Weltreise-Forum

Weltreisen und Langzeitreisen => Gefühlswelt => Thema gestartet von: SvenjaPenja am 26. Dezember 2012, 20:38

Titel: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: SvenjaPenja am 26. Dezember 2012, 20:38
Hallo!

Ich schildere euch mal mein Problem, vielleicht hat ja jemand einen Rat für mich...
Also, in wenigen Wochen erfülle ich mir einen großen Traum: am 16. Februar geht mein Flug nach Costa Rica, wo ich ein wenig in einem Projekt als Volunteer mithelfen werde. Dann geht es von San José weiter nach Flores, Guatemala, wo ich noch ein anderes Projekt gefunden habe, bei dem ich teilnehme. Nach einem Monat geht es schließlich zurück nach Deutschland - allerdings nur kurz: denn ab April werde ich dann für ein halbes Jahr auf Island als Au Pair arbeiten und reisen. Das "Problem" dabei ist mein Freund. Nicht, dass er mich etwa nicht dabei unterstützt und mich nicht gehen lassen will - nein, ich habe Angst ihn zu sehr zu vermissen. Ich habe Angst, die Zeit nicht genießen zu können... obwohl ich mich so sehr darauf freue.
Ich hatte diesen Traum schon seit 4 Jahren und hatte fest vor, nach meinem Abi ins Ausland zu gehen. Tja, aber dann habe ich meinen Freund kennengelernt. Wir sind jetzt schon 1 1/2 Jahre zusammen und lieben uns sehr. Aber ich denke, dass ich mich viel zu abhängig von ihm mache. Denn im Juni dieses Jahres hielt ich endlich mein Abizeugnis in den Händen - danach hatte ich mich Jahre lang gesehnt, jetzt konnte es endlich losgehen! Aber ich entschied mich schließlich sehr schnell gegen den Auslandsaufenthalt. Ich wollte nicht so weit weg von ihm sein. Wir gingen dann zusammen einen Monat mit dem Interrail-Ticket auf Europatour, und ich war glücklich, bereute nichts... dann zogen wir sogar zusammen, und ich fing an zu studieren, an der selben Uni an der er (schon im 3. Semester) studiert. Ich merkte schnell, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte. Das Studium gefiel mir überhaupt nicht, ich fühlte mich auch nicht bereit, jetzt schon zu entscheiden, welchen Beruf ich mein Leben lang ausführen würde. Ich fühlte mich wie als wäre ich eingesperrt, hier in unserer gemeinsamen Wohnung, in dieser Stadt, in diesem Studium... und wollte nur weg. Ich bereute es schrecklich, dass ich so feige war, und den Auslandsaufenthalt abgesagt hatte - der Abflugtermin hatte ja sogar bereits festgestanden!
Naja, es folgten viele Gespräche mit meinem Freund und er verstand mich - er sagte mir, er sei so glücklich mit mir in der gemeinsamen Wohnung und für ihn sei alles perfekt, aber er wolle mich auch nicht hier haben, wenn er genau weiß, dass ich unglücklich bin. Daraufhin habe ich mich - von meinem Fernweh und der Abenteuerlust getrieben - für die Freiwilligendienste in Costa Rica/Guatemala und angemeldet und mich als Au Pair in Island beworben. Alles steht fest - Flüge gebucht ect. Und jetzt, je näher die Reise rückt, beginne ich wieder zu zweifeln... ich bin ja glücklich hier mit meinem Freund, wirklich. Aber das Studium war ein Versuch - er ist gescheitert, und ich will die Chance nutzen, jetzt doch erstmal ins Ausland zu gehen, und dann zu entscheiden, was ich studieren möchte/ später einmal machen will. Ich will das jetzt durchziehen. Aber ich habe einfach Angst vor dem Abschied und vor dem Vermissen... immerhin wohnen wir gerade zusammen und das wird eine krasse Umstellung sein, sich plötzlich gar nicht mehr zu sehen. Ich zweifle gerade schon wieder, ob ich nicht vielleicht doch hier glücklicher wäre. Ich weiß, das klingt total dumm, aber ich weiß einfach nicht was ich dagegen tun soll. Ich habe echt Angst, an so tollen Orten zu sein, und es nicht genießen zu können.

