaue Lagune (bekannt vom 80er-Sexler mit Brooke Shields) wird übel zugebaut, da ist wohl ein überteuertes Hotel mit Exklusivblick im Entstehen. Ich unterstreiche Marias Tipp zu Reach Falls über die "lokale" Variante. Man kann hier sehr günstig (ca. 10 USD) mit Guide einen Dschungelbach mit mehreren Becken hochschwimmen. Empfehlenswert in der Gegend das Toga Guesthouse, das von einem - aufpassen mit Kritik! - stolzen Italiener geführt wird. Sensationelles Frühstück und es gibt gute italienisch-kreolische Gerichte zum Abendessen.

Treasure Beach-Gegend: Entspanntes Dorf mit FREIEM Strandzugang, das komplett auf Individualtouris ausgelegt ist mit Tendenz zum Boutique-Hotel, aber man findet noch ein paar schmuddelige Cottages zu für jamaikanische Verhältnisse fairem Schein. Treasure Beach ist insgesamt "ganz okay", den mehrmals vernommenen Hype konnte ich aber nicht nachvollziehen. 30 Minuten westlich gibt es den Black River, auf dem man Bootstouren unternehmen kann, bei denen Alligatoren angefüttert, festgehalten und genervt werden. Den auf Jamaika omnipräsenten Kanadiern hat es gefallen, für mich war das eine schlimme shitshow. Die Kulisse (enge Mangrovenkanäle) empfand ich aber als durchaus schön. In der Umgebung gibt es weiters die Ys Falls, aber hier hat sich die Beschreibung (25 USD Eintritt, zubetoniert, etc.) schon so schrecklich angehört, dass ich verzichtet habe und stattdessen um die Ecke zum Apleton Estate gefahren bin zwecks Rumtour, die den 39 USD Eintritt nicht ganz gerecht wurde.

Insgesamt kann ich weder die einzelnen begeisterten Stimmen zu Jamaika nachvollziehen, noch habe ich die üblen Erfahrungen mit Einheimischen gemacht, von denen andere berichten.

3

Marla

« Antwort #2 am: 02. März 2024, 01:20 »
Lustig, die Beschreibung von deinem Host in Boston Bay hätte auch auf meinen damals in Port Antonio gepasst, aber ich hab gerade geschaut, das war ein anderer stolzer Italiener :)

Black River fand ich auch ganz furchtbar, ich hätte einiges dafür gegeben, Kanadier dabei gehabt zu haben und nicht mit dem aufdringlichen Guide alleine gewesen zu sein... Aber auch losgelöst von meiner persönlichen Erfahrung war das einfach extrem unspektakulär und sein Geld nicht wert. Wobei damals auch keinen Alligatoren auf die Pelle gerückt wurde, nur mir ;) (nur verbal immerhin)
0

Tags:
 

Diese Webseite verwendet Cookies. Hier erfahrt ihr alles zum Datenschutz
OK