Die Sprache, die der groesste prozentuale Anteil an der Weltbevoelkerung spricht, ist wohl Chinesisch. Und die Vorstellung, dass es demnaechst wegen der vielen Sprecher mit immer steigendem internationalen Einfluss zur zweiten oder gar zur ersten Weltsprache werden koennte, es ist keineswegs absurd.
Wenn es also danach gehen soll, was die Mehrheit spricht, na denn prost: Chinesisch ist eine Sprache mit einem Schriftsystem, das insofern von vorneherein nur fuer eine kleine Bildungselite erfunden wurde, als dass es so komplziert ist, dass sogar ein ueberdurchschnittlich intelligenter Mensch sich jahrzehntelang um nichts anderes kuemmern kann, sofern er es richtig beherrschen will. Das wuerde sich erst aendern, wenn man dort das Alphabet einfuehren wuerde, was aber wegen vieler gleichlautender Ausdruecke, die sich nur ueber die Betonung oder eben durch die von allen zu lernenden Schriftzeichen zu den Sachverhalten oder Gegenstaenden zuordnen lassen, die mit ihnen gemeint sind, schwierig ist.
Insofern waere auch ich etwas vorsichtiger, was die herablassende Haltung bei Beurteilung von fehlenden Fremdsprachkenntnissen anbelangt, die fehlen naemlich immer, egal wie viele Fremdsprachen man schon gelernt hat.
Auch deshalb waere ich schon froh, wenn der Rest der Welt sich ausnahmslos auf Englisch einigen koennte, inklusive Lateinamerika.
In Lateinamerika gibt es uebrigens Englischunterricht in den oeffentlichen Schulen, sogar von frueherem alter an als in Deutschland. Die haben nur mit zwei Problemen zu kaempfen, erstens fehlen oft kompetente und die richtige Aussprache beherrschende Lehrer und effiziente Unterrichtsmethoden - das kann man aendern. Und das zweite Problem, das wir Europaer nie hatten und auch nicht haben, kann man nicht so ohne weiteres aendern, naemlich die individuelle Erfahrung der Lernenden: Lateinamerikaner, bei denen die grosse Mehrheit aufgrund des schwachen Aussenwertes ihrer Waehrungen sowieso keine grossen internationalen Reisen machen kann, erleben meistens, dass, wenn sie sich ins Flugzeug setzen und vier Stunden fliegen, immer noch Spanisch oder Portugiesich gesprochen wird. Mit Ausnahme der Bildungselite und jener Fremdarbeiter, die in Teile der USA oder andere nicht iberische Laender gehen, wo es kaum 'hispanohablantes' gibt, machen nie die Erfahrung, dass sie Fremdsprachen notwendig brauchen. Die meisten Schueler und Studenten sind deshalb nicht entsprechend motiviert. Das ist zwar traurig, aber nicht ganz unverstaendlich, da ich zugeben muss, dass ich vermutlich auch niemals Interesse an Fremdsprachen entwickelt haette, wenn Deutschland nicht durch Zufall so liegen wuerde, dass man spaetestens nach ein paar Stunden Auto- oder Zugfahrt eine oder mehrere Sprachgrenzen ueberschreitet.
Hinzu kommt, ass Deutsch und Englisch Sprachen sind, die doch einiges miteinander gemeinsam haben - fuer Muttersprachler des Spanischen oder Portugiesischen ist Englisch ein groesserer Lernaufwand.
Und dann gibt es noch ein Problem in Lateinamerika, und das merke ich selbst dann, wenn ich manchmal kolumbianischen Universitaetsstudenten Nachhilfeunterricht in Englisch gebe (die muessen in jedem Studium fuer die Abschlusspruefungen ein Englisch-Zertifikat vorlegen). Waehrend die Germanistikprofessoren der Linguistik in Deutschland bereits Satzglieder (wie Subjekt, Praedikat, Objekte) und Wortarten (Verben, Nomen, Adjektive, etc.) in Fachaufsaetzen dekonstruieren, weil die Grenzen zwischen ihnen nicht 100% lupenrein sind, fehlen in Lateinamerika oft die Grundbegriffe, man kann denen nicht sagen: jetzt beuge mal das Verb 'to go' im Praesens in der 2. Person Plural, man muss oft erst erklaeren, was man mit 'Verb' eigentlich meint.