Hat jemand einen Rat für mich? Oder vielleicht ähnliches schonmal durchgemacht?

Danke schonmal fürs durchlesen!
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: Lelaina am 26. Dezember 2012, 22:16
Hi Svenja!
Sorry es jetzt so kurz zu machen, aber bin so müde.
Darum nur schnell:

1. Immerhin bist du schlauer, dass das Studium das Falsche war und du noch nicht recht weißt was du machen sollst.
  (Kann ich übrigens gut verstehen.)

2.If you never go, you will never know.

Zurückkommen kannst du immer. Aber wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass du nochmal deinen Traum leben kannst in naher Zukunft, musst du wissen.

Den Abschied und das Vermissen kann dir niemand ersparen. Das gehört zum Reisen dazu und kann eine wertvolle und bereichernde Erfahrung sein, wenn auch schmerzvoll und traurig.
Aber es gibt Skype, Mails, Facebook, Whatsapp - ihr seid beide nicht aus der Welt.
Vielleicht kann er dich auch besuchen kommen?

Good Luck :-)
Lelaina
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: deeekay am 27. Dezember 2012, 18:05
Hallo Svenja,

vermutlich kann ich nachempfinden wie Du fuehlst. Ich war fast in einer aehnlichen Situation.
Ich habe mich entschieden meinen Weg zu gehen - in diesem Fall war es eine Entscheidung fuer Kanada.

Der erste Schritt ist vermutlich der Schwerste. Du muss Dich nur trauen und Du muss vertrauen.

Ich kann mich deshalb Lelainas Ratschlag nur anschliessen.
Ich blieb in Kontakt via Telefon, Skype und Email. Skype ist eine wunderbare Sache.
Zudem hatte ich "Heimatfluege" zu Ostern und Weihnachten eingeplant.
Das war eine sehr vernuenftige Loesung fuer mich.

Vielleicht hilft es Dir auch, via Skype mit Deinem Freund in Kontakt zu bleiben.
Und er kann Dich spaeter bestimmt mal in Island besuchen. :-)

Gruss, deeekay
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: SvenjaPenja am 27. Dezember 2012, 20:04
Danke schonmal für eure Antworten. :)

Ja, das stimmt, eigentlich kann man sich ja glücklich schätzen, heutzutage Dinge wie Skype nutzen zu können... das wird es wahrscheinlich erträglich machen. Aber es ist eben ein gewaltiger Schritt, sich anstatt jeden Tag zusammen aufzuwachen, zu leben, usw, sich nur noch über den Laptop Bildschirm sehen zu können.
In den Projekten in Costa Rica und Guatemala werde ich allerdings unter sehr einfach Bedingungen leben und Internet gibt es vor Ort nicht. Meine Ansprechperson sagte mir, man müsse in den Nachbarorten Internetcafés aufsuchen. Und wie oft ich dazu die Möglichkeit haben werde während der Arbeit ist fraglich... da macht mir doch ganz schön Sorgen.
Aber wenn wir das erstmal gemeistert haben, wird es in Island wahrscheinlich dann halb so schlimm. Und tatsächlich wird er mich in den Semesterferien vorraussichtlich sogar über mehrere Wochen besuchen können  :)
 
Aber jetzt rückt erstmal Costa Rica und Guatemala näher und näher... ich muss schon sagen, dass ich wieder anfange, alles in Frage zu stellen. Total dumm, vor allem weil ich ja genau weiß, dass ich es sooo bereuen würde, wenn ich die Chance jetzt wieder nicht nutzen würde!
Werde ich die Zeit dort trotz Vermissen genießen können? Wie waren deine Erfahrungen deeekay? Ich bin ja nur jeweils zwei Wochen in den beiden Ländern (weil danach eben Island ansteht) und habe echt Angst, dass ich ständig nur mit den Gedanken bei meinem Freund bin und keine Freude daran habe...

