Samstag, 06.04.2024Abschiedstag ist immer doof… insbesondere dann, wenn man noch auf einen Zug warten muss. Ab hier müssen wir in entgegengesetzte Richtungen, M. nach Klagenfurt und ich nach Potsdam. Eigentlich ist noch Zeit bis zur Abfahrt, aber so richtig Ruhe, etwas ernsthaft zu unternehmen, hat man nicht mehr. Wir laufen trotzdem noch einmal durchs Zentrum, schauen diesmal auch in die Kathedrale rein, schlendern über den Kohlmarkt und trinken noch einen Kaffee…
Ich hab das Gefühl, da oben guckt gleich einer hinter der Stele vor und ruft "guckuck"Auch am Rathaus gibt es noch einen kurzen Fotostopp. Es ist eines der ältesten Gebäude Brünns. Auffällig ist das schiefe Türmchen über dem Portal. Angeblich war der Baumeister nicht mit seiner Bezahlung einverstanden. Als die Stadt auch bei Nachverhandlungen keine Zugeständnisse machte, baute er einfach schief weiter. Außerdem hat Brünn einen Drachen! Der hängt im Durchgang unterm Rathausturm. Der Legende nach lebte in der Nähe von Brünn ein Drache, der die Bürger der Stadt in Angst und Schrecken versetzte und die Nutztiere verschlang. Der Rat der Stadt setzte deshalb eine Belohnung für die Tötung des Drachen aus, es gelang aber niemandem, bis ein gewitzter Ritter eine Idee hatte. Er wickelte ungelöschten Kalk in eine Kuhhaut und legte es als Köder für das Monster aus. Anschließend wartete er, bis der Drache den Köder verschlang und etwas trank. Als der Kalk nun gelöscht wurde, platzte der Drache und war somit erlegt. In Wirklichkeit handelt es sich bei dem „Brünner Drachen“ um ein Krokodil, das der Stadt Brünn vom ungarischen König Matthias II., der sich mit seinem Bruder, dem Kaiser Rudolf II., im Streit um den Thron des Heiligen Römischen Reiches befand, im Jahre 1608 zum Geschenk gemacht wurde. Matthias versuchte durch kleine Aufmerksamkeiten die mährischen Stände und Städte auf seine Seite zu ziehen.
Wenn man schon in Brünn ist, muss man auch einmal über Gregor Mendel sprechen. Dem Augustinerpriester ist hier ein ganzes Museum gewidmet. Für einen Besuch ist leider keine Zeit mehr, aber wir sitzen zumindest mal im Hof. Mendel gilt als Vater der Genetik. Durch Kreuzungsexperimente mit Erbsenpflanzen lüftete er im 19. Jahrhundert die Geheimnisse der Vererbung. Seine Mendelschen Regeln, die dominante und rezessive Merkmale sowie deren unabhängige Weitergabe beschreiben, bilden die Basis der modernen Genetik und beeinflussen bis heute Bereiche wie Landwirtschaft und Medizin.
Aber dann ist es doch noch soweit: unsere Wege trennen sich. Wir verabschieden uns am Bahnsteig und ich besteige den EC Hungaria, der aus Budapest kommt und noch bis Hamburg weiter will. Die Fahrt über Mittag: sonnig und flach. Die Fahrt am Nachmittag: sonnig und bergig. Im schnellen Ritt geht es vorbei an Prag und Decin und auch die Basteibrücke im Elbsandsteingebirge strahlt in der Sonne. Und als dann doch der kleine Hunger kommt, kann der Speisewagen gut Abhilfe schaffen.
Punkt acht stehe ich schließlich zu Hause wieder auf der Türschwelle und fasse den ganzen Sermon jetzt einfach mal in zwei Worten zusammen: schön wars.
Und wie immer: Vielen Dank für die Geduld und das Mitkommen