Thema: Entwurzelung durch ständiges Reisen  (Gelesen 4602 mal)

hosep

« am: 06. Juli 2023, 10:51 »
Hallo Forum,

sicher kennt ihr das: ihr kommt von eurer ersten langen Reise zurück und besucht erstmal eure Freunde und Familie und da hat sich gefühlt nichts verändert während man selbst reizüberflutet nach Hause kommt und soviel gesehen und erlebt habt wie in 10 Jahren Alltagstrott nicht. Ich kenne auch die Kehrseite, weil mein Bruder auch ab und an mal weg war für ein paar Monate während ich gerade in Deutschland war. So weit so gut, ich denke das ist auch völlig normal. Nun ist es aber so, dass das Reisen von Beginn an (erste Weltreise 2013 nach Südamerika) in mir was geweckt hat, wo ich wusste dass ich mein Leben mehr oder weniger danach ausrichten werde. Also keine Weltreise zwischen Abi->Studium, Studium->Job oder Job->Job und das war dann mal ein geiles Jahr und danach wieder ab zurück ins Hamsterrad. Es war bei mir dann eher so, dass ich seitdem emotional nie wieder so richtig Fuß gefasst habe, hier in der Heimat. Die erste Reise war quasi ein richtiger mindblow weil ich einfach zum ersten mal gefühlt habe, wie kurz das Leben eigentlich ist in Bezug auf das, was es in der Welt und im Leben im Allgemeinen zu entdecken gibt. Sobald sich mir eine Gelegenheit bot, sei es und auch nur für 1-2 Monate, war ich weg, zusammen mit meiner Freundin. Das war alles so mit Mitte/Ende Zwanzig und auch alle anderen waren in Aufbruchstimmung und gingen auf ihre ganz persönliche Reise. Diese beinhalteten dann halt das erste Kind, Hochzeit, Eigenheim, wieder ein Sprosse höher auf der Karriereleiter. Hinzu dachte mein Umfeld über mich zu dieser Zeit nach Motto:"Der Hosep, ja der lebt sich jetzt nochmal aus, bevor der Ernst des Lebens auch bei ihm losgeht."
Naja, jetzt sind 10 Jahre ins Land gegangen. Im Oktober startet unsere mittlerweile fünfte Weltreise, welche auch wieder mindestens anderthalb Jahre gehen wird. Die meisten in meinem sozialen Dunstkreis, sind voll eingespannt durch Kinder und die Kredite für´s Haus sind auch noch nicht abbezahlt, da muss die nächsten Jahre noch ordentlich gearbeitet werden bzw. vielleicht geht´s ja noch eine Stufe höher im Job usw. Parallel dazu bleibt bei nicht wenigen die Partnerschaft/Zweisamkeit auf der Strecke, sodass sich da auch ein gewisser Frust einstellt. Wenn es zu meiner Person kommt merke ich, dass viele vom Reisen auch völlig falsche Vorstellungen haben so nach dem Motto: "Ihr liegt ja den ganzen Tag nur am Strand."

Ich bin immer wieder froh meine Freunde, Familie zu sehen, wenn ich in Deutschland bin, merke aber auch wie ich immer weniger connecte bzw denke: so ein Leben könnte ich einfach nicht mehr führen. Darüber denke ich in den letzten Wochen und Monaten öfter nach und ich frage mich dann, ob sich die Dinge mit dem Älterwerden sowieso in diese Richtung entwickelt hätten (ich wusste zB schon mit 20 dass ich niemals einen Kredit nehmen werde den ich 10 Jahre+ abbezahlen muss; Kinder waren auch schon immer eher optional als ein festes Muss) oder ob das so eine Art psychosoziale Langzeitnebenwirkung von der ganzen Reiserei ist.

Vor ein paar Wochen gipfelte das ganze Thema noch zusätzlich darin, dass ich für nächstes Jahr als Trauzeuge im Oktober da sein soll. Ich habe dann von vornherein klargestellt, dass ich da noch gar nicht weiß, wo wir sein werden. Wir planen unsere Reisen nicht akribisch, nur den Anfang natürlich. Alles weitere ergibt sich unterwegs und GENAU DAS ist auch das was ich am meisten genieße am Reisen. In den Flow kommen, mich vom Leben überraschen lassen, nicht zu wissen wo man in einem halben Jahr sein wird. Ich weiß unterwegs oft gar nicht welcher Wochentag gerade ist, habe aber auch Phasen in denen wir uns irgendwo niederlassen und ich 200h+ im Monat arbeite, weil irgendwo muss das Geld ja auch herkommen. Aber im großen und ganzen liebe ich die Flexibilität und das Spontane. Auf der letzten Reise haben wir mehr oder weniger in Mexiko gelebt und gereist. Aber wir hatten auch jeweils 3 Monate Kolumbien und Costa Rica eingebaut. Als wir im Flieger nach Costa Rica saßen, wussten wir das 2 Wochen vorher noch gar nicht und genau dieses Gefühl ist mein Lebenselexier.
Mir war klar, dass meine direkten Worte bezüglich der Hochzeit/Trauzeuge nicht auf Begeisterung stoßen. Aber ich will unter keinen Umständen rumeiern und falsche Versprechen abgeben und mich dann hinterher mit Ausreden rauswinden. Einmal mehr merke ich die Diskrepanz zwischen den verschiedenen Lebensmodellen. Weil eine Weltreise mittendrin zu unterbechen um einen Junggesellenabschied zu organisieren, an Hochzeitsvorbereitungen mitzuhelfen usw kommt für mich nicht wirklich in Frage. Wenn es passt komme ich gern zur Hochzeit, aber selbst das würde ich mir gern offenhalten..