Nochmal danke für die ermutigenden Worte!
Svenja
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: deeekay am 27. Dezember 2012, 21:02
Hi Svenja,

ohje ... ich habe in Kanada sehr laendlich gewohnt. Der naechste Nachbar war mindesten einen Kilometer weit weg und der naechste Highway (Landstrasse) vermutlich 5 km oder mehr km entfernt. Ich hatte kein Internet, kein Festnetztelefon und das Handy hatte kein Signal. :-( Um mich herum nur Wald und Baeren. :-) Das war zu Beginn schon ein kleiner Schock. Deshalb bin ich jeden Sonntagnachmittag in die neachste Stadt (ca. 35 km entfernt) gefahren und habe mich dort um einen Internetzugang (Internetcafe) bemueht und konnte dort dann Gespraeche via Skype fuehren - wobei die Geschwindigkeit manchmal nicht so dolle war und die Vidoeverbindung dann auf Sprechverbindung gedrosselt werden musste. Aber immerhin, ich hatte Kontakt. :-) Der Sonntag wurde dann zu einem festen Ritual, was sehr angenehm fuer beide Seiten war. :-)

Gruebel nicht zuuuuuuu viel. Du solltest nach vorne schauen und daran denken, das eine feste Partnerschaft auch so etwas meistern kann. :-) In meinem Bekanntenkreis kenne ich zwei Paare die fuer mindesten ein Jahr (wegen Reise oder Auslandsstudium) getrennt waren und danach noch fester zusammen gewachsen sind. Ich selbst war ein Jahr in Kanada und 1,5 Jahre in England. Es kann klappen, mit viel Toleranz und Verstaednis.

Solche Phasen - an denen ihr getrennt seid - werden vermutlich haeufiger auf Euch zukommen, z.B. waehrend des Studiums, wenn ihr an unterschiedlichen Unis studiert, oder unterschiedliche Ausbildungstaetten besucht, oder wenn ein Partner nach den Studium eine Arbeitstelle bekommt und auch dafuer in eine andere Stadt ziehen muss. Es laesst sich heute kaum noch vermeiden, das Partner teilweise fuer einen laengeren Zeitraum nicht getrennt sind und je eher man(n)/frau lernt damit umzugehen, umso besser ist es, um fuer die Zukunft gewappnet zu sein. Ich habe diese Erfahrung - fuer mich selbst - es als eine grosse Bereicherung empfunden, obwohl es mir am Anfang auch sehr sehr sehr schwer viel Abschied zu nehmen.

Gruss, deeekay
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: southern_cross am 28. Dezember 2012, 08:57
Hi Svenja,

ich hab damals den Weg gewählt, mit 18, als andere ihre Erfahrungen gemacht haben, viel rumgereist sind und sich erstmal ausgetobt haben, saß ich in einer Wohnung mit meinem Freund, hatte einen fixen Job, eine 8 Jahre dauernde stabile Beziehung und habe - gefühlt - so viel verpasst.

Das ist das einzige, was ich rückblickend anders machen würde - früher mit Reisen anfangen und mich viel weniger schnell in das Arbeitshamsterrad ohne Widerrede eingliedern.

Der Alltag hat einen früh und lang genug.

Jetzt bin ich 31 und hab die letzten drei Jahre fünf Monate im Ausland verbracht und so zumindest einen Teil "aufgeholt".

Soweit meine Gedanken.
LG
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: Vi am 28. Dezember 2012, 21:00
Das ist das einzige, was ich rückblickend anders machen würde - früher mit Reisen anfangen und mich viel weniger schnell in das Arbeitshamsterrad ohne Widerrede eingliedern. Der Alltag hat einen früh und lang genug.

Danke!!!

Mir geht es ganz ähnlich wie dir, Svenja, ich habe meine große Reise noch vor mir, auch ich überlege viel zu oft herum und zweifle viel zu sehr...aber eigentlich stimmt es doch, was southern_cross sagt...ja, der Alltag hat einen früh und lang genug... und dann denk ich mir, dass es dumm wäre, wenn ich etwas was ich immer schon machen wollte und wofür ich schon so viel geplant und organisiert hätte, einfach aufschieben oder absagen würde.
Es ist normal, Angst zu haben und zu zweifeln, aber dafür ist die Verwirklichung, das Gefühl, etwas geschafft zu haben, dann bestimmt umso schöner!
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: huskyeye am 29. Dezember 2012, 11:18
Hallo Svenja,

