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Rund um dieses Forum => Off Topic => Thema gestartet von: Vombatus am 18. Oktober 2017, 18:36

Titel: Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: Vombatus am 18. Oktober 2017, 18:36
Nein, es geht nicht um Flugangst, sondern um mögliche Gefahren durch vermeidbares menschliches Versagen.

Es ist ja nichts neues, immer mehr Konkurrenz in der Luftfahrt, mehr low cost carrier, billigere Flüge, Preisdruck, Einsparungen ... Wettbewerb und so weiter.

Man kann sich denken, dass dann natürlich am Service und Sitzabstand gespart wird. Dass bei billig Airlines vieles extra kostet und die Maschinen vielleicht auch nicht mehr die neusten sind.

Wie ist es mit der Sicherheit, dem Personal und deren Arbeitszeiten und Bedingungen? Ich komme auf die Frage nachdem ich mir diese Reportagen über Piloten angesehen habe. Diese sind sicher nicht 100% objektiv und zeigen nur oder vor allem Negativbeispiele. Wie Übermüdung (z.b. beide Piloten gleichzeitig eingeschlafen), mangelnde Flugerfahrung bei Stresssituationen, schlechte Ausbildung ...

Alptraumjob Pilot
http://www.daserste.de/information/reportage-dokumentation/dokus/sendung/alb-traumjob-pilot-100.html
https://m.youtube.com/watch?v=EKkGQMW8Vgs
Piloten am Limit
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/piloten-am-limit-100.html
https://m.youtube.com/watch?v=61hXGY0bed4

Dennoch. Im Forum liest man ja oft Fragen nach möglichst billigen Verbindungen, gerne werden auch billig Airlines genutzt um die Reisekasse zu schonen.

Wie sieht es mit euren Sicherheitsgefühl aus beim fliegen, vor allen bei den Billigheimern?
Macht ihr euch Gedanken über den technischen Zustand?
Die Ausbildung der Piloten? Gerade im Ausland mit anderen Standards.
Die Arbeitsbedingungen, z.b. zu kurze Ruhezeiten, Übermüdung?
Können Piloten noch genug Erfahrungen sammeln, wenn hauptsächlich der Autopilot fliegt?
Sind die Vorschriften ausreichend?

Ich habe mir darüber noch nie Gedanken gemacht und dachte, die werden das schon können und die Vorschriften sind ausreichend. Scheinbar ist das nicht immer so.

Wie ist das bei euch?


EDIT: habe über den YT-Videos Links, die den Inhalt erläutern eingefügt.

 
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: Sulawesi am 18. Oktober 2017, 21:51
Es ist ja nichts neues, immer mehr Konkurrenz in der Luftfahrt, mehr low cost carrier, billigere Flüge, Preisdruck, Einsparungen ... Wettbewerb und so weiter.

Man kann sich denken, dass dann natürlich am Service und Sitzabstand gespart wird. Dass bei billig Airlines vieles extra kostet und die Maschinen vielleicht auch nicht mehr die neusten sind.

Wie falsch du damit liegst zeigt dir ein Blick in die Wikipedia Seiten der Billigairlines.

Die Maschinen sind meist neuer und die großen Biliigairlines wie Rayanair hatten noch nie einen Absturz. Noch gar nie.

Wie ist es mit der Sicherheit, dem Personal und deren Arbeitszeiten und Bedingungen? Ich komme auf die Frage nachdem ich mir diese Reportagen über Piloten angesehen habe. Diese sind sicher nicht 100% objektiv und zeigen nur oder vor allem Negativbeispiele. Wie Übermüdung (z.b. beide Piloten gleichzeitig eingeschlafen), mangelnde Flugerfahrung bei Stresssituationen, schlechte Ausbildung ...

Die Ausbildung ist standartisiert, genauso wie die Arbeitszeiten. Das Piloten gerne mal müde zur Arbeit kommen kommt vorwiegend bei den Lininenfliegern vor, da haben die Piloten die Kohle jeden Abend Party zu machen. Hast du bekannten die als Saftschupse arbeiten? Die können dir bestimmt Sachen erzählen.... da geht es zu wie im Karnickelstall.

Zitat
Wie sieht es mit euren Sicherheitsgefühl aus beim fliegen, vor allen bei den Billigheimern?