Wie auch immer, das soll auch gar kein mimimi-Post werden, aber jetzt würde ich gern einen Austausch mit euch starten wie ihr in solchen Situationen umgeht. Hier gibt es ja sicher einige die auch immer wieder mal weg sind, kommen und wieder gehen. Wie verändert sich eure Wahrnehmung zum Alltagsleben in Deutschland oder wo auch immer ihr herkommt? Könnt ihr euch und eure Erfahrungen integrieren? Oder habt ihr manchmal das Gefühl nicht mehr zu wissen wo eure Heimat/zu Hause ist? Bzw. ihr wisst es zwar intellektuell, aber fühlt es nicht mehr? Wie verändern sich die Beziehungen zu euren Freunden und zur Familie? Was wären für euch externe Gründe eine Reise abzu-/unterbrechen? Beerdigung von der Oma? Hochzeiten? 60ter Geburtstag von Mutter/Vater? Gar Weihnachten?
Werdet ihr mitunter als egoistisch wahrgenommen, wenn ihr euer Ding durchzieht? Bzw. erlebt ihr euch selbst so?
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Nocktem

« Antwort #1 am: 06. Juli 2023, 11:58 »
Diesbezüglich habe ich glück.
ich hab zu mir selber immer gesagt kinder die mich binden kommen für mich nicht in frage und wenn ich eine richtige beziehung eingehe, dann nur mit jemandem der es sich vorstellen kann ebenfalls zu reisen und das auch lange. bei mir heißt das wenn ich arbeite spare ich auf die nächste längere reise.
im bekanntenkreis stößt es jedes mal auf ein "aha" und auch auf ein gewisses unverständnis, weil jeder den ich kenne will die jobleiter schneller und weiter hinauf wie ich, auch wenn es bescheuert klingt, daraus mache ich mir nicht wirklich was, ich will nichts weiter wie geld verdienen damit ich wieder los komme. kredite oder so etwas kommen für mich auch nicht in frage.
der vorteil an der ganzen sache ist wenn man als "reiseverrückt" gilt, so ist es zumindest in meinem bekannten- und familienkreis, das ich eben zu den wichtigen tagen nur eine mail schreibe, dafür werde ich immerhin nicht angegriffen und wenn man sich dann mal sieht ist die freude aller beteiligten größer wie wenn man sich z.b. 1 mal wöchentlich sehen würde.

und das mit dem gefühl vonwegen wo ist eure heimat, in gewisser weise kenne ich das ich bin hier geboren und aufgewachsen aber der begriff heimat stört mich in gewisser weise, ich habe hier meine "bezugspersonen" aber heimat hmmm.... nach meiner ersten längeren reise muss ich sagen hab ich mich auf zuhause in gewisser weise gefreut aber je häufiger ich unterwegs war desto eher hab ich jedes mal den frust bemerkt das ich wieder zurück musste, ich weis das klingt evtl schräg aber irgendwie ging mit dem unterwegs sein auch das ich will hier bleiben los, ich mach mir immer noch gedanken wie ich mit meinen voraussetzungen, kaum pc kenntnisse als bsp, von unterwegs geld verdienen kann... ich glaube dann wäre ich fahrender nomade. als bsp ich hab meinen lebensstiel herunter gefahren damit ich jederzeit wieder los gehen könnte und sei es wenn ich im lotto gewinnen würde, ok ich spiele kein lotto aber das war das beste bsp.

von daher würde ich schauen das du solltest du vorwürfe bekommen sie einfach von dir abprallen lässt, zumal man schwer irgendwelche argumente findet die einen in dem fall entschuldigen auch wenn man selber eigentlich weis warum man es so macht wie man es macht, leider stößt sowas in der heutigen zeit nicht unbedingt auf gegenliebe.
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Surfy

« Antwort #2 am: 15. Juli 2023, 14:12 »

Ich freute mich nach längeren Reisen immer wieder auf das "nach Hause kommen", Familie & Freunde zu sehen - und ja, auch wieder darauf zu arbeiten. Ich mag solche Umstellungen weil ja auch das Reisen nach einer Weile einen normalen Alltag darstellt. Egal wie schnell / langsam man reist - der sogenannte Flow kommt immer.

Dass das Abenteuern zuhause nicht so aufgegriffen und gefeiert wird ist völlig normal, tiefere wird dieses Thema selten aufgegriffen. Zuhause ist die Meute in ihrem eigenen Flow - Hedonismius, Famillienplanung, Karriere, Vermögensaufbau, Work life Balance, Haus & Nestbau.

Das richtet sich nicht gegen die Reisenden an sich, die Menschen haben ihre eigenen Themen und es ist doch schön dass man einfach wieder integriert wird, als wäre nichts gewesen.  ;)

Das Leben bietet viele Möglichkeiten, Weichen, Weggabelungen - dass "unsere" ungebundene variante die erfüllendere ist - steht noch völlig unbeantwortet da.

Die eigenen Ansichten und Haltung ändert sich innerhalb eines Menschenlebens auch, was gut ist - wir lernen, reflektieren, durchdenken immer mal wieder viele Themen, bewerten die Dinge neu. Ich hatte auf Reisen schon viele tiefgründige Gespräche auch mit älteren Reisenden die noch immer auf Achse waren.

Wer denkt das diejenigen Zuhause mit Scheidung & geteiltem Sorgerecht & Sorgen alles falsch machen - der sieht 3 Jahre später beide Elternteile separat wieder, glücklich, neues Nest, neue Famillie & Patchwork - und erkennt dass das Mitleid vielleicht zu früh verspührt wurde. Es gibt kein richtig, kein falsch - die Kunst mit den eigenen Entscheidungen glücklich zu werden ist meiner Ansicht nach der Schlüssel für wenig Frust...

