Okay, jetzt kommt ein laaaaanger Sermon, verzeiht mir!
Ich kann deine Gedankengänge gut verstehen, es ging mir sehr ähnlich. Auch mir hat der Gedanke Angst gemacht aus dem geraden Lebenslauf "auszusteigen" und vielleicht nicht mehr zurechtzukommen. Ich habe mir auch gedacht: "Die Anderen denken bestimmt ich laufe nur davon." Hey ich selbst habe das manchmal gedacht und der Gedanke gefiel mir nicht. Ich habe da echt mit meinen eigenen Dämonen und Ängsten kämpfen müssen. Ich glaube leicht fällt so eine Entscheidung den Wenigsten.
Ich habe aber auch gewusst dass ich diese eimalige Erfahrung einer Langzeitreise im Leben einfach nicht missen will und ich war mir 100% sicher dass ich es bereuen würde später wenn ich den Schritt nur aus Sicherheitsdenken und Konformitätsstreben nicht machen würde. Und wenn ich Zweifel hatte habe ich mir immer vorgestellt wie ich später bitter bereuen würde dies nicht getan zu haben.
Und der Gedanke gefiel mir wirlich wirklich ganz und gar nicht. Er hat mir richtig Angst gemacht!
Dein 3. Motivationspunkt trifft das letztendlich ziemlich genau: Das Leben ist kurz und niemand weiß genau wieviel Zeit er auf dieser Welt hat. Nur eins ist klar: Wir haben nur eine Chance, ein Leben - es gibt kein Reload, keine zweite Chance. Dein Leben ist keine Probeaufführung in dem du nur machen darfst was im Skript steht...
Also wenn du etwas wirklich willst, dann tu es. Nicht unüberlegt und planlos und naiv - aber entschlossen und zielgerichtet. Mir hat es echt geholfen als ich die ganzen Reiseberichte und Travelblogs und Weltreise-Info und Bücher über Weltreisen gelesen habe: Das hat mir gezeigt und Mut gemacht: Soviele Leute tun dies -> ergo warum soll ich das nicht auf die Reihe bekommen!
Sieh es als Herausforderung und Chance an danach wieder etwas zu finden oder eine neue Richtung einzuschlagen. Du bist 31, wahrscheinlich noch relativ frei und ungebunden von häuslichen und monetären Zwängen (kein Haus, keine Frau(?) etc... und momentan unzufrieden mit deiner Situation? Perfekt.
WENN NICHT JETZT WANN DANN?
Das ist deine Chance etwas zu verbessern,etwas zu verändern. Solch eine Reise kann als ein Katalysator wirken der dein Leben umkrempelt, dir neue Perspektiven und Sichtweisen verschafft. Gut, vielleicht auch nicht. Who knows?! Es gibt keine Sicherheit im Leben, so oder so. Passiv zu verharren ist auch ein Risiko und könnte im Endeffekt der größte Fehler überhaupt sein (weil du das Gefühl hast dein Leben nicht gelebt zu haben, zynisch und bitter wirst, etc...)
Aber Eins ist doch klar: Wenn du nichts tust wirst du dies höchstwahrscheinlich später mal bereuen und dich immer mit Fragen: "Was wäre wenn...?" Fände das schlimm. Du nicht?
Sieh es mal so: Wenn du etwas riskierst, dann hast du dir (egal was es bringt) zumindest einen Lebenstraum erfüllt und kannst stolz in den Spiegel schauen und sagen: "Ich hab mich was getraut, ich hab etwas getan von dem ich immer träumte, bin meinen Weg gegangen, auch wenn es schwer war. Vielleicht lief nicht immer alles wie geplant, aber zumindest kannst du sagen: "I did it my way..." (um es mit Frankie Boys Worten zu sagen
Und wollen wir das nicht alle später mal sagen können? Unterschätze nicht den Wert der Selbstverwirklichung und mit sich selbst im Reinen zu sein. Davon hängt letztlich ab wie es uns seelisch geht (Ich glaube dass es kein Zufall ist dass Depressionen schon fast eine Volkskrankheit heutzutage sind)
Und noch was:
Klar kann man so eine Reise auch als Weglaufen bezeichnen - und Viele Menschen werden das vielleicht auch tun.
Doch das ist einseitig negativ und engstirnig!Es gibt immer 2 Seiten der Medaille: Wie schon hier gesagt: Ersetze "Weglaufen" durch "Aufbrechen" oder "Neue Erfahrungen sammeln" oder "Neuen Lebensweg einschlagen" oder "Möglichkeiten erforschen" oder "beruflich neuorientieren" oder "Horizont erweitern". Sind das schlechte Dinge? Ist das nicht etwas was jeder Mensch in seinem Leben tun sollte? Schwups hat das Ganze eine unglaublich positive Konotation.
Als Kontrast finde ich 60 Jahre Stagnation und verharren im eigenen Mikrokosmos schrecklich und fast schon unmenschlich, während Andere das als "geregeltes und sicheres Leben" bezeichnen und nichts Anderes wollen. Jedem das Seine... Alles eine Frage der Perspektive.
Die Frage ist letzlich:
"Was willst DU?" Was sind deine inneren Werte und Ziele? Was willst du im Leben erreichen, worauf wärst du später im hohen Alter mal stolz? (Tip: Es ist wahrscheinlich nicht immer das gemacht zu haben was Andere von dir erwarten)
Um etwas konkreter zu werden:
Okay, so du verlässt also einen Job der dir nicht gefällt -> weil DU nicht einverstanden damit bist. Nicht umgekehrt! D.h. DU nimmst dein Schicksal selbst in die Hand.