Genauso gut wie bei allen anderen. Das lässt sich auch statistisch recht einfach belegen. Flugzeugabstürze gibt es so gut wie nie und wenn dann nicht überproportional bei Billigfliegern.

Zitat
Macht ihr euch Gedanken über den technischen Zustand?

Nein, so ein Humbug. Durchschnittsalter der Flotte bei Ryanair: 6,6 Jahre
Durchschnittsalter der Flotte bei Lufthansa: 11,5 Jahre

Zitat
Die Ausbildung der Piloten? Gerade im Ausland mit anderen Standards.

Nein, es gelten die gleichen Standards.

Zitat
Die Arbeitsbedingungen, z.b. zu kurze Ruhezeiten, Übermüdung?

Die Arbeitsbedingungen sind illusorisch gut verglichen mit anderen Berufen. Nur saufen viele Piloten wie ein Loch.

Zitat
Können Piloten noch genug Erfahrungen sammeln, wenn hauptsächlich der Autopilot fliegt?

Nein, natürlich nicht. Aber dank automatisiertem Fliegen gibt es heute kaum mehr Tote.

Zitat
Sind die Vorschriften ausreichend?

Meiner Meinung nach viele zu abgehoben.

Wenn du Flugangst hast dann leg dir die App PlaneFinder zu. Da kannst du mal sehen wie krass viele Flugzeuge sich die ganze zeit in der Luft befinden. Und passieren tut absolut gar nix. Eigentlich ein Wunder bei der heftigen Masse.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: Vombatus am 18. Oktober 2017, 22:47
Ich kam auf die Fragen, weil in den oben verlinkten Beiträgen erklärt wird, warum es keine Standards bei der Pilotenausbildung gibt, selbst in Europa nicht. Ebenso, dass Arbeitszeiten bzw. Ruhezeiten unterschiedlich sind. Dass um ein Gesetz gestritten wird, welches eben diese Regeln vereinheitlichen soll. Das Piloten dann ggf. überfordert sind, wenn die elektronischen Systeme ausfallen.

Bisher war ich wie du der Meinung, dass es Standards und Vorschriften gibt, die auch eingehalten, bzw. kontrolliert weden. Seit der Markt geöffnet wurde gilt das nicht mehr. Wird auch in den Beiträgen von zuständigen Behörden erklärt. Ich muss hier aber aufpassen, es gibt ja allerlei Standards, um zu wissen was ich meine wäre es gut die Beiträge gesehen zu haben.

Und wie oben geschrieben: Nein, es geht nicht um Flugangst, sondern um mögliche Gefahren durch vermeidbares menschliches Versagen.

Wie ist deine Meinung zu den (Links oben) geschilderten Vorwürfen in Bezug „Arbeitszeitenregelung“ und den unterschiedlichen Pilotenausbildungen? In einem Beitrag wird auch geschildert, wie du schreibst, dass Rayanair zu den verantwortlicheren Airlines gehört, die Piloten mit unzureichder Qualifikation erst gar nicht einstellt. Andere Airlines hingegen schon, lassen sich aber dann dafür bezahlen. Durch die teure Ausbildung und schlechten Tarifen ist ersmal nichts mit Geldsegen. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich weiterhin sehrsehr gut verdienende Piloten und auch korrekte, kompetente Piloten. Ganz klar. Mir geht es ja genau um die anderen. Auch jene, die mit ihrer Qualifikation in Europa keine Stelle finden in Asien aber in den (billig)Flieger dürfen.
Würde mich freuen wenn du dir die Beiträge ansiehst und deine Meinung dazu schreibst.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: Sulawesi am 18. Oktober 2017, 23:33
Ich kam auf die Fragen, weil in den oben verlinkten Beiträgen erklärt wird, warum es keine Standards bei der Pilotenausbildung gibt, selbst in Europa nicht. Ebenso, dass Arbeitszeiten bzw. Ruhezeiten unterschiedlich sind. Dass um ein Gesetz gestritten wird, welches eben diese Regeln vereinheitlichen soll. Das Piloten dann ggf. überfordert sind, wenn die elektronischen Systeme ausfallen.