Mit dem andauernden Reiseleben verbaut man sich irgendwann gewisse mögliche Weggabelungen wie Famillienplanung oder ansehliche Rente und eine gewisse finanzielle Autarkie. Aber ja - wer weiss ob wir so lange leben. Yolo sollte man mit 30 aber vielleicht neu reflektieren, in der Regel kommt ein 40, 50 und 60ster Geburtstag.

Surfy


stali

« Antwort #3 am: 23. Juli 2023, 13:08 »
Hallo

Prioritäten ändern sich mit dem Alter und den Situationen des Lebens.

Ich machte vor 12 Jahren mit Anfang 20 meine erste Weltreise. Danach suchte ich den Reise-Schwerpunkt eher in Europa (quasi erst einmal den eigenen Kontinent kennenlernen). Die nächste Weltreise in 10 Jahren, war der Plan. Ich wollte nie Kinder und schon gar keine Schulden für ein Eigenheim. Arbeit ist nur das Mittel zum Zweck.

Jetzt hab ich zwei Kinder und bin fest verwurzelt, eine Weltreise ist derweil weit weg. Auch mit einer Verschuldung für eine bessere Wohnsituation könnte ich leben und lehne ich nicht mehr kategorisch ab. Betreibe ich hier selbstverrat? Für mein 20 jähriches Ich vermutlich schon, aber heute sehe ich das anders. Für mich zählen die Entscheidungen Weltreise und Kinder zu den besten meines Lebens. Aber ja, die Arbeit ist noch immer das Mittel zum Zweck. Dafür pfeiff ich halt auf eine Karriere, nutze die Väterkarenz und gehe in Elternteilzeit.

Für keine deiner Gründe würde ich eine Reise abbrechen, maximal bei einem Tot zu einer emotional verankerten Person. Bei meiner Weltreise ist mein Opa verstorben. Und selbst wenn ich die Reise abgebrochen hätte, wäre ich nie rechtzeitig zur Beerdigung erschienen. Das empfand meine Familie jedoch nicht als egoistisch sondern als logische Konsequenz (es geht sich halt nicht aus).

Aber eines noch: Ich war Trauzeuge von jemanden mit dem ich seit Kindesalter befreundet bin. Ich hätte das bestimmt nicht über das Herz gebracht da nicht teilhaben zu wollen. Das war ich einmal und wird voraussichtlich nie wieder sein. Höchstwahrscheinlich hätte ich dafür meine Reise pausiert.
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Nocktem

« Antwort #4 am: 23. Juli 2023, 13:59 »
der witz ist mein kommentar hat sich auf das obere erst mit mitte 30 geändert, davor dachte ich auch anders über das alles...
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Surfy

« Antwort #5 am: 26. Juli 2023, 22:39 »

Der Thread hat mich zu einem Artikel verleitet:

https://www.4x4tripping.com/2023/07/entwurzelt-eine-weltreise-post-travel-syndrom.html

Natürlich führt auch ein Link hier zurück ins Forum. Ich hoffe das belebt die Diskussion hier noch zusätzlich 😉 Ein Blog spiegelt ja immer bloss die Perspektive eines einzelnen wieder - im Forum bringen sich viele ein, unterschiedliches Alter, Ausgangspunkt - zusätzliche Facetten.

Surfy

Marla

« Antwort #6 am: 23. August 2023, 17:06 »
Sehr spannendes Thema, das du da aufgeworfen hast, Hosep! Ich finde auch die bisherigen Antworten sehr interessant. In einigen Aussagen finde ich mich wieder, in anderem nicht so, und das teilweise bei denselben Postenden. Das zeigt mir, wie vielfältig und individuell dieses Thema ist.

sicher kennt ihr das: ihr kommt von eurer ersten langen Reise zurück und besucht erstmal eure Freunde und Familie und da hat sich gefühlt nichts verändert während man selbst reizüberflutet nach Hause kommt und soviel gesehen und erlebt habt wie in 10 Jahren Alltagstrott nicht.
Ja, das kenne ich sehr gut. Ich treffe mich dann immer bewusst mit Leuten, die auch viel/individuell/in exotischen Ländern reisen und schwelge bei/mit denen in Reiseerinnerungen. Die anderen, mit denen ich andere gemeinsame Nenner haben, kriegen nur die Kurzfassung, bevor ich mir ihre Storys anhöre. Aber ich bewerte das auch nicht (Alltagstrott, Hamsterrad etc., das finde ich schon sehr negativ). Jeder entscheidet sich für seinen Lebensstil, und solange man genügend Verständnis und Einfühlungsvermögen füreinander mitbringt, funktioniert das nach meiner Erfahrung auch mit der Freundschaft.

