Die Frage ist wirklich theoretisch. Ich denke bei einem Obdachlosen scheitert es schon oft an einem gültigen Ausweisdokument. Wurde geklaut, ist abgelaufen etc - da stellt sich die luxusfrage wie "ins warme" schon mal nicht.
Wie will man denn da hinkommen? Ein Flug geht nicht ohne Dokumente und Ticket.. Die noch romantischere "Bahn" - diese kann man vielleicht mit stark ausländischem Touch als Asylant versuchen zu nutzen, als Europäer wird man da von der Bahnpolzei schnell entfernt.
Flixbus passt vielleicht noch ins Budget, aber eine Grenze darf man ohne Papiere auch nicht überqueren. Auch Hitchhiking ist als Obdachloser mit dem entsprechendem Aussehen - kein erfolgsversprechender Weg.
Ins warme kommen bedeutet in diesem fiktiven Fall also laufen oder radfahren - und sich über die Grenzen schleichen. Letzteres klappt innerhalb von Europa gut, ausserhalb sind Landesgrenzen oftmals wirklich überwacht - und die Abschiebung in die Heimat - gut, die würde immerhin zwangsweise zu neuen gültigen Dokumenten führen.
DH, ins Warme bedeutet Spanien, Südfrankreich, Italien, Kroatien. Dort kann man sich dann als deutscher abgerissener Obdachloser mit den engagierteren arbeitenden Asylsuchenden konkurrenzieren, dank der Sprachkenntnisse könnte man vielleicht in einem Hostel oder Campingplatz helfen. Ein Auswanderer der es gut mit Dir meint - kann Dir keine Schwarzarbeit anbieten und sich strafbar machen, dem Obdachlosen bleiben dann eher lokale Halsbschneider die den armen "ins Warme" reisenden bisschen ausbeuten werden.
So warm sind die genannten Länder im Winter auch wieder nicht, ausserhalb der touristischen Zeit im Sommer sind die Jobs mau - und man konkurrenziert sich wieder mit den ausgebeuteten Asylsuchenden um die raren (und illegalen) Jobs in der Landwirtschaft.
Obdachlosigkeit ist ja oftmals ein Indiz - dass man sich nicht mit letzter Konsequenz im das Erwerbsleben bemühen konnte, da wird man unter harter Konkurrenz nicht gerade aufblühen.. Egal was man sich so aufbauen könnte, es ist illegal und auf Sand gebaut, kann jeden Moment zerfallen.
Wir haben doch hier einige "um die Welt radler" oder "mit dem Einkaufswagen nach Moskau" Wanderer - die können hier schnell Lichts ins dunkle bringen, ob der Frequenz von "Fahrzeug" und Dokumente-Kontrollen.
Im fiktiven Fall hört es sich danach an, dass der Protagonist hier noch wählen kann.
Natürlich - als jemand der hier noch wählen kann - dh doch noch Dokumente und ein paar Mäuse hat - stehen ein paar mehr Türen offen. 6 Monate konzentriert jobben / sparen und ohne viel Budget auf Weltreise zu gehen - klingt spannender als alles andere. Zelt, Gaskocher, saubere halbwegs herzeigbares Outfit - nach Asien/Südamerika/Afrika fliegen und ein "open end" Abenteuer starten, ab und an bisschen jobben für eine Dusche, gewaschen Kleidung - von Teigwaren ohne Sosse leben - ich bin auf mehrere solche Lebenskünstler getroffen, auf meinen (off-) Roadtrips.
Wenige die wirklich autark waren, aber es gab es. Viele die vielmehr liebevoll von den betuchteren Backpackern bisserl unterstützt wurden (durften mal mitessen, mal wurde für eine Nacht Hostels spendiert, oftmals als Gras-Kleindealer für Touristen unterwegs).
DH, gezielt ein Auslandsjahr machen - in einem Hostel als Barkeeper jobbern, ein Praktikum irgendwo, da kann man eine tolle Zeit und Erfahrungen fürs Leben ansammeln. Da kann man mehr draus machen, als nur "gammeln".
Wie auch immer:
Die Opportunitätskosten des Reise oder Vagabunden-Lebens sind nicht ohne, wenn man anschliessend ein Leben mit Famillie, Kindern, Herzensprojekt, Karriere und annehmbarer Rente nicht ausschliessen oder schlechter aufstellen möchte. Das ist zumindest meine These und Beobachtung, die selber leider noch nie aufgegriffen und tiefer diskutiert wurde. In Zeiten von einem zumindest andiskutiertem "Grundeinkommen für alle", alternative Lebenskonzepte - ist dies vielleicht zu klassisch gesehen. Oftmals sind solche Protagonisten diejenigen, die absehbar nicht eine Rente erzielen werden, von denen man später autark leben könnte. Dies wird jedoch z.t. ausgeglichen durch eigene soziale Netze, Subkultur(en) - die auffangen, beschäftigung anbieten wie die Unterstützung beim Selbstanbau, Tauschökonomie etc.
Aber: irgendwann kommt bei jedem der letzte Lebensabschnitt, Pflege, OP`s, Reha und wieder Entlassung - dort landen dann viele in den sozialen Netzen in dem diese selber nie nennenswert eingezahlt haben - und sich irgendwie doch darauf verlassen haben dass sie worst case, auf Kosten der Gesellschaft leben können. Damit ist dieses Clientel dann doch etwas assozial, recht konträr zu dem meist sehr ausgeprägtem Selbstbild..
Surfy