Das größte Risiko für Passagiere sind die Pausen und die damit verbundene Langweile. Die Ruhezeiten werden allzu oft für Eskapaden genutzt, zumindest ist mir das durch Bekannte bei der LH so dargelegt.

Zitat
Bisher war ich wie du der Meinung, dass es Standards und Vorschriften gibt, die auch eingehalten, bzw. kontrolliert weden. Seit der Markt geöffnet wurde gilt das nicht mehr.

Was wurde wie geöffnet? Und scheinbar war das sehr erfolgreich, denn es passiert heute überhaupt gar nix mehr.

Zitat
Und wie oben geschrieben: Nein, es geht nicht um Flugangst, sondern um mögliche Gefahren durch vermeidbares menschliches Versagen.

Eine völlig irrationale Überlegung oder nicht?

Zitat
Wie ist deine Meinung zu den (Links oben) geschilderten Vorwürfen in Bezug „Arbeitszeitenregelung“ und den unterschiedlichen Pilotenausbildungen?

Ich halte das für totalen Schwachsinn. Das größte Risiko ist zu viel Freizeit und Erfahrung. Wie beim Tauchen, quasi alle tödlichen Tauchunfälle passieren erfahren Tauchern, wegen Selbstüberschätzung.

Zitat
In einem Beitrag wird auch geschildert, wie du schreibst, dass Rayanair zu den verantwortlicheren Airlines gehört, die Piloten mit unzureichder Qualifikation erst gar nicht einstellt.

Und welche sind die pösen Airlines? Auch easyjet hat eine modernere Flotte als LH....

Zitat
Durch die teure Ausbildung und schlechten Tarifen ist ersmal nichts mit Geldsegen.

Das ist das Schicksal eines klassischen Selbstverwirklichungsberufes. Frag mal einen Architekten oder einen Mediendesigner was er verdient. Luftfahrt ist sogar noch viel mehr ein kleine Jungen Beruf und deswegen komplett überlaufen.

Zitat
Nichtsdestotrotz gibt es natürlich weiterhin sehrsehr gut verdienende Piloten und auch korrekte, kompetente Piloten.

Kompetenz hat nichts mit dem Verdienst zu tun. Siehst du auch bei Siemens.

Zitat
Ganz klar. Mir geht es ja genau um die anderen. Auch jene, die mit ihrer Qualifikation in Europa keine Stelle finden in Asien aber in den (billig)Flieger dürfen.

Wo genau darf wer in den Billigflieger? Und passiert in Asien mehr?

Eher nicht

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1571/umfrage/flugzeugabstuerze-nach-laendern-und-regionen-seit-dem-jahr-1945/

Ich schau mir generell keine reißerischen Youtube Reportagen an.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: GschamsterDiener am 19. Oktober 2017, 04:08
Ich bin diesbezüglich auch eher ein Fan der Statistik und mache mir bei ca. 70 Flügen im Jahr überhaupt keine Sorgen. Und der letzte Absturz eines Linienflugs aufgrund eines Pilotenfehlers war, wenn ich mich richtig erinnere, von der Air France (die Germanwings war ja kein "Fehler").
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: dirtsA am 19. Oktober 2017, 09:58
Ob Billig-Airlines oder "normale" macht für mich auch nicht so den Unterschied.
Allerdings habe ich schon das Gefühl, dass in gewissen Ländern extrem schrottige Maschinen herumfliegen und Sicherheitsvorkehrungen gar nicht ernst genommen werden. z.B. wenn ich an einige Airlines in SOA denke (nicht Air Asia, sondern eher diverse indonesische), oder an eine Electra Airlines, die Transavia letzte Woche bei meinem Flug nach Malta angeheuert hatte. Das Flugzeug hätte in einem Museum stehen können und da hatte ich tatsächlich etwas Bedenken.
Allerdings wenn ich bisher z.B. mit Transavia direkt geflogen bin, waren die Flugzeuge stets sehr neu und alles wirkte auf dem letzten Stand zu sein.
Bezüglich Sicherheitsvorkehrungen habe ich schon in vielen Ländern Flüssigkeiten, Sprays oder scharfe Gegenstände im Handgepäck mitgeführt, ohne dass diese gefunden wurden. Gelangweiltes Sicherheitspersonal, das nur alle paar Min. mal einen Blick auf den Monitor warf... z.B. in Ägypten/Kairo 2015 wo ich mein komplettes Toilettzeug mit Scheren etc. im Handgepäck hatte - und das direkt, nachdem der Flieger von Sharm El Sheikh damals runter gebombt wurde. War denen komplett egal... Denke, es wäre überhaupt kein Problem für einen Terroristen gewesen, ein paar Tage später das Gleiche auf meinem KLM Flug von Kairo nach AMS zu machen :(