Zitat
erste Weltreise 2013 nach Südamerika
Ganz genauso ging es bei mir auch los, im September 2013 in Brasilien :)

Zitat
Wie verändert sich eure Wahrnehmung zum Alltagsleben in Deutschland oder wo auch immer ihr herkommt? Könnt ihr euch und eure Erfahrungen integrieren?
Integrieren tatsächlich eher nicht. Ich halte beides weitestgehend separat. Das eine ist mein Leben auf Reisen, das andere mein Leben zuhause. Die einzige Verbindung sind wie gesagt ein, zwei Handvoll Freunde, die reisetechnisch ähnlich drauf sind wie ich, darunter auch eine Freundin mit Mann und Kind. Aber ich mag mein Leben zuhause auch sehr gerne. Ich hab das bei meinen Eltern erlebt, dass die nur für die Reisen gelebt haben, zumindest haben sie mir dieses Gefühl vermittelt. Ich wusste daher schon als Jugendliche, dass ich das nicht möchte. Vielleicht war das auch der Grund, warum ich bis Anfang 30 dann erst mal fast gar nicht mehr gereist sind. Wie gesagt, ich habe jetzt einen guten Weg gefunden, beides zu kombinieren. Lustigerweise nervt es mich manchmal sogar, wenn mich entfernte Bekannte begrüßen mit den Worten, und wann bist du mal wieder auf Reisen? Für die hab ich halt so den Reisestempel abbekommen. Dabei besteht mein Leben noch aus vielen anderen Interessen und Erlebnissen. Aber ist natürlich nur nett gemeint :)

Zitat
Oder habt ihr manchmal das Gefühl nicht mehr zu wissen wo eure Heimat/zu Hause ist? Bzw. ihr wisst es zwar intellektuell, aber fühlt es nicht mehr? Wie verändern sich die Beziehungen zu euren Freunden und zur Familie?
Bei mir ist es eher so, dass mein Heimatgefühl in den letzten Jahren eher stärker geworden ist. Ich freue mich schon jedes Mal sehr nach Hause zukommen. Ich muss aber dazu sagen, dass ich meistens nur einige Monate reise und nicht jahrelang.

Zitat
Was wären für euch externe Gründe eine Reise abzu-/unterbrechen? Beerdigung von der Oma? Hochzeiten? 60ter Geburtstag von Mutter/Vater? Gar Weihnachten? Werdet ihr mitunter als egoistisch wahrgenommen, wenn ihr euer Ding durchzieht? Bzw. erlebt ihr euch selbst so?
Da bin ich sehr entgegenkommend. Gerade erst auf mein Lieblingsfestival oder alternativ eine längere Reise verzichtet wegen der Hochzeit einer guten Freundin, die mitten in meiner Auszeit lag. Das hat schon etwas geschmerzt, aber ich weiß halt, warum ich das getan hab, eben weil es ihr sehr wichtig war. Und aus Ecuador bin ich letztes Jahr am Tag vor Heiligabend zurückgekommen, weil meinem Vater Weihnachten so furchtbar wichtig ist. Runde Geburtstag der Eltern wären auch solche Gründe, um die ich die Reisen herum planen würde, sofern dann gefeiert würde. Meine Eltern sind (fast) 80, und da weiß man ja auch nicht, wie viele sie noch erleben. Todesfälle hatte ich zum Glück noch nicht in der Familie während der Reisen. Vorletztes Jahr war es bei meiner Tante kritisch und ich bin mit einem mulmigen Gefühl gestartet, aber dann ging alles gut. Das würde tatsächlich davon abhängen, wie nahe mir oder meinen Eltern die Person steht und wie weit ich weg bin.
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Marla

« Antwort #7 am: 23. August 2023, 17:23 »
Ich freute mich nach längeren Reisen immer wieder auf das "nach Hause kommen", Familie & Freunde zu sehen - und ja, auch wieder darauf zu arbeiten. Ich mag solche Umstellungen weil ja auch das Reisen nach einer Weile einen normalen Alltag darstellt. Egal wie schnell / langsam man reist - der sogenannte Flow kommt immer.
Das sehe ich auch so. Deswegen würde ich auch nie unterscheiden zwischen Alltag und Reise. Mein Leben zuhause ist auch ziemlich abwechslungsreich, und so wie du sagst, fühlt es sich auch wie Alltag an, wenn man längere Zeit reist.

Zitat
Wer denkt das diejenigen Zuhause mit Scheidung & geteiltem Sorgerecht & Sorgen alles falsch machen - der sieht 3 Jahre später beide Elternteile separat wieder, glücklich, neues Nest, neue Famillie & Patchwork - und erkennt dass das Mitleid vielleicht zu früh verspührt wurde. Es gibt kein richtig, kein falsch - die Kunst mit den eigenen Entscheidungen glücklich zu werden ist meiner Ansicht nach der Schlüssel für wenig Frust...
Ein sehr schönes Beispiel, das du beschreibst. Und den letzten Satz kann ich nur unterschreiben. Das ist aber auch Persönlichkeitssache, manche finden immer das Haar in der Suppe, andere sind grundsätzlich zufrieden und machen das Beste aus ihrem Leben. Nicht alles ist 100 % planbar.

Zitat
Mit dem andauernden Reiseleben verbaut man sich irgendwann gewisse mögliche Weggabelungen wie Famillienplanung oder ansehliche Rente und eine gewisse finanzielle Autarkie. Aber ja - wer weiss ob wir so lange leben. Yolo sollte man mit 30 aber vielleicht neu reflektieren, in der Regel kommt ein 40, 50 und 60ster Geburtstag.
Eine Frage der Dosis. Ein dauerhaftes Reisen mit Partner und Kind ist eher die Ausnahme. Aber wenn man einem beides wichtig ist, findet man Mittel und Wege, wie ich an dem Beispiel von Freunden sehe. Und in meinem persönlichen Fall klappt das auch mit dem Reisen plus erfüllenden Job plus Vermögensaufbau.
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Awayontheway

« Antwort #8 am: 30. August 2023, 11:58 »
Hallo,
ich empfinde es derzeit genauso und es nimmt immer mehr zu.

„immer weniger connected“ trifft es genau.

Auf die ersten meiner längeren Reisen hat das Umfeld noch anders reagiert: Viele waren zwar irritiert und konnten sich das „ja überhaupt nicht vorstellen“ andere waren sehr fasziniert und interessiert.

Aber für alle war es etwas, das ich wohl einmal oder zweimal mache: die berühmte einmalige Weltreise oder das Sabatical - sowas hatten viele schon mal gehört. und sie konnten es irgendwie noch in ihre Denke vereinbaren.

Nun lebe ich jedoch bereits über 10 Jahre so, dass ich entweder Projekte in Deutschland mache oder aber reise oder aber neuerdings auch remote aus dem Ausland arbeite.

Habe ich die ersten Jahre noch eifrig die Fragen meiner deutschen Verwandten und Bekannten beantwortet und sogar versucht sie dafür zu begeistern, langweilen mich diese Gespräche immer mehr. Es sind immer die selben Fragen und Kommentare wie „denkst du auch an die Rente?“, „Deutschland und Europa sind doch auch schön, wieso musst du schon wieder nach Asien?“, „Reisetante!“genannt zu werden liebe ich besonders.

Für mich jedoch ist mein Leben schon viel zu sehr in Fleisch und Blut über gegangen, als das ich mich immer noch rechtfertigen oder erklären mag.

Mich langweilen zudem vermehrt die Themen und Gespräche der anderen z.B. beim üblichen Party Small Talk. Das war viele Jahre nicht so, ich war offen für alles und jeden und sehr kontaktfreudig. Mittlerweile stehe ich auf diesen Events rum, es gibt mir nichts mehr, ich bin froh wenn ich nachher  zuhause wieder zu meinem Zielland recherchieren kann.

Man ist im Kopf bereits dis-connected ja …das stimmt.
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hosep

« Antwort #9 am: 10. März 2024, 11:05 »
Hallo Leute, da ich diesen Thread selbst geöffnet hab und der Titel auch mit meiner derzeitgen Lebenssituation zu tun hat, schreibe ich direkt hier rein, denn nun fühle ich mich tatsächlich entwurzelt, wie nie zuvor. Ich bin nicht der Typ, der im Internet viel kommentiert, Social Media hat usw aber in so einem Forum finde ich vielleicht Leute, die mir schnelle Abhilfe geben können  oder zumindest verstehen.

2024 sollte eigentlich ein komplettes Reisejahr werden. Gestartet im Oktober23 bis minimum Sommer/Herbst25. 65/35 das Reise/Arbeits-Verhältnis. Für mich ist es seit 2013 die fünfte Weltreise von minimum 1 Jahr.
Zuerst ging es los, dass mir im Dezember aufgrund eines neuen spezifischen Gesetzes in meiner Nische mein größtes finanzielles Standbein/Einkommensquelle wegbricht. Anfang Januar verstirbt meine Oma, immerhin im stolzen Alter von 93. Ende Januar bricht auch noch mein Back-up Plan weg, sodass ich nun erstmal gar nicht arbeiten kann außerhalb von D. Anfang Februar entfacht sich in unserer Beziehung ein schon lange währender Schwelbrand, seit einer Woche sind wir auseinander, sie hat seit vorgestern jemand neues. Ach ja, wir waren 11 Jahre zusammen.
Jetzt sitze ich hier auf Phuket, mit lächerlichen 7k in der Hinterhand und hab keinen Plan was ich machen kann. Das fühlt sich alles grad an wie ein surrealer Albtraum. Im Norden Thailands, in Laos, auf Ko Tao usw hab ich mich gefühlt wie auf ner fckn Klassenfahrt, ich kann mit dem Klientel hier auch wenig anfangen. Jetzt werd ich ab nächste Woche dennoch erstmasl seit Ewigkeiten im Dorm vorlieb nehmen, erstmal Kosten sparen und socialisen, vorher den Kopf frei kriegen. Visa hab ich jetzt noch 35 Tage ab heute. Was dann? Indien soll auch recht günstig sein.. Mein Fokus liegt dennoch auf solange wie möglich unterwegs sein, denn ich muss praktisch sowieso in allen Bereichen bei fast 0 beginnen. Ich reise sehr, sehr langsam, ausschließlich Landweg. Bei Indonesien/Philippinen natürlich mit Flugzeug ggfs. Kann mich nicht erinnern, Visa jemals nicht ausgereizt zu haben.

Um den Bogen zum Thread Titel zu spannen, dieses ganze Reisen mit Freundin und dabei noch Geld machen Ding.. hat mich so eingenommen mit den Jahren, dass es mir jetzt komplett den Boden unter den Füßen wegreißt. Deshalb habt ihr Recht, wenn ihr sagt, ja die Lebensansichten ändern sich auch im Verlaufe des Lebens.

Seid wirklich dankbar für jeden einzelnen Tag, für jede Kleinigkeit, vor allem wenn ihr sie mit euren Liebsten teilt.
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Marla

« Antwort #10 am: 11. März 2024, 21:00 »
Hallo hosep, ganz schön heftig, was dir da alles in wenigen Wochen/Monaten passiert. Tut mir echt leid! Ich war zwei Mal im Leben in der Situation, dass fast gleichzeitig mehrere private und berufliche Tiefschläge/Katastrophen zusammenkamen. Mich hat das beide Male richtig aus der Bahn geworfen. Ich weiß jetzt, dass das einzige, was mir dann helfen würde, wäre, bei Freunden unterzukriechen. Gleichzeitig fällt es mir auch super schwer, selbst engen Freunden gegenüber zuzugeben, dass es mir schlecht geht, so schwer, dass ich letztes Jahr mit meiner besten Freundin ein Codewort für solche Situationen vereinbart habe :) Aber deine Situation scheint ja völlig anders zu sein. Ich höre raus, dass du die Reise gerne weiterführen möchtest. Wie wäre es, wenn du erst mal an einen Wohlfühlort reist, um dich ein bisschen zu sortieren und beruflich neu zu orientieren? Mit all deiner Reiseerfahrung wirst du ja wissen, welche Orte dafür für dich in Frage kommen. In so einer Situation würde es mich auf jeden Fall auch extrem nerven, unter lauter 18jährigen zu sein. Was die Prinzipien "Visa ausreizen" und "nur über Landweg" angeht, kenn ich, ich bin auch so, würde aber in einer Extremsituation wie deiner davor abweichen :) Auf der anderen Seite würde ich auch nichts überstürzen. Eine Woche getrennt nach 11 Jahren... besteht da wirklich keine Chance mehr? Sorry, wenn das jetzt blöde Fragen sind, aber wir kennen dich und deine genaue Situation nun mal nicht. Wenn du magst, gib uns gern noch mehr Informationen, damit wir dir besser helfen können. Vielleicht meldet sich ja auch jemand, der deine Lage noch besser nachempfinden kann als ich. Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute!
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Marla

« Antwort #11 am: 11. März 2024, 21:06 »
Seid wirklich dankbar für jeden einzelnen Tag, für jede Kleinigkeit, vor allem wenn ihr sie mit euren Liebsten teilt.
Das hast du wirklich schön gesagt. Ich glaub nicht, dass das jemand durchgehend hinbekommt. Aber man sollte sich zumindest bemühen. Ich schaffe das gerade auf der Reise ganz gut (geteilt mit den Liebsten wird dann über Nachrichten und Telefonate), aber zuhause im Alltag ist es schon deutlich schwieriger...
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dirtsA

« Antwort #12 am: 12. März 2024, 11:23 »
Ich kann gerade sehr mit dir mitfühlen, hosep! Mein Jahr hat auch so richtig bescheiden begonnen. Vielleicht hast du es ja in einem anderen Thread mitgelesen... auf Englisch sagt man ja: When it rains, it pours. Finde ich irgendwie sehr treffend (v.a. da wir ja beide gerade in Thailand sitzen ;) ) Ist wohl öfter so, dass wenn man was schief läuft, noch zig Sachen dazu kommen.

Ich bin ja auch Digitalnomadin und habe mein letztes Projekt Ende Dez beendet. Seither herrscht gähnende Leere bei meinen Kontakten, der Markt hat zu viele Freelancer, die sich unter Wert verkaufen, schwierig. Hab mir gedacht, macht ja erst mal nichts, ich flieg wie geplant nach Asien und klettere dann halt umso mehr. Ganz 8 meiner besten Kletter-Freunde wären gleichzeitig mit mir in Laos gewesen. 3 Tage Anreise, 2 Tage klettern, dann ein Anruf von meinem Arzt: ich muss zurück, eine OP steht an. Mehr als 2-3 Wochen hätte ich nicht warten sollen und die Wartezeit auf einen OP-Termin an sich beträgt schon 2-3 Wochen... ::) Also Hals über Kopf zurück nach Europa, Termin vereinbart. Während dem Rumwarten 12 Tage nach Andalusien abgehauen, aber ein richtiger Ersatz war das natürlich nicht. OP lief gut, aber nun habe ich alle 3 Monate einen Kontrolltermin und muss jedes Mal erneut zittern. Im Feb durfte ich nichts anderes, als bei meinen Eltern in der Kälte herumsitzen. Und mich langweilen, denn keine Arbeit. Alles zum blödesten Zeitpunkt. Tja, und vor ein paar Wochen ging dann auch meine Beziehung zu Brüche, womit ich auch wirklich nicht gerechnet hatte (auch wenn es bei Weitem keine so lange war, wie bei dir).

Was habe ich gemacht? Ich bin nach langem Hin und Her doch zurück nach Thailand. Für mich ist Thailand eines meiner Wohlfühl-Länder. Wenn du nicht an den Hauptorten bist und länger bleibst, kannst du dir auch günstig was mieten, sodass du in kein Dorm musst. Ich mag dieses mega touristische auch nicht, allerdings bin ich halt viel in der Kletter-Community, etwas abseits davon. Hast du irgendwelche speziellen Hobbies? Also Sportarten, Kunst/Kultur/Sprachen...? Ich könnte mir ganz gut vorstellen, irgendwo einen Kurs zu machen, zu etwas, das mich interessiert. Vielleicht sogar einen, der länger dauert, wenn du es dir irgendwie leisten kannst. Oder günstiger, z.B. auf Bali Surfboard organisieren und da voll rein stürzen. Bei solchen Sachen trifft man dann oft auch Leute, die länger vor Ort sind und nicht in die Kategorie "Party Backpacker" fallen.
Marla meinte ja auch schon: fahr irgendwo hin, wo du weißt, der Ort tat dir in der Vergangenheit gut. Kann auch einfach zurück in die Heimat sein - wäre vorübergehend zur Familie vielleicht eine Option? Am besten viele Freunde anschreiben, musst ja nicht allen gleich alles erzählen. Aber Kontakte, Kontakte, Kontakte. Ablenkung. Kopf frei bekommen. Würde ich sagen...

Zu deiner Arbeit: ich weiß nicht genau, was du machst, aber könntest du da vielleicht etwas flexibler sein? Ich arbeite z.B. eigentlich im Marketing, habe jetzt aber 2 Miniprojekte gestartet, die eher mit Sprachen zu tun haben (geht fast Richtung Korrekturlesen). Ist ein recht geringer Verdienst im Vergleich zu sonst, aber würde mich in Asien glaub ich ganz gut über Wasser halten und irgendwie fühle ich mich auch einfach besser, wenn ich ein bisschen was mache. Ich glaube fast, dass der eine Kunde noch mehr Leute sucht, also wenn das irgendwas für dich wäre, schick mir gerne eine PN und du kannst dich bewerben versuchen!

Mir hat die Rückkehr nach Thailand extrem geholfen, da ich hier irgendwie immer happy bin. Gesundheit ist immer noch ein großes Fragezeichen, aber ich versuche zu genießen, was geht. Ende der langen Rede ;) Wollte dir nur zeigen, dass du nicht allein bist, manchmal läuft im Leben einfach alles blöd. Das Gute ist - es kann dann ja eigentlich nur aufwärts gehen...!

Und falls du nach Ao Nang kommst, melde dich bei mir und wir gehen auf ein Bier! :)
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hosep

« Antwort #13 am: 21. März 2024, 12:37 »
Hallo ihr beiden, vielen Dank für eure ausführliche Antwort! Morgen sind es dann schon 3 Wochen wieder, seit das alles passiert ist. In der ersten Woche war ich wirklich down, bin in lange vergessen geglaubte Muster zurückgefallen und hab mich im Hotel mit Alkohol, Weed und Valium (alles legal hier) verbarrikadiert. Ab und zu raus an den Beach aber eher fürs Gewissen, dass ich "was gemacht habe". Am vierten oder fünften Tag und vielen Telefonaten mit Bruder, Eltern und besten Freund kam dann die Erkenntnis, dass das auch kein Dauerzustand werden kann. Bin dann erstmal von Kata (wo die Trennung stattfand) nach Kamala Beach umgesiedelt für eine Woche. Ist eher so ein Ort für russische Familien und honeymooner, also eher ruhig. Hab dann mal seit langem wieder mit Sport angefangen und bin fast jeden Tag Joggen gegangen trotz gefühlten 98% Luftfeuchtigkeit. Naja, es war nicht mehr so schlimm wie in Kata, aber diese verdammten 99 Baht Cocktails an jeder Ecke haben mich dann nochmal 3 Tage ausgeknockt. Ich vertrage auch nicht mehr soviel, da ich für gewöhnlich nicht trinke, auch bei Anlässen nicht. Wenigstens kein Valium mehr geholt, sonst wäre Sport mir sehr schwer gefallen. Nach einer Woche in Kamala hatte ich noch immer keinen Plan, weder wie es auf der Reise weitergeht noch ob ich mal in ein Hostel/Dorm gehe.. Nur nach Hause ist keine Option für mich, ich will hier jetzt unbedingt gestärkt aus der ganzen Geschichte hervorgehen und mit einem Siegerlächeln nach Hause fliegen, wann immer das auch sein wird.
Also erstmal den Weg des geringsten Widerstands gewählt und nach Patong weiter umgesiedelt. Zwar ausgerechnet DER Partyort auf der ganzen Insel, aber mit dem festen Vorsatz wieder regelmäßig Sport zu machen, mich zum Essen zu zwingen und Fokus auf Dinge, die mich voranbringen, zu legen. Habe ein günstiges Hotel gefunden, etwas außerhalb. Das passt, so kann ich nachts in Ruhe schlafen. War dann auch die ganze erste Woche stocknüchtern und habe mein Leben wieder in gewohnte Bahnen gelenkt. Gleichzeitig hab ich angefangen Leute anzureden am Strand ("Soll ich ein Foto von euch machen" usw.), weil auf Hostel habe ich noch immer keine Lust. Ich brauche mein eigenes Bett und Bad. Aber irgendwie will ich auch wieder Leute kennenlernen. Also dachte ich mir, kann ich auch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und Ladies am Strand ansprechen. Gleich die erste war ein Volltreffer. Alleinreisende Pauschaltouristin, eine kleine süße Russin. Ihre beste Freundin habe kurz vor Abflug absagen müssen, wegen ihrem eifersüchtigen Freund. Wann sie angekommen sei? Gestern, und nun habe sie noch zehn Tage. Am zweiten Abend bringe ich sie zu ihrem Hotel und wie sich herausstellt wohnt sie direkt neben meinem Hotel. Alles nur Zufall? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall connecten wir richtig gut, auch wenn alles per google translater läuft, was manchmal weird und lustig zugleich ist. Kann aber mittlerweile ein bisschen smalltalk und ein paar Schmeicheleien, was ihr sichtlich gefällt. Sicherlich auch eine Art Trostpflaster und wenn sie Samstag abreist muss ich gucken, dass auch ich einfach weitermache. Trotzdem genieße ich jeden Moment mit ihr. Meist sehen wir uns erst abend, aber das ist ja völlig okay. Sie ist einfach grad das Balsam für meine Seele und ich frage mich schon wie es wäre, hätten wir uns mit mehr Zeit hintenraus bzw in einem anderen Kontext kennengelernt. Vielleicht ist es auch einfach nur die Magie eines Urlaubsflirts, keine Ahnung.