mit 19 bin ich nach dem Abi auch für ein paar Monate ins Ausland und habe meinen Freund zuhause gelassen. Das ist zwar 15 Jahre her, aber ich kann deine Befürchtungen gut verstehen. Du hörst dich ein bisschen an wie ich damals: Das Fernweh und die Lust, den Horizont zu erweitern, überwiegen recht deutlich. Davon abgesehen hast du dir schöne Sachen ausgesucht in spannenden Ländern, du wirst ruckizucki neue Leute kennenlernen, Verbündete haben, wahnsinnig viel Neues sehen... da bleibt fürs Vermissen gar nicht so viel Zeit, wie du jetzt vielleicht befürchtest. Im Grunde hast du dich ja auch längst dafür entschieden, und du wirst die Zeit größtenteils genießen, garantiert. Denn das gelegentliche Vermissen ist nichts gegen das Staunen, das Entdecken, die Aufregung und auch das Gefühl, sich selbst mal ganz anders kennen zu lernen - in neuer Umgebung, in einer anderen Sprache und Kultur. Gerade in deiner jetzigen Situation, in der du noch nicht entschieden hast, was du studieren oder arbeiten möchtest, ist deine Entscheidung fürs Ausland goldrichtig. Dein Freund hat Verständnis - prima Voraussetzung, dass ihr die Zeit gut überbrücken könnt.

Mach es! Und schöpfe die Zeit voll aus. Es wird toll.
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: SvenjaPenja am 29. Dezember 2012, 15:30
Danke an Euch alle für eure lieben, ermutigenden Worte! Eure Bestätigung hat mir wirklich wieder Mut gegeben, an meinem Vorhaben festzuhalten.
Euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Svenja
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: Ruebli am 10. Januar 2013, 03:03
Hallo Ihr : )

Seit einem Jahr weiss ich, dass ich für 3 1/2 Monate alleine verreisen werde und mein Freund (seit 8 Jahren zusammen, u.a. gemeinsame Wohnung) danach noch für 2 Monate nachkommt. Nie hab ich mir gross Gedanken über das Vermissen gemacht und als ich ihm heute vor einer Woche am Flughafen tschüss gesagt habe, fühlte ich mich wie der einsamste Mensch auf der Welt: es war schlicht schrecklich. Danach hatte ich über 30 Stunden Zeit mir nur darüber Gedanken zu machen, was die Situation nicht wirklich verbessert hat.

Nach 2-3 Tagen war aber wieder gut und zumindest mittags (wenn ich Internet habe) schreiben wir uns permanent auf WattsUp, so verlieren wir auch nicht den Anschluss beieinander. Ich muss jedoch zugeben, dass ich schon heute kaum erwarten kann, ihn wieder zu sehen, mehr als ich mir das je vorgestellt habe.

Was ich damit sagen möchte: es ist nicht so einfach wie man es sich vorstellt (oder eben gar nichts vorstellt, so wie ich), aber man gewöhnt sich an alles : )
Titel: Re: Angst vorm Vermissen - ich mache mich abhängig
Beitrag von: SvenjaPenja am 24. Juli 2013, 18:26
Hallo aus Island :)

Wollte nur mal berichten, dass ich eine super tolle Zeit hatte und alles am Ende halb so schlimm war. Anfangs war es sehr schwer für uns, aber dann war doch alles so aufregend und anders für mich, dass ich ziemlich gut abgelenkt war vom Vermissen, und der Monat in Costa Rica und Guatemala war schnell vorbei. Dann bin ich doch noch nicht dirkekt weiter nach Island, weil das mit der Gastfamilie nicht so geklappt hatte, aber dafür bin ich mit meinem Freund in seinen Semesterferien noch einmal 3 Wochen durch ganz Europa mit Interrail gereist, das war einfach der Wahnsinn... und seit Mai bin ich jetzt hier in Island, in einer super lieben Gastfamilie, passe auf die 4-jährige Tochter auf, helfe im Haushalt und mit den sieben Pferden :) Ich wohne auf einer Farm nur 5 Minuten von Geysir entfernt und 10 Minuten von Gullfoss, und ich habe schon Freunde gefunden mit denen ich jedes Wochenende tolle Ausflüge mache... kurz gesagt, es war die beste Entscheidung meines Lebens, diesen Schritt zu wagen. Es geht mir sehr gut, und in 5 Wochen kommt mein Freund zu Besuch, dann geht es erstmal 2 Wochen um die ganze Insel zusammen :)
Herzliche Grüße von der Insel aus Feuer und Eis ;)