Stell dir vor du brichst mit dem Auto auf und merkst nach 4 Stunden dass du die ganze Zeit in die falsche Richtung gefahren bist? Was tust du? Würdest du weiterfahren nur weil du jetzt halt schon soweit gefahren bist und soviel Benzin verbraucht hast, und überhaupt - umkehren wäre ja ein Zeichen einen Fehler einzugestehen - also nee - lieber stur weiterfahren - irgendwo werd ich schon ankommen? ODER würdest du sagen, okay shit happens, that's life - probier ich jetz mal den anderen Weg?
Bist du ein Opfer deiner Umstände oder bestimmst du die Umstände?
Und ach ja, denk nicht zuviel über das "Danach" nach. Das ist auch eine grosse Falle im Leben finde ich. Klar soll man nicht total planlos in den Tag hinein leben - das ist sicherlich ein Extrem das auf Dauer auch nicht so gut tut. Aber wenn du dir soviel Gedanken machst sehe die Chance dafür eh als sehr gering an...
...sehr gefährlich ist aber auch das Andere Extrem: Nämlich ständig über SPÄTER nachzudenken, zu überlegen was einem das was man JETZT tut SPÄTER bringt usw. Dadurch verpasst man nämlich STÄNDIG das jetzt. Manchmal muss man auch einfach mal loslassen und versuchen im Moment leben. Daraus besteht letztendlich das Leben; wenn wir bei jeder Sache immer nur daran denken wie sich das hinterher macht, wozu es irgendwann dienen könnte, welchen Sinn es langfristig macht... also echt langfristig sind wir alle tot, um es mal so krass zu sagen; das Leben macht keinen Sinn außer den den wir ihm geben (meine Meinung).
Beispiel: Du schreibst "Anderen von der Reise zu erzählen oder eine neue Reise zu planen (wie im Forum beschrieben), erscheint mir nicht nachhaltig"
Dazu sage ich: So what?
Etwas ausführlicher: Du machst doch (hoffentlich) nicht die Reise um Andere zu beeindrucken? Du machst es für DICH, für dich allein - und für niemanden sonst. Weil DU es willst und nicht für einen nachgeordneten Zweck. Du machst es Für die Erfahrung, die Erinnerungen, einfach das ganze Erlebnis mit allem drum und dran. Um später zu dir selbst sagen zu können: "Yeah - I did it!!!" Das allein ist Grund genug. Das musst du nicht irgendwie rechtfertigen. Vor niemandem. Und es muss auch nicht nachhaltig sein. Auch wieder so ne deutsche Untugend: Alles muss irgendwie langfristig in 'nen Masterplan passen. F*ck that sh*t. (tschuldigung).
Dass du glücklich ist ist letztendlich das Einzige was zählt, nicht irgendwelche abstrakte Nachhaltigkeit und Sicherheit (wird eh überschätzt und ist oft illusionär, siehe das traurige Beispiel deines Schulfreundes)
Ich denke Was ich sagen will: Manche Dinge macht man der Dinge selbst wegen, weil sie selbst es wert sind, weil sie das Herz höher schlagen lassen. Punkt. fertig. aus.
Und von all dem mal abgesehen wäre es auch verfrüht jetzt schon über das Danach nachzudenken, denn:
Wer weiß was nach der Reise ist? Vielleicht bist du in 5 Jahren froh und sagst: Wow, das war die beste Entscheidung überhaupt. Das hat mir den Anstoß gegeben, dadurch hab ich xxx getroffen, ... etc pp
Wenn du schon über die Folgen nachdenkst, konzentrier dich nicht so sehr auf die (potentiellen) Negativen sonder auf die potentiellen Positiven Konsequenzen! Führ dir vor Augen was du gewinnen kannst statt was du verlierst.
Wie auch immer: Wenn du nur in der momentanen unzufriedenen Situation verharrst wirst du garantiert nicht glücklich. Es ist bequem, aber ist das alles was du vom Leben willst? Wenn du 80 bist und in deinen letzten Atemzügen liegst, wirst du dann denken: "Gottseidank bin ich immer auf Nummer sicher gegangen, wer weiß was sonst passiert wäre??? ArrgGrrgggggghh (Todesröcheln)"
Ich denke was dich davon abhält oder zweifeln lässt es zu tun ist
1) die Erwartungshaltung der Anderen (Familie, Freunde, Arbeitgeber, Gesellschaft und deiner selbst)
2) die Angst dass es noch schlimmer wird (keine Arbeit oder noch unglücklicher im Job)
Zu 1 sage ich nur:
Es ist dein Leben, niemand sonst kann es für dich leben.
zu 2 sage ich:
Was ist schlimmer als sich ständig zu fragen "Was wäre wenn...?" oder "hätte ich doch nur als ich konnte..."?
Ich habe das Gefühl wir haben hier in Dtl. eh die schlimme Angewohnheit ständig vom Worst-Case auszugehen. So auf die Art: Ich werde zurückkommen, noch unzufriedener sein, mich nicht mehr eingliedern können in die Gesellschaft, auf der Straße als Penner enden, sozialer Abstieg etc... - KOMM SCHON - wie wahrscheinlich ist das??? Glaubst du das echt? Wenn du intelligent, flexibel und arbeitswillig bist, wenn du es schon so weit im Leben gebracht hast - dann findest du auch wieder was. Da bin ich mir sicher. Leute die scheitern machen sich solche weitreichenden Gedanken doch gar nicht.
Außerdem ist das grösste Scheitern für mich: Nur zu existieren und nicht zu leben. Nur zu funktionieren um die Erwartungen Anderer zu erfüllen. Seinen eigenen Weg nicht zu gehen und seine Träume nicht zu verwirklichen.
Ich habe fertig.