Noch eine kleine Anekdote zum Thema Hostel/Dorm und weshalb ich wohl erstmal doch bei Einzelzimmer bleibe:
Allerdings ist die Russin auch eine kleine Diva, die versucht ihre Spielchen zu spielen und mich gern austestet inwiefern ich ihr den Hund mache. Vorgestern ist sie mir ein wenig zu weit gegangen woraufhin ich sie ignoriert habe. Mir war dann einfachmal nach etwas Feiern und ich habe mich auf in die Bangla Road gemacht. Hedonismus in seiner höchsten Form. Bin alleine los und hatte endlich meinen Durchbruch, zig Leute kennengelernt usw. Klar mit ein paar Drinks intus ist das auch einfacher, aber hier hat es sich richtig angefühlt. Zumindest besser als sich einzukerkern im Zimmer. Als ich kurz nach Mitternacht nach Hause komme sitzt der Schwede (120kg tattowiertes Muskelpaket), den ich nachmittags zuvor schon kennengelernt habe, in der Lobby. Ich geselle mich zu ihm und wir rauchen einen Joint zusammen. Er hat eine sehr aggressive Attitüde, aber ich denke das Herz am rechten Fleck. Unsere Gespräche werden gerade etwas tiefsinniger, da kommt ein Türke in die Lobby und setzt sich zu uns. Auch ihn kannte ich durch einen kurzen Plausch. Die beiden fangen an zu streiten, was mir vor allem in diesem Zustand als harmoniebedürftiger Mensch missfällt. Die beiden hatten sich wohl die gleiche Prostituierte bestellt in den letzten Tagen (das Hotel ist ein wenig shady) und erhoben nun Anspruch auf sie bzw war der Türke sauer und eifersüchtig auf den Schweden. Ich baue derweil einen weiteren Joint, ordere drei Bier und höre mir diese sinnlose Zankerei an. Irgendwie konnte ich dann mit etwas Mitternachtsphilosophie die beiden entwaffnen. Der schwedische Pitbull hörte damit auf den Türken Schläge anzudrohen und der Türke fing an zu weinen und entschuldigte sich sogar auf allen Vieren beim Schweden, der ihm gnädig der Vorwürfe vergab. Wir saßen dann noch bis 4 Uhr morgens und kurz nach der Schlichtung des Streits konnte ich mich den beiden mit meiner Geschichte öffnen, was mir auch mega gut tat in dem Moment. Allerdings hat sich im Hostelleben, vom lifestyle wie ich es kenne, nicht viel geändert. So einen Tag kann ich mal 1-2/Monat haben, das reicht dann aber auch. Trotzdem war es schön.

Thema Arbeit/Zukunft: Interessiert mich grade gar nicht und in meiner jetzigen Verfassung würde ich wohl auch viel Geld verlieren. Daher  passt das, und wenn ich in D bin, kann ich meinem Job ja wieder nachgehen. Es geht halt nur nicht mehr außerhalb von D, wenn ich einen Wohnsitz dort habe. Etwas gebundenes Kapital schlummert auch noch hier und da und selbst wenn ich bei komplett Null anfangen muss, ich war schon öfter pleite. Geld kommt und Geld geht. Ich ärgere mich eher über die Zeit, weil knapp 11 Jahre kommt mir schon verdammt lang vor.
Ich hatte Indien ja bereits in meinem letzten Post erwähnt. Mein Bruder (wichtigster Mensch in meinem Leben) empfahl mir mit als erstes eine Vipassana Meditation. Er hatte es selbst schon gemacht und ich bin auf jeden Fall offen für sowas. Leider sind alle Kurse in Thailand voll, das hätte ich nicht gedacht, dass so beliebt ist. In Indien gibt es allerdings massenweise Zentren. Letztens war ich im 7/11 und die Verkäuferin gibt mir eine einzige Münze zurück und fordert einen neuen Baht ein. Ich gebe ihr den einen Baht und betrachte die Münze.. irgendwie hat sich eine indische Rupie in meinen Geldbeutel verirrt.. Zufall? Ich hab jetzt noch ca. 3 Wochen Visa. Werde nach Bangkok machen und als nächstes vielleicht nach Ao Nang mit @dirtsA ein Bier trinken, damit ich endlich mal von dieser Insel runterkomme. In Bangkok werde ich mal schauen, wo die indische Botschaft ist. Alternativ eventuell Bali.
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dirtsA

« Antwort #14 am: 22. März 2024, 10:47 »
Wow, was für Stories! ;D
Aber sag mal, findest du Phuket echt so interessant? Ist ja irgendwie nicht so toll für Digitalnomaden bzw. Leute die eher in die Kategorie Backpacker fallen? Sondern eher entweder Pauschaltouristen oder ältere Herren, die sich Thai Mädels suchen? Frage ich mich nur so... Würde irgendwie nie darauf kommen, nach Phuket zu gehen. Gibt doch viel genialere Orte in Thailand! Aber du bist ja auch schon viel rum gekommen und wirst schon deine Gründe haben.

Jedenfalls schön zu hören, dass du aus dem tiefsten Tief raus bist. Sport hilft immer, eine Urlaubsromanze auch. Aus eigener Erfahrung (vor 3 Jahren ging meine 8-jährige Beziehung zu Ende), kann ich dir nur empfehlen, die Romanze zu genießen, dich aber erst mal auf dich selbst zu fokussieren. Wenn man an eine Beziehung gewöhnt ist, schlittert man oft schnell in die nächste, was nicht unbedingt ideal ist, wenn die letzte noch nicht aufgearbeitet ist.

Jedenfalls finde ich den Ansatz, jetzt erst mal Thailand zu genießen, und dein Leben in Ordnung zu bringen, eine gute Idee. Solange du irgendeinen Plan hast, um dann wieder an Geld zu kommen bzw irgendwo noch Reserven vorhanden sind. Übrigens würde mich interessieren, warum du nicht mehr außerhalb von DE arbeiten kannst, gerne auch per PN (oder bei einem Bier in Ao Nang ;) ). Falls das was ist, was mich auch betreffen könnte...
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