Diese 2 Punkte machen mir persönlich deutlich mehr Sorgen, als die Ausbildung oder evtl. Müdigkeit der Piloten. Denke mir, die Chance dass wirklich beide Piloten einschlafen, ist immer noch sehr, sehr gering.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: karoshi am 19. Oktober 2017, 10:14
Die Maschinen sind meist neuer und die großen Biliigairlines wie Rayanair hatten noch nie einen Absturz. Noch gar nie.
Du meinst so wie Air Asia? ;)

Aber ich gebe Dir im Kern recht: eine statistisch auffällige Häufung von Unfällen (zumal durch menschliches Versagen) kann ich bei den Billigfliegern generell nicht erkennen. Also mache ich mir auch keine Sorgen, wenn ich in so eine Kiste einsteige. Man tut sich doch selbst keinen Gefallen damit, ständig über abstrakte Bedrohungen nachzudenken. Ich kann genauso an einen überforderten Piloten geraten wie an einen Assistenzarzt im Krankenhaus am Ende einer 36-Stunden-Schicht. Und selbst wenn ich nur mit Airlines fliege, die die allerhöchsten Sicherheitsstandards haben, dann hat vielleicht mal der Fluglotse einen schlechten Tag.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: Vombatus am 19. Oktober 2017, 10:39
Hier eine Umfrage der ECA (European Cockpit Association) zum Thema: Barometer on pilot fatigue
Following a 2010-survey by the Norwegian public service broadcaster, NRK, which revealed that half of the pilots have fallen asleep or dozed off while on duty, ECA Member Associations have taken up the challenge of surveying pilots in Europe. The results of the surveys among more than 6 000 European pilots have now been compiled in the ‘Barometer on pilot fatigue’.

Zitat:
A common indicator of the problem is that fatigued pilots are prone to fall asleep or experience episodes of micro-sleep in the cockpit. In the UK (43%), Denmark (50%), Norway (53%) and Sweden (54%) the surveyed pilots reported falling asleep involuntarily in the cockpit while flying. In the UK, a third of the pilots said to have woken up finding their colleague sleeping as well. 65% of Dutch and French pilots stated they have trouble with “heavy eyelids” during flight.

https://www.eurocockpit.be/positions-publications/barometer-pilot-fatigue
Hier kann man ein PDF mit der ganzen Auswertung ansehen. Sicherlich im Hinterkopf zu behalten, dass es sich hierbei auch um ein Interessenpapier von Piloten handelt. So viel zur Objektivität. Und ja, fliegen ist Immer noch das sicherste Verkehrsmittel und die meisten Unfälle passieren zuhause.
Titel: Antw:Sicherheitsbedenken beim (billig) fliegen
Beitrag von: karoshi am 19. Oktober 2017, 11:12
Ich will das Problem nicht klein reden und finde auch gut, dass das thematisiert wird. Idealerweise ändert man etwas an den Zuständen, bevor etwas passiert.

Gleichzeitig werde ich aber bei den Aussagen der Studien hellhörig. Wahrscheinlich ist "60% aller Autofahrer sind schon einmal unter Alkoholeinfluss gefahren" auch eine wahre Aussage (vielleicht nicht die genaue Zahl, aber die Größenordnung). Daraus kann man aber so gut wie nichts relevantes ableiten, vor allem nicht die Aussage "mehr als die Hälfte der Autofahrer auf deutschen Straßen sind alkoholisiert". Genau wie bei übermüdeten Piloten hängt das nämlich davon ab, wie oft es im Schnitt für den einzelnen zutrifft. Genau dazu schweigen sich die Studien aber aus, was zumindest einen Anfangsverdacht begründet, dass hier der Leser gezielt in eine bestimmte Richtung gelenkt